Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107296/10/Le/La, VwSen107297/9/Le/La

Linz, 13.02.2001

VwSen-107296/10/Le/La, VwSen-107297/9/Le/La Linz, am 13. Februar 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Einzelmitglied Dr. Leitgeb und durch die 11. Kammer (Vorsitzender: Dr. Weiß, Beisitzer: Mag. Kisch, Berichter: Dr. Leitgeb) über die Berufung des H E, U 59, 4780 St. F, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J, R 4, W, gegen Spruchabschnitt 1. (durch das Einzelmitglied) und Spruchabschnitt 4. (durch die 11. Kammer) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 16.10.2000, Zl. VerkR96-4386-2000/Ah, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 8.2.2001 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird, soweit sie sich gegen Spruchabschnitt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses richtet, Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird in diesem Umfang aufgehoben und das Verwaltungs-strafverfahren diesbezüglich eingestellt.

II. Hinsichtlich des Spruchabschnittes 4. wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich mit der Maßgabe bestätigt, dass die Wendung "infolge eines Atemluftalkohol-gehaltes zwischen 0,6 und 0,8 mg/l" entfällt und als Strafnorm § 99 Abs.1b StVO 1960 festgestellt wird.

III. Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens entfällt hinsichtlich des ersten Spruchabschnittes. Diesbezüglich entfällt auch ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens.

IV. Der Berufungswerber hat in Bezug auf Spruchabschnitt 4. einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 2.400 S (entspricht  174,41 Euro) zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 VStG

Zu III.: §§ 64 und 65 VStG.

Zu IV.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I. und II.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 16.10.2000, VerkR96-4386-2000/Ah wurde über den nunmehrigen Berufungswerber im Spruchabschnitt 1. wegen Übertretung des § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1b Straßenverkehrsordnung 1960 (im Folgenden kurz: StVO) eine Geldstrafe in Höhe von 9.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 7 Tagen) und im Spruchabschnitt 4. wegen Übertretung des § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1a StVO eine Geldstrafe in Höhe von 12.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 10 Tagen) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafen verpflichtet.

Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe am 11.7.2000 um ca. 20.10 Uhr den Kombi mit dem Kennzeichen SD- im Ortsgebiet St. F auf der öffentlichen Zufahrtsstraße zum Haus St. F Nr. 58 (bzw. auf Höhe dieses Hauses St. F am Inn Nr. 58) gelenkt, wobei er sich

1. in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand infolge eines Atemluftalkoholgehaltes von 0,59 mg/l (ca. 1,18 %o Blutalkoholgehalt) befunden habe und

4. er habe am 11.7.2000 gegen 20.35 Uhr das gleiche Fahrzeug vom Haus U 59 auf öffentlichen Straßen bis auf Höhe des Gasthauses T, Haus Nr. 22 gelenkt, wobei er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand infolge eines Atemluftalkoholgehaltes zwischen 0,6 und 0,8 mg/l befunden habe.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 31.10.2000, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Zur Begründung behauptete der Berufungswerber Ermittlungsmängel der Erstbehörde und legte nochmals die Gründe dar, warum er zunächst den Anstoß am PKW der A E in Abrede gestellt und warum er den Konsum des Cognacs verschwiegen hatte.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat die Berufung und den zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

3.1. Zur vollständigen Klärung der Sachlage hat der Unabhängige Verwaltungssenat am 8.2.2001 eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt, an der der Berufungswerber mit seinem Rechtsvertreter teilnahm; die Erstbehörde hatte sich telefonisch entschuldigt.

3.2. Vorweg wird festgehalten, dass zur Entscheidung über die Berufung gegen das Straferkenntnis vom 16.10.2000 wegen der in § 51c VStG festgelegten Wertgrenze und der Tatsache, dass im Spruchabschnitt 1. eine Geldstrafe in Höhe von 9.000 S, im Spruchabschnitt 4. jedoch eine Geldstrafe in Höhe von 12.000 S verhängt wurde, hinsichtlich des 1. Spruchabschnittes die Zuständigkeit des nach der Geschäftsverteilung vorgesehenen Einzelmitgliedes und hinsichtlich des Spruchabschnittes 4. die Zuständigkeit der 11. Kammer gegeben war. Wegen des engen inhaltlichen Zusammenhanges wurden die dafür erforderlichen mündlichen Verhandlungen zusammengelegt (und erfolgt auch die Entscheidung in einem einzigen Erkenntnis).

3.3. Aus der durchgeführten Verhandlung steht folgender Sachverhalt fest:

Der Berufungswerber gab bei seiner Vernehmung sinngemäß an, dass zu jener Zeit das Scheidungsverfahren zwar bereits abgeschlossen war, dass aber noch nicht entschieden war, wem die beiden Kinder S (7 Jahre) und S (9 Jahre) zugesprochen werden.

Den verfahrensrelevanten Sachverhalt schilderte der Berufungswerber wie folgt:

"Am 11.7.2000 haben mich meine beiden Kinder an der Arbeitsstelle angerufen und ich habe sie sodann nach Dienstschluss kurz nach 15.30 Uhr abgeholt und bin mit ihnen nach Hause gefahren. Dort haben wir gespielt; um 16.30 Uhr fuhren wir dann zu einer Würstelbude, wo die Kinder gegessen und ich zwei gespritzte Rotwein getrunken haben. Um ca. 17.00 Uhr fuhren wir wieder nach Hause und spielten weiter bzw. haben die Kinder gejausnet. Kurz vor der Heimfahrt erzählte mir dann mein Sohn, dass er sich vor dem Pflegschaftsrichter für seinen Verbleib bei der Mutter ausgesprochen hat. Dies hat mich sehr getroffen, weil der Bub sehr heftig geweint hat. Überdies haben zuvor zwei Gutachten bestätigt, dass der Bub besser bei mir aufgehoben wäre.

Ich brachte dann die beiden Kinder zum Haus der Mutter zurück. Dort sind wir noch im Auto gesessen und haben getratscht. Die Mutter hat dann heruntergerufen und die Kinder sind hinaufgegangen. Ich habe mich auf den Heimweg gemacht. Nach etwa der halben Fahrtstrecke, also nach etwa 5 km, hat mich die Sorge überfallen, dass meine Ex-Gattin vielleicht schon wieder fort wollte. Meine Kinder haben mir schon des öfteren gesagt, dass sie oft alleine zu Hause sein müssten, weil die Mutter abends oft wegginge. Ich kehrte deshalb um und fuhr nochmals zum Haus meiner Ex-Gattin zurück. Dort fand ich ihr Auto abgestellt. Als ich reversierte, stieß ich an der Beifahrertür des Wagens meiner Ex-Gattin an und beschädigte diesen leicht. Zunächst habe ich hinaufgehen und ihr den Schaden berichten wollen, doch habe ich dies letztlich unterlassen, weil ich einen Streit befürchtete, der die Kinder wieder belastet hätte. Ich beschloss, sie am nächsten Tag an der Arbeitsstelle anzurufen und ihr den Schaden zu melden.

Auf die Idee, den Sachschaden bei der Gendarmerie zu melden, kam ich nicht, weil ich dies mehr als familieninterne Angelegenheit ansah. Immerhin war ich mit der Frau längere Zeit verheiratet und vertraut. Überdies war dieses Auto früher meines; im Zuge der Scheidung hat es meine Exgattin bekommen.

Ich fuhr daraufhin nach Hause, wo ich eine Flasche Bier trank, weil mir die Worte meines Sohnes noch im Kopf herum gingen. Anschließend nahm ich drei bis vier kräftige Züge aus einer Cognacflasche.

Auf der Heimfahrt war mir ein neben dem Gasthaus abgestelltes Fahrzeug aufgefallen, das einem Bekannten von mir gehörte. Dieser war bei der Feuerwehr und ich hatte ihn schon angesprochen, ob er meinen alten PKW für eine Feuerwehrübung brauchen könnte. Ich hatte mir diesen Termin auch im Kalender aufgeschrieben und so beschloss ich, noch schnell die 200 m zum Gasthaus zu fahren, um meinen Bekannten bezüglich des Autos zu befragen.

Als ich dort angekommen war ging ich ins Gashaus und sprach mit meinem Bekannten, ohne im Gasthaus etwas zu konsumieren. Nach dem Gespräch verließ ich das Gasthaus, worauf ich den Gendarmeriebeamten begegnete, die mich bereits wegen der Fahrerflucht suchten. Diesen gegenüber gab ich zunächst an, im Gasthaus drei Gespritzte getrunken zu haben, worauf einer der beiden den Wirt befragte. Dieser gab aber an, dass ich im Gasthaus nichts getrunken habe. Die Beamten nahmen mich daraufhin zum Gendarmerieposten Schärding mit, wo ich zum Alkotest aufgefordert wurde. Bei der Alkomatmessung um 21.11 Uhr erreichte ich einen Wert von 0,67 mg/l Atemluft.

Bei der daraufhin aufgenommenen Niederschrift gab ich an, vor der ersten Fahrt zwei gespritzte Rotwein und vor der zweiten Fahrt eine halbe Bier getrunken zu haben. Den Konsum des Cognacs verschwieg ich."

Warum er diesen zusätzlichen Alkoholkonsum verschwiegen hatte, konnte der Berufungswerber bei der Verhandlung nicht erklären. Er verwies aber auf seinen psychischen Zustand, der durch die unerwartete Mitteilung seines Sohnes betreffend das Sorgerecht und den Umstand geprägt war, dass ihm beim Anblick der Gendarmeriebeamten schlagartig bewusst geworden war, dass er alkoholisiert gefahren war. Er hatte gehofft, durch Schweigen seine Situation verbessern zu können.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Dieser hatte, da im Spruchabschnitt 4. eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eine Kammer zu entscheiden (§ 51c VStG); über Spruchabschnitt 1. jedoch durch das Einzelmitglied.

4.2. Kernfrage im durchgeführten Ermittlungsverfahren war, ob der Berufungswerber tatsächlich den vor dem Gendarmerieposten Schärding im Rahmen der Amtshandlung verschwiegenen, aber bereits in der Stellungnahme vom 19.7.2000 behaupteten Nachtrunk in Form von drei bis vier großen Zügen aus einer Cognacflasche getätigt hat oder nicht.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (siehe etwa VwGH vom 27.4.2000, 96/02/0313) ist eine Nachtrunkbehauptung nur dann glaubwürdig, wenn der Beschwerdeführer diese bei der ersten sich bietenden Gelegenheit - und nicht erst in der Berufung! - erhoben hat.

Der Unabhängige Verwaltungssenat kam jedoch bei der Beurteilung des Anlassfalles zum Ergebnis, dass in diesem Einzelfall auch andere Faktoren zu berücksichtigen waren:

Der Berufungswerber schilderte seine persönliche Situation in der Form, dass er erst kurz zuvor geschieden wurde und die beiden Kinder im Alter von 7 und 9 Jahren vorläufig bei der Mutter waren. Das pflegschaftsgerichtliche Verfahren über die Zuweisung des Sorgerechtes und des Wohnsitzes für die Kinder war noch nicht abgeschlossen. Die neunjährige Tochter hatte bereits erklärt, beim Vater bleiben zu wollen. Hinsichtlich des siebenjährigen Sohnes gab es zwei Sachverständigengutachten, die besagten, dass der Sohn beim Vater besser aufgehoben wäre. Als nun an diesem 11.7.2000 der Bub seinem Vater, dem nunmehrigen Berufungswerber, erklärte, dass er vor Gericht ausgesagt hätte, er wolle bei der Mutter bleiben und bei dieser Erzählung auch noch heftig weinte, war dies für den Berufungswerber, der sich auf die Sachverständigengutachten verlassen hatte, ein schwerer Schlag. Es ist daher durchaus nachvollziehbar, wenn er, als er wieder nach Hause gekommen war, zur Beruhigung ein Bier und dann auch noch mehrere Schlucke aus einer zufällig dastehenden Cognacflasche genommen hat. Durch dieses Gespräch bzw. durch diese Mitteilung befand sich der Berufungswerber offensichtlich in einer psychischen Ausnahmesituation, die ihn sehr stark belastete und daher auch logisches und folgerichtiges Denken verhinderte. So ist es erklärbar, dass er auf die Fragen der Gendarmeriebeamten nach dem Alkoholkonsum lediglich das Bier angab, nicht aber die Cognacs.

Aber auch ein anderer gewichtiger Grund spricht dafür, dass der Berufungswerber den Nachtrunk tatsächlich getätigt hat:

Wenn man die nachträgliche Nachtrunkbehauptung der drei bis vier großen Schlucke Cognac nicht glauben würde, hätte dies zur Folge, dass - unter Berücksichtigung eines um 21.11 Uhr festgestellten Atemalkoholgehaltes von 0,67 mg/l, der Berufungswerber schon am Nachmittag massiv getrunken haben müsste. Zu dieser Zeit war er jedoch mit seinen beiden Kindern beisammen. Es ist daher nicht anzunehmen, dass er zu dieser Zeit so erheblich alkoholisiert gewesen wäre. Immerhin hinterließ der Berufungswerber bei der mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat einen sehr guten persönlichen Eindruck, der die Vermutung, er habe den Nachmittag und Abend mit seinen Kindern in stark alkoholisiertem Zustand verbracht, unwahrscheinlich erscheinen ließ.

Des weiteren war zu berücksichtigen, dass der Berufungswerber bis auf eine geringfügige Übertretung der StVO verwaltungsstrafrechtlich unbescholten ist.

Der Unabhängige Verwaltungssenat kam daher zum Ergebnis, dass der Berufungswerber den in seiner Stellungnahme vom 19.7.2000 geschilderten Nachtrunk in Form von einer Flasche Bier und drei bis vier kräftigen Zügen aus einer Cognacflasche getätigt hat. Dass er dies nicht bei der ersten sich bietenden Gelegenheit vor der Gendarmerie bekannt gegeben hat, war auf die massive psychische Belastung durch die familiäre und persönliche Ausnahmesituation zurückzuführen.

4.3. Mit der Nachtrunkmenge von einem halben Liter Bier und vier großen Cognacs (á 4 cl) ist das Alkomatmessergebnis um 21.11 Uhr (mit 0,67 mg/l Atemluftalkohol) erklärbar.

Daraus folgt aber (und besteht auch kein zwingender gegenteiliger Hinweis darauf), dass der Berufungswerber bei der ersten Fahrt um 20.10 Uhr (siehe Spruchabschnitt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses) nicht alkoholbedingt fahruntauglich war bzw. die in § 5 Abs.1 StVO festgelegten Grenzen nicht erreicht oder überschritten hat. Dieser Tatvorwurf konnte daher mangels hinreichender Beweise nicht aufrecht erhalten werden, weshalb Spruchabschnitt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses aufzuheben war.

4.4. Hinsichtlich der zweiten Fahrt, nämlich von seinem Wohnhaus U 59 zum Gasthaus T, Haus Nr. 22 (Spruchabschnitt 4. des angefochtenen Straferkenntnisses) war jedoch Alkoholisierung anzunehmen. Dies hat der Berufungswerber auch selbst bei der Berufungsverhandlung nicht mehr in Frage gestellt.

Hinsichtlich des Grades der Alkoholisierung konnten jedoch die von der Erstbehörde angenommenen Werte von "zwischen 0,6 und 0,8 mg/l" nicht verifiziert werden. Dies deshalb, weil sich der Berufungswerber durch die unmittelbar zuvor konsumierte Alkoholmenge in der sogenannten Anflutungsphase befand, weshalb der Alkohol noch nicht zur Gänze resorbiert war. Welchen Alkoholisierungsgrad der Berufungswerber daher bei dieser Fahrt hatte, konnte auch von der Amtsärztin ziffernmäßig nicht bestimmt werden.

Die Annahme der Erstbehörde steht im Übrigen auch im Widerspruch zur Aussage des Amtsarztes der Bezirkshauptmannschaft Schärding, der im Gutachten vom 11.8.2000 für den Zeitpunkt der zweiten Fahrt einen Blutalkoholwert von 0,7 Promille errechnet hatte.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (siehe etwa VwGH vom 29.5.1996, 95/03/0233) führt ein Sturztrunk sofort zur Fahruntüchtigkeit. Es steht mit dem Stand der medizinischen Wissenschaft im Einklang, dass Alkohol in der Anflutungsphase besonders nachteilige Auswirkungen auf die Fahrtüchtigkeit zeitigt. Ein Sturztrunk kurz vor Fahrtantritt wirkt sich auf den Alkoholgehalt des Blutes und der Atemluft erst nach einer gewissen Zeit aus, die Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit tritt aber sofort ein (siehe hiezu auch VwGH vom 25.6.1999, 94/02/0375).

Durch die vom Berufungswerber selbst angegebene hohe Menge des kurz vor Fahrtantritt konsumierten Alkohols ist zwingend davon auszugehen, dass der Berufungswerber bei dieser Fahrt alkoholbedingt fahruntauglich war.

4.5. Nach § 5 Abs.1 StVO darf, wer sich in einem durch Alkohol ... beeinträchtigten Zustand befindet, ein Fahrzeug weder Lenken noch in Betrieb nehmen.

Der Berufungswerber hat trotz dieser Alkoholisierung, die er selbst mit einer halben Bier und drei bis vier großen Schlucken Cognac quantifiziert und eingestanden hat, sein Kraftfahrzeug auf einer öffentlichen Straße in Betrieb genommen und gelenkt. Damit aber hat er die ihm angelastete Verwaltungsübertretung begangen.

Verschulden liegt diesbezüglich jedenfalls in Form der Fahrlässigkeit iSd § 5 Abs.1 VStG vor.

4.6. Die geringfügige Korrektur des Spruches war erforderlich, um die im erstinstanzlichen Straferkenntnis festgelegten zahlenmäßigen Angaben, die nicht beweisbar sind, zu eliminieren.

Dies hat weiters zur Folge, dass die Tat nicht nach § 99 Abs.1a StVO zu beurteilen war, sondern nach § 99 Abs.1b StVO.

Daher war die Rechtsgrundlage des Straferkenntnisses entsprechend zu korrigieren.

4.7. Die Änderung der Rechtsgrundlage der Bestrafung bewirkt, dass bei der Strafbemessung nicht von einer Mindeststrafe von 12.000 S, sondern von einer von 8.000 S auszugehen ist.

Im Hinblick darauf, dass der Berufungswerber jedoch eine sehr große Alkoholmenge (nach eigenen Angaben) getrunken hatte, die im Zuge der Anflutungsphase sofort eine Fahruntüchtigkeit bewirkte und schließlich eine halbe Stunde später einen Atemluftalkoholwert von 0,67 mg/l ergab, er mit einem Kraftfahrzeug unterwegs war und überdies auf Grund seiner Zuckerkrankheit überhaupt keinen Alkohol trinken sollte, weil er davon subjektiv noch mehr beeinträchtigt wird, konnte die verhängte Strafe nicht reduziert werden. Dies wäre aus spezial-, aber auch generalpräventiven Gründen nicht vertretbar. Es muss dem Berufungswerber vor Augen geführt werden, dass er auch in persönlichen Ausnahmesituationen nicht alkoholisiert ein Fahrzeug lenken darf. Die geringe Wegstrecke von ca. 200 m wirkt sich nicht strafmildernd aus, zumal es nach den Umständen des Falles völlig unverständlich erscheint, dass der Berufungswerber überhaupt noch sein Fahrzeug zum nahe gelegenen Gasthaus lenkte.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu III.:

Wird ein Strafverfahren eingestellt, so sind gemäß § 66 Abs.1 VStG die Kosten des Verfahrens von der Behörde zu tragen.

Damit war der Verfahrenskostenausspruch zum Spruchabschnitt 1. aufzuheben. Die Kosten des Berufungsverfahrens hinsichtlich des 1. Spruchabschnittes waren gemäß § 65 VStG dem Berufungswerber nicht aufzuerlegen, weil der Berufung diesbezüglich Folge gegeben wurde.

Zu IV.:

Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ist in jeder Entscheidung eines Unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat, der mit weiteren 20 % der verhängten Strafe zu bemessen ist. Da im vorliegenden Fall eine Geldstrafe in Höhe von 12.000 S verhängt wurde, beträgt der Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren 2.400 S.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. L e i t g e b Dr. W e i ß

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