Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240189/2/Gf/Km

Linz, 06.05.1996

VwSen-240189/2/Gf/Km Linz, am 6. Mai 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine Kammer unter dem Vorsitz von Mag. Gallnbrunner, den Berichter Dr. Grof und den Beisitzer Dr. Konrath über die Berufung des E. B., ........, ................., vertreten durch RA Dr. H. K., ............, ..........., gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau vom 14. März 1996, Zl.

VetR96-10-1994-Bu, wegen Übertretung des Fleischuntersuchungsgesetzes, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat noch einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau vom 14. März 1996, Zl. VetR96-10-1994-Bu, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 15.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 84 Stunden) bzw. 20.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 112 Stunden) verhängt, weil er es als Betriebsinhaber am 23. September 1993 einerseits zugelassen habe, daß drei mit der Rinderschlachtung beschäftigte Mitarbeiter eine stark verschmutzte, mindestens tagelang nicht gereinigte Arbeitskleidung sowie keine Kopfbedeckung getragen hätten, obwohl von diesen unverpacktes Fleisch in Verkehr gebracht worden sei, und er andererseits eine hygienisch nachteilige Beeinflussung des Fleisches durch Kontaktnahme der enthäuteten Teile des Tierkörpers mit der Haut bzw. durch vom Boden wegspritzendes Waschwasser nicht verhindert habe; dadurch habe er eine Übertretung des § 30 Abs. 1 bzw. des § 5 Abs. 1 der Fleischhygieneverordnung, BGBl.Nr. 280/1933, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 185/1992 (im folgenden: FlHV) i.V.m.

§ 50 Z. 22 des Fleischuntersuchungsgesetzes, BGBl.Nr.

522/1982, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 118/1994 (im folgenden: FlUG) begangen, weshalb er nach § 50 Z. 22 FlUG zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses ihm am 15. März 1996 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 29. März 1996 und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde im wesentlichen begründend aus, daß der dem Rechtsmittelwerber zur Last gelegte Tatbestand aufgrund der dienstlichen Wahrnehmungen des Amtstierarztes und der Angaben eines als Zeugen einvernommenen Arbeitnehmers des Beschwerdeführers als erwiesen anzusehen sei. Im übrigen habe er als Betriebsinhaber dafür Sorge zu tragen gehabt, daß die maßgeblichen Rechtsvorschriften auch im Falle seiner persönlichen Abwesenheit von seinen Mitarbeitern eingehalten werden.

Im Zuge der Strafbemessung seien mehrere einschlägige Vormerkungen als erschwerend zu werten gewesen.

2.2. Dagegen bringt der Berufungswerber vor, daß es der einschreitende Amtstierarzt pflichtwidrig unterlassen habe, sich die Namen der drei beanstandeten Arbeitnehmer zu notieren, sodaß diese in der Folge nicht als Zeugen zum Beweis des Gegenteils hätten einvernommen werden können. Außerdem sei zum Tatzeitpunkt ein für die Einhaltung des FlUG und der FlHV verantwortlicher Beauftragter bestellt gewesen. Darüber hinaus sei auch der der Anzeige zugrundeliegende Aktenvermerk des Amtstierarztes erst drei Monate nach dem Vorfallstag erstellt worden.

Schließlich würden sich auch die verhängten Strafen als zu hoch erweisen; dies insbesondere auch deshalb, weil der Berufungswerber einkommenslos sei und auf die Erledigung seines Pensionsansuchens warte.

Aus diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der BH Braunau zu Zl.

VetR96-10-1994-Bu; da bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt hinreichend zu klären war, konnte im übrigen gemäß § 51e Abs. 1 und 2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1.1. Gemäß § 50 Z. 22 FlUG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 60.000 S zu bestrafen, der den Bestimmungen einer auf Grund des § 38 Abs. 2 und 3 FlUG erlassenen Verordnung zuwiderhandelt.

4.1.2. Nach § 30 Abs. 1 FlHV mußten u.a. Personen, die Fleisch in Verkehr bringen, saubere Arbeitskleidung und Personen, die unverpacktes Frischfleisch in Verkehr bringen, eine helle, saubere und kochfeste Arbeitskleidung sowie eine geeignete Kopfbedeckung tragen.

Dem § 30 Abs. 1 FlHV wurde durch § 7 Abs. 1 Z. 1 der Frischfleisch-Hygieneverordnung, BGBl.Nr. 396/1994 (im folgenden: FrFlHV), derogiert. Danach muß nunmehr das Betriebspersonal, das unverpacktes oder bloß umhülltes frisches Fleisch bearbeitet oder das in Räumen und Bereichen arbeitet, in denen frisches Fleisch erschlachtet, bearbeitet (z.B. zerlegt), verpackt, umverpackt, gelagert oder transportiert wird, eine helle, saubere und leicht zu reinigende Kopfbedeckung, die das Haar vollständig bedeckt, und Schuhe sowie eine helle Arbeitskleidung und erforderlichenfalls einen Nackenschutz oder eine sonstige Schutzkleidung tragen; Personen, die Tiere schlachten oder mit frischem Fleisch in Berührung kommen, haben insbesondere zu Beginn jedes Arbeitstages saubere Arbeitskleidung zu tragen und diese im Laufe des Arbeitstages erforderlichenfalls zu wechseln.

4.1.3. Gemäß § 5 Abs. 1 FlHV mußte Fleisch so in Verkehr gebracht werden, daß eine hygienisch nachteilige Beeinflussung hintangehalten wurde.

Eine in dieser Allgemeinheit dem § 5 Abs. 1 FlHV entsprechende Verbotsbestimmung enthält die FrFlHV hingegen von vornherein nicht.

4.2.1. Nach § 1 Abs. 2 VStG richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, daß das zur Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre.

Nach § 44a Z. 1 VStG hat der Spruch des Straferkenntnisses die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

4.2.2. Im vorliegenden Fall stand zum Tatzeitpunkt (23.

September 1993) die FlHV, zum Zeitpunkt der Entscheidung durch die belangte Behörde (14. März 1996) hingegen bereits die am 1. Juli 1994 in Kraft getretene FrFlHV in Geltung.

Ein Vergleich der Bestimmungen des § 30 Abs. 1 bzw. § 5 Abs.

1 FlHV einerseits mit der FrFlHV - insbesondere mit deren § 7 Abs. 1 Z. 1 - andererseits zeigt, daß die Neuregelung für den Beschuldigten vornehmlich im Lichte des Konkretisierungsgebotes des § 44a Z. 1 VStG in jener Ausprägung, das dieses durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erfahren hat (vgl. hiezu W. Hauer - O. Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, Eisenstadt 1990, 936 ff), offenkundig jedenfalls insofern günstiger ist, als nunmehr eine Bestrafung nicht mehr - wie früher - schon wegen eines relativ globalen Tatvorwurfes, sondern nur mehr bei ganz spezifischen Verfehlungen möglich ist.

Mit Blick auf das vorliegend angefochtene Straferkenntnis zeigt sich dies zunächst daran, daß eine dem weitgefaßten § 5 Abs. 1 FlHV entsprechende Strafnorm überhaupt nicht mehr existiert und § 7 Abs. 1 Z. 1 FrFlHV im Gegensatz zu § 30 Abs. 1 FlHV eine wesentlich weiterreichende Tatkonkretisierung sowohl im Hinblick auf die Arbeitstätigkeit als auch in Richtung dahin, inwiefern die Arbeitskleidung vorschriftswidrig war, bedingt.

Diesem Erfordernis wird jedoch der Spruch des bekämpften Straferkenntnisses - offensichtlich deshalb, weil sich die belangte Behörde in diesem Zusammenhang mit der Frage des § 1 Abs. 2 VStG überhaupt nicht auseinandergesetzt, sondern völlig unreflektiert die FlHV (anstelle der FrFlHV) der Bestrafung zugrundegelegt hat, obwohl sie auf diese Problematik bereits schon früher einmal und gerade in bezug auf den nunmehrigen Beschwerdeführer vom Oö. Verwaltungssenat ausdrücklich hingewiesen worden war (vgl. VwSen-240107 vom 2. Mai 1995, 5 ff) - nicht gerecht.

4.3. Der vorliegenden Berufung war daher gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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