Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107344/8/Le/La

Linz, 29.01.2001

VwSen-107344/8/Le/La Linz, am 29. Jänner 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des D O F, derzeit P 9, L, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 9.11.2000, Zl. VerkR96-2600-2000, mit dem der Einspruch gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 27.7.2000, VerkR96-2600-2000, als verspätet zurückgewiesen worden war, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben. Die Angelegenheit wird zur neuerlichen Entscheidung an die Erstbehörde zurückverwiesen.

Rechtsgrundlage:

§§ 63 Abs.5 und 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit der Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 27.7.2000, VerkR96-2600-2000, wurde der nunmehrige Berufungswerber wegen Übertretung des § 82 Abs.2 iVm § 99 Abs.3 lit.d Straßenverkehrsordnung 1960 (im Folgenden kurz: StVO) mit einer Geldstrafe in Höhe von 400 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 24 Stunden) bestraft.

In der Rechtsmittelbelehrung zu dieser Strafverfügung wurde auf das Recht hingewiesen, gegen diese Strafverfügung innerhalb von zwei Wochen nach der Zustellung (Hinterlegung) schriftlich, telegrafisch oder mündlich bei der Bezirkshauptmannschaft, die diese Strafverfügung erlassen hat, Einspruch zu erheben.

Die Strafverfügung wurde laut Rückschein dem Berufungswerber am 30.8.2000 eigenhändig zugestellt.

2. Mit Schriftsatz vom 4.9.2000, von der Post abgestempelt am 21.9.2000, erhob der nunmehrige Berufungswerber Einspruch gegen diese Strafverfügung.

Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat den Einspruchswerber mit Schriftsatz vom 10.10.2000 auf die verspätete Einbringung des Einspruches hingewiesen und ihm Gelegenheit eingeräumt, dazu Stellung zu nehmen.

Herr F wies in seinem rechtzeitig eingelangten Schreiben vom 23.10.2000 darauf hin, dass er unverzüglich nach Erhalt des "Schreibens" (gemeint wohl: der Strafverfügung) unverzüglich den Einspruch erhoben hätte. Weshalb der Poststempel erst am 21.9.2000 daraufgekommen sei, sei ihm unerklärlich.

Daraufhin hat die Bezirkshauptmannschaft Perg mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 9.11.2000 den Einspruch als verspätet eingebracht zurückgewiesen. In der Begründung wies sie darauf hin, dass laut Poststempel auf dem Briefumschlag der Einspruch erst am 21.9.2000 beim Postamt in A aufgegeben worden sei.

3. Dagegen richtet sich die Berufung vom 16.11.2000, worin der Berufungswerber ausführte, dass er den Einspruch am 4.9.2000 verfasst und am 5.9.2000 zur Weiterbeförderung an die Außenstelle A übergeben habe. Er habe somit das Schreiben rechtzeitig an eine öffentliche, zur Weiterbeförderung verpflichtete Behörde übergeben.

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat mit Schreiben vom 5.12.2000 bei der Anstaltsleitung des landesgerichtlichen Gefangenenhauses in L, wo der Berufungswerber derzeit inhaftiert ist, nachgefragt, wie die Weitergabe von Schreiben der Insassen an die Post funktioniert und den verfahrensgegenständlichen Sachverhalt geschildert; weiters wurde ersucht zu eruieren, ob der Einspruch des Herrn F vom 4.9.2000 am 5.9.2000 der Außenstelle A zur Weiterbeförderung übergeben worden sei.

Die Justizanstalt L, Außenstelle A, teilte mit Schreiben vom 19.12.2000 mit, dass in der Außenstelle A keine Aufzeichnungen betreffend die Übernahme und Weiterleitung an das Postamt A vorhanden wären. Es wurde angemerkt, dass die von Insassen hinausgehenden Postsendungen am darauffolgenden Tag ca. um 8.30 Uhr in der Außenstelle A von Postbediensteten übernommen würden.

3.2. Dieses Ermittlungsergebnis wurde dem Berufungswerber vorgehalten.

In seiner rechtzeitig eingebrachten Stellungnahme vom 22.1.2001 gab er dazu an, dass es bei der JA L A nicht nur einmal passiert sei, dass Schreiben liegen geblieben oder sogar verschwunden wären. Er habe den Beamten den Brief rechtzeitig übergeben und es sei ihm ein Rätsel, warum in A kein Postaufgabebuch geführt werde. Er ersuchte daher, den Einspruch als fristgerecht einem Beamten übergeben zu betrachten.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 49 Abs.1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

In der gegenständlichen Angelegenheit wurde festgestellt, dass die Strafverfügung vom 27.7.2000 dem nunmehrigen Berufungswerber am 30.8.2000 persönlich zugestellt wurde.

Zum Zeitpunkt der Zustellung dieser Strafverfügung befand sich der Berufungswerber in Haft in der Justizanstalt L, Außenstelle A. Er gab an, den Einspruch am 4.9.2000 verfasst und am nächsten Tag einem Beamten der Justizanstalt zur Weiterbeförderung an die Post übergeben zu haben. Diese Übergabe ist nicht dokumentiert. Der Leiter der Außenstelle A erklärte auf die Anfrage des Unabhängigen Verwaltungssenates, dass die von Insassen hinausgehenden Postsendungen am darauffolgenden Tag ca. um 8.30 Uhr in der Außenstelle A vom Postbediensteten übernommen würden.

Aus dieser Aussage ist ersichtlich, dass bei der Außenstelle A offensichtlich kein Postaufgabebuch geführt wird, in welchem die Übernahme von Schreiben der Insassen und die Übergabe an die Post dokumentiert ist.

4.2. In freier Beweiswürdigung gelangt daher der Unabhängige Verwaltungssenat zur Ansicht, dass der vom Berufungswerber am 4.9.2000 verfasste Einspruch von ihm höchstwahrscheinlich am 5.9.2000 an einen Beamten der Justizanstalt zur Weiterleitung an die Post übergeben wurde. Dafür spricht jedenfalls das Interesse des Berufungswerbers an der Bekämpfung der Bestrafung und das Datum "4.9.2000" auf dem schriftlichen Einspruch; dagegen spricht nichts, weil durch den Umstand, dass kein Postaufgabebuch geführt wird, nicht bewiesen werden kann, dass Herr F am 5.9.2000 kein Schreiben zur Post gegeben hat.

Die Übergabe eines Schreibens an einen Justizbeamten mit dem Ersuchen, dieses unverzüglich zur Post zu geben, stellt für den Insassen einer Justizanstalt die einzige Möglichkeit dar, ein Schreiben "zur Post" zu geben. Es ist dabei außerhalb seines Einflussbereiches, die tatsächliche Übergabe an die Post zur Beförderung an die Behörde zu steuern und zu kontrollieren.

Damit aber wurde der Einspruch rechtzeitig eingebracht, weshalb die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 27.7.2000, VerkR96-2600-2000, gemäß § 49 Abs.2 VStG außer Kraft getreten ist und die Erstbehörde somit das ordentliche Verfahren einzuleiten hat.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. Leitgeb

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