Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107242/5/Br/Bk

Linz, 24.10.2000

VwSen-107242/5/Br/Bk Linz, am 24. Oktober 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn D, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, vom 14. September 2000, Zl. VerkR96-7861-2000-Pa, zu Recht:

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid wird

wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes behoben.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 iVm § 32 Abs.2 und § 33 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsver-fahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, idF BGBl. Nr.26/2000 - AVG iVm § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl.Nr. 52, idF BGBl.Nr. 29/2000 - VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Dem Berufungswerber wurde mit dem oben bezeichneten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land der Einspruch vom 7.9.2000 - bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land am 13.9.2000 eingelangt - gegen die Strafverfügung vom 1.8.2000, Zl: VerkR96-7861-2000 als verspätet eingebracht zurückgewiesen.

Begründend ging die Behörde erster Instanz offenbar von einer laut rotem Rückschein am 23. August 2000 am Wohnort des Berufungswerbers bewirkten Zustellung aus.

1.1. In der fristgerecht gegen den Zurückweisungsbescheid erhobenen Berufung teilte der Berufungswerber im Ergebnis sinngemäß mit, dass ihm die Strafverfügung wegen eines Auslandsaufenthaltes erst verspätet zugekommen sei.

Im Übrigen wies er ferner noch darauf hin, dass er zur fraglichen Zeit auch nicht der Lenker des Fahrzeuges (gemeint: zu dem in der Strafverfügung genannten Zeitpunkt) gewesen sei.

Darauf war vom Berufungswerber bereits in dem von der Behörde erster Instanz als verspätet qualifizierten Einspruch hingewiesen worden.

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat im Anschluss an die Aktenvorlage mit Schreiben an den Berufungswerber vom 9. Oktober 2000 ersucht, eine allfällige Ortsabwesenheit vom Wohnsitz zum Zeitpunkt der Niederlegung glaubhaft zu machen.

Mit Schreiben des Berufungswerbers an den Oö. Verwaltungssenat vom 14. Oktober 2000 teilte er unter anderem mit damals erst am 7. September 2000 vom Ausland nach Deutschland zurückgekehrt zu sein. Er habe dann nach seiner Rückkehr die Post aufgearbeitet und sogleich den Einspruch gegen die Strafverfügung erhoben. Abermals weist der Berufungswerber auch in diesem Schreiben darauf hin, nicht der Lenker zum fraglichen Zeitpunkt gewesen zu sein.

Als Beleg für seine damalige Absenz wurde dem Schreiben die Kopie einer Tankrechnung vom 7. September 2000, 22.05 Uhr (Bundesautobahntankstelle Aurach Nordseite ) vorgelegt.

3. Aus diesem ergänzenden Beweisergebnis ergibt sich in Verbindung mit der Aktenlage, dass von einem faktischen Zukommen (in Besitz gelangen) der Strafverfügung mit der von der Behörde erster Instanz angenommenen Sendung bzw. zu dem von der Behörde grundgelegten Zeitpunkt nicht ausgegangen werden kann. Vielmehr scheint es zutreffend, dass einerseits der Berufungswerber die Strafverfügung an seiner Wohnadresse am 23. August 2000 jedenfalls nicht physisch in die Hände bekommen hat. Auch die Unterschrift auf dem Rückschein ist weder ident mit jener auf dem Einspruch und der hier verfahrensgegenständlichen Berufung noch mit der auf dem genannten Schreiben des Berufungswerbers an den Oö. Verwaltungssenat.

Im Lichte dieser Feststellungen ist dem Berufungswerber zu folgen gewesen, dass ihm die Strafverfügung erst nach seiner Rückkehr vom Ausland am 7. September 2000 zugekommen ist und damit der am Tag der Rückkehr erhobene Einspruch fristgerecht erfolgte.

Ebenfalls sei an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass der Berufungswerber auch seine Lenkereigenschaft bestreitet, was im Lichte des vorliegenden Beweismaterials aber von der Behörde erster Instanz im Hinblick auf das hinsichtlich des Grunddelikts fortzusetzende Verfahren einer inhaltlichen Beurteilung zu unterziehen sein wird.

4. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat hiezu erwogen:

4.1. Gemäß § 11 Abs. 1 Zustellgesetz (kurz: ZustellG) sind Zustellungen im Ausland nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen oder allenfalls auf dem Weg, den die Gesetze oder sonstigen Rechtsvorschriften des Staates, in dem zugestellt werden soll, oder die internationale Übung zulassen, erforderlichenfalls unter Mitwirkung der österreichischen Vertretungsbehörden, vorzunehmen.

Österreich hat in diesem Zusammenhang einen Vertrag mit der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl. Nr. 526/1990, abgeschlossen.

Gemäß Art.1 Abs.1 dieses Vertrages leisten die Vertragsstaaten in öffentlich-rechtlichen Verfahren ihrer Verwaltungsbehörden, in österreichischen Verwaltungsstraf- und in deutschen Bußgeldverfahren, soweit sie nicht bei einer Justizbehörde anhängig sind, ferner in Verfahren vor den österreichischen Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit und den deutschen Gerichten der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit nach Maßgabe dieses Vertrags Amts- und Rechtshilfe.

Nach Art.10 Abs.1 des Vertrages werden Schriftstücke in Verfahren nach Artikel 1 Abs.1 unmittelbar durch die Post nach den für den Postverkehr zwischen den Vertragsstaaten geltenden Vorschriften übermittelt. Wird ein Zustellnachweis benötigt, ist das Schriftstück als eingeschriebener Brief mit den besonderen Versendungsformen ,,Eigenhändig'' und ,,Rückschein'' zu versenden.

Kann eine Zustellung nicht unmittelbar durch die Post bewirkt werden oder ist dies nach Art und Inhalt des Schriftstücks nicht zweckmäßig, ist die zuständige Stelle im anderen Vertragsstaat um Vermittlung der Zustellung im Wege der Amts- und Rechtshilfe zu ersuchen. Die Vertragsstaaten teilen einander diese Stellen mit.

In der Regierungsvorlage zu diesem Vertrag wird in den Erläuterungen zu Art.10 leg.cit. u.a. ausgeführt, diese Bestimmung lege fest, dass eine direkte Postzustellung zwischen den beiden Staaten zulässig sei; dabei sei nach den Vorschriften des Weltpostvertrages vorzugehen. Die Zustellung könne mit oder ohne Zustellnachweis erfolgen. Sei eine Zustellung mit Zustellnachweis erforderlich, so sei die Zustellung mit eingeschriebenem Brief im Sinne des Weltpostvertrages zu bewirken (vgl. 740 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates, XVII. GP., S. 8).

Die Behörde erster Instanz stützte offenbar ihre Fiktion der Zustellung der Strafverfügung an den Berufungswerber auf die an seinem Wohnsitz von einer offenbar dort vom Zustellorgan der Post (am 23.8.2000) angetroffenen und im Haushalt mit dem Berufungswerber lebenden Person.

Offenbar ging hier die Behörde erster Instanz ungeprüft vom Umstand aus, als wäre mit der Übernahme einer nicht persönlich dem Adressaten ausgefolgten Sendung damit die Zustellfiktion iSd § 17 Abs.3 ZustellG bewirkt (vgl. VwGH 22.10.1999, 99/02/0171).

Die Behörde könnte die Zustellung auch im Rechtshilfeweg veranlassen, wobei die sogenannte Niederlegung eine Zustellung bewirken würde, wenn der Zustellungsempfänger am Zustellort eine Wohnung hat, die er tatsächlich bewohnt.

4.2. Im gegenständlichen Fall liegt eine fristgerechte Erhebung des Einspruches vor, sodass der Zurückweisungsbescheid mit Rechtswidrigkeit belastet zu beheben war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 Euro) zu entrichten.

 

Dr. B l e i e r

Beschlagwortung:

Zustellfiktion, Zustellnachweis

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