Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107251/23/SR/Ri

Linz, 22.02.2002

VwSen-107251/23/SR/Ri Linz, am 22. Februar 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des R K, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. S, G, A, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 22. August 2000, VerkR96-1271-1-2000 wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG), nach öffentlich mündlicher Verhandlung am 19. Februar 2001 und der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Dezember 2001 (das Erkenntnis des unabhängigen Verwaltungssenates wurde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben), zu Recht erkannt:

  1. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.
  2. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat einen Kostenbeitrag von 20 % der verhängten Strafe, d.s. 87,20 Euro (entspricht 1.200,00 Schilling) zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 137/2001 - AVG iVm § 24, § 19, § 51c und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 137/2001 - VStG.

zu II.: § 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben am 26.02.2000 um 15.30 Uhr auf der A Ikreisautobahn als das nach Außen zur Vertretung berufene Organ (als handelsrechtlicher Geschäftsführer) der K GesmbH., Rstraße, B, die Zulassungsbesitzer des Sattelkraftfahrzeuges mit dem Zugfahrzeugkennzeichen M und des Anhängers mit dem Kennzeichen M ist, nicht dafür gesorgt, dass dieses den kraftfahrrechtlichen Vorschriften bezüglich der Beladung entspricht, weil auf Höhe Kilometer (Ausreisewaage des Autobahngrenzüberganges S am I) im Zuge der dort vorgenommenen Abwiegung festzustellen war, dass die Summen der höchsten zulässigen Gesamtgewichte eines in einem EU-Staat zugelassenen Sattelkraftfahrzeuges von 40 Tonnen durch die Beladung um 11.060 kg überschritten wurde (Lenker: J K).

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 103 Abs.1 Ziff. 1 in Verbindung mit § 101 Abs.1 lit.a und im Zusammenhang mit § 4 (7a) KFG 1967, i.d.g.F.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von falls diese uneinbringlich ist, Gemäß

Ersatzfreiheitsstrafe von

6.000,00 Schilling 6 Tage § 134 Abs.1 KFG 1967

(436,03 EU)

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

600,00 Schilling (43,60EU) als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 200 S bzw. 14,53 EU angerechnet).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

6.600,00 Schilling (479,64 EU)."

2. Gegen dieses am 30. August 2000 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 13. September 2000 - und damit rechtzeitig - bei der Behörde erster Instanz eingebrachte Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die Behörde erster Instanz im Wesentlichen aus, dass der Bw als das zur Vertretung nach außen berufene Organ der K GesmbH., die unter Punkt 1 angeführte Verwaltungsübertretung begangen habe, da vom Bw keinesfalls ein wirksames Kontrollsystem glaubhaft dargelegt worden sei. Bei der Strafbemessung wäre die bisherige Unbescholtenheit als Milderungsgrund zu werten gewesen.

2.2. Dagegen wendet der Bw ua. ein, dass regelmäßig interne Schulungen und Kontrollen sowie firmeninterne Überprüfungen vorgenommen würden. Von diesen sei auch der verfahrensgegenständliche LKW-Lenker betroffen gewesen und es hätte bis dato keinen Verstoß gegen die internen Weisungen gegeben.

Weiters sei die angeführte Überladung nicht erwiesen und es hätte der unbekannte Lenker die Überladung zu vertreten. In den Beweisanträgen wird um die Einvernahme der beiden Gendarmeriebeamten, des M K und die Ausforschung des "unbekannten LKW-Lenkers" ersucht.

Da darüber hinaus die "Erstbehörde" örtlich unzuständig gewesen sei und der "falsche" Täter verfolgt worden wäre, würde ua. die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat den bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat für 19. Februar 2001 die öffentlich mündliche Verhandlung anberaumt, die Verfahrensparteien und die Zeugen RI M, CI R, M K, O K und J K geladen. Der Vertreter der BH Schärding (tel. Verständigung vor Verhandlungsbeginn) und der durch RA Mag. C vertretene Bw sind der Verhandlung entschuldigt (Beilage 1 zum Verhandlungsprotokoll) ferngeblieben. Die Zeugen RI M, CI R, M K (geschäftsbedingt unabkömmlich - Mitteilung des Zeugen O K) sind zur Verhandlung unentschuldigt nicht erschienen.

Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurde die Überladung außer Streit gestellt, der Antrag auf Ausforschung des "unbekannten Lenkers" und der Antrag auf Einvernahme der einschreitenden Beamten zurückgezogen.

3.2. Aufgrund der mündlichen Verhandlung und der verlesenen Aktenteile steht folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt fest:

Der Bw ist laut vorgelegtem Auszug aus dem zentralen Gewerberegister seit dem 29. September 1999 (alleiniger) handelsrechtlicher Geschäftsführer. Dem beiliegenden Auszug der BH M ("Vorstrafen - Verwaltungsstrafwesen") sind keine Verwaltungsstrafen betreffend der Geschäftsführertätigkeit des Bw zu entnehmen.

Vor der Eröffnung des Beweisverfahrens wurde vom Vertreter des Bw als unstrittig dargestellt, dass das gegenständliche Sattelkraftfahrzeug samt Anhänger auf die K GesmbH zugelassen, der Bw der verantwortliche Geschäftsführer und die Überladung entsprechend der Anlastung vorgelegen ist.

Die K GesmbH verfügt über ca. 300 Lkws und ist sowohl national als auch international im Transportgeschäft tätig. Neben dem Bw sind dessen Brüder K, M und O für Schulungen und Kontrollen zuständig. An den Schulungen haben alle Fahrer teilzunehmen und die Teilnahme wird kontrolliert. Bei den "großen Schulungen" (halbjährlich - Dauer ca. 3 Stunden) und den "kleineren Schulungen" (alle 4-6 Wochen - Dauer ca. eineinhalb Stunden) werden die gesetzlichen Neuerungen und die einschlägigen Bestimmungen vorgetragen. Diese Schulungen finden in Gruppen bis zu 15 Lenkern statt. Neben den fix vorgesehenen Schulungen werden Stichproben nach dem Zufallsprinzip vorgenommen. Dabei werden die Fahrzeuge, die Fahrzeug- / Transportpapiere und die Ladung (zB. vergleiche zwischen Frachtpapieren und Wiegescheinen) überprüft. Neben diesen genauen Kontrollen wird jedes Fahrzeug, das von einer längeren Fahrt (zB. Transporte in Osteuropa und 2-3 wöchige Abwesenheit) zurückkehrt, auf allfällige Mängel kontrolliert. Sollten Mängel wahrgenommen werden, wird die Beseitigung veranlasst und der Lenker umgehend geschult. Verstöße durch die Fahrer werden firmenintern sanktioniert. Jeder Fahrer verfügt über ein Handy, damit unvorhergesehene Probleme beseitigt werden können.

Die TÜV CERT - Zertifizierungsstelle des TÜV Österreich - hat im Jänner 2001 der K GesmbH bescheinigt, dass sie für die Bereiche "Mineralöltransporte, Mineralölhandel und internationale Lebensmitteltransporte" ein Qualitätsmanagement eingeführt hat und anwendet.

3.3. Der Zeuge O K - Disponent in der bezeichneten GesmbH - hat in der mündlichen Verhandlung in glaubwürdiger und nachvollziehbarer Weise das Kontroll- und Schulungssystem dargestellt. Diese Ausführungen stimmen mit dem Vorbringen und der Verantwortung des Bw überein und decken sich auch mit dem glaubwürdigen Teil der Aussagen des Zeugen J K.

Die Angaben betreffend der Übernahme der Ladung und der Abfahrt vom Autobahnparkplatz A Nord sind widersprüchlich und wurden während der Befragung ständig verändert bzw. ausgeweitet. So steht auch die angebliche telefonische Verständigung seines Vaters (Disponent des Bw) mit den in der Anzeige festgehaltenen Angaben deutlich in Widerspruch. Trotzdem dieser Zeuge ausführlich betreffend seiner Zeugenstellung belehrt worden ist, scheint er vermeint zu haben, keinen Widerspruch zu seiner Verantwortung im gegen ihn geführten Verwaltungsstrafverfahren erzeugen zu dürfen. Obwohl dem Zeugen J K mehrmals Bedenkzeit gewährt wurde, hat er seine Aussagen nur teilweise ausgebaut und diese anschließend immer wieder als vollständig dargestellt. Durch neuerliche Fragen und Hinweise auf die Widersprüche wurde der zuvor dargestellte Sachverhalt weiter ausgebaut.

Aufgrund der schlüssigen und nachvollziehbaren Angaben des Zeugen O K war davon auszugehen, dass J K das gegenständliche Sattelkraftfahrzeug samt Anhänger von der Molkerei K bis zum Anhalteort gelenkt und keinen Kontakt zum Disponenten aufgenommen hat.

Aus der Aktenlage ist nachvollziehbar, dass J K erstmalig gegen die Beladungsvorschriften verstoßen hat und der Bw bis zu diesem Zeitpunkt grundsätzlich von der Wirksamkeit seines Kontrollsystems ausgehen konnte.

3.4. Der Oö. Verwaltungssenat hat am 20. Februar 2001 die Berufung gegen die Schuld abgewiesen, von der Strafe gemäß § 21 VStG abgesehen und den Bw ermahnt. Gegen die Ermahnung hat die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Amtsbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben. Mit Erkenntnis vom 21. Dezember 2001, Zl. 2001/02/0090-6, zugestellt am 19. Februar 2002, hat der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 9 Abs1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen bestimmt ist.

§ 103 Abs 1 Z1 KFG:

Der Zulassungsbesitzer hat dafür zu sorgen, daß das Fahrzeug (der Kraftwagen mit Anhänger) und seine Beladung - unbeschadet allfälliger Ausnahmegenehmigungen oder -bewilligungen - den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht;

§ 101 Abs.1 lit.a KFG:

Die Beladung von Kraftfahrzeugen und Anhängern ist unbeschadet er Bestimmungen der Abs.2 und 5 nur zulässig, wenn

a) das höchste zulässige Gesamtgewicht, die höchsten zulässigen Achslasten und die größte Breite des Fahrzeuges sowie die Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte eines Kraftfahrzeuges mit Anhänger, bei Sattelkraftfahrzeugen abzüglich der größeren der höchsten zulässigen Sattellasten beider Fahrzeuge, wenn diese gleich sind, einer dieser Sattellasten, durch die Beladung nicht überschritten werden.

§ 4 Abs.7a) KFG:

Bei Kraftwagen mit Anhängern darf die Summe der Gesamtgewichte sowie die Summe der Achslasten 38.000 kg, im Vorlauf- und Nachlaufverkehr mit kranbaren Sattelanhängern 39.000 kg und mit Containern und Wechselaufbauten 42.000 kg nicht überschreiten. Bei in einem EU-Mitgliedstaat zugelassenen Kraftfahrzeug sind die im ersten Satz genannten Gewichte um 5 vh, gerundet auf volle tausend Kilogramm, zu erhöhen. Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr kann auch mit anderen Staaten vereinbaren, daß die im zweiten Satz angeführte Regelung auch für in diesen Staaten zugelassene Kraftfahrzeuge gilt, sofern ein Verkehrsabkommen der EU mit diesen Staaten eine solche Maßnahme aus Gründen der Nichtdiskriminierung erforderlich macht und sofern Gegenseitigkeit gewährleistet ist. Die größte Länge von Kraftwagen mit Anhängern darf 18,75 m, von Sattelkraftfahrzeugen jedoch 16,5 m nicht überschreiten.

§ 134 Abs.1 KFG:

Wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Artikeln 5 bis 9 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr, Abl. Nr. L 370 vom 31. Dezember 1985, S 1 sowie der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr ABl. Nr. L 370 vom 31. Dezember 1985, S 8, geändert durch Verordnung (EWG) Nr. 3572/90, ABl. Nr. L 353 vom 17. Dezember 1990, S 12, zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 2.180 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Bei der Einbringung von Fahrzeugen in das Bundesgebiet sind solche Zuwiderhandlungen auch strafbar, wenn sie auf dem Wege von einer österreichischen Grenzabfertigungsstelle, die auf ausländischem Gebiet liegt, zur Staatsgrenze begangen werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits einmal bestraft, so kann an Stelle der Geldstrafe Arrest bis zu sechs Wochen verhängt werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits zweimal bestraft, so können Geld- und Arreststrafen auch nebeneinander verhängt werden. Die Verhängung einer Arreststrafe ist in diesen Fällen aber nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten. Auch der Versuch einer solchen Zuwiderhandlung ist strafbar.

4.2. Der Bw bestreitet die festgestellte Überladung nicht. Er bringt in seinem Rechtsmittel vor, dass der Lenker in zahlreichen Schulungen angewiesen worden sei, nicht mehr als die zulässige Nutzlast zu laden. Die Überladung sei durch den Lenker verursacht worden. Es sei ihm leider nicht möglich, bei sämtlichen Beladungen zugegen zu sein, um zu kontrollieren, ob die Beladung den gesetzlichen

Vorschriften entspricht. Der Bw hat daher das objektive Tatbild erfüllt.

Bereits im Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 2. April 1996, VwSen-103403/2/Fra/Ka, mit dem eine Berufung wegen Übertretung des § 103 Abs.1 Z1 iVm § 101 Abs.1 lit.a KFG 1967 als unbegründet abgewiesen wurde, hat der Oö. Verwaltungssenat ua. folgendes ausgeführt: "Nach ständiger Judikatur des VwGH stellt die Übertretung des § 103 Abs.1 Z1 KFG 1967 ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 VStG dar. Die im § 103 Abs.1 Z1 leg.cit. normierte Sorgfaltspflicht verlangt nicht, dass der Zulassungsbesitzer (bzw. sein nach § 9 VStG verpflichtetes Organ) selbst jede Beladung überprüft, ob sie dem Gesetz oder den darauf gegründeten Verordnungen entspricht. Der Zulassungsbesitzer hat aber nach dieser Gesetzesstelle jene Vorkehrungen zu treffen, die mit Grund erwarten lassen, dass Überladungen hintangehalten werden. Hiefür reicht beispielsweise die bloße Dienstanweisung an die bei ihm beschäftigten Lenker, die Beladungsvorschriften einzuhalten, nicht aus. Der Zulassungsbesitzer hat vielmehr die Einhaltung der Dienstanweisungen gehörig zu überwachen. Sollte er etwa wegen der Größe des Betriebes nicht in der Lage sein, die erforderlichen Kontrollen selbst vorzunehmen, so hat er eine andere Person damit zu beauftragen, um Überladungen zu vermeiden. Dabei trifft den Zulassungsbesitzer nicht nur die Verpflichtung, sich tauglicher Personen zu bedienen, sondern auch die weitere Verpflichtung, die ausgewählten Personen in ihrer Kontrolltätigkeit zu überprüfen (vgl. ua. VwGH vom 3.7.1991, 91/03/0005). Bei Ungehorsamsdelikten im Sinne des § 5 Abs.1 VStG obliegt es jedoch dem Zulassungsbesitzer im Verwaltungsstrafverfahren zur Glaubhaftmachung des mangelnden Verschuldens von sich aus konkret darzulegen, welche Maßnahmen getroffen wurden, um der oben dargestellten Verpflichtung nachzukommen (vgl. auch VwGH vom 3.7.1991, Zl.91/03/0032)." Mit dem Vorbringen des Bw, dass auch dieser Lenker geschult wurde und Kontrollen bei der Rückkehr in das Firmengelände unterworfen ist, wird der Sorgfaltspflicht des Zulassungsbesitzers nach § 103 Abs.1 Z1 KFG nicht Genüge getan. Er hat damit kein (ausreichend) wirksames Kontrollsystem im Sinne der oben zitierten Judikatur dargelegt, weil es darauf ankommt, dass eben die Überladung von vornherein vermieden wird. Schulungen und Dienstanweisungen an die Lenker können den Zulassungsbesitzer nicht von seiner Verantwortung entlasten, zumal eine Überwälzung der ihn treffenden Verpflichtungen auf die ohnedies diesbezüglich gesondert unter Strafsanktion stehenden Lenker nicht möglich ist (vgl. VwGH vom 19.9.1990, Zl.90/03/0148). Es hätte der konkreten Darlegung bedurft, wann, wie oft und auf welche Weise vom Bw Kontrollen auch außerhalb des Firmengeländes vorgenommen wurden (vgl. VwGH vom 29.1.1992, Zlen.91/03/0035, 0036), wobei bloß stichprobenartig durchgeführte Kontrollen am Firmenstandort die Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem nicht erfüllen (vgl. VwGH vom 15.12.1993, Zl.93/03/0208). Da somit die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens seitens des Bw nicht gelungen ist, war Fahrlässigkeit anzunehmen und die Berufung in der Schuldfrage abzuweisen.

4.3. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 - 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

4.3.1. In der Gegenschrift an den Verwaltungsgerichtshof hat der Oö. Verwaltungssenat u.a. ausgeführt:

Im Verfahren sind keine Hinweise auf Verwaltungsübertretungen hervorgekommen. Es ist daher von absoluter Unbescholtenheit des Bw (als handelsrechtlicher Geschäftsführer) auszugehen. Die Behörde erster Instanz hat richtigerweise die strafrechtliche Unbescholtenheit erkannt und keine Erschwerungsgründe festgestellt. Eine abschließende Beurteilung nach § 19 VStG konnte jedoch unterbleiben, da wie nachfolgend dargestellt, Anspruch auf die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG bestand.

Der Berufungswerber hat mit seiner Bestellung zum handelsrechtlichen Geschäftsführer vor ca. drei Jahren ein weitreichendes Kontrollsystem eingeführt. Seitens der Firma K werden ca. 300 bis 500 Lkw eingesetzt. Schulungen finden alle 4-6 Wochen (Dauer ca. 1/2 bis dreiviertel Stunde) und halbjährlich (Dauer bis ca. 3 Stunden) statt. Neben diesen Schulungen werden Kontrollen nach dem Zufallsprinzip im Firmengelände durch den Berufungswerber bzw durch beauftragte Mitarbeiter vorgenommen. Dabei werden ua. sowohl Ladung, Transportpapiere und Kenntnis der einschlägigen Bestimmungen kontrolliert. Auftretende Mängel werden durch Schulungen beseitigt. Sollten beispielsweise Unstimmigkeiten betreffend die Beladung (zB Frachtpapiere, Wiegescheine) auftreten, dann wird der betreffende Lenker firmenintern sanktioniert. Jeder Fahrer der Firma K ist mit einem Handy ausgestattet, um auftretende Probleme mit der Firmenleitung unverzüglich besprechen zu können. Seitens des Berufungswerbers konnte und kann auf diesem Weg auch jederzeit mit den Fahrern Kontakt aufgenommen werden und es können erforderlichenfalls Weisungen erteilt werden.

Auf Grund des glaubwürdig skizzierten umfangreichen und umfassenden Kontrollsystems war der Oö. Verwaltungssenat geneigt von mangelndem Verschulden des Berufungswerbers auszugehen und ein ausreichendes Kontrollsystem, eingerichtet durch den Berufungswerber, anzuerkennen.

Im Hinblick auf die strenge Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sah sich der Oö. Verwaltungssenat trotz des für den Bw als ausreichend erkennbaren Kontrollsystems (keine einschlägige Verwaltungsübertretung ab dem Zeitpunkt seiner Bestellung) gehalten, von einem geringen Verschulden auszugehen, weil der Berufungswerber keine Kontrollen außerhalb des Firmengeländes behauptet hatte.

Bereits 1991 hat Franz Marhold kritisch zur Auslegung der Blankettstrafnorm des § 28 Abs.1 Arbeitszeit-Überwachungsgesetz (vgl. Franz Marhold, Arbeitszeitüberwachung im Gütertransportgewerbe, RdW 1991, 148f) bemerkt, dass die "Einsatzzeit von LKW-Lenkern - da ihre Tätigkeit außerhalb betrieblicher Grenzen durchgeführt wird und zudem von den Zufälligkeiten des Straßenverkehrs abhängt - nur schwer zu überwachen ist. Dementsprechend schwierig ist es, Kriterien an das Verhalten des Arbeitgebers oder des von ihm Bevollmächtigten anzulegen, anhand derer die Verletzung von Arbeitszeitvorschriften geahndet werden könnte. Für die grundsätzlich strafbaren Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte hat der Gesetzgeber auf die Formulierung konkret strafbarer Tatbestände, die an das Verhalten der Täter anknüpfen, verzichtet und den bequemeren Weg des Ungehorsamsdelikts beschritten".

Weiter führt Marhold aus, dass "der Verwaltungsgerichtshof davon ausgeht, dass es sich bei den Übertretungen nach § 28 AZG um Ungehorsamsdelikte handelt, die nichts über das zur Strafbarkeit erforderliche Verschulden bestimmen (VwGH 17.12.1990, 90/19/0570). Daraus folgert er, der Arbeitgeber oder sein Bevollmächtigter habe glaubhaft zu machen, dass ihm die Einhaltung der objektiv verletzten Verwaltungsvorschriften ohne sein Verschulden unmöglich war. Damit wird aber nur verdrängt, dass in Wahrheit interpretativ Verhaltenspflichten geschaffen und mit Strafe bedroht werden. Die `objektiv verletzten Verhaltensvorschriften´ ziehen nämlich nur dann Strafsanktionen nach sich, wenn man entsprechende Verpflichtungen des Arbeitgebers zu einem bestimmten Handeln annimmt. Diese ergeben sich weder in der vom Verwaltungsgerichtshof vertretenen allgemeinen Überwachungspflicht noch in konkreteren einzelnen Verhaltensweisen. Der Verwaltungsgerichtshof folgert - in sich schlüssig - aus dem Vorliegen eines Ungehorsamsdeliktes, dass der Arbeitgeber und sein Bevollmächtigter initiativ alles, was für ihre Entlastung spricht, darlegen und unter Beweis stellen müssen. Innerhalb des vom Arbeitgeber zu erbringenden Entlastungsbeweises formuliert der Verwaltungsgerichtshof in Wahrheit aber Verhaltenspflichten. Der Arbeitgeber habe erstens ein Kontrollsystem einzurichten und zweitens alle sonstigen im konkreten Betrieb möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind, um die Einhaltung der Arbeitszeit sicherzustellen. Der Arbeitgeber ist daher nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes verpflichtet, einerseits ex post zu kontrollieren, andererseits ex ante Vorsorge für das Einhalten der Arbeitszeitvorschriften zu treffen. Durch welche Maßnahmen er diese Verpflichtung erfüllen könnte, darüber verweigert der Verwaltungsgerichtshof die Auskunft: `Es ist nicht Aufgabe der Behörde, ein abstraktes Modell eines den Anforderungen entsprechendes Kontrollsystem zu entwerfen´. Deutlicher könnten die verfassungsrechtlichen Bedenken nicht bestätigt werden. Der Verwaltungsgerichtshof spricht offen aus, dass die Anforderungen, die an ein Kontrollsystem zu richten sind, nicht abstrakt formuliert werden müssen. Dass die Behörde eine solche Verpflichtung nicht trifft, ist zutreffend. Den Gesetzgeber, der eine Strafnorm nicht vorbestimmt, trifft sie aber".

In der mündlichen Verhandlung ist hervorgekommen, dass der die Überladung verursachende Lenker zu diesem Zeitpunkt schon mehrere Jahre für den Berufungswerber tätig war und keinen Anlass geboten hat, der auf weisungswidriges bzw. verwaltungsstrafrechtlich bedenkliches Verhalten hindeuten würde. Für den Berufungswerber waren daher keine Anzeichen erkennbar, dass er bei dem Lenker vom gewöhnlichen Sorgfaltsmaßstab abgehen und einen strengeren hätte anlegen müssen. Das Beweisverfahren in der mündlichen Verhandlung hat auch keine Anhaltspunkte erbracht, dass dieser Lenker auf Grund einer Weisung die Überladung vorgenommen hätte.

Im Gegenteil, der bezeichnete Lenker hat seine Verwaltungsübertretung eingestanden und gegen die Entscheidung der Behörde erster Instanz kein Rechtsmittel ergriffen.

Vergleichsweise hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 13. Dezember 1984, 84/023/0014 ausgeführt, dass der Zulassungsbesitzer auf Grund objektiv geeigneter Vorkehrungen straffrei bleiben könnte, obwohl das Fahrzeug zum Lenken überlassen wurde und im Verkehr schließlich eine Beanstandung wegen Überladung erfolgt ist.

Da der Berufungswerber (beinahe) alles Denkmögliche unternommen hat, um eine Überladung hintanzuhalten, war auf eine geringfügige Schuld des Berufungswerbers abzustellen. Das tatbildmäßige Verhalten des Bw ist hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückgeblieben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 12. Dezember 1982, Zl. 81/03/0057, bereits festgestellt, dass die Frage, ob das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist, nach den jeweiligen Umständen zu beurteilen ist, unter denen der Schuldige gehandelt oder eine Pflicht unterlassen hat. Die Geringfügigkeit des Verschuldens (subjektive Tatseite) kann ferner nicht schlechthin mit dem Hinweis auf den Unrechtsgehalt der Tat (objektive Tatseite) verneint werden.

In ständiger Rechtsprechung ist der Verwaltungsgerichtshof dann nicht von einem geringfügigen Verschulden des Beschuldigten ausgegangen, wenn ein funktionierendes Kontrollsystem gefehlt hat. Da der Berufungswerber bis zur Einleitung des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens zumindest subjektiv von einem funktionierenden Kontrollsystem ausgehen durfte und sich dies auch im durchgeführten Ermittlungs- und Beweisverfahren der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, war der Oö. Verwaltungssenat unter Hinweis auf obige Ausführungen dennoch gehalten, von geringfügigem Verschulden auszugehen.

Die beschwerdeführende Bundesministerin führte aus, dass auch nicht von unbedeutenden Folgen der Übertretung des Berufungswerbers ausgegangen werden könne.

Der Oö. Verwaltungssenat verkennt nicht, dass das zulässige Gesamtgewicht nicht ganz geringfügig überschritten worden ist.

Dennoch darf hier nicht ohne Einbeziehung des äußerst geringen Verschuldens uneingeschränkt auf die Folgen der Übertretung abgestellt werden. Würde man nur auf die scheinbar bedeutenden Folgen der "nicht unerheblichen Überladung" abstellen, wäre dies sachlich nicht zu rechtfertigen. Wie oben zum Kontrollsystem ausgeführt, würde das für den Zulassungsbesitzer bedeuten, dass er beinahe ständig gegenwärtig sein müsste (zB. in Form einer Aufsichtsperson am Beifahrersitz) um eine Überladung tatsächlich verhindern zu können. Selbst dann wäre die Hintanhaltung einer solchen noch nicht gesichert, da ihn im Falle von Pflichtwidrigkeiten der "Aufsichtsperson" noch ein Auswahlverschulden treffen könnte.

Problematisch erscheint es, die Anwendbarkeit der Rechtswohltat des § 21 VStG selbst bei Vorliegen eines fast perfekten Kontrollsystems am Verhalten eines Dritten, nämlich des Lenkers, zu messen, der die nicht unerhebliche Überladung direkt verschuldet hat.

Die undifferenzierte Zurechnung der "erheblichen" Überladung als bedeutende Folge - wie es die beschwerdeführende Bundesministerin verlangt - läuft nach h. Ansicht im Ergebnis auf eine Erfolgshaftung des Zulassungsbesitzers hinaus.

Trotz der Funktionalität des Kontrollsystems muss sich der Zulassungsbesitzer bzw. die vertretungsbefugte Person auch das zum Tatzeitpunkt nicht beeinflussbare Verhalten eines Dritten zurechnen lassen. Die Schwere der unbeeinflussbar gesetzten Verwaltungsübertretung entscheidet, ob für den Zulassungsbesitzer bzw. dessen Verantwortlichen die Anwendung des § 21 VStG eröffnet wird oder nicht.

Nimmt der Lenker eine erhebliche Überladung vor bzw. in Kauf, dann erweist sich auch das alles Denkmögliche in Betracht ziehende Kontrollsystem als unzuverlässig. Dies würde, wie im gegenständlichen Fall auf Grund der nicht unerheblichen Überladung, eine Bestrafung des Zulassungsbesitzers nach sich ziehen, da - folgt man der beschwerdeführenden Bundesministerin - die Folgen dieser Überladung niemals unbedeutend sein können.

Im Ergebnis sollte man beim gegenständlichen Kontrollsystem (Fuhrpark von 300 bis 500 Fahrzeugen; Funktionalität über mehrere Jahre hinweg; einmaliges, nicht vorhersehbares Fehlverhalten eines Dritten) nicht einfach das Ausmaß der Überladung automatisch mit Folgen der Tat gleichsetzen.

Selbst wenn der Verwaltungsgerichtshof diesen Überlegungen nicht folgen sollte, dann wäre auch trotz der nicht unerheblichen Überladung nur von unbedeutenden Folgen auszugehen. Das verwendete Sattelkraftfahrzeug ist auf dem neuesten Stand der Technik (Baujahr 1999) und derart ausgelegt, dass einerseits durch die Übermotorisierung nicht die üblicherweise zu erwartenden Gefahren für den übrigen Verkehr zu befürchten waren und andererseits durch die optimale Gewichtsverteilung auf die fünf Achsen, die grundsätzlich durch Überladung verursachte Beschädigung der Fahrbahn nicht gegeben war.

Weiters ist durch die erstmalige Überladung, die aus Eigenmächtigkeit des Lenkers zustande gekommen ist, nicht auf die von der beschwerdeführenden Bundesministerin angeführten wirtschaftlichen Vorteile in wettbewerbsmäßiger Hinsicht gegenüber anderen Transportunternehmen zu schließen, da der Berufungswerber auf Grund der Überladung ein weiteres, leeres Sattelkraftfahrzeug einsetzen musste, um die Beladung auf das gesetzlich zulässige Maß zu reduzieren.

4.3.2. Der Verwaltungsgerichtshof ist, ohne auf die Ausführungen in der Gegenschrift einzugehen, den Beschwerdeausführungen der Bundesministerin gefolgt. Er hat erkannt, dass bei Nichterfüllung einer der beiden in § 21 Abs. 1 erster Satz VStG genannten Kriterien eine Anwendung des § 21 VStG nicht in Betracht kommt. Die Überladung im gegenständlichen Ausmaß bedingt Gefährdungen im Straßenverkehr und es sind die Folgen der Übertretung keineswegs unbedeutend.

4.4. Da der unabhängige Verwaltungssenat hier gehalten ist, den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes zu folgen, war von der Anwendung des § 21 VStG Abstand zu nehmen.

Um Wiederholungen zu vermeiden, wird betreffend § 19 VStG auf die ausführliche Begründung der Behörde erster Instanz verwiesen.

5. Der Kostenausspruch war spruchgemäß zu fällen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro (entspricht 2.476,85 Schilling) zu entrichten.

Mag. Stierschneider

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