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des Landes Oberösterreich
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VwSen-240148/2/Gf/Km

Linz, 10.10.1995

VwSen-240148/2/Gf/Km Linz, am 10. Oktober 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des B.

H., ................., ..........., gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt ..... vom 17.

August 1995, Zl. 101-6/1, wegen Übertretung des Lebensmittelgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern stattgegeben, als die Ersatzfreiheitsstrafe auf 131/2 Stunden herabgesetzt wird; im übrigen wird diese hingegen abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß in dessen Spruch die Wendung "der in der Speiseeisverordnung festgesetzte Grenzwert der Coliformen Keime von 100 überschritten wurde, da diese Probe 3.400 coliforme Keime aufwies, der in der Speiseeisverordnung festgesetzte Grenzwert der vermehrungsfähigen Keime von 250.000 überschritten wurde, da diese Probe 830.000 dieser Keime aufwies und" zu entfallen hat.

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II. Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten; der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf 100 S.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt .....

vom 17. August 1995, Zl. 101-6/1, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe von 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 2 Tage) verhängt, weil er es als verantwortlicher Beauftragter einer GmbH zu vertreten habe, daß am 4. Mai 1994 in einer Betriebsstätte dieser GmbH Speiseeis in Verkehr gebracht worden sei, das den verordnungsmäßig festgesetzten Grenzwert für coliforme Keime, für vermehrungsfähige Keime und jenen für Enterokokken überschritten habe; dadurch habe er eine Übertretung des § 74 Abs. 5 Z. 1 des Lebensmittelgesetzes, BGBl.Nr. 86/1975, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 756/1992 (im folgenden: LMG) i.V.m. § 9 Abs. 1 lit.c der Speiseeisverordnung, BGBl.Nr. 6/1973 (im folgenden: SpeiseeisV), begangen, weshalb er gemäß § 74 Abs. 1 Z. 5 LMG zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses dem Rechtsmittelwerber am 23. August 1995 durch Hinterlegung zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 1. September 1995 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene und bei der belangten Behörde eingebrachte Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde im wesentlichen begründend aus, daß der dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Tatbestand durch eine lebensmittelpolizeiliche Probenziehung und anschließende Sachverständigenbegutachtung als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung seien weder Milderungs- noch Erschwerungsgründe hervorgekommen; doch sei das Ausmaß der Grenzwertüberschreitung als beträchtlich zu qualifizieren gewesen. Da der Rechtsmittelwerber seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse nicht bekanntgegeben habe, seien diese von Amts wegen zu schätzen gewesen (monatliches Nettoeinkommen: 10.000 S; kein Vermögen; keine Sorgepflichten).

2.2. Dagegen bringt der Berufungswerber vor, daß die einschreitenden Organe der Lebensmittelpolizei insofern gegen die "Verordnung zur Eisprobenziehung" verstoßen hätten, als insbesondere die Transportgläser - mögen diese auch zuvor einmal sterilisiert worden sein - bei der Probenziehung selbst nicht sterilisiert ("abgeflammt") worden seien und deshalb eine Verfälschung der Analyseergebnisse nicht ausgeschlossen werden könne.

Aus diesen Gründen wird - erschließbar - die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des Magistrates der Stadt ..... zu Zl. 101-6/1; da aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt hinreichend geklärt erschien und mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 3.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt sowie mit der vorliegenden Berufung ein entsprechender Antrag nicht gestellt wurde, konnte im übrigen gemäß § 51e Abs. 2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 74 Abs. 5 Z. 1 LMG i.V.m. § 9 Abs. 1 lit. c SpeiseeisV begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 25.000 S zu bestrafen, der Speiseeis nicht so herstellt, daß je Gramm nicht mehr als 250.000 vermehrungsfähige Keime, 100 coliforme Keime und 1.000 Enterokokken enthalten sind.

Nach § 15 Abs. 5 der in Analogie zu Art. 49 Abs. 1 B-VG am 29. Dezember 1993 wirksam gewordenen Milchhygieneverordnung, BGBl.Nr. 897/1993 (im folgenden: MilchhygieneV) traten - nur - diejenigen Bestimmungen der SpeiseeisV, die durch die MilchhygieneV berührt werden, außer Kraft.

4.2.1. Die lit. A Z. 3 des II. Kapitels des Anhanges C zur MilchhygieneV stellt nun hinsichtlich Gefriererzeugnissen auf Milchbasis einschließlich Eis und Eiskrem zum einen in bezug auf coliforme Keime einen Höchstwert von 100 (§ 9 Abs. 1 lit. c SpeiseeisV: ebenfalls 100) und hinsichtlich des (vermehrungsfähigen) Keimgehaltes einen Höchstwert von 500.000 (§ 9 Abs. 1 lit. c SpeiseeisV: 250.000) auf und präzisiert zum anderen diese Grenzwerte i.V.m. Anh. C Kap.

II lit. A Z. 1 sublit. a (insoweit abweichend von § 9 Abs. 1 lit. c SpeiseeisV) u.a. dahingehend, daß zu dessen Ermittlung anläßlich der mikrobiologischen Untersuchung jeweils eine Mindestzahl von 5 Proben analysiert werden muß.

§ 15 Abs. 1 MilchhygieneV legt überdies u.a. fest, daß Erzeugnisse, die nicht in Betrieben, die dieser Verordnung entsprechen, erzeugt bzw. be- oder verarbeitet wurden, noch bis 31. Dezember 1997 in Verkehr gebracht werden dürfen.

4.2.2. Wird man trotz der insoweit verunglückten Wortwahl des § 15 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 MilchhygieneV wohl nicht so weit gehen dürfen, daß demnach bis zum 31. Dezember 1997 sogar Speiseeis, das nicht einmal den Anforderungen des § 9 Abs. 1 SpeiseeisV gerecht wird, in Verkehr gebracht werden darf, so resultiert aus den vorangeführten Bestimmungen im Ergebnis für den Erzeuger aber dennoch zumindest ein subjektives Recht darauf, daß die im II. Kapitel des Anhanges C zur MilchhygieneV aufgestellten Höchstwerte für mikrobiologische Kriterien in jenem dort festgelegten Verfahren ermittelt werden müssen.

Aus dem Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Linz vom 25. Mai 1994, Zl. 2641/94, geht der Vorgang der Untersuchung, insbesondere der Umstand, ob jeweils auch die erforderliche Mindestmenge von 5 Proben analysiert wurde, nicht hervor. Nach nunmehr eineinhalb Jahren nachzuvollziehen, ob dies damals tatsächlich der Fall war, ist aufgrund des inzwischen verstrichenen langen Zeitraumes von vornherein ein aussichtsloses Unterfangen.

Der zwischen dem Tatzeitpunkt (4. Mai 1994) und der Erlassung des Straferkenntnisses (23. August 1995) gelegene lange Zeitraum der Verfahrensdauer muß daher im vorliegenden Fall, soweit es den Tatvorwurf der Überschreitung der Grenzwerte an coliformen bzw. an vermehrungsfähigen Keimen betrifft, insofern zu Lasten der belangten Behörde gehen, als gemäß Art. 6 Abs. 2 MRK im Zweifel zugunsten des Beschuldigten davon auszugehen ist, daß das einzige und damit verfahrensentscheidende Beweismittel nicht auf ordnungsgemäßem Weg zustandegekommen ist.

4.3.1. Anders als bei coliformen und vermehrungsfähigen Keimen enthält jedoch die MilchhygieneV keine Bezugnahme auf die maßgebliche Höchstzulässigkeit an Enterokokken. Daraus folgt aber, daß die MilchhygieneV der SpeiseeisV hinsichtlich dieses Parameters nicht derogiert hat, letztere also vorliegendenfalls nach wie vor maßgeblich ist.

4.3.2. Unbestritten ist, daß die im Betrieb des Beschwerdeführers gezogene Probe nach dem zuvor zitierten Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung einen Anteil von 35.000 Enterokokken pro Gramm enthielt, also der in § 9 Abs. 1 lit. c SpeiseeisV festgelegte Grenzwert um 34.000 überschritten wurde.

Entgegen der Ansicht des Berufungswerbers sind die Organe der Lebensmittelaufsicht - abgesehen davon, daß die von ihnen zur Probenziehung verwendeten Gläser bereits in einem von der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchungsanstalt sterilisierten Zustand bezogen werden - nicht durch Rechtsnormen verpflichtet, gleichsam vor den Augen des Probanden einen (neuerlichen) Sterilisationsvorgang durchzuführen.

Denn jene von ihm im Einspruch gegen die Strafverfügung angesprochene "Verordnung zur Eisprobenziehung" existiert nicht.

Sollte er sich hingegen auf die bei W. Stuller, Speiseeisfibel, Wien (Bd. 214 der Schriftenreihe des Wirtschaftsförderungsinstitutes der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft, S. 27), beschriebenen und als "3. Erlaß" bezeichneten Vorschriften beziehen, so ist er darauf zu verweisen, daß diesen - sollte es sich dabei tatsächlich um einen Erlaß handeln - aus rechtlicher Sicht lediglich die Qualität einer generellen, intern an die nachgeordneten Verwaltungsorgane gerichteten Weisung des BMfGKS zukommt, aus der aber der Bürger keine subjektiven Rechte abzuleiten vermag. Eine allfällige Verletzung derartiger Normen könnte daher lediglich durch informelle Aufsichtsbeschwerde o.ä., nicht jedoch im Wege eines förmlichen Rechtsmittels an den Oö. Verwaltungssenat geltend gemacht werden (ganz abgesehen davon, daß auch jener "Erlaß" lediglich davon spricht, daß die Geräte steril sein müssen, nicht jedoch davon, daß diese jedenfalls in Gegenwart des Probanden - neuerlich sterilisiert werden müssen).

Wurden demnach die von den Lebensmittelaufsichtsorganen gezogenen Proben durch deren Entnahme und anschließenden Transport offensichtlich nicht verfälscht, so ist aber davon auszugehen, daß die Grenzwertüberschreitung bereits im Betrieb des Beschwerdeführers verursacht wurde.

Der Berufungswerber hat somit insoweit tatbestandsmäßig und auch - weil er damit die objektiv gebotene Sorgfalt vermissen ließ - fahrlässig und sohin schuldhaft gehandelt; seine diesbezügliche Strafbarkeit ist daher gegeben.

4.4. Angesichts der gravierenden Überschreitung des verordnungsmäßig festgelegten Grenzwertes, nämlich um das Vierunddreißigfache, kann keine Rede davon sein, daß die Folgen der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Tat bloß unbedeutend i.S.d. § 21 Abs. 1 VStG gewesen wären; schon aus diesem Grund hat die belangte Behörde daher ein Absehen von der Bestrafung zu Recht nicht in Betracht gezogen.

Vor diesem Hintergrund begegnet es grundsätzlich auch keinen Bedenken, wenn die belangte Behörde eine ohnedies im untersten Zwölftel des gesetzlichen Strafrahmens gelegene Geldstrafe als in gleicher Weise tat- und schuldangemessen zu verhängen gefunden hat.

Da jedoch der Strafausspruch hinsichtlich der übrigen beiden Tatanlastungen - wie zuvor unter 4.2. dargetan - aufzuheben war, war sonach auch die Geldstrafe auf 1.000 S sowie gemäß der durch § 16 Abs. 2 VStG vorgegebenen Relation die Ersatzfreiheitsstrafe auf 131/2 Stunden herabzusetzen.

4.5. Aus allen diesen Gründen war daher der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insofern stattzugeben; im übrigen war diese hingegen abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe zu bestätigen, daß in dessen Spruch die Wendung "der in der Speiseeisverordnung festgesetzte Grenzwert der Coliformen Keime von 100 überschritten wurde, da diese Probe 3.400 coliforme Keime aufwies, der in der Speiseeisverordnung festgesetzte Grenzwert der vermehrungsfähigen Keime von 250.000 überschritten wurde, da diese Probe 830.000 dieser Keime aufwies und" zu entfallen hat.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber gemäß § 65 VStG kein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf 100 S.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

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