Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107247/2/Br/Bk

Linz, 09.10.2000

VwSen-107247/2/Br/Bk Linz, am 9. Oktober 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn O, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 8. September 2000, Zl. VerkR96-3237-2000-Hol, wegen I. der Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und II. die Zurückweisung des Einspruches wegen verspäteter Einbringung zu Recht:

Der Berufung wird keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid wird in beiden Punkten bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 und § 71 Abs.1 Z1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr.51, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 26/2000 iVm § 24, § 49 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 29/2000.

Entscheidungsgründe:

1. Gegen den Berufungswerber wurde von der Bezirkshauptmannschaft Schärding eine mit 26. Juni 2000 datierte Strafverfügung, Zl.: VerkR96-3237-2000-Hol, wegen der Übertretungen nach § 52a Z10a iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 erlassen und damit eine Geldstrafe in der Höhe von 3.000 S und im Nichteinbringungsfall 72 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe ausgesprochen.

1.1. Diese Strafverfügung wurde dem Berufungswerber am 6. Juli 2000 durch ein Organ des Postamtes S bei eigenhändiger Übernahme zugestellt.

2. Mit Eingabe der ausgewiesenen Rechtsvertreter vom 1. August 2000 stellt der Berufungswerber einen "Antrag auf Wiedereinsetzung" und holt gleichzeitig die fristversäumte Handlung durch Erhebung des Einspruches gegen die o.a. Strafverfügung nach.

Begründet wird vom Berufungswerber der Wiedereinsetzungsantrag in den vorigen Stand mit einem nach der Zustellung der Strafverfügung dringenden Auslandsaufenthalt. Aus diesem Grunde habe er die Strafverfügung seinem Vater übergeben, damit dieser sie zwecks Einspruchserhebung an die ausgewiesenen Rechtsvertreter weiterleite. Als er schließlich am 27. Juli 2000 von der Auslandsreise zurückgekehrt sei, habe er feststellen müssen, dass sein Vater - entgegen dessen ausdrücklichen Zusage - die Strafverfügung nicht weitergeleitet habe.

Darin erblicke er hinsichtlich der Fristversäumnis ein unvorhergesehenes, unabwendbares und ohne sein Verschulden unterlaufenes Ereignis, welches einen rechtlichen Grund für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begründe.

Gleichzeitig wurde mit diesem Schriftsatz die versäumte Handlung nachgeholt und gegen die o.a. Strafverfügung Einspruch erhoben und der Antrag auf Einleitung des ordentlichen Verfahrens gestellt.

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding erließ daraufhin den hier angefochtenen Bescheid mit welchem sie I. den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abwies und II. den Einspruch als verspätet zurückwies.

Begründend führte die Behörde erster Instanz im Ergebnis aus, dass die Voraussetzungen nach § 71 Abs.1 Z1 AVG nicht vorlägen, weil die unterbliebene Weiterleitung der Strafverfügung an die Rechtsvertreter durch den Vater des Antragstellers kein unabwendbares und unvorhergesehenes Ereignis darstelle. Immerhin hätte sich der Berufungswerber auch telefonisch vom Ausland aus - beim Vater oder bei der Anwaltskanzlei - überzeugen können, ob sein Vater dem Auftrag nachgekommen sei. Da vom geschilderten Sachverhalt auszugehen gewesen sei, konnte auch die zeugenschaftliche Vernehmung des Vaters des Berufungswerbers zu diesem Thema unterbleiben.

Hinsichtlich der Zurückweisung des nachgereichten Einspruches wurde auf die sich aus § 49 Abs.1 VStG ergebende Frist und deren Ablauf bereits am 20. Juli 2000, 24.00 Uhr verwiesen.

3. Mit der nunmehr binnen offener Frist gegen diesen Bescheid durch die ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung bringt der Berufungswerber im Ergebnis vor wie auch schon in seinem oben skizzierten Antrag bei der Behörde erster Instanz. Er rügt die von der Behörde erster Instanz vertretene Rechtsauffassung, wonach der Säumnis seines Vaters kein Wiedereinsetzungsgrund zuerkannt wurde. Unter Hinweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach selbst ein gleichartiges Versehen einer Kanzleibediensteten einer Anwaltskanzlei, dann einen Wiedereinsetzungsgrund darstelle, wenn der Rechtsanwalt der ihm zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht nachgekommen ist, könne auch in diesem Fall davon ausgegangen werden, dass die Untätigkeit seines Vaters für ihn ein unabwendbares Ereignis darstelle.

Auch der Hinweis der Behörde erster Instanz hinsichtlich der Zumutbarkeit sich telefonisch über die Weiterleitung des Einspruches zu erkundigen wird vom Berufungswerber als unzutreffend dargestellt, weil er sich ja bislang auf seinen Vater immer uneingeschränkt verlassen habe können.

Er stellt abschließend den Antrag auf vollinhaltliche Stattgebung seiner Berufung und Abänderung des Bescheides dahingehend, dass der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zum Zeitpunkt der noch offenen Frist für die Einspruchserhebung gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 26.6.2000, VerkR96-3237-2000, Folge gegeben werden möge.

3.1. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates ist somit gegeben. Dieser hat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich angesichts des schlüssigen Vorbringens des Berufungswerbers in Verbindung mit der Aktenlage als nicht erforderlich (§ 51e Abs.3 Z4 VStG).

3.2. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verfahrensakt woraus sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt in schlüssiger Weise dartut.

4. Gemäß § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

Diesbezüglich spricht der Hinweis des Berufungswerbers auf ein Versehen der Anwaltskanzlei gerade nicht für seinen Standpunkt, wenn dort die Rede davon ist, dass von einer mit solchen (Routine-)Angelegenheiten in einer Anwaltskanzlei ständig betrauten Person, die einer regelmäßigen Kontrolle des Rechtsanwaltes zu unterliegen hat. Unterläuft einer solchen (kontrollierten) Person - die eben ständig mit der Verwaltung von Fristsachen betraut ist - dennoch einmal gleichsam ein Routinefehler, so kann dies als eine - eine Wiedereinsetzung rechtfertigende, weil - "entschuldbare Fehlleistung" qualifiziert werden.

Wenn dagegen einer zu solchen Agenden grundsätzlich nicht bestimmten Person solche Aufgaben übertragen wurden, ist es im Lichte dieses Beispieles geradezu naheliegend sich selbst zu versichern bzw. zu kontrollieren ob dies geschehen ist. Es ist auch nicht ersichtlich, dass dem Berufungswerber dies etwa nicht zumutbar gewesen wäre. Er brachte im Übrigen auch nicht einmal andeutungsweise vor, dass etwa spezifische Umstände einem solchen Tun entgegengestanden wären. Die Behörde erster Instanz wies in diesem Punkt nachvollziehbar darauf hin, dass dies mit einem Anruf bei seinem Vater oder den betrauten Rechtsvertreter nur unschwer möglich gewesen wäre. Eine solche Verhaltensweise ist aus der Lebensrealität vielmehr wohl von jeder mit durchschnittlichen Sorgfaltsneigungen verbundenen Person zu erwarten.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist auch ein Verschulden des Vertreters einem Verschulden des Vertretenen gleichzusetzen; letzterer muss sich ein Verschulden des Vertreters zurechnen lassen (vgl. hierzu die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I, S. 1558 f zitierte Judikatur - hins. des Machthabers). In der Person eines bevollmächtigten Vertreters eingetretene Tatumstände bilden für die vertretene Partei nur dann einen Wiedereinsetzungsgrund, wenn sich diese Umstände für den Vertreter selbst als ein unverschuldetes oder unabwendbares Ereignis darstellen (vgl. ebenfalls die bei Walter/Thienel, aaO, S. 1556, E 65 zitierte Judikatur).

Hierbei stellt auch das "Verlegen" - offenbar auch ohne sofortigen Fristvormerk - eines amtlichen Schriftstückes, gegen das - fristgebunden - Einspruch zu erheben ist, kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis dar. Es lässt vielmehr auf einen gravierenden organisatorischen Mangel in der Gebarung des bevollmächtigten Vertreters schließen (VwGH 19.6.1998, 98/02/0156 mit Hinweis Erk. vom 26. November 1992, Zl. 91/06/0034, und vom 22. Februar 1996, Zl. 95/19/0520).

Angesichts dieser Rechtsprechung kann der Behörde erster Instanz auch nicht entgegengetreten werden, wenn sie das Vorbringen des Berufungswerbers, der auch in der Berufung keinerlei Ansatz einer Kontrolltätigkeit in diesem Fall anführte, die darzulegen geeignet wäre die für ihn wichtige Fristsache entsprechend ernsthaft betrieben zu haben, nicht zielführend hielt.

Somit kann letztlich weder von seiner Seite hinsichtlich einer von jedermann zu erwartenden Sorgfaltspflicht in eigener Sache, noch auf Seite seines Vaters als sein Beauftragter, von einem fehlenden bzw. geringfügigen Verschulden oder nur von einem minderen Grad des Versehens die Rede sein (vgl. auch VwGH 17. Mai 1995, Zlen. 95/01/0053, 0054).

4.1. Die Abweisung des Antrages im Punkt I. bedingte die auf § 49 Abs.1 VStG gestützte Entscheidung im Spruchpunkt II., die Zurückweisung des Einspruches wegen dessen verspäteter Einbringung. Diesbezüglich kann zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die vom Berufungswerber unbestrittenen datumsspezifischen Feststellungen und die zutreffenden rechtlichen Ausführungen der Behörde erster Instanz verwiesen werden.

Der Berufung war daher in beiden Punkten der Erfolg zu versagen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. B l e i e r

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