Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107040/2/WEI/Bk

Linz, 19.06.2001

VwSen-107040/2/WEI/Bk Linz, am 19. Juni 2001 DVR.0690392  

E R K E N N T N I S  

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des C gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Steyr vom 27. April 2000, Zl. S 8171/ST/99, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 38 Abs 5 iVm § 38 Abs 1 lit) a StVO 1960 (BGBl Nr. 159/1960 idFd 20. StVO-Nov. BGBl I Nr. 92/1998) zu Recht erkannt:     I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.   II. Der Berufungswerber hat im Berufungsverfahren einen weiteren Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von S 180,-- (entspricht  13,08 Euro) zu leisten.   Rechtsgrundlagen: § 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; §§ 64 ff VStG 1991.     Entscheidungsgründe:   1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Steyr vom 17. April 2000 wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:   "Sie haben am 13.08.1999 um 19.02 Uhr in Steyr, Kreuzung Blümelhuberstraße-Posthofstraße stadteinwärts, geradeausfahrend als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem pol. Kennzeichen das Rotlicht der Verkehrslichtsignalanlage nicht beachtet, indem das Fahrzeug nicht vor der dort befindlichen Haltelinie angehalten wurde."   Dadurch erachtete die belangte Behörde den § 38 Abs 5 iVm Abs 1a StVO 1960 als verletzte Rechtsvorschrift und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung gemäß § 99 Abs 3 lit a) StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von S 900,-- (65,41 Euro) und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurde gemäß § 64 VStG der Betrag von S 90,-- (6,54 Euro) vorgeschrieben.   1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das der Bw nach dem aktenkundigen Zustellnachweis (RSa) am 28. April 2000 eigenhändig übernommen hat, richtet sich die Berufung vom 11. Mai 2000, die am 12. Mai 2000 rechtzeitig zur Post gegeben wurde und am 15. Mai 2000 bei der belangten Behörde einlangte. Die Berufung strebt primär die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses wegen behaupteter Verfolgungsverjährung und subsidiär eine Herabsetzung der Strafe an.   In der Sache führt die Berufung aus, dass der Bw erstmals im Straferkenntnis einer anderen Tat beschuldigt worden wäre. Nachdem er für den Tatzeitpunkt 13. August 1999 um 10.00 Uhr ein einwandfreies Alibi angeboten hätte, beschuldigte ihn die belangte Behörde nunmehr einer neuen Tat, begangen am 13. August 1999 um 19.00 Uhr. Dies verstoße gegen § 31 Abs 1 VStG, da Verfolgungsverjährung eingetreten wäre. Bis zum 27. April 2000 wäre diese Tat nämlich nicht verfolgt worden. Hilfsweise beruft der Bw auch gegen die Höhe der Strafe, da er die Kreuzung nicht überfahren, sondern - wenn auch etwas über der Haltelinie - angehalten hätte. Die Strafe stünde somit in keiner Relation zur Strafwürdigkeit der vorgeworfenen Tat und zu seinem Einkommen, das in 20 Stunden nur ca. 40 % von S 900,-- betrage.   1.3. Die belangte Behörde hat die Berufung mit ihrem Verfahrensakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Berufungsentscheidung vorgelegt und im Vorlageschreiben auf eine rechtzeitige Verfolgungshandlung nach der Aktenlage hingewiesen. Die Strafe sei in Anwendung des § 19 Abs 1 VStG gegenüber der Strafverfügung ohnehin von S 1.500,-- auf S 900,-- reduziert worden.   2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende wesentliche S a c h v e r h a l t :   2.1. Mit Anzeige vom 20. Oktober 1999 wurde dem Lenker des KFZ mit dem polizeilichen Kennzeichen angelastet, dass er am 13. August 1999 um 10.02 Uhr in Steyr in die Kreuzung Blümelhuberstraße/Posthofstraße stadteinwärts fahrend bei Rotlicht (1,5 sek) einfuhr, was mit dem vollautomatischem Rotlichtgerät MULTAFOT festgestellt wurde.   Nach Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers an den Zulassungsbesitzer erließ die belangte Behörde gegen den Bw die Strafverfügung vom 17. November 1999, in der ihm die Nichtbeachtung des Rotlichts am 13. August 1999 um 10.02 Uhr vorgeworfen wurde. Mit Schreiben vom 5. Dezember 1999 teilte der Bw mit, dass er die ihm zur Last gelegte Tat nicht zur angegebenen Zeit am angegebenen Ort begangen habe. Zur Tatzeit wäre er mit dem Kfz in A, F, gewesen.   2.2. In weiterer Folge ließ die belangte Behörde die Rotlichtfotos Nr. 142 und Nr. 143 des Films Nr. 8/99 ausarbeiten. Dabei wurde auch festgestellt, dass die richtige Uhrzeit nicht 10.02 Uhr, sondern 19.02 Uhr war. Mit Rechtshilfeersuchen vom 10. Jänner 2000 ersuchte die belangte Behörde die BPD Wien um Einvernahme des Bw, wobei unter dem Titel "Vernehmungsgegenstand" ausdrücklich mit Bezugnahme auf das Ermittlungsergebnis durch Ausarbeitung des Rotlichtfotos die Tatzeit auf 19.02 Uhr berichtigt wurde.   Mit Ladung der BPD Wien, Bezirkspolizeikommissariat Neubau, vom 20. Jänner 2000 wurde für den 17. Februar 2000 um 10.10 Uhr ein Vernehmungstermin anberaumt. Der Bw entschuldigte sich telefonisch damit, dass er bis Ende März im Spital wäre. Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 31. März 2000 wurde ein neuer Termin für den 18. April 2000 um 08.30 Uhr festgesetzt. Die Niederschrift über die Vernehmung des Beschuldigten durch das Bezirkspolizeikommissariat Neubau wurde dann tatsächlich am 19. April 2000 um 11.00 Uhr aufgenommen. Dabei wurde dem Bw der gesamte Akteninhalt zur Kenntnis gebracht. Er nahm ausdrücklich zur Kenntnis, dass die Tatzeit um 19.02 Uhr und nicht, wie in der Anzeige irrtümlich angeführt, um 10.02 Uhr war. Der Bw erklärte, dass er zu diesem Zeitpunkt der Lenker des PKW mit dem Kennzeichen war. Er ersuchte abschließend um ein milde Bestrafung.   Daraufhin erging das angefochtene Straferkenntnis vom 27. April 2000, mit dem dem Bw vorgeworfen wurde, auf der Kreuzung Blümelhuberstraße/Posthofstraße nicht vor der Haltelinie angehalten zu haben, obwohl die Verkehrslichtsignalanlage für seine Fahrtrichtung stadteinwärts Rotlicht zeigte.   3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens festgestellt, dass der wesentliche Sachverhalt unstrittig ist und daher Rechtsfragen zu beurteilen waren.   4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:   4.1. Gemäß § 38 Abs 5 StVO gilt rotes Licht als Zeichen für "Halt". Bei diesem Zeichen haben die Lenker von Fahrzeugen unbeschadet der Bestimmungen des Abs 7 (Ausnahme bei Spurensignalen) und des § 53 Z 10a (Ausnahme für Schienenfahrzeuge) an den im Abs 1 bezeichneten Stellen anzuhalten.   Nach § 38 Abs 1 lit a) StVO haben Fahrzeuglenker vor der Haltelinie anzuhalten, wenn eine Haltelinie vorhanden ist.   Gemäß § 99 Abs 3 StVO begeht im Fall der lit a) eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu S 10.000,--, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen,   wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist.   Nach der Aktenlage steht einwandfrei fest, dass der Bw die im angefochtenen Straferkenntnis angelastete Tat zu verantworten hat. Auf den ausgearbeiteten Fotos der Rotlichtüberwachungskamera ist auch klar erkennbar, dass der Lenker des Kfz die Haltelinie vor der auf Rotlicht geschalteten Ampel deutlich überfahren hat. Auf dem nach 0,8 Sekunden automatisch ausgelösten 2. Lichtbild Nr. 143 befindet sich das Fahrzeug mit der Vorderkante schätzungsweise schon ca. 15 Meter über der Haltelinie.   4.2. Zum Einwand der Verfolgungsverjährung:   Nach § 31 Abs 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs 2 und 3) vorgenommen worden ist. Die Verjährungsfrist für den gegenständlichen Fall beträgt nach § 31 Abs 2 Satz 1 VStG sechs Monate.   Gemäß der Legaldefinition des § 32 Abs 2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung u. dgl.) und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.   Der Verjährungseinwand des Bw ist nicht berechtigt, obwohl bis zu seiner tatsächlichen Konfrontation mit der berichtigten Tatzeit anlässlich der Einvernahme am 19. April 2000 deutlich mehr als sechs Monate seit dem Tag der Übertretung vergangen waren. Denn entgegen der Ansicht des Bw kommt es nur auf eine rechtzeitige Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs 2 VStG innerhalb der Verjährungsfrist an. Im gegebenen Zusammenhang steht fest, dass die belangte Behörde das Rechtshilfeersuchen vom 10. Jänner 2000 an die BPD Wien abgefertigt hat, in dem um Einvernahme des Bw zum geänderten Tatvorwurf gebeten wurde. Diese eindeutig gegen den Bw als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung hat noch innerhalb der Sechsmonatefrist für die Verfolgungsverjährung die Sphäre der belangten Behörde verlassen. Dass die Rechtshilfe durch das Bezirkspolizeikommissariat Neubau in weiterer Folge erst am 19. April 2000 tatsächlich geleistet wurde, vermag an der Rechtzeitigkeit der Verfolgungshandlung der belangten Behörde nichts zu ändern. Denn es kommt nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 32 Abs 2 VStG nicht darauf an, ob die Amtshandlung ihr Ziel erreicht hat oder der Beschuldigte davon Kenntnis erlangt hat. Es muss daher der geänderte Tatvorwurf dem Beschuldigten nicht innerhalb der Frist für die Verfolgungsverjährung auch tatsächlich zur Kenntnis gebracht worden sein. Vielmehr genügt eine ausreichend bestimmte Verfolgungshandlung innerhalb dieser Frist.   4.3. Bei der Strafbemessung wertete die belangte Behörde das Eingeständnis mildernd und keine Umstände als erschwerend. Entsprechend den Angaben des Bw ging sie von einem monatlichen Einkommen von S 12.000,--, keinem relevanten Vermögen und fehlenden Sorgfaltspflichten aus.   Da die Übertretung des § 38 Abs 5 StVO schon auf Grund der Aktenlage einwandfrei erwiesen erscheint, kommt dem Eingeständnis des Bw für die Aufklärung des Sachverhalts keine besondere Bedeutung zu. Nach dem Milderungsgrund des § 33 Z 17 StGB, der gemäß § 19 Abs 2 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren Anwendung findet, muss der Täter ein reumütiges Geständnis abgelegt oder durch seine Aussage wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen haben. Der unabhängige Verwaltungssenat kann im Verhalten des Bw keine der beiden Varianten erkennen. Es kann daher entgegen der belangten Strafbehörde kein einem förmlichen Milderungsgrund entsprechender Umstand angenommen werden. Dass er die Kreuzung nicht zur Gänze überfahren habe, hat der Bw erstmals im Berufungsverfahren vorgebracht, ohne dafür den geringsten Beweis anzubieten. Außerdem ist aus dem Foto Nr. 143 des Films 8/99 der Rotlichtüberwachungskamera ein deutliches Überfahren der Haltelinie bis weit in den Bereich des möglichen Querverkehrs erkennbar, so dass auch die Gefahrenträchtigkeit des Verhaltens des Bw keiner weiteren Erörterungen bedarf.   Die von der belangten Behörde verhängte Geldstrafe von S 900,-- entspricht lediglich 9 % des anzuwendenden Strafrahmens. Sie ist nach Meinung des Oö. Verwaltungssenats jedenfalls tat- und schuldangemessen und nimmt hinreichend auf die persönlichen Verhältnisse des Bw Bedacht. Die vom Bw angestrebte Reduktion der Geldstrafe kann schon aus general- und spezialpräventiven Gründen nicht vertreten werden. Ebenso wenig ist die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Stunden zu beanstanden.   5. Im Ergebnis war daher die Berufung abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich zu bestätigen. Dem Bw war dementsprechend im Berufungsverfahren gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG ein weiterer Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe vorzuschreiben.       Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.   Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von S 2.500,-- (entspricht 181, 68 Euro) zu entrichten.         Dr. W e i ß

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