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des Landes Oberösterreich
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VwSen-107268/7/Ki/Ka

Linz, 14.12.2000

VwSen-107268/7/Ki/Ka Linz, am 14. Dezember 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des J, vom 9.10.2000, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 15.9.2000, VerkR96-587/2000/Win, wegen einer Übertretung der StVO 1960 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 30.11.2000, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen, das angefochtene Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.

II. Zusätzlich zu den Verfahrenskosten 1. Instanz hat der Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren einen Beitrag von 200,00 Schilling (entspricht  14,53 Euro), ds 20 % der verhängten Geldstrafe, zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 51 VStG

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat mit Straferkenntnis vom 15.9.2000, VerkR96-587/2000/Win, den Berufungswerber (Bw) für schuldig befunden, er habe am 29.2.2000 um 16.45 Uhr den PKW mit dem behördlichen Kz.: auf der Rohrbacher-Bundesstraße (B127) von Linz kommend in Richtung Rohrbach OÖ. gelenkt, wobei er bei Strkm.21,400 überholte, obwohl andere Straßenbenützer hätten gefährdet oder behindert werden können. Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 wurde über ihn eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 S (EFS 30 Stunden) verhängt.

Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 100 S (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

In der Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass im Rahmen der freien Beweiswürdigung den Aussagen des Meldungslegers mehr Wahrheitsgehalt zugemessen wurde als den offensichtlich nur auf die Abwendung einer Bestrafung gerichteten Behauptungen des Bw. Bei als erwiesen angenommenen Tatbestand sei daher mit einem Schuldspruch vorzugehen gewesen. Bei der Strafbemessung, die entsprechend dem Unrechtsgehalt der Tat im Sinne des § 19 VStG unter Berücksichtigung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse erfolgt sei, seien fünf Strafvormerkungen als erschwerend, mildernd die bisherige Unbescholtenheit zu werten gewesen.

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schreiben vom 9.10.2000 Berufung. Darin führt er im Wesentlichen aus, dass von einer Behinderung des Gegenverkehrs nicht die Rede sein könne. Das Fahrzeug des Gegenverkehrs habe weder gebremst noch sei es ausgewichen, weil hiefür keinerlei Notwendigkeit bestanden habe.

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung, verbunden mit einem Augenschein an Ort und Stelle, am 30.11.2000. An dieser Verhandlung nahmen der Bw sowie ein Vertreter der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach teil. Als Zeuge wurde der Meldungsleger, Rev.Insp. S, einvernommen.

Der Bw führte bei seiner Einvernahme aus, dass es richtig sei, dass er zur vorgeworfenen Tatzeit in Richtung Rohrbach unterwegs gewesen wäre. Er habe eine Geschwindigkeit von ca. 60 bis 70 km/h eingehalten und sich dabei an einem anderen Fahrzeug vorbeibewegt. Als der Gegenverkehr gekommen sei, sei dieses Fahrmanöver schon fast abgeschlossen gewesen. Er sei der Meinung, dass er bei seinem Fahrmanöver die Leitlinie nicht überfahren habe, weil der von ihm überholte Kleinlastwagen ganz am rechten Rand gefahren sei. Allenfalls sei er ca. 1 m über die Leitlinie hinübergekommen. Der entgegenkommende PKW sei glaublich ziemlich schnell gefahren und ebenfalls ganz am rechten Rand. Er kenne die Strecke gut und überhole nur dann, wenn er wirklich sehe, dass nicht auch im Gegenverkehr jemand überhole. Er habe zum Gegenverkehrsfahrzeug einen Abstand von 3 m gehabt, der Abstand zum überholten Fahrzeug habe ca. 1 m betragen, dieses Fahrzeug sei relativ langsam gefahren. Bezüglich Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse führte der Beschuldigte aus, dass er am Existenzminimum lebe, Sorgepflichten habe er keine.

Der als Zeuge einvernommene Meldungsleger führte bei seiner Einvernahme aus, dass er sich natürlich dezidiert nicht mehr an den Bw erinnern könne. In der Praxis sehe die Situation so aus, dass er nur jene Fahrzeuge an seinen Kollegen durchgebe, welche über die Leitlinie hinausfahren und außerdem werde die Meldung nur dann weitergegeben, wenn in dieser Situation Gegenverkehr herrsche. An weitere Details könne er sich jedoch nicht erinnern.

I.5. Es wird nachstehender entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt:

Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige des Gendarmeriepostens Feldkirchen/D. vom 5.3.2000 zugrunde. Darin wurde ausgeführt, dass der Beschuldigte zur gegenständlichen Tatzeit am gegenständlichen Tatort ein Fahrzeug überholte, wodurch andere Straßenbenützer gefährdet wurden. Er habe seinen PKW von Lacken kommend in Richtung St. Martin gelenkt und am Beginn der unübersichtlichen Linkskurve mit dem Überholen eines in gleicher Fahrtrichtung fahrenden KFZ begonnen. Dabei habe er die in der Mitte der Fahrbahn angebrachte Leitlinie mit der Hälfte der Breite seines Fahrzeuges überfahren. Noch bevor er den Überholvorgang beenden konnte, sei ihm auf dem Fahrstreifen für den Gegenverkehr ein PKW entgegengekommen. Dieser habe aufgrund des Überholvorganges des Beschuldigten zum rechten Fahrbahnrand ausweichen müssen.

Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat zunächst eine Strafverfügung erlassen, diese wurde vom Bw beeinsprucht. In diesem Einspruch führte er aus, dass die Rohrbacher Bundesstraße an der bezeichneten Stelle eine Fahrbahnbreite von mehr als 10 m aufweise. Der Überholvorgang sei zum Zeitpunkt des Gegenverkehrs, welcher sich übrigens ganz auf der rechten Straßenseite bewegte, fast abgeschlossen gewesen, wobei er während des Überholvorgangs die bestehende Leitlinie nicht überfahren habe. Die von ihm benutzte Straßenhälfte sei mehr als 5 m breit, wobei sich das überholte Fahrzeug korrekt am rechten Straßenrand befunden und daher den Überholvorgang ohne Überschreitung der Leitlinie ermöglicht hätte.

Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat daraufhin das Ermittlungsverfahren eingeleitet und ua den Meldungsleger als Zeugen einvernommen. Dieser führte bei seiner Einvernahme aus, dass er von seinem Standort aus innerhalb der Linkskurve aus der Sicht des von aus Richtung Linz ankommenden Verkehrs die angezeigte Übertretung einwandfrei feststellen konnte. Die Fahrbahn sei in diesem Bereich zwar ca. 11 m breit, jedoch total unübersichtlich und nicht durch eine Sperrlinie getrennt. Er habe einwandfrei feststellen können, dass der Angezeigte beim Überholen die Fahrbahnmitte eindeutig überschritten habe. Dies sei auch der Grund gewesen, warum der Gegenverkehr zum Abbremsen genötigt war. Es werde immer nur dann angezeigt, wenn auch tatsächlich der Gegenverkehr behindert wurde.

Im Rahmen einer weiteren Einvernahme argumentierte der Beschuldigte abermals, dass sowohl das überholte als auch das entgegenkommende Fahrzeug am rechten Fahrbahnrand gelenkt wurden und er beim Überholvorgang die Fahrbahnmitte nicht überschritten habe. Der entgegenkommende Fahrzeuglenker sei daher keineswegs genötigt gewesen, sein Fahrzeug abzubremsen und auszuweichen.

Letztlich hat die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erlassen.

Anlässlich des im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung durchgeführten Augenscheines wurde festgestellt, dass die B 127 im Bereich des vorgeworfenen Tatortes in Richtung Rohrbach gesehen in Form einer langgezogenen Linkskurve verläuft. Die Fahrbahn ist ca. 11 m breit und in der Mitte durch eine Leitlinie geteilt.

I.6. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes hat wie folgt erwogen:

Gemäß § 16 Abs.1 lit.a StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges nicht überholen, wenn andere Straßenbenützer, insbesondere entgegenkommende, gefährdet oder behindert werden könnten.

Der strafbare Tatbestand dieser Norm besteht darin, dass der Lenker eines Fahrzeuges einen Überholvorgang ungeachtet dessen, dass andere Straßenbenützer gefährdet oder behindert werden könnten, durchführt. Es genügt eine abstrakte Gefährdung oder Behinderung, also die bloße Möglichkeit einer solchen.

Die erkennende Berufungsbehörde vertritt die Auffassung, dass die Angaben des Meldungslegers der Entscheidung zugrunde gelegt werden können. Dieser konnte sich zwar nicht mehr konkret an den gegenständlichen Fall erinnern, er hat jedoch erklärt, dass nur dann eine Anzeige erstattet werde, wenn an der konkreten Stelle die Leitlinie im Zuge des Überholmanövers überfahren wird und überdies in dieser Situation Gegenverkehr herrscht. Der Meldungsleger hatte zur Vorfallszeit seinen Standort unmittelbar im Bereich des vorgeworfenen Tatortes und es ist, wie der Augenschein ergeben hat, von diesem Standort aus die Strecke bestens einsehbar. Die Aussagen des Meldungslegers über die allgemeine Vorgangsweise sind schlüssig und stehen nicht im Widerspruch zu den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen. Es ergibt sich kein Hinweis, dass er gerade auf den konkreten Fall bezogen von der üblichen Vorgangsweise abgewichen wäre.

Der Bw seinerseits konnte sich in jede Richtung verteidigen. Dieser Umstand darf zwar nicht schlechthin gegen ihn gewertet werden, letztlich hat er auch im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung zugestanden, dass er möglicherweise die Leitlinie im Zuge des Überholmanövers passiert haben könnte.

In Abwägung der dargelegten Umstände gelangt die erkennende Berufungsbehörde zur Auffassung, dass der zur Last gelegte Sachverhalt in objektiver Hinsicht als verwirklicht anzusehen ist und es sind auch bezogen auf die subjektive Tatseite keine Umstände hervorgekommen bzw behauptet worden, welche den Beschuldigten entlasten würden. Die Bestrafung ist demnach zu Recht erfolgt.

Zur Strafbemessung (§ 19 VStG) wird festgestellt, dass Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen ist, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Bezogen auf den konkreten Tatort, an dem keinerlei Geschwindigkeitsbeschränkung verordnet ist, muss festgestellt werden, dass "riskante" Überholmanöver ein besonderes Gefährdungspotenzial darstellen. Dementsprechend sind durch derartige Verhaltensweisen die Interessen der Verkehrssicherheit extrem gefährdet, weshalb im vorliegenden Falle es sich um kein Bagatelldelikt handelt. In Anbetracht des vorgesehenen Strafrahmens (Geldstrafe bis zu 10.000 S) wurden sowohl die Geld- als auch die Ersatzfreiheitsstrafe relativ milde bemessen.

Aus den vorliegenden Verfahrensunterlagen ergibt sich, dass der Beschuldigte bereits mehrmals wegen gleichartiger Delikte bestraft wurde, weshalb dieser Umstand von der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach zu Recht als erschwerend gewertet wurde. Warum die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach "die bisherige Unbescholtenheit" als mildernd gewertet hat, kann in Anbetracht dieser einschlägigen Vorstrafen nicht nachvollzogen werden. Wegen der Bestimmung des § 51 Abs.6 VStG, wonach aufgrund einer vom Beschuldigten erhobenen Berufung in einer Berufungsentscheidung keine höhere Strafe verhängt werden darf, konnte dieser Umstand durch die Berufungsbehörde nicht mehr berücksichtigt werden.

Zur Einkommenssituation des Bw wird festgestellt, dass die verhängte Geldstrafe trotz des (behaupteten) Existenzminimums vertretbar ist.

Darüber hinaus waren bei der Strafbemessung auch spezial- bzw generalpräventive Überlegungen anzustellen. Gerade im Hinblick auf das bereits dargelegte Gefährdungspotenzial ist generell für derartige Übertretungen mit empfindlichen Strafen vorzugehen und es ist die Bestrafung auch nötig, um dem Bw das Unerlaubte seines Verhaltens spürbar aufzuzeigen. Aus diesen Gründen ist eine Herabsetzung der verhängten Strafen ebenfalls nicht vertretbar.

Zusammenfassend wird festgestellt, dass der Beschuldigte weder durch den Schuldspruch noch durch die Strafbemessung in seinen Rechten verletzt wurde. Die Berufung war daher als unbegründet abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Mag. K i s c h

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