Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-107426/2/SR/Ri

Linz, 17.01.2001

VwSen-107426/2/SR/Ri Linz, am 17. Jänner 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des Dr. K K, vertreten durch den RA H-J G, Estraße, D- gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von E, vom 4. Jänner 2001, VerkR96-1481-2000, wegen Übertretung nach der Straßenverkehrsordnung 1960 (im Folgenden: StVO), zu Recht erkannt:

I.  Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Ziffer 1 VStG eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 29/2000 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Ziffer 1, § 51e Abs.2 Ziffer 1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl.Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 134/2000 - VStG

zu II.: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit oben bezeichnetem Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von E wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben am 22.7.2000 um 11.23 Uhr im Bezirk E, Ortsgebiet von A/D. auf der B Landesstraße L bei Strkm das KFZ mit dem Kennzeichen H Fahrtrichtung E gelenkt und dabei die im Ortsgebiet erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 32 km/h überschritten.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 20 Abs.2 StVO 1960.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von falls diese uneinbringlich ist, gemäß

Ersatzfreiheitsstrafe von

2.000,00 Schilling 67 Stunden § 99 Abs.3 lit.a StVO

(145,34 EU)

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

200,00 Schilling (14,53 EU) als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 200 S bzw. 14,53 EU angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

2.200,00 Schilling (159,88 EU)."

2. Gegen dieses am 12. Jänner 2001 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 15. Jänner 2001 - und damit rechtzeitig - bei der Behörde erster Instanz eingebrachte Berufung.

2.1. Im angeführten Straferkenntnis führt die Behörde erster Instanz im Wesentlichen begründend aus, dass der Bw über Aufforderung gemäß § 103 Abs.2 KFG neben sich auch andere Personen namhaft gemacht hat, die als Lenker in Frage kommen würden. Daher sei gegen den Bw als Erstangeführten das Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet worden. Im Zuge des Ermittlungsverfahrens habe der Bw die Tat bestritten, obwohl er sich selbst auch als möglichen Lenker bezeichnet hatte. Das angefertigte Radarlichtbild würde den Lenker nicht zweifelsfrei erkennen lassen. Die Behörde erster Instanz sei dennoch berechtigterweise von der Lenkereigenschaft des Bw ausgegangen, da der Bw auch nicht an der Ausforschung des tatsächlichen Lenkers mitgewirkt habe. In Anlehnung an die ständige Rechtsprechung des VwGH, wonach die Verwaltungsbehörde bei Untätigbleiben des Zulassungsbesitzers oder Fahrzeughalters gegenüber dem Vorhalt eines bestimmten strafbaren Sachverhaltes ableiten kann, dass der Zulassungsbesitzer selbst der Täter gewesen ist, ziehe die Behörde erster Instanz den Schluss der Tätereigenschaft des Fahrzeughalters bei Benennung mehrerer Personen als mögliche Lenker. Mangels Gegenbeweis könne die Rechtsansicht der Behörde nicht entkräftet werden.

2.2. Dagegen wendet der Bw u. a. ein, dass die zitierte Rechtsprechung des VwGH - sollte es diese geben - im gegenständlichen Fall nicht anwendbar wäre, da der Bw nicht untätig geblieben sei. Die Lenkereigenschaft sei nicht erwiesen und die Behörde habe selbst im angefochtenen Bescheid ausgeführt, dass die Lichtbilderauswertung eine Identifizierung des Lenkers nicht zugelassen habe.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft E zu Zahl VerkR96-1481-2000; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war hatte der unabhängige Verwaltungssenat gemäß § 51e Abs.2 Ziffer 1 VStG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abzusehen.

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

§ 5 Abs.1 VStG normiert nur eine Schuldvermutung, nicht eine Vermutung, dass der Beschuldigte das Verhalten gesetzt hat. Die objektive Tatseite ist von der Behörde von Amts wegen zu ermitteln. Im Ermittlungsverfahren ist es der Behörde erster Instanz nicht gelungen, den Bw als Täter zu ermitteln. Auf den im bezughabenden Akt enthaltenen Lichtbildern kann der Bw nicht als Lenker erkannt werden. Der Schluss der Behörde , dass der Bw deshalb der Täter sein soll, weil er sich als erster von mehreren möglichen Lenkern bezeichnet hat, kann nicht nachvollzogen werden. Im Anschluss an diese Feststellung und Würdigung widerspricht sich die Behörde erster Instanz selbst, indem sie dem Bw vorhält, nicht an der Ausforschung des "tatsächlichen Lenkers" mitgewirkt zu haben. Damit hat die Behörde deutlich zum Ausdruck gebracht, dass der Bw seiner Auskunftspflicht gemäß § 103 Abs.2 KFG nicht nachgekommen ist. Auf die diesbezügliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darf verwiesen werden.

Die im angefochtenen Straferkenntnis zitierte Spruchpraxis findet hier keine vergleichbare Anwendung.

4.2. § 45 Abs.1 Z1 VStG (auszugsweise):

Die Behörde hat von der Fortführung des Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

......

1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht erwiesen werden kann...

Da nicht erwiesen werden konnte, dass der Bw die ihm zur Last gelegte Tat begangen hat, war von der Fortführung des Verwaltungsstrafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen.

5. Gemäß § 66 Abs.1 VStG entfällt damit auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Mag. Stierschneider

Beschlagwortung: objektives Tatbestandsmerkmal, amtswegige Ermittlung

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum