Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240132/2/Gf/Atz

Linz, 03.08.1995

VwSen-240132/2/Gf/Atz Linz, am 3. August 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des J.

G., ..............., ..............., vertreten durch die RAe Dr. N. N., Dr. K. H., Dr. C. S., Mag. T. K. und Mag. W.

B., .........., ..........., gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von ............. vom 15. Mai 1995, Zl.

SanRB96-50-16-1994-Pepc, wegen Übertretung des Fleischuntersuchungsgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern stattgegeben, als die verhängte Geldstrafe mit 3.500 S und die Ersatzfreiheitsstrafe mit 191/2 Stunden festgesetzt werden; im übrigen wird diese hingegen abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß es in der ersten Zeile des Spruches anstelle von "30." richtig "13." zu heißen hat.

II. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf 350 S; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von ............. vom 15. Mai 1995, Zl. SanRB96-50-16-1994Pepc, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe von 4.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 2 Tage) verhängt, weil er es als Geschäftsführer einer GmbH zu vertreten habe, daß eine am 13. Oktober 1993 von dieser GmbH gelieferte Schweinehälfte statt der vorgeschriebenen Maximaltemperatur von 7 o C eine überhöhte Kerntemperatur von 11,6 o C aufgewiesen habe; dadurch habe er eine Übertretung des § 38 Abs. 2 Z. 3 des Fleischuntersuchungsgesetzes, BGBl.Nr. 621/1983, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 257/1993 (im folgenden: FlUG), i.V.m. § 22 Abs. 2 der Fleischhygieneverordnung, BGBl.Nr.

280/1983, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 185/1992 (im folgenden: FlHV) begangen, weshalb er gemäß § 50 Z. 15 FlUG zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses dem Rechtsmittelwerber am 18. Mai 1995 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 1. Juni 1995 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene und bei der belangten Behörde eingebrachte Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde u.a. begründend aus, daß es aufgrund von Feststellungen des Amtstierarztes der BH ......... als erwiesen anzusehen sei, daß der von der GmbH des Berufungswerbers zum Tatzeitpunkt unmittelbar nach der Schlachtung mittels eines Kühl-LKW transportierte Tierkörper noch eine um über 4 o C erhöhte Kerntemperatur aufgewiesen habe und der Beschwerdeführer dies bei gehöriger Sorgfalt und Aufmerksamkeit auch hätte erkennen müssen.

Im Zuge der Strafbemessung seien weder Erschwerungs- noch Milderungsgründe hervorgekommen; da der Rechtsmittelwerber entsprechende Angaben verweigert habe, seien die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse von Amts wegen zu schätzen gewesen.

2.2. Dagegen bringt der Berufungswerber, der die ihm zur Last gelegte Temperaturüberhöhung des Schlachtkörpers nicht bestreitet, im wesentlichen vor, daß die belangte Behörde zur Beurteilung des vorliegenden Falles nicht die FlHV, sondern die noch vor Erlassung des Straferkenntnisses in Kraft getretene, der FlHV derogierende und für ihn günstigere Frischfleischhygieneverordnung, BGBl.Nr. 396/1994 (im folgenden: FrFlHV), anzuwenden gehabt hätte, weil danach nur mehr eine Verwendung mangelhafter Fahrzeuge zu einer Bestrafung führe, wie sie im gegenständlichen Fall jedoch nicht vorgelegen sei. Außerdem könne der Beschwerdeführer bei der Größe seines Betriebes (tägliche Schlachtung von ca. 1.000 Schweinen) unmöglich jeden einzelnen Schlachtkörper persönlich kontrollieren; die Kühlung verlaufe vielmehr vollautomatisch und mit modernsten Geräten. Schließlich sei der Beschwerdeführer unbescholten und habe die belangte Behörde auch weitere Milderungsgründe (keine Folgen der Tat; Beitragung zur Wahrheitsfindung; Rechtsirrtum; Unbescholtenheit) nicht berücksichtigt.

Aus allen diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens, in eventu ein Absehen von der Verhängung einer Strafe bzw. zumindest deren Herabsetzung beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der BH ............. zu Zl. SanRB96-50-1993; da bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt hinreichend geklärt erschien und mit der vorliegenden Berufung lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung durch die belangte Behörde geltend gemacht wird, konnte im übrigen gemäß § 51e Abs. 2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 50 Z. 15 FlUG in der zum Tatzeitpunkt am 13. Oktober 1993 maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. 522/1982 beging derjenige eine Verwaltungsübertretung und war mit Geldstrafe bis zu 60.000 S zu bestrafen, der den Bestimmungen einer aufgrund des § 38 Abs. 2 oder 4 FlUG erlassenen Verordnung - das war die FlHV - zuwiderhandelte.

Mit der FlUG-Novelle BGBl.Nr. 118/1994 wurde in § 38 ein neuer Abs. 3 eingefügt; dadurch erhielt der vormalige Abs. 4 die nunmehrige Bezeichnung Abs. 5.

Nach § 50 Z. 22 FlUG in der zum Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses am 15. Mai 1995 maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. 118/1994 (beging und) begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 60.000 S zu bestrafen, der gegen die Verbote einer aufgrund des § 38 Abs. 2, 3 oder 5 FlUG erlassenen Verordnung verstößt. Aufgrund u.a. des § 38 Abs. 2, 3 bzw. 5 FlUG wurden (die Fleischuntersuchungsverordnung, BGBl.Nr. 395/1994,) die bereits zuvor angesprochene FrFlHV (und die Fleischverarbeitungs-Hygieneverordnung, BGBl.Nr. 397/1994, im folgenden:

FlVHV) erlassen. Diese Verordnung(en) hat(ben) - weil im vorliegenden Fall offensichtlich die Ausnahmebestimmung des § 20 Abs. 3 FrFlHV (sowie jene des § 13 Abs. 3 FlVHV) nicht zum Tragen kommt - mit 1. Juli 1994, also vor Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses, die FlHV ersetzt (vgl.

schon VwSen-240107 v. 2.5.1995).

Infolge dieser Rechtsänderung war daher zunächst im Lichte des § 1 Abs. 2 VStG hinsichtlich des vom Beschwerdeführer unbestritten gelassenen Tatvorwurfes im Sinne der ständigen Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts (vgl.

z.B. schon VwSlg 4275 A/1957; VfSlg 3562/1959) zu prüfen, ob - trotz unveränderten Strafsatzes - für den Rechtsmittelwerber insofern eine Besserstellung eingetreten ist, als nunmehr bestimmte Tatbestände überhaupt nicht mehr bzw. zumindest nicht mehr in jener ihm innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfenen Form strafbar erscheinen.

4.2. Gemäß § 22 Abs. 2 FlHV mußte frisches Fleisch vor dem Verladen so vorgekühlt und befördert werden, daß die Kerntemperatur nicht über 7 o C ansteigt; beim Transport von ganzen Tierkörpern, Hälften oder Vierteln bis zu einer Transportdauer von sechs Stunden durfte diese Kerntemperatur um nicht mehr als weitere 3 o C überschritten werden.

Nach § 14 Abs. 1 letzter Satz FrFlHV müssen die Transportmittel so gebaut sein, daß u.a. die in § 11 FrFlHV vorgeschriebenen Temperaturen während der Beförderung nicht überschritten werden. Gemäß § 11 Abs. 1 FrFlHV ist frisches Fleisch nach der Fleischuntersuchung unverzüglich zu kühlen und die Innentemperatur der Tierkörper konstant auf höchstens 7 o C zu halten.

Daraus ergibt sich insgesamt, daß die spätere Regelung der FrFlHV im gegenständlichen Fall für den Beschwerdeführer deshalb ungünstiger ist, weil sie auch ein Überschreiten der Maximaltemperatur von 7 o C während des Transportes auf insgesamt 10 o C nicht mehr zuläßt.

Die belangte Behörde ist daher im Ergebnis zu Recht von der Anwendbarkeit des § 22 Abs. 2 FlHV für den vorliegenden Fall ausgegangen. Davon, daß - wie der Rechtsmittelwerber meint die FrFlHV die für ihn günstigere Norm deshalb darstelle, weil diese nunmehr lediglich die Verwendung ungeeigneter Transportmittel pönalisiere, kann hingegen nach dem insoweit klaren Normtext der in Rede stehenden Bestimmung keine Rede sein.

4.3. Da die Kerntemperatur der beanstandeten Schweinehälfte zum Tatzeitpunkt nach dem Transport von ..... nach ........

11,6 o C betragen hatte und somit offenkundig über dem durch § 22 Abs. 2 FlHV erlaubten Grenzwert von 10 o C lag, ist sohin die Tatbestandsmäßigkeit der Handlung iSd § 50 Z. 15 FlUG i.V.m. § 22 Abs. 2 FlHV gegeben.

4.4. Der Berufungswerber ist als handelsrechtlicher Geschäftsführer der verfahrensgegenständlichen GmbH zu deren Vertretung nach außen berufen und deshalb - weil ein verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs. 2 und 3 VStG (jedenfalls zum Tatzeitpunkt) nicht bestellt war - auch nach § 9 Abs. 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich. Daß die beanstandete Schweinehälfte aus einer sog. "Nachmittagsschlachtung" stammte und deshalb mit überhöhter Kerntemperatur transportiert wurde, vermag die angelastete Übertretung wohl zu erklären, nicht aber zu entschuldigen: Denn gerade bei einer erst am Nachmittag durchgeführten Schlachtung besteht eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, daß Fleisch noch nicht ausreichend gekühlt zum Transport gelangt. Es begründet daher eine grobe Fahrlässigkeit, wenn der Rechtsmittelwerber speziell für solche Konstellationen offensichtlich keine ausreichende Vorsorge dafür getroffen hat, daß die maßgeblichen Rechtsvorschriften eingehalten werden.

4.5. Schon angesichts dieser gravierenden Schuldform scheidet ein Absehen von der Strafe gemäß § 21 Abs. 1 VStG aus. Auch eine außerordentliche Strafmilderung gemäß § 20 VStG kommt im gegenständlichen Fall schon von vornherein nicht zum Tragen, weil § 50 FlUG keine Mindeststrafe vorsieht, die bis zur Hälfte unterschritten werden könnte.

4.6.1. Da es sich bei § 22 Abs. 2 FlHV in erster Linie um eine Ordnungsvorschrift handelt, kann der belangten Behörde keine Rechtswidrigkeit angelastet werden, wenn sie den vom Beschwerdeführer angesprochenen Milderungsgrund des § 34 Z.

13 StGB (keine Verursachung eines Schadens durch die Tat) hier nicht herangezogen hat.

In gleicher Weise trifft es auch nicht zu, daß der Rechtsmittelwerber wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hätte, weil das Untersuchungsergebnis ohnehin von Anfang an durch einen Amtstierarzt zweifelsfrei festgestellt werden konnte.

Schließlich konnte auch die Unkenntnis der Rechtsvorschriften schon deshalb nicht als strafmildernd gewertet werden, weil sich jene durch die Novellierung im Jahr 1994 zum einen inhaltlich nicht geändert haben und zum anderen nunmehr klarer gefaßt und damit leichter verständlich als zuvor erscheinen.

4.6.2. Hingegen trifft es allerdings zu, daß die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers von der belangten Behörde im Zuge der Strafbemessung als ein Milderungsgrund zu berücksichtigen gewesen wäre.

Selbst unter diesem Aspekt erschiene dem Oö. Verwaltungssenat aber die Höhe der verhängten Geldstrafe, die sich im untersten Fünfzehntel des gesetzlichen Strafrahmens bewegt, an sich nicht als rechtswidrig. Der unabhängige Verwaltungssenat ist jedoch von Verfassungs wegen nicht als ein Verwaltungsorgan, sondern gemäß Art. 129 B-VG als ein Organ zur Kontrolle der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung eingerichtet, sodaß er unter diesem Blickwinkel die festgestellte Rechtswidrigkeit - weil ihm als Nicht-Verwaltungsbehörde die Ausübung eigenen Ermessens verwehrt ist - mit der Wirkung aufzugreifen hatte, daß die verhängte Geldstrafe jedenfalls herabzusetzen war, wobei das Ausmaß der Herabsetzung wiederum keine Ermessenentscheidung darstellt, sondern den in § 19 VStG vorgenommenen Wertungskriterien zu entsprechen hat.

Aus § 19 Abs. 1 und 2 VStG geht insgesamt hervor, daß sich die Strafhöhe zunächst am Ausmaß des durch die Tat bewirkten Eingriffes in Schutzgüter und am Verschulden zu orientieren hat, während den Milderungs- und Erschwerungsgründen bzw.

den Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnissen in diesem Zusammenhang nur nachgeordnete Bedeutung zukommt.

Davon ausgehend war das Strafausmaß sohin um 500 S zu reduzieren.

4.7. Aus allen diesen Gründen war daher der gegenständlichen Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insofern stattzugeben, als die verhängte Geldstrafe mit 3.500 S und die Ersatzfreiheitsstrafe gemäß der durch § 16 Abs. 2 VStG festgelegten Relation mit 191/2 Stunden festgesetzt wird; im übrigen war diese hingegen abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe zu bestätigen, daß es in der ersten Zeile des Spruches anstelle "30." richtig "13." zu heißen hat.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber gemäß § 65 VStG auch kein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben; weiters ermäßigt sich der Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde nach § 64 Abs. 1 und 2 VStG auf 350 S.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

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