Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107200/2/WEI/Bk

Linz, 03.07.2001

VwSen-107200/2/WEI/Bk Linz, am 3. Juli 2001 DVR.0690392

E R K E N N T N I S  

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des J gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 19. Juni 2000, Zl. VerkR 96-3014-1999-GG, wegen Verwaltungsübertretungen nach der Straßenverkehrsordnung 1960 - StVO 1960 (BGBl Nr. 159/1960 idFd 20. StVO-Nov. BGBl I Nr. 92/1998) zu Recht erkannt:     I. Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis in den Spruchpunkten 2) und 4) aufgehoben und werden die Strafverfahren diesbezüglich gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.   II. Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis in den Spruchpunkten 1) und 3) mit der Maßgabe bestätigt, dass die Tatzeit jeweils um 17.16 Uhr war.   III. In den Strafverfahren zu den Spruchpunkten 2) und 4) entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens. In den Strafverfahren zu den bestätigten Spruchpunkten 1) und 3) hat der Berufungswerber in erster Instanz einen Kostenbeitrag in Höhe von je S 80,-- (entspricht  5, 81 Euro) und in zweiter Instanz von je S 160,-- (entspricht 11, 62 Euro) zu leisten.   Rechtsgrundlagen: § 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; §§ 64 ff VStG 1991.     Entscheidungsgründe:   1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:   "Sie haben am 26.08.1999 auf der Prager Straße B 125 als Lenker des PKW mit dem deutschen Kennzeichen in Fahrtrichtung Freistadt,   1) bei Strkm 20,600 im Gemeindegebiet Unterweitersdorf um 17.16 Uhr ein mehrspuriges Kraftfahrzeug auf einer unübersichtlichen Straßenstelle, nämlich in einer unübersichtlichen Linkskurve, verbotenerweise überholt, weil Sie die zu Überholbeginn vorhandene Sichtweite bei diesem Überholvorgang überschritten haben und 2) im Gemeindegebiet Unterweitersdorf auf Höhe Strkm 20,600 um 17.16 Uhr ein mehrspuriges Kraftfahrzeug verbotenerweise überholt, weil Sie zu Beginn des Überholvorganges nicht einwandfrei erkennen konnten, ob Sie Ihr Fahrzeug nach dem Überholvorgang ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer wieder in den Verkehr einordnen werden können, weil Sie die Überholstrecke nicht überblicken konnten und 3) im Gemeindegebiet Unterweitersdorf bei Strkm 21,200 um 17.16 Uhr bis 17.21 Uhr ein mehrspuriges Kraftfahrzeug auf einer unübersichtlichen Straßenstelle, nämlich vor einer Fahrbahnkuppe, verbotenerweise überholt, weil Sie die zu Überholbeginn vorhandene Sichtweite bei diesem Überholvorgang überschritten haben und 4) im Gemeindegebiet Neumarkt i.M. bei Strkm 25,100 ein mehrspuriges Kraftfahrzeug verbotenerweise überholt, obwohl Sie nicht einwandfrei erkennen konnten, ob Sie Ihr Fahrzeug nach dem Überholvorgang ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer wieder in den Verkehr einordnen werden können, weil der dem überholten Fahrzeuglenker nach dem Einordnen verbleibende Abstand kürzer als der beim Hintereinanderfahren einzuhaltende Sicherheitsabstand (Reaktionsweg) war und Sie sich erst unmittelbar vor einer Fahrbahnkuppe in den Verkehr eingeordnet haben."   Dadurch erachtete die belangte Behörde zu 1) den § 16 Abs 2 lit b) StVO 1960, zu 2) den § 16 Abs 1 lit c) StVO 1960, zu 3) den § 16 Abs 2 lit b) StVO 1960 und zu 4) den § 16 Abs 1 lit c StVO 1960 jeweils iVm § 99 Abs 3 lit a) StVO 1960 als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretungen gemäß der Strafbestimmung des § 99 Abs 3 lit a) StVO 1960 zu 1) bis 4) je Geldstrafen in Höhe von S 800,-- (58,13 Euro), und für den Fall der Uneinbringlichkeit je Ersatzfreiheitsstrafen von 19 Stunden. Gemäß § 64 VStG wurde ein einheitlicher Beitrag zu den Kosten der Strafverfahren von S 320,-- (23, 26 Euro) vorgeschrieben.   1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw durch Amtshilfe der Regierung der Oberpfalz in Regensburg mit Postzustellungsurkunde im Wege der Ersatzzustellung am 10. August 2000 zugestellt wurde, richtet sich die als Einspruch fehlbezeichnete, aber rechtzeitige Berufung vom 21. August 2000, die am 24. August 2000 bei der belangten Behörde einlangte. Die Berufung strebt erschließbar die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses an.   In der Sache erklärt der Bw, dass er Einspruch gegen das Straferkenntnis einlege. Weiter führt er lediglich aus:   "Ich bitte Sie nochmal um Ihre Beweismittel, die ich bis heute nicht erhalten habe."   Aus dieser Einlassung muss geschlossen werden, dass der Bw die Begehung der angelasteten Verwaltungsübertretungen bestreitet und sie für nicht erwiesen ansieht. 2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende wesentliche S a c h v e r h a l t :   2.1. Mit Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich vom 27. September 1999, Zl. P 816/99-Ju, wurde der Bw angezeigt, den PKW Opel Vectra mit dem polizeilichen Kennzeichen (D) im Bezirk Freistadt gelenkt und folgende Übertretungen begangen zu haben:   Der Bw habe je am 26. August 1999   gegen 17.16 Uhr auf der Pragerstraße, Höhe Kilometer 20,600, von Linz kommend in Richtung Freistadt, Gemeinde Unterweitersdorf, Bezirk Freistadt, OÖ., ein mehrspuriges Kraftfahrzeug trotz ungewisser Einordnungsmöglichkeit nach dem Überholvorgang überholt;   gegen 17.16 Uhr auf der Pragerstraße, Höhe Kilometer 20,600, von Linz kommend in Richtung Freistadt, Gemeinde Unterweitersdorf, Bezirk Freistadt, OÖ., ein mehrspuriges Kraftfahrzeug bei ungenügender Sicht und auf unübersichtlichen Straßenstellen überholt;   gegen 17.16 Uhr auf der Pragerstraße, Höhe Kilometer 21,200, von Linz kommend in Richtung Freistadt, Gemeinde Unterweitersdorf, Bezirk Freistadt, OÖ., ein mehrspuriges Fahrzeug bei ungenügender Sicht und auf unübersichtlichen Straßenstellen überholt;   gegen 17.21 Uhr auf der Pragerstraße, Höhe Kilometer 25,100, von Linz kommend in Richtung Freistadt, Gemeinde Unterweitersdorf, Bezirk Freistadt, OÖ., ein mehrspuriges Fahrzeug trotz ungewisser Einordnungsmöglichkeit nach dem Überholvorgang überholt.   Dieser Sachverhalt wurde von der Besatzung der Zivilstreife N der Verkehrsabteilung des Landesgendarmeriekommandos im Zuge des Streifendienstes dienstlich wahrgenommen. Den beiden Gendarmeriebeamten BI G und RI J fiel der PKW des Bw erstmals auf, als er kurz vor dem Überholverbot am sog. Unterweitersdorferberg die Zivilstreife überholte. Die weiteren Überholvorgänge wurden mittels ProViDa-Anlage aufgezeichnet und von den Überholvorgängen Ausdrucke angefertigt und der Anzeige beigelegt. Danach wurde der Bw bei der Außenstelle Neumarkt angehalten, wo er angab, dass er seiner Meinung nach genügend Sicht gehabt hätte und dass ohnehin nichts geschehen wäre.   Der Anzeige wurden sechs Videoausdrucke beigelegt. Dazu führt die Anzeige aus, dass die Bilder 1 und 2 den Überholvorgang bei Straßenkilometer 20,600 vor einer unübersichtlichen Linkskurve zeigen. Am Bild 2 sei deutlich zu erkennen, dass die vor dem Bw fahrenden Fahrzeuge lediglich einen Abstand von 1 bis 2 Fahrzeuglängen gehabt hätten, womit ein Einordnen von vornherein ungewiss gewesen wäre. Bild 3 zeige den Überholvorgang bei Straßenkilometer 21,200 vor der unübersichtlichen Fahrbahnkuppe am Ende des sog. Unterweitersdorfer Bergs. Das Ende des Überholvorganges hätte wegen der Kurvenbeschaffenheit nicht aufgezeichnet werden können, wäre jedoch von den Beamten persönlich wahrgenommen worden. Bild 4 zeige die vor dem Bw fahrende aufgeschlossene Fahrzeugkolonne. Bild 5 und 6 zeigen einen Überholvorgang bei Straßenkilometer 25,250. Auf Bild 6 sei das Bremslicht des überholten PKW`s zu erkennen, der die Geschwindigkeit erheblich habe reduzieren müssen, um dem Bw das Einordnen zu ermöglichen.   2.2. Mit Strafverfügung vom 3. Jänner 2000 wurden dem Bw im Wesentlichen die Übertretungen wie im angefochtenen Straferkenntnis angelastet. Der Bw erhob dagegen Einspruch, der am 7. Februar 2000 rechtzeitig bei der belangten Behörde einlangte. Er führte zur Begründung lediglich aus: "Ich bitte um Beweismittel."   Mit Schreiben vom 6. April 2000 übermittelte die belangte Behörde dem Bw Kopien der Anzeige vom 27. September 1999 samt den Lichtbildern und räumte die Gelegenheit ein, binnen 2 Wochen Stellung zu nehmen. Nach einem vergeblichen Zustellversuch wurde vom Postbediensteten am 11. Mai 2000 durch Niederlegung beim Postamt K zugestellt (vgl dazu die aktenkundige deutsche Postzustellungsurkunde). Eine Stellungnahme des Bw ist nicht aktenkundig.   Die belangte Behörde erließ gegen den Bw in der Folge das angefochtene Straferkenntnis vom 19. Juni 2000.   3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, dass der wesentliche Sachverhalt aus der Aktenlage ableitbar ist und in erster Linie Rechtsfragen zu beurteilen waren.   4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:   4.1. Gemäß § 16 Abs 1 lit c) StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges nicht überholen   wenn er nicht einwandfrei erkennen kann, dass er sein Fahrzeug nach dem Überholvorgang in den Verkehr einordnen kann, ohne andere Straßenbenützer zu gefährden oder zu behindern.   Nach § 16 Abs 2 lit b) StVO darf der Lenker außer in den Fällen des Abs 1 nicht überholen   bei ungenügender Sicht und auf unübersichtlichen Straßenstellen, z.B. vor und in unübersichtlichen Kurven und vor Fahrbahnkuppen; es darf jedoch überholt werden, wenn die Fahrbahn durch eine Sperrlinie (§ 55 Abs 2) geteilt ist und diese Linie vom überholenden Fahrzeug nicht überragt wird.   Gemäß der Strafnorm des § 99 Abs 3 StVO begeht im Fall der lit a) eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu S 10.000,--, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen,   wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist.   4.2. Der Bw hat auch in der Berufung lediglich behauptet, dass er bis heute nicht die Beweismittel erhalten hätte. Dies widerspricht allerdings den Tatsachen. Nach Ausweis der Aktenlage hat die belangte Behörde dem Bw Ablichtungen der Gendarmerieanzeige vom 27. September 1999 samt den angeschlossenen Lichtbildern zu den beanstandeten Überholmanövern zur Verfügung gestellt und ihm die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt. Die Zustellung der Verständigung der belangten Behörde erfolgte im Rechtshilfeweg durch die Regierung der Oberpfalz, wobei die Niederlegung beim Postamt K 1 per 11. Mai 2000 durch die deutsche Postzustellungsurkunde ausgewiesen ist.   In tatsächlicher Hinsicht ergibt sich aus den von der Gendarmerie vorgelegten Ausdrucken von insgesamt 6 Farblichtbildern folgende Situation. Das erste Foto zeigt den Beginn des Überholens bei Strkm 20,600. Es wurde - wie am Foto rechts oben ersichtlich gemacht - um 17.16 Uhr und 11 Sekunden aufgenommen. Das 3 Sekunden später aufgenommene Foto Nr. 2 zeigt den vom Bw gelenkten PKW bereits zur Gänze auf der linken Fahrbahnhälfte, wobei klar erkennbar ist, dass eine unübersichtliche Linkskurve unmittelbar in etwa 5 bis 6 Autolängen bevorsteht. Die Geschwindigkeit des überholten Fahrzeuges betrug rund 40 km/h. Diese Annahme folgt aus der am Bild ausgewiesenen Geschwindigkeit des nachfahrenden Zivilstreifenwagens. Offensichtlich konnte der Überholvorgang nicht vor der unübersichtlichen Straßenstelle abgeschlossen werden. Denn die Überholstrecke beträgt nach einer Faustformel etwa das Vierfache der Geschwindigkeit des überholten Fahrzeuges (vgl dazu Messiner, StVO10, Anm 4 zu § 16 StVO) und damit im gegenständlichen Fall ca. 160 m. Der Bw hätte demnach eine entsprechende Gefahrensichtweite benötigt. Diese stand ihm nicht einmal annähernd zur Verfügung. Aus den Bildern Nr. 1 und Nr. 2 kann geschlossen werden, dass der Bw zu Beginn des Überholmanövers eine Gefahrensichtweite auf den Gegenverkehr von bestenfalls 50 bis 60 m hatte. Insofern stehen die Bilder im Einklang mit dem von der Gendarmerie angezeigten Verstoß gegen das Überholverbot auf unübersichtlichen Straßenstellen. Hingegen kann das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates nicht nachvollziehen, wieso auch eine ungewisse Einordnungsmöglichkeit bestanden haben soll. Denn der Tiefenabstand zwischen dem überholten PKW und dem davor fahrenden PKW erscheint auf Bild Nr. 2 im Verhältnis zur anzunehmenden Ausgangsgeschwindigkeit von bloß 40 km/h keineswegs so gering, dass eine Einordnung auf den rechten Fahrstreifen in Frage gestellt werden kann. Er dürfte nach h. Einschätzung jedenfalls rund 3 Autolängen betragen haben, was im Hinblick auf den Reaktionsweg (Sekundenabstand) von maximal 12 m (V/10 x 3) ausreichend gewesen wäre. Jedenfalls ergeben sich aus der Aktenlage keine objektiven Anhaltspunkte für eine gegenteilige Annahme. Die von der belangten Behörde im Spruchpunkt 2) angeführte Begründung " ... weil Sie die Überholstrecke nicht überblicken konnten .. ." trifft nicht zu, da es für die Einordnungsmöglichkeit nicht unbedingt auf die gesamte, auch vom Gegenverkehr abhängige Gefahrensichtweite ankommt.   Weiter ergibt sich aus der Anzeigeschilderung in Verbindung mit dem Bild 3, dass der Bw um 17.16 Uhr und 51 Sekunden bei Straßenkilometer 21,200 auf einer unübersichtlichen Fahrbahnkuppe und Linkskurve einen Lastwagen mit einer Ausgangsgeschwindigkeit von schwach 40 km/h überholte, wobei er abermals nicht die erforderliche Überholsichtweite von etwa 160 m haben konnte.   4.3. Die Bilder 5 und 6 erscheinen dem erkennenden Mitglied des unabhängigen Verwaltungssenates nicht aussagekräftig. Sie belegen jedenfalls nicht die Darstellung in der Anzeige, wonach der überholte Lenker seine Geschwindigkeit erheblich reduzieren habe müssen, um dem Bw ein Einordnen zu ermöglichen. Beim überholten Fahrzeug der Marke Skoda ist zwar das Aufleuchten des Bremslichts am Bild 6 erkennbar. Dies stellt aber noch keinen Beweis für die Annahme dar, dass der für das Einordnen notwendige Sicherheitsabstand eindeutig zu gering gewesen wäre. Außerdem müsste die ungewisse Möglichkeit zur Einordnung schon bei Beginn des Überholvorgangs erkennbar gewesen sein. Für eine solche Annahme sprechen die Bilder 5 und 6, denen eingeschränkt aussagekräftige Daten bezüglich des nachfahrenden Zivilstreifenfahrzeuges zu entnehmen sind, keineswegs. Aus den Bildern der ProVida-Anlage ergibt sich eine Überholdauer von etwa 15 Sekunden (Bild 5: 17.21 Uhr und 26 Sekunden; Bild 6: 17.21 Uhr und 41 Sekunden) und eine Geschwindigkeitsverminderung in dieser Zeit von 68 km/h auf 42 km/h. Eine Berechnung der dafür notwendigen Bremsverzögerung mit dem dem Oö. Verwaltungssenat zur Verfügung stehenden Programm Analyser Pro, Version 4.0, ergibt einen Wert von lediglich 0,52 m/sek2. Diese weit unter einer gewöhnlichen bis mittelstarken Betriebsbremsung von 3,0 bis 3,8 m/sek2 liegende Bremsverzögerung zeigt, dass entgegen der Anzeigedarstellung eine "erhebliche" Bremsung durch den Lenker des überholten PKW wohl kaum angenommen werden kann. Mangels eindeutiger objektiver Belastungsmomente hält der Oö. Verwaltungssenat den Tatvorwurf im Spruchpunkt 4) des angefochtenen Straferkenntnisses zumindest für zweifelhaft. Jedenfalls liegt diesem Schuldspruch kein Beweisergebnis zugrunde, aus dem mit der für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit auf die angelastete Übertretung geschlossen werden kann.   Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl u.a. VwGH 7.6.2000, 97/03/0120; VwGH 12.3.1986, 85/03/0152) setzt die Zulässigkeit eines Überholmanövers aus der Sicht des § 16 Abs 1 lit c) StVO 1960 die Feststellung jener Umstände voraus, die für die Länge des geplanten Überholvorgangs von Bedeutung sind. In diesem Zusammenhang sind Feststellungen über die Geschwindigkeiten des überholenden und überholten Fahrzeugs, die Anzahl der überholten Fahrzeuge und deren Tiefenabstand, die Sichtstrecke zu Beginn des Überholvorgangs und allfällige schon zu Beginn des Überholmanövers dem Lenker erkennbare Hindernisse, die einem Wiedereinordnen entgegenstehen könnten, zu treffen.   Die belangte Behörde hat keinen dieser für eine Sachentscheidung notwendigen Umstände festgestellt. Das angefochtene Straferkenntnis leidet insofern an erheblichen Feststellungsmängeln. Der Anzeige der Gendarmerie sind ebenfalls keine entsprechenden Daten zu entnehmen. Lediglich aus den vorgelegten Bildern lassen sich die oben angestellten Überlegungen ableiten. Es war daher dem unabhängigen Verwaltungssenat nicht möglich, den Schuldspruch der belangten Behörde zu bestätigen.   4.4. Im Ergebnis können die dem Bw in den Spruchpunkten 2) und 4) angelasteten Übertretungen des § 16 Abs 1 lit c) StVO 1960 mangels ausreichender Beweise nicht aufrechterhalten werden. Diese Punkte des angefochtenen Straferkenntnisses waren daher aufzuheben und die Strafverfahren insofern einzustellen. Die auf das Überholverbot auf unübersichtlichen Straßenstellen nach § 16 Abs 2 lit b) StVO 1960 abstellenden Schuldsprüche in den Spruchpunkten 1) und 3) waren hingegen mit der Maßgabe zu bestätigen, dass die Tatzeit jeweils um 17.16 Uhr war. Die ausgedehnte Zeitangabe "17.16 Uhr bis 17.21 Uhr" im Spruchpunkt 3) widerspricht den aktenkundigen Bildern der ProVida-Anlage.   4.5. Bei der Strafbemessung ging die belangte Behörde von einem geschätzten monatlichen Einkommen von bloß S 6.000,--, vom Fehlen eines relevanten Vermögens und von Sorgepflichten aus. Der Bw hat zur Strafhöhe überhaupt nichts vorgebracht. Der gemäß § 99 Abs 3 StVO 1960 anzuwendende Strafrahmen sieht für die gegenständlichen Übertretungen je eine Geldstrafe bis zu S 10.000,-- und bei Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 2 Wochen vor. Die von der belangten Strafbehörde verhängten Geldstrafen bewegen sich demnach im untersten Bereich des Strafrahmens. Sie bedürfen angesichts des nicht unerheblichen Unrechts- und Schuldgehaltes der angelasteten Übertretungen keiner weiteren Begründung. Ebenso wenig bestanden beim unabhängigen Verwaltungssenat Bedenken gegen die strafbehördlich festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafen. Die Strafaussprüche zu den Spruchpunkten 1) und 3) waren daher zu bestätigen.   5. Bei diesem Ergebnis war dem Bw im Berufungsverfahren zu den Spruchpunkten 1) und 3) gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG je ein weiterer Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe vorzuschreiben. Im Übrigen entfiel gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Kostenbeiträgen.   Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.   Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von S 2.500,-- (entspricht 181, 68 Euro) zu entrichten.       Dr. W e i ß

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