Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107404/11/Br/Bk VwSen107461/3/Br/Bk

Linz, 14.02.2001

VwSen-107404/11/Br/Bk VwSen-107461/3/Br/Bk Linz, am 14. Februar 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufungen der Frau M gegen die Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 14. November 2000, Zl.: VerkR96-13081-2000 und vom 24. November 2000, Zl.: VerkR96-4395-2000, wegen Übertretungen nach § 7 Abs.2 und § 9 Abs.1 StVO 1960, sowie § 7 Abs.1 1. Satz StVO 1960 und Art. III Abs.5 lit.a BGBl.Nr.352/1976 idgF, nach der hinsichtlich des erstgenannten Straferkenntnisses durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

I. Das erstgenannte Straferkenntnis wird in dessen Punkt 2. mit der Maßgabe bestätigt, dass der Spruch in Abänderung zu lauten hat:

"Sie haben am 3.10.2000 um ca. 11.45 Uhr als Lenkerin des Pkw mit dem Kennzeichen , auf der L 509 in Richtung Ried im Innkreis, bei Strkm 16,3, die dort angebrachte Sperrlinie überfahren."

Die Geldstrafe wird auf 300 S (entspricht 21,80 Euro) und die Ersatzfreiheitsstrafe auf sechs Stunden ermäßigt.

Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich demzufolge auf 30 S (entspricht 2,18 Euro).

Ansonsten wird hinsichtlich beider Straferkenntnisse der Berufung Folge gegeben, die Schuldsprüche werden behoben und die Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 und § 45 Abs. 1 Z3 VStG eingestellt.

II. Mit Ausnahme des eingangs genannten Punktes entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, 45 Abs.1 Z1 u. Z3, § 51 Abs.1 und § 51 e Abs.2 Z1 VStG

zu II.: § 64 Abs.1 u. 2, § 66 Abs.1 VStG

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem erstgenannten Straferkenntnis über die Berufungswerberin zwei Geldstrafen (500 S und 1.000 S, zuzüglich 150 S Verfahrenskosten und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 24 und 48 Stunden) verhängt, weil sie am 3.10.2000 um ca. 11.45 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen auf der Frankenburger Landesstraße 509 aus Richtung Vöcklamarkt kommend in Richtung Ried i.I gelenkt habe und

1) bei Strkm 16,30 in einer unübersichtlichen Rechtskurve nicht am rechten Fahrbahnrand gefahren sei und dabei

2) die dort angebrachte Sperrlinie überfahren und anschließend bei Strkm 16,1, bei Strkm 15,5, bei Strkm 15,270, bei Strkm 14,6 und bei Strkm 14,150 in einer unübersichtlichen Linkskurve nicht am rechten Fahrbahnrand gefahren sei. Bei Strkm 13,8 sei sie in einer unübersichtlichen Rechtskurve und trotz Gegenverkehrs nicht am rechten Fahrbahnrand gefahren, wodurch der Lenker eines entgegenkommenden Fahrzeuges zwecks Vermeidung eines Zusammenstoßes abbremsen hätte müssen;

hinsichtlich des zweitgenannten Straferkenntnisses wurde die Geldstrafe mit 1.) 500 u. 2.) 200 S (für den Nichteinbringungsfall 24 und 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt und zu Last gelegt, sie habe

am 4.2.2000 um ca. 10.07 Uhr den Kombi auf der Frankenburger Landesstraße L 509 aus Richtung Frankenburg a.H. kommend in Richtung Ried i.l. gelenkt, wobei sie

1) bei km 14,6 im Gemeindegebiet von Frankenburg a.H. in der do. unübersichtlichen Linkskurve und gleich anschließend bei km 13,4 in der absolut unübersichtlichen Rechtskurve nicht so weit rechts gefahren sei, wie dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer, ohne eigene Gefährdung und ohne Beschädigung von Sachen möglich gewesen wäre. Vielmehr sei sie bei km 14,6 komplett links gefahren und bei km 13,4 habe sie die durch Bodenmarkierung gekennzeichnete Straßenmitte mit der halben Breite ihres Fahrzeuges überfahren.

2) Bei der unmittelbar nach km 3,4 erfolgten Anhaltung sei durch die Gendarmerie festgestellt worden, sie habe als Lenkerin des Kombis den Sicherheitsgurt nicht bestimmungsgemäß verwendet, obwohl der von ihr benützte Sitzplatz mit einem solchen ausgerüstet war. Die Bezahlung einer Organstrafverfügung sei von ihr abgelehnt worden.

1.1. Die Behörde erster Instanz stützte ihre Schuldsprüche auf die auf dienstliche Wahrnehmungen beruhenden Anzeigeangaben. Sie subsumierte folglich die darin umschriebenen (Fahr-)Verhaltensweisen unter die im Spruch des Straferkenntnisses angeführten Tatbestände der StVO bzw. der genannten Verordnung. Als straferschwerend im erstgenannten Straferkenntnis wurde erachtet, dass die Berufungswerberin über eine längere Strecke nicht am rechten Fahrbahnrand gefahren sei und sie dabei den Lenker eines entgegenkommenden Fahrzeuges gefährdet hätte. Der Strafzumessung wurde ein Monatseinkommen in der Höhe von 10.000 S, keine Sorgepflichten und kein Vermögen zugrunde gelegt. Strafmildernde Umstände wurden keine berücksichtigt.

2. Dagegen wendet sich die Berufungswerberin mit ihren fristgerecht erhobenen Berufungen. Sie bestreitet darin im Ergebnis sämtliche ihr zur Last gelegten Verhalten, welche ihr anlässlich zweier Fahrten auf der gleichen Wegstrecke von ca. drei Kilometern zur Last gelegt wurden. Indirekt lässt die Berufungswerberin in ihren Ausführungen ein nicht objektives Vorgehen des die Anzeige erstattenden Gendarmeriebeamten durchblicken, indem dieser ihr gegenüber bereits früher einmal angekündigt hätte, "sie in Zukunft so oft wie möglich zu bestrafen."

3. Die Erstbehörde hat die Akten zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da in keinem Punkt der betroffenen Straferkenntnisse eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zur Entscheidung berufen.

Aus verfahrensökonomischen Gründen werden beide Straferkenntnisse in einer Bescheidausfertigung (Erkenntnis) erledigt.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung schien in Wahrung der gemäß Art.6 EMRK zu garantierenden Rechte zwecks unmittelbarer Erörterung der vorgängig gesichteten Wegstrecke sowie unter Einbeziehung der vom Oö. Verwaltungssenat angefertigten Fotos bzw. der aufgenommenen und beigeschafften Luftbilder geboten (§ 51e Abs.1 VStG).

Beweis erhoben wurde ferner noch durch Feststellung der Gefahrensichtweiten vor Ort, wobei von den bezughabenden Straßenkilometrierungen Fotos in Fahrtrichtung Ried im Innkreis aufgenommen wurden. Der Meldungsleger entschuldigte seine Nichtteilnahme an der Berufungsverhandlung mit Unabkömmlichkeit. An der Berufungsverhandlung nahm ein Vertreter der Behörde erster Instanz teil, während die Berufungswerberin unentschuldigt nicht erschien. Am Nachmittag des 14. Februar 2001 entschuldigte sie jedoch ihre Säumigkeit fernmündlich dahingehend, dass sie den Termin übersehen habe, weil ihr 91-jähriger pflegebedürftiger Vater die Ladung verlegt gehabt habe. Diese Umstände konnten jedoch aus rechtlicher Sicht nicht zu einer Neudurchführung der bereits angelegten Berufungsverhandlung führen.

Betreffend des zweiten Verfahrens, dessen Akt erst am Vortag des Termins der öffentlichen mündlichen Verhandlung beim Oö. Verwaltungssenat einlangte, konnte nach Einbeziehung bzw. Erörterungen von Feststellungen im Verfahren VwSen-107404, mit dem Vertreter der Behörde erster Instanz, von einer Berufungsverhandlung auch in diesem Verfahren abgesehen werden. Dies insbesondere mit Blick auf die Tatsache, dass bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit den ergänzenden Feststellungen die Bescheidaufhebung ersichtlich wurde (§ 51e Abs.2 Z1 VSt).

4. Folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt ist den Entscheidungen zu Grunde zu legen:

4.1. Beiden Verfahren liegt eine Anzeige von einem Gendarmeriebeamten des Gendarmeriepostenkommandos Frankenburg a. H. zu Grunde. Diese basierte wiederum auf eine Wahrnehmung anlässlich einer Nachfahrt bis zur Anhaltung in der Länge von etwa fünf Kilometer jeweils am Vormittag des 4.2.2000 und des 3.10.2000 im gleichen Streckenbereich der L509.

Zum Verfahren VwSen-107404 (Vorfall vom 3.10.2000):

Die Berufungswerberin lenkte ihr Fahrzeug am 3.10.2000 gegen 11.45 Uhr auf der L509 zwischen Straßenkilometer 16,3 und Strkm 13,8 in nördlicher Richtung (in Richtung Ried im Innkreis). Der offenbar im Dienst befindliche Meldungsleger folgte ihr mit einem von ihm selbst gelenkten Dienstkraftfahrzeug (ohne Beifahrer) und stellte dabei im Ergebnis bei den in der Anzeige genannten Straßenkilometrierungen jeweils einen nach seiner Beurteilung zu großen Abstand zum rechten Fahrbahnrand bzw. am eingangs genannten Straßenkilometer das Überfahren der Sperrlinie fest. Bei Straßenkilometer 13,8 soll die Berufungswerberin laut Anzeige abermals mit einer halben Fahrzeugbreite über die Fahrbahnmitte gelangt sein, wobei sie dadurch ein entgegenkommendes Fahrzeug mit deutschem Kennzeichen zum starken Abbremsen genötigt haben soll. Die Anhaltung der Berufungswerberin wäre laut Anzeige 'daraufhin' bei Strkm 14,1 erfolgt, wobei sie einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle unterzogen wurde.

Als unzutreffend erweist sich aber bereits die Darstellung in der Anzeige, dass auf Grund einer angeblichen Behinderung eines entgegenkommenden Fahrzeuges bei Strkm 13,8, die Anhaltung bei Strkm 14,1 erfolgen hätte können. Da die Berufungswerberin die Straße in absteigender Kilometrierung befuhr, kann diese Darstellung nur auf einem Irrtum beruhen, da die Anhaltung nicht schon vor der Begehungsörtlichkeit auf Grund derer diese erfolgt sein sollte, geschehen konnte. Schon mit dieser Unschlüssigkeit - neben offenkundig verfehlten Gleichsetzungen von Kurven als "unübersichtliche Kurven" - kann hier der Anzeige nur eine sehr beschränkte Aussagekraft zugeordnet werden. Das Faktum der Fehlbezeichnung der Örtlichkeit bei bzw vor der Anhaltung gestand der Meldungsleger mit der von ihm eingeforderten Stellungnahme vom 13.2.2001 auch ein. Als nicht nachvollziehbar (Bild) erweisen sich aber die in dieser Stellungnahme genannten Sichtweiten in Bezug zu den jeweiligen Straßenkilometrierungen, die der Meldungsleger in einem Fall lediglich mit 30 m sonst mit 40 m angibt. Welche Blickperspektive er dieser Darstellung zu Grunde legte, muss dahingestellt bleiben. Sie kann jedenfalls nicht mit der Augenhöhe eines Pkw-Lenkers korrespondieren.

Den Anzeigen sind ferner weder die jeweiligen Fahrgeschwindigkeiten noch die Straßenbreite oder die jeweiligen Abstände zum rechten Fahrbahnrand abzuleiten.

Anlässlich eines Ortsaugenscheines unmittelbar vor der Berufungsverhandlung wurde vom Verhandlungsleiter die Fahrbahnbreite an den jeweiligen "Tatörtlichkeiten" von Randlinie zu Randlinie vermessen und in diesem Bereich eine Breite von knapp sechs Metern festgestellt. Ebenfalls wurden in einem Annäherungswert (durch Erfassen eines Sichtpunktes seitlich der Fahrbahn) die jeweiligen Gefahrensichtweiten mittels Laserentfernungsmesser festgestellt und von diesen Blickperspektiven (in Augenhöhe von etwa 165 cm) Fotos angefertigt. Sowohl aus den Luftbildern als auch den Feststellungen vor Ort ergibt sich, dass an den jeweiligen Straßenkilometrierungen keine im Anzeigesinn verkehrsspezifische Unübersichtlichkeiten feststellbar waren (siehe Bild unten).

Im Rahmen des Ortsaugenscheines wurde aber bei Strkm 16,3 im Verlauf des Kurvenscheitels der Rechtskurve in Fahrtrichtung Ried im Innkreis, sehr wohl die laut Anzeige von der Berufungswerberin überfahrene Sperrlinie fest-gestellt.


Die L509 verläuft folglich im verfahrensgegenständlichen Bereich wohl kurvenreich aber weitgehend übersichtlich. Durchaus nachvollziehbar ist, dass sich der Abstand zum rechten Fahrbahnrand unter realistischer Beurteilung der Fahrpraxis und Fahrdynamik jeweils variabel gestalten muss. Da die L509 in diesem Streckenbereich mit Ausnahme der genannten Sperrlinie insgesamt nur knappe sechs Meter breit ist und weitgehend mit einer Leitlinie versehen ist, bedingt dies insbesondere in Linkskurven an sich bereits ein relativ knappes Heranfahren an die Straßenmitte. Da in keinem der zur Last gelegten Punkte konkret dargelegt wurde durch welchen (konkreten) Abstand vom rechten Fahrbahnrand der Rechtsvorschrift zuwider gehandelt wurde und vor allem, weil sich die Feststellung einer Unübersichtlichkeit in der Anzeige an den dort genannten Punkten als unzutreffend erwiesen, kann hier von einem Tatbeweis nicht die Rede sein. Insgesamt erweist sich die Anzeige angesichts der Feststellungen vor Ort - wie oben schon dargelegt - als unschlüssig und objektiv nicht nachvollziehbar.

Die kritischen Berufungsausführungen können mit Blick auf das vom Oö. Verwaltungssenat unmittelbar geschöpfte Beweisergebnis auf sich bewenden.

Nicht überzeugen konnte die Berufungswerberin aber, wenn sie den Vorwurf des Überfahrens der Sperrlinie lediglich in ihrer Berufung bestritt, diesbezüglich aber nichts Konkretisierendes vorbrachte und letztlich nicht einmal die Gelegenheit wahrnahm diese Behauptung im Rahmen der Berufungsverhandlung näher auszuführen. Dem Meldungsleger, welcher offenbar alleine im Dienstfahrzeug unterwegs war als er die in der Anzeige formulierten Verhalten wahrnahm, kann zumindest nicht zugesonnen werden, dass ihm auch im Faktum des Überfahrens der Sperrlinie ein Wahrnehmungsirrtum unterlaufen sein könnte. Von Feststellungsmängel muss aber hinsichtlich der Feststellung der Gefahrensichtweiten in Verbindung mit der Bezugnahme auf die genannten Straßenkilometrierungen ausgegangen werden. Dieser mag wiederum darin gründen, da es einem Fahrzeuglenker nur schwer möglich sein mag jeweils punktuelle ablaufende Abstände zum rechten Fahrbahnrand exakt einer Straßenkilometrierung zuzuordnen. Diese aus der subjektiven Erinnerung heraus rekonstruierten Feststellungen mögen dadurch von einer entsprechenden Fehlerneigung begleitet gewesen sein.

Zum Verfahren VwSen -107461:

Auch hier erweist sich der Hinweis auf eine unübersichtliche Kurve bei Strkm 14,6 im Straferkenntnis (im Gegensatz zur Anzeige und in der Realität) als unzutreffend (ebenfalls Bildbeilage). Während im Punkt 2) der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 23.2.2000 noch davon die Rede ist, dass die Berufungswerberin im unmittelbaren Anschluss von der zuletzt genannten Örtlichkeit von einem Überfahren der Fahrbahnmitte mit der halben Fahrzeugbreite und "von einer absolut unübersichtlichen Linkskurve" die Rede ist, könnte wohl nur der Punkt vor dem Eingang in diese Kurve gemeint gewesen sein, wobei sich, wie aus dem obigen Bild hervorgeht, bereits im Kurveneingang eine Sichtweite bis Strkm 14.2 und somit von etwa 400 m auftut. Im Bereich der nachfolgenden Rechtskurve im Wald beträgt die Gefahrensichtweite immerhin auch noch etwa 77 m, sodass auch diese Anzeigefeststellungen als nicht zutreffend angesehen werden können. Der Ort der Anhaltung in Verbindung mit der Feststellung der von der Berufungswerberin nicht beachteten Gurtenpflicht wurde in der Aufforderung zur Rechtfertigung nicht umschrieben und letztlich im Straferkenntnis offenbar fälschlich mit Strkm 3,4 (gemeint wohl 13,4) bezeichnet. Mit dieser Umschreibung wäre auf formaler Sicht die Gefahr wegen dieses Tatverhaltens nochmals bestraft zu werden zumindest nicht ausgeschlossen.

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Nach § 7 Abs.1 und 2 hat der Lenker eines Fahrzeuges, sofern sich aus diesem Bundesgesetz nichts anderes ergibt, so weit rechts zu fahren, wie ihm dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer, ohne eigene Gefährdung und ohne Beschädigung von Sachen möglich ist. Gleise von Schienenfahrzeugen, die an beiden Rändern der Fahrbahn liegen, dürfen jedoch nicht in der Längsrichtung befahren werden, wenn der übrige Teil der Fahrbahn genügend Platz bietet;

wenn es die Verkehrssicherheit erfordert, insbesondere in unübersichtlichen Kurven, vor Fahrbahnkuppen, bei ungenügender Sicht, beim Überholtwerden und bei Gegenverkehr, hat der Lenker eines Fahrzeuges am rechten Fahrbahnrand zu fahren; er darf hierbei aber nicht Personen gefährden oder Sachen beschädigen (Abs.2 leg.cit).

Im Punkt 2) des Tatvorwurfes vermengte die Behörde erster Instanz offenbar irrtümlich die Tatbestände des § 7 Abs.2 StVO mit jenem des § 9 Abs.1 StVO.

Letzterer lautet: Sperrlinien (§ 55 Abs. 2) dürfen nicht überfahren, Sperrflächen (§ 55 Abs.4) nicht befahren werden. Befinden sich eine Sperrlinie und eine Leitlinie nebeneinander, so hat der Lenker eines Fahrzeuges die Sperrlinie dann zu beachten, wenn sie dem von ihm benützten Fahrstreifen näher liegt.

Das Überfahren der Sperrlinie bedingt als Tatbild geradezu zwingend auch den § 7 Abs.2 StVO, wobei letzteres nicht nach beiden Rechtsvorschriften, sondern gemäß der Spezielleren (des § 9 Abs.1 StVO) strafbar ist. Diesbezüglich ist jedoch in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 13. Oktober 2000 eine nach § 44a Abs.1 VStG taugliche Verfolgungshandlung zu erblicken, sodass von der Berufungsbehörde die Tatumschreibung neu zu formulieren und der Schuldspruch letztlich zu bestätigen war.

Im Übrigen ist mit der Bestimmung des § 7 Abs.2 StVO dem Lenker die Verpflichtung auferlegt, an bestimmten Stellen ausnahmslos (unter Beachtung des zweiten Halbsatzes) am rechten Fahrbahnrand zu fahren (Hinweis E 19.12.1990, 90/02/0088, 0157). Entsprechend der Vorschrift des § 44a Z1 VStG wäre daher das hier wesentliche Tatbestandselement, WESHALB es die Verkehrssicherheit erfordert hat, am rechten Fahrbahnrand zu fahren, in den Spruch aufzunehmen gewesen (VwGH 27.9.2000, 98/12/0057 mit Hinweis auf VwGH 12.11.1992, 91/19/0046).

Es kann hier dahingestellt sein, dass - wie der Ortsaugenschein ergeben hat - allenfalls § 7 Abs.1 StVO heranzuziehen gewesen wäre, weil in Bezug zur Fahrgeschwindigkeit in Verbindung mit der Verkehrssicherheit ein Gebot für ein "äußerstes Rechtsfahren" nicht erkennbar wurde. Aus Abs.1 des § 7 ergibt sich (nur) das Gebot, auf der rechten Fahrbahnseite zu fahren, wobei ein bestimmter Abstand, je nach den Umständen verschieden groß, einzuhalten ist. Nur Abs.2 leg.cit. legt dem Fahrer die Verpflichtung auf, an bestimmten Stellen der Straße ausnahmslos am rechten Fahrbahnrand zu fahren (1,4 m jedenfalls zu weit vom Fahrbahnrand entfernt [VwSlg 13348 A/1990]). Ein auf diese Vorschrift gestütztes Rechtsfahrgebot konnte zumindest hinsichtlich der hier anzeigespezifischen Örtlichkeiten nicht abgeleitet werden.

Der Bestimmung des § 7 StVO kann ansonsten nur entnommen werden, sich bei Benützung der Fahrbahn entsprechend dem Sicherheitsabstand rechts zu halten. Auch die Wendung "ohne Beschädigung von Sachen" bezieht sich in diesem Zusammenhang auf den vom rechten Fahrbahnrand einzuhaltenden Abstand;

Die Tatumschreibung einer Übertretung nach § 7 Abs.1 StVO erfordert daher einerseits die Konkretisierung, wie weit rechts ein Fahrzeuglenker gefahren ist, und andererseits die konkrete Angabe, wie weit ihm dies zumutbar und möglich war. Dabei ist, wie ebenfalls oben schon dargetan, auch auf die Leichtigkeit des Verkehrs, den Fahrbahnverlauf und gegebenenfalls auch die Fahrbahnbeschaffenheit Bedacht zu nehmen. Die vereinfachte Formulierung, der (die) Beschuldigte habe "die rechte Fahrbahnseite nicht eingehalten", wird dem Konkretisierungsgebot nicht gerecht (VwGH 15.12.1993, 92/03/0249 mit Hinweis auf 22.11.1985, 85/18/0101).

Hinsichtlich der verletzten Gurtenpflicht liegt mangels konkreten Vorwurfs der Tatörtlichkeit (der Ort der Anhaltung soll bei Strkm 13,4 gelegen sein) keine taugliche Verfolgungshandlung vor. Somit war in diesem Punkt das Verfahren nach § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen.

6. Bei der Strafzumessung hinsichtlich des Überfahrens der Sperrlinie war zu bedenken, dass die Behörde erster Instanz für insgesamt sechs Übertretungspunkte eine Gesamtgeldstrafe von nur 1.000 S verhängte. Mit Blick darauf war für den einzigen als erwiesen zu erachtenden und somit verbleibenden Übertretungspunkt die Geldstrafe von 300 S im Verhältnis als durchaus tatschuldangemessen zu erachten.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. B l e i e r

Beschlagwortung (zu VwSen-107404):

Rechtsfahrgebot, Konkretisierung, Fahrdynamik

Beschlagwortung (zu VwSen-107461):

Verfolgungshandlung

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