Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107326/13/Le/La

Linz, 27.09.2001

VwSen-107326/13/Le/La Linz, am 27. September 2001 DVR.0690392      

E R K E N N T N I S  

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des Mag. T F, W 45, 4 W, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion W vom 2.11.2000, AZ: III-S-6174/00, mit dem der Einspruch gegen die Strafverfügung der Bundespolizeidirektion Wels vom 19.9.2000 als verspätet zurückgewiesen worden war, zu Recht erkannt:     Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.     Rechtsgrundlage: §§ 63 Abs.5 und 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.     Entscheidungsgründe:     1. Mit der Strafverfügung der Bundespolizeidirektion Wels vom 19.9.2000 wurde der nunmehrige Berufungswerber wegen Übertretung des § 103 Abs.2 Kraftfahrgesetz 1967 mit einer Geldstrafe in Höhe von 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 24 Stunden) bestraft.   In der Rechtsmittelbelehrung zu dieser Strafverfügung wurde auf das Recht hingewiesen, gegen diese Strafverfügung innerhalb von zwei Wochen nach der Zustellung (Hinterlegung) schriftlich, telegrafisch oder mündlich bei der Bundespolizeidirektion, die diese Strafverfügung erlassen hat, Einspruch zu erheben.   Diese Strafverfügung wurde laut Rückschein am 25.9.2000 durch Hinterlegung zugestellt.   2. Mit Schriftsatz vom 19.10.2000, zur Post gegeben am 20.10.2000, erhob der nunmehrige Berufungswerber Einspruch gegen diese Strafverfügung. 3. Die Bundespolizeidirektion W hat mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 2.11.2000 diesen Einspruch als verspätet eingebracht zurückgewiesen. In der Begründung wies sie darauf hin, dass die Strafverfügung am 25.9.2000 ordnungsgemäß beim Postamt V, W, hinterlegt worden sei und hinterlegte Sendungen gemäß § 17 Abs.3 Zustellgesetz mit dem ersten Tag der Hinterlegung als zugestellt gelten. Die zweiwöchige Einspruchsfrist hätte somit am 9.10.2000 geendet.   4. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 20.11.2000, mit der beantragt wird, den angefochtenen Bescheid zu beheben. Zur Begründung führte der Berufungswerber aus, zwei Wohnsitze zu haben, wobei der Hauptwohnsitz in W bei seiner Mutter sei. Er komme einmal öfter, einmal weniger oft nach Hause, das richte sich nach seinen dienstlichen Belangen. Zum einen sei seine Mutter die wichtigste Person in seinem Leben, zum anderen umsorge sie ihn und wasche ihm die Wäsche. In L an seinem Zweitwohnsitz lebe er alleine. Er gehe dort zur Arbeit auf die J. K U L. Meist arbeite er bis spät in die Nacht an diversen Forschungsprojekten und habe daher in L eine Wohnung genommen, um so die nächtlichen Fahrten in sehr müdem Zustand zu vermeiden. Diese Wohnung nutze er ausschließlich zum Schlafen.   Zur Zustellung der Strafverfügung führte der Berufungswerber aus, am 21.9.2000 von einem kurzen Studienurlaub aus Nordamerika heimgekehrt zu sein und sich in die Arbeit an der Universität gestürzt zu haben. Er sei zwei Wochen nicht nach W gekommen, da er selbst am Wochenende bis spät in die Nacht arbeiten habe müssen. Soweit er sich erinnern könne, sei er am 6.10.2000 nach W gefahren und habe von seiner Mutter erfahren, dass ein Schriftstück für ihn bei der Post zur Abholung bereit liege. Während seiner Abwesenheit habe die W Adresse den Charakter einer Abgabestelle verloren und er habe erst am 6.10.2000 von dem Schriftstück erfahren, somit werde gemäß § 17 Abs.3 Zustellgesetz die Zustellung an dem der Rückkehr folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte. Diese Heilung des Zustellmangels setze somit den Mangel der nicht gegebenen Abgabestelle außer Kraft, bewirke die Zustellung mit dem 9.10.2000 und setze die Rechtsmittelfrist ab diesem Datum in Gang. Abschließend ersuchte er, die künftigen Verwaltungsentscheidungen an seinen Arbeitsplatz an der Universität L zuzustellen.   5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:   5.1. Zur vollständigen Klärung des Sachverhaltes hat der Unabhängige Verwaltungssenat für den 24.9.2001 eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt und an diesem Tage auch durchgeführt. Der Berufungswerber nahm an dieser Verhandlung teil, der Vertreter der Erstbehörde hatte sich zuvor telefonisch entschuldigen lassen. Die mündliche Verhandlung war vor allem deshalb erforderlich geworden, weil es die Erstbehörde verabsäumt hatte, nähere Erkundigungen über die Versäumung der Rechtsmittelfrist anzustellen und diese dem Berufungswerber im Rahmen der Wahrung des Parteiengehörs vorzuhalten.   Bei dieser mündlichen Verhandlung gab der Berufungswerber an, am 21.9.2000 von einem mehrwöchigen Auslandsaufenthalt in Kanada/USA zurückgekommen zu sein und sich in L vom Jetlag erholt zu haben. Anschließend hätte er sofort die Ergebnisse seines Auslandsaufenthaltes verarbeiten und sich auf das kommende Semester vorbereiten müssen, weshalb er auch am Wochenende an der Uni gearbeitet habe. In dieser Zeit habe er mit seiner Mutter nicht telefoniert.   Er habe zu dieser Zeit seinen Hauptwohnsitz in W gehabt und daneben einen Nebenwohnsitz in L an der Adresse H 61. Er wies einen Meldezettel vor, aus dem hervorgeht, dass die L Adresse nicht der Hauptwohnsitz ist. Im Zuge der Verhandlung gab er an, dass er die Wer Adresse als Zustelladresse für alle seine Postangelegenheiten habe und er nicht eine zweite Postadresse anfangen wollte. Zum telefonischen Kontakt mit seiner Mutter gab er an, nur sporadisch zu telefonieren, weil er ein nicht sehr fleißiger Telefonierer sei; seine Mutter könne nicht telefonieren, weil ihr Telefon postalisch gesperrt sei.   (Anmerkung: In seiner schriftlichen Zusammenstellung, die der Berufungswerber anlässlich der mündlichen Verhandlung verlesen hatte, gab er jedoch an, dass ihn am 31.8.2000 seine Mutter angerufen und ihm mitgeteilt hätte, dass für ihn ein Schreiben hinterlegt worden sei).   5.2. Gemäß § 49 Abs.1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat. In der gegenständlichen Angelegenheit wurde festgestellt, dass die Strafverfügung vom 19.9.2000 dem nunmehrigen Berufungswerber am 25.9.2000 durch Hinterlegung zugestellt worden war.   Die Zustellung durch Hinterlegung ist in § 17 Zustellgesetz geregelt. Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut:   "(1) Kann die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs.3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Schriftstück im Falle der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt ... zu hinterlegen.   (2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in den für die Abgabestelle bestimmten Briefkasten (Briefeinwurf, Hausbrieffach) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben, sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.   (3) Die hinterlegte Sendung ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs.3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte."   Aus dieser Bestimmung, insbesondere dem dritten Satz des Abs.3, ist zu entnehmen, dass die hinterlegte Sendung an dem Tag als zugestellt gilt, an dem das Schriftstück erstmals vom Postamt abgeholt werden kann. Dieser Tag wurde auf dem im Akt erliegenden Rückschein mit 25.9.2000 bezeichnet.     5.3. Der Berufungswerber bestreitet nicht, seinen Hauptwohnsitz an der Adresse W45 in 4600 W zu haben. Er bringt aber vor, dass er sich ab 21.9.2000 bis 6.10.2000 an seiner L Adresse und nicht in W aufgehalten habe. Er hätte erst am 6.10.2000 von dem Schriftstück erfahren und hätte dieses am 9.10.2000 abgeholt, weshalb die Rechtsmittelfrist erst am 9.10.2000 zu laufen begonnen hätte.   Diese Verantwortung des Berufungswerbers ist unglaubwürdig. In seinem Einspruch und auch in der Berufung bezeichnete der Berufungswerber seine Mutter als "die wichtigste Person in meinem Leben, zum anderen umsorgt sie mich und wäscht mir meine Wäsche", weshalb es völlig unglaubwürdig ist, dass der Berufungswerber nach einem zweiwöchigen Aufenthalt in USA/Kanada (Abflug am 3.9., Ankunft am 21.9.2000) nicht sofort nach seiner Ankunft oder zumindest innerhalb weniger Tage nach seiner Ankunft seine Mutter anruft, um sich nach ihrem Befinden zu erkunden und ihr mitzuteilen, dass er wieder angekommen sei. Es widerspricht der allgemeinen Lebenserfahrung einer Mutter-Sohn-Beziehung, wie sie der Berufungswerber geschildert hatte, dass er seine Mutter nicht angerufen hätte. Durch diesen Anruf hätte er aber vom behördlichen Schriftstück bzw der erfolgten Hinterlegung eines solchen erfahren. Seine Darstellung, er sei "ein nicht sehr fleißiger Telefonierer", ist daher in diesem Zusammenhang unglaubwürdig. Man muss nicht "fleißig" telefonieren, um sich nach einer längeren Abwesenheit wieder bei der Mutter zu melden. Angemerkt wird außerdem, dass der Berufungswerber sogar vor der mündlichen Verhandlung am 24.9.2001 vor dem Verhandlungssaal des Unabhängigen Verwaltungssenates mit dem Handy telefonierend angetroffen wurde.   Dazu kommt, dass der Berufungswerber sowohl auf seinem Einspruch als auch auf seiner Berufung die Wer Adresse genannt hatte und anlässlich der mündlichen Berufungsverhandlung angegeben hat, dass er sich in L keine zweite Postadresse anfangen wollte.   Wenn eine Person in einem laufenden Verfahren der Behörde verschweigt, eigentlich an einer anderen Adresse zu wohnen und diese andere Adresse nicht bekannt gibt, dann hat sie die nötigen Vorkehrungen zu treffen, damit sie behördliche Schriftstücke, die an die bekannte Adresse zugestellt werden, auch entgegennehmen kann, etwa durch Erteilung eines Nachsendeauftrages oder Absprache mit der Mutter, im Falle der Hinterlegung behördlicher Schriftstücke sofort von dieser verständigt zu werden. All dies hat der Berufungswerber verabsäumt.   Für den gegenständlichen Berufungsfall ist auch die Bestimmung des § 8 Zustellgesetz relevant: Nach Abs.1 leg.cit. hat eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle ändert, dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen. Abs.2 leg.cit. bestimmt, dass, wenn diese Mitteilung unterlassen wird, soweit die Verfahrensvorschriften nicht anderes vorsehen, die Zustellung durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen ist, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann.   Es war der BPD W nicht zuzumuten, in ganz Österreich Meldeauskünfte einzuholen, vor allem deshalb nicht, da sie keinen Hinweis darauf hatte, dass der Berufungswerber nicht in W, sondern in L wohnen würde.   5.4. Wenn sich der Berufungswerber zur Bestärkung seiner Rechtsansicht auf die Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 19.2.1999, VwSen-105969/7/Gu/Pr, beruft, so ist ihm entgegenzuhalten, dass sich der dem genannten Erkenntnis zugrunde liegende Fall grundsätzlich vom vorliegenden unterscheidet, zumal er selbst angegeben hat, immer wieder an seinen Hauptwohnsitz in W zurückzukehren, wo seine Mutter wohne, die seiner Darstellung nach die wichtigste Person in seinem Leben sei und die ihn umsorge und seine Wäsche wasche. Die L Adresse würde ihm lediglich zum Schlafen dienen und er empfange dort auch keine Post.   5.5. In der Rechtsmittelbelehrung zur Strafverfügung war korrekterweise darauf hingewiesen worden, dass der Beschuldigte das Recht hat, gegen diese Strafverfügung innerhalb von zwei Wochen nach der Zustellung (Hinterlegung) Einspruch zu erheben. Es war in dieser Rechtsmittelbelehrung damit sowohl richtigerweise auf die Dauer der Rechtsmittelfrist als auch auf den Zustellzeitpunkt hingewiesen worden. Zufolge der Fristenberechnung des § 32 Abs.2 AVG hätte der nunmehrige Berufungswerber sohin bis 9.10.2000 seinen Einspruch zur Post geben müssen. Dadurch aber, dass er diesen Einspruch erst am 20.10.2000 (Datum des Poststempels auf dem Briefkuvert) zur Post gegeben hat, hat er den Einspruch verspätet erhoben.   5.6. Das Verstreichenlassen der Einspruchsfrist hat zur Folge, dass die angefochtene Strafverfügung in Rechtskraft erwachsen ist. Die Rechtskraft einer Strafverfügung bedeutet, dass sie sowohl für die Behörde als auch für den Berufungswerber selbst unanfechtbar bzw. unabänderbar geworden ist.   Die Strafverfügung vom 19.9.2000 ist somit rechtskräftig und vollstreckbar.   Bei dieser Sach- und Rechtslage konnte daher auf die geltend gemachten Einspruchsgründe, insbesonders das Bestreiten der zur Last gelegten Verwaltungsübertretung, nicht mehr eingegangen werden.     Rechtsmittelbelehrung:   Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.   Hinweis:   Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 Euro) zu entrichten.     Dr. L e i t g e b   Beschlagwortung: Hinterlegung; Zeitpunkt der Zustellung

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