Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107274/7/Br/Bk

Linz, 21.11.2000

VwSen - 107274/7/Br/Bk Linz, am 21. November 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn A, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, vom 11. September 2000, Zl.: VerkR96-5736-2000, wegen Übertretung der StVO 1960, nach der am 20. November 2000 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 26/2000 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 29/2000 - VStG.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Übertretung nach §  20 Abs.2 StVO eine Geldstrafe in Höhe von 5.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 504 Stunden verhängt, weil er am 26.2.2000 um 15.54 Uhr den Kombi mit dem Kennzeichen auf der Kobernaußer Landesstraße aus Richtung Ried im Innkreis kommend in Richtung Höcken gelenkt und dabei die auf Freilandstraßen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 47 km/h überschritten habe.

1.1. Begründend stützte die Erstbehörde ihre Entscheidung auf die dienstliche Wahrnehmung eines Gendarmeriebeamten, der diese Fahrgeschwindigkeit mittels eines Geschwindigkeitsmessgerätes feststellte und dabei auch das Fahrzeug identifizierte. Da sich der Berufungswerber nach Akteneinsichtnahme bei der Bundespolizeidirektion Salzburg binnen der ihm eröffneten Frist zum Beweisergebnis nicht äußerte, sei die Entscheidung letztlich ohne seine weitere Anhörung zu fällen gewesen. Die Festsetzung der Strafe erfolgte mit Blick auf die Grundsätze nach § 19 VStG, wobei die Behörde erster Instanz die Auffassung vertrat, dass das Verkehrsunfallrisiko mit zunehmender Fahrgeschwindigkeit progressiv steigt. Mit Blick darauf ging die Behörde erster Instanz von einem hohen Tatunwert aus und erblickte darin das Strafausmaß tatschuldangemessen.

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht durch seine Rechtsvertreter erhobenen Berufung. Eingangs wird die Feststellung der Behörde erster Instanz als aktenwidrig gerügt, wonach er sich zum Beweisergebnis nicht geäußert habe, obwohl er seine Stellungnahme fristgerecht an die Behörde erster Instanz weitergeleitet habe.

Ferner werden unterbliebene Beweisanträge, nämlich solche die zu belegen geeignet gewesen wären, dass er mit gegenständlichem Fahrzeug zum Vorfallszeitpunkt gar nicht auf dem genannten Straßenzug unterwegs war, als Verfahrensmangel aufgezeigt. Der Berufungswerber legte diesbezüglich Belege über seinen Aufenthalt in Kärnten und Slowenien zur Tatzeit vor und machte zum Beweis für dieses Vorbringen auch mehrere Zeugen namhaft. Weiters verweist er auf seine Mitteilung in der Lenkerauskunft, wonach er zwar zum fraglichen Zeitpunkt sein Fahrzeug verwendet habe, sich jedoch mit Sicherheit nicht an der fraglichen Örtlichkeit aufgehalten habe.

Abschließend beantragt der Berufungswerber die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung und im Anschluss daran die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Verfahrenseinstellung. In eventu um Milderung oder Nachsicht der Strafe.

3. Die Erstbehörde hat den Akt, ohne offenbar eine Berufungsvorentscheidung in Erwägung zu ziehen, zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war angesichts der Bestreitung von Tatsachen und des gesonderten Antrages in Wahrung der gem. Art. 6 EMRK intendierten Rechte erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Erörterung des Inhaltes des Verwaltungsstrafaktes der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, Zl.: VerkR96-5736-2000 und durch die zeugenschaftliche Vernehmung des die Messung durchführenden Beamten, BI W sowie die Vernehmung des Berufungswerbers als Beschuldigten anlässlich der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung. Ebenfalls wurde die Vorfallsörtlichkeit und der Einsatzort des Meldungslegers durch den Oö. Verwaltungssenat durch ein vom System "DORIS" (digitales orografisches Informationssystem) bezogenes Luftbild nachvollzogen. Im Rahmen der Berufungsverhandlung wurden hier insbesondere die Umstände der Datenerfassung vor Ort im Rahmen der zeugenschaftlichen Befragung des BI W einer genauen Erörterung unterzogen. Vorgelegt wurde vom Meldungsleger das Messprotokoll vom gegenständlichen Einsatz und der Eichschein betreffend das verwendete Messgerät.

5. Folgender Sachverhalt gilt aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens als erwiesen:

5.1. Beim Vorfallstag handelte es sich um einen Samstag. Der gut ausgebaute Straßenzug verläuft in Annäherung an den Standort des Meldungslegers bereits über einen Kilometer völlig übersichtlich und geradlinig. Das Messergebnis kam im Zuge der Annäherung auf eine Entfernung von 241 m zustande. Eine Anhaltung erfolgte verkehrsbedingt nicht, insbesondere weil das gemessene Fahrzeug einen Überholvorgang ausführte, was einer Anhaltung entgegenstand. Die Zeitspanne vom Moment der Messung bis zum Passieren der Höhe des Standortes des Meldungslegers ist mit etwa fünf Sekunden anzunehmen.

Der Meldungsleger notierte das Kennzeichen, die Fahrzeugfarbe und den Fahrzeugtyp auf einen Handzettel und übertrug diese in weiterer Folge in die Anzeige. Ob bereits zwischenzeitig eine Zulassungsanfrage gestellt wurde und dabei die Fahrzeugdaten einem Vergleich unterzogen wurden, konnte nicht festgestellt werden.

Die Anzeige wurde nicht unmittelbar im Anschluss an diesen Messeinsatz, sondern erst ca. zwei Wochen später, nämlich am 10. März 2000, verfasst.

Der Berufungswerber legte mit seiner Berufung diverse Rechnungen vom 26. und 27. Februar 2000 über diverse Einkäufe im Raume Villach vor. Ebenfalls wurde ein Beleg von einer Tankstelle in Ljubljana über 47 l Benzin vorgelegt.

Daraus erweist sich die Verantwortung der fehlenden Lenkereigenschaft seitens des Berufungswerbers als durchaus nachvollziehbar und glaubwürdig. Angesichts dieser vom Berufungswerber im Rahmen einer umfangreichen Mitwirkung getätigten Vorbringen muss daher von einem Ablesefehler des Kennzeichens des Angezeigtenfahrzeuges ausgegangen werden. Dass ein solcher in der gegenständlichen Situation unterlaufen sein konnte, kann durchaus auch in der hohen Fahrgeschwindigkeit des Angezeigtenfahrzeuges erblickt werden, wobei letztlich nur eine Zeitspanne von etwa einer halben Sekunde offen blieb, die für das Ablesen des Kennzeichens zur Verfügung stand. Wenn das Angezeigtenfahrzeug mit fast 150 km/h unterwegs war, legte es in einer Sekunde ca. 42 m zurück. Bei einer Lesbarkeit eines Kennzeichens aus einer Entfernung im Bereich von etwa 20 m wird durchaus die Schwierigkeit des Ablesens eines mit so hoher Fahrgeschwindigkeit vorbeifahrenden Fahrzeuges evident.

Anlässlich der Berufungsverhandlung legte der Berufungswerber abermals in sachlicher überzeugender Weise dar, dass er noch nie an der verfahrensgegenständlichen Örtlichkeit unterwegs war und er zu dieser Örtlichkeit auch keine wie immer geartete sachliche Beziehung hat, daher ein Irrtum seitens des Meldungslegers bzw. der Behörde vorliegen müsse. Auf diesen Umstand habe er bereits anlässlich seiner Mitteilung anlässlich der Lenkererhebung hingewiesen. Diesen in Kopie vorgelegten Beleg kommt in Hinblick auf die Verantwortung des Berufungswerbers ebenfalls inhaltliche Aussagekraft und letztlich auch Glaubwürdigkeit zu. Auch Zeugen benannte der Berufungswerber, welche seine Anwesenheit in Kärnten zur fraglichen Zeit bestätigen könnten.

Daher kann hier das Fahrzeug des Berufungswerbers, zumindest nicht in einer für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit, mit dieser Verwaltungsübertretung in Zusammenhang gebracht werden.

Am Schluss der Berufungsverhandlung erklärte auch der an der Berufungsverhandlung teilnehmende Behördenvertreter angesichts dieses Beweisergebnisses, dass hier im Rahmen der Beweiswürdigung festzulegen sein wird, ob in einer für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit von der Lenkereigenschaft des Berufungswerbers ausgegangen werden kann oder nicht.

6. Rechtlich folgt angesichts dieses Beweisergebnisses, dass bereits bei bloßem Zweifel an der Tatbegehung von der Fortführung eines Verwaltungsstrafverfahrens abzusehen und die Einstellung nach § 45 Abs.1 Z1 VStG zu verfügen ist (vgl. VwGH 12.3.1986, Zl. 84/03/0251; ZfVB 1991/3/1122).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. B l e i e r

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