Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107458/7/SR/Ri

Linz, 02.04.2001

VwSen-107458/7/SR/Ri Linz, am 2. April 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des P K, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. W K, Bstraße, L, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von U-U vom 9. Jänner 2001, Zl. VerkR96-3716-2000, wegen Übertretungen nach der Straßenverkehrsordnung 1960 (im Folgenden: StVO), dem Kraftfahrgesetz 1967 (im Folgenden: KFG) und dem Führerscheingesetz (im Folgenden: FSG) nach Durchführung der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 9. März 2001, zu Recht erkannt:

I. Der Strafberufung gegen den Spruchpunkt 1 wird insoweit stattgegeben, als die Geldstrafe mit 500,00 Schilling (entspricht  36,34 Euro), im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, festgesetzt wird.

II. Die Strafberufung gegen Spruchpunkt 5 und die Berufung gegen Spruchpunkt 3 wird abgewiesen und die angefochtenen Spruchteile des Straferkenntnisses vollinhaltlich bestätigt.

III. Der Berufung gegen die Spruchpunkte 2 und 4 wird stattgegeben, das Straferkenntnis diesbezüglich aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 und Z3 VStG eingestellt.

IV. Der Berufungswerber hat zu Spruchteil I zum Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat keinen Kostenbeitrag zu leisten und der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 50,00 Schilling (entspricht  3,63 Euro), d.s. 10 % der verhängten Strafe.

Zu Spruchteil II hat der Berufungswerber zum Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat einen Kostenbeitrag von 20 % der verhängten Strafen, d.s. 220,00 Schilling (entspricht  15,99 Euro), zu leisten.

Keine Kostenbeiträge hat der Berufungswerber zu Spruchteil III zu entrichten.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I., II. und III.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 29/2000 - AVG iVm § 24, § 19, 45 Abs.1 Ziffer 2und 3, § 51c und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/1999 - VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit oben bezeichnetem Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben am 24.07.2000 um 14.15 Uhr bis 14.30 Uhr den LKW, Kennzeichen E in L, Höhe des Hauses Gstraße Nr.

  1. verbotenerweise im Haltestellenbereich eines Massenbeförderungsmittels abgestellt, wobei kein kurzes Halten zum Ein- und Aussteigen vorlag,
  2. als Lenker eines Kraftfahrzeuges mit diesem mehr Lärm verursacht, als bei ordnungsgemäßem Zustand und sachgemäßem Betrieb des Fahrzeuges unvermeidbar war, da Sie den Fahrzeugmotor trotz des Haltens nicht abstellten,
  3. sich als Lenker soweit von Ihrem Kraftfahrzeug entfernt, daß Sie es nicht mehr überwachen konnten und nicht dafür gesorgt, daß das Fahrzeug von Unbefugten nur durch Überwinden eines beträchtlichen Hindernisses in Betrieb genommen werden konnte,
  4. als Lenker des Kraftfahrzeuges auf der Fahrt den Führerschein nicht mitgeführt und einem gemäß § 35 Abs. 2 Führerscheingesetz zuständigen Organ auf Verlangen nicht zur Überprüfung ausgehändigt und
  5. als Lenker des Kraftfahrzeuges auf der Fahrt kein zur Wundversorgung geeignetes, in einem widerstandsfähigen Behälter staubdicht verpacktes und gegen Verschmutzung geschütztes Verbandszeug sowie keine geeignete Warneinrichtung mitgeführt.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

  1. § 99 Abs.3 lit.a StVO. 1960 iVm. § 24 Abs.1 lit.e StVO. 1960, BGBl.Nr. 159, idgF.
  2. § 134 Abs.1 KFG. 1967 iVm. § 102 Abs.4 KFG . 1967, BGBl.Nr. 267, idgF.
  3. § 134 Abs.1 KFG. 1967 iVm. § 102 Abs.6 KFG.1967, BGBl.Nr. 267, idgF.
  4. § 37 Abs.1 FSG. iVm. § 14 Abs.1 Ziff. 1 FSG.
  5. § 134 Abs.1 KFG. 1967 iVm. § 102 Abs.10 KFG. 1967, BGBl.Nr. 267, idgF.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von falls diese uneinbringlich ist Gemäß

Ersatzfreiheitsstrafe von

1) 700,00 Schilling 1) 18 Stunden 1) 99 Abs.3 a StVO.1960

2) 500,00 Schilling 2) 12 Stunden 2) 134 Abs.1 KFG.1967

3) 500,00 Schilling 3) 12 Stunden 3) 134 Abs.1 KFG. 1967

4) 500,00 Schilling 4) 12 Stunden 4) 37 Abs.1 FSG.

5) 600,00 Schilling 5) 14 Stunden 5) 134 Abs.1 KFG. 1967

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

280,00 Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 200 S bzw. 14,53 EU angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

3.080,00 Schilling (223,83 EU)".

2. Gegen dieses dem Vertreter des Bw am 17. Jänner 2001 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 31. Jänner 2001 - und damit rechtzeitig - bei der Behörde erster Instanz eingebrachte Berufung.

2.1. Im angeführten Straferkenntnis führt die Behörde erster Instanz in der Begründung im Wesentlichen aus, dass der gegenständliche LKW im Haltestellenbereich unversperrt mit laufendem Motor gestanden sei und der Bw bei der Kontrolle weder die Lenkberechtigung noch das Verbandszeug und das Pannendreieck vorweisen konnte. Da die Übertretungen an und für sich nicht bestritten worden wären und die folgenden Eingaben als Schutzbehauptung anzusehen gewesen seien, wäre die Behörde davon ausgegangen, dass der Bw die Übertretungen tatsächlich begangen habe. Den gestellten Beweisanträgen hätte die erforderliche Konkretisierung gefehlt, so seien diese aus verfahrensökonomischen Gründen nicht berücksichtigt worden. § 21 VStG hätte nicht zur Anwendung gelangen können, bei der Strafbemessung sei § 19 VStG berücksichtigt und auf die angeführten Vermögens-, Einkommens- und Sorgepflichten wäre Bedacht genommen worden. Es wären weder strafmildernde, noch straferschwerende Umstände hervorgekommen, daher würde die verhängte Strafe als angemessen erachtet werden.

2.2. Dagegen bringt der Bw vor, dass Punkt 1 des Straferkenntnisses unberührt bliebe und nur die Punkte 2-5 angefochten würden. Unverständlich sei die Verhängung der Geldstrafe zu Punkt 2 des Straferkenntnisses, da sehr wohl konkrete Beweisanträge gestellt worden seien, das Kraftfahrzeug überprüft worden wäre und dabei festgestellt worden sei, dass der Betrieb dieses Fahrzeuges nicht mehr Lärm als ein gleichartiges Fahrzeug verursachen würde. Darüber hinaus sei im gegenständlichen Fall die Batterie leer gewesen und die angezogene Stelle des KFG würde auf ein Anhalten im Tunnel abstellen. Aus diesem Grund sei dieser Punkt des Verwaltungsstrafverfahrens einzustellen.

Die mangelnde Überwachung des abgestellten Fahrzeuges sei ebenfalls nicht gegeben, da der Bw jederzeit Sichtkontakt zum Fahrzeug hatte, dieses nur eine Gehsteigbreite von der offenen Eingangstür entfernt gewesen wäre und da die Tür auf Grund des heißen Tages ständig geöffnet gewesen wäre, könne nicht von einer Nichtüberwachung gesprochen werden. Diesbezüglich würde die Durchführung eines Ortsaugenscheines beantragt.

Dem Vorwurf, den Führerschein auf der Fahrt nicht mitgeführt zu haben ist zu entgegnen, dass während der Fahrt der Führerschein mitgeführt worden ist. Nachdem das Fahrzeug abgestellt worden sei, wäre der Führerschein im Firmengelände abgelegt worden und vor der Fortsetzung der Fahrt wieder mitgeführt worden. Diesfalls sei auch der objektive Tatbestand nicht gegeben.

Der letzte Punkt des Straferkenntnisses würde ebenfalls nicht zutreffen, da zwar das Verbandszeug und das Pannendreieck nicht vorgefunden worden wäre, jedoch im Fahrzeug verwahrt gewesen sei. Nach längerem Suchen hätte dieses sehr wohl vorgewiesen werden können.

Auf Grund der Darstellung sei davon auszugehen, dass der objektive Tatbestand nicht vorhanden sei, kein einziger Beweisantrag durchgeführt worden wäre und § 21 VStG, insbesondere betreffend vorschriftswidrigen Abstellens, Nichtfinden des Pannendreiecks, Verbandzeugs und Verursachung des Lärms anzuwenden sei.

3. Die Bezirkshauptmannschaft U-U hat die Berufung samt dem bezugshabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat für 9. März 2001 die mündliche Verhandlung anberaumt, dazu die Verfahrensparteien und den Zeugen Bez.Insp. W geladen.

3.2. Aufgrund der mündlichen Verhandlung steht folgender relevanter Sachverhalt fest:

Der Bw hat das gegenständliche Kraftfahrzeug am Tatort abgestellt, dabei kein zur Wundversorgung geeignetes Verbandszeug und keine geeignete Warneinrichtung mitgeführt.

Während der Tatzeit wurde das Kfz weder gegen die Inbetriebnahme von Unbefugten gesichert noch der Motor abgestellt. Im Zuge der Amtshandlung wurde vom Bw der Führerschein nicht zur Überprüfung ausgehändigt.

3.3. Unbestritten steht fest, dass der Bw das Kfz entsprechend der Tatanlastung abgestellt, kein geeignetes Verbandszeug und keine geeignete Warneinrichtung mitgeführt hat. Ebensowenig wurde das Laufenlassen des Motors noch die unterlassene Aushändigung des Führerscheines bestritten.

Das Vorbringen des Bw betreffend der Beaufsichtigung des Kfz während der Tätigkeiten entbehrt der Nachvollziehbarkeit und jeder Lebenserfahrung. Es ist nicht schlüssig, dass der Bw, der durch Kundengespräche und Telefonate abgelenkt wurde, in der Lage zu sein vermochte, das unversperrte, mit laufendem Motor abgestellte Kfz zu überwachen. Würde man dem Bw folgen, dann hätte er sowohl das Abstellen des gekennzeichneten Dienstfahrzeuges der Polizei in unmittelbarer Nähe (Sichtbereich des Bw bei Blick durch die Auslage bzw. Eingangstür der Firma) als auch den Beginn der Amtshandlung bei dem von ihm verwendeten Kfz bemerken müssen. Der Zeuge, der in der mündlichen Verhandlung einen äußerst glaubwürdigen Eindruck hinterließ, hat schlüssig geschildert, dass er bereits einige Zeit beim gegenständlichen Kfz verbracht hatte und im Begriff gewesen ist, einen Verständigungszettel auszufüllen. Erst aufgrund dieser Schilderungen hat der Bw eingestanden, dass er das Kfz nicht ständig im Blick und eine Kollegin mit der Aufsicht beauftragt hatte. Den Beamten habe er erst bei seinen Schreibarbeiten wahrgenommen.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. § 102 Abs. 6 KFG:

Entfernt sich der Lenker so weit oder so lange von seinem Kraftfahrzeug, dass er es nicht mehr überwachen kann, so hat er den Fahrzeugmotor, sofern mit diesem nicht auch andere Maschinen betrieben werden, abzustellen und dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug von Unbefugten nur durch Überwindung eines beträchtlichen Hindernisses in Betrieb genommen werden kann.

§ 14 Abs.1 FSG (auszugsweise):

Jeder Lenker eines Kraftfahrzeuges hat unbeschadet der Bestimmungen des § 102 Abs.5 KFG 1967 auf Fahrten mitzuführen

1. den für das von ihm gelenkte Kraftfahrzeug vorgeschriebenen Führerschein ....

Gemäß § 99 Abs.3a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 S , im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen,

a) wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs.1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist,...

§ 134 Abs.1 KFG:

Wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Artikeln 5 bis 9 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr, Abl. Nr. L 370 vom 31. Dezember 1985, S 1 sowie der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr ABl. Nr. L 370 vom 31. Dezember 1985, S 8, geändert durch Verordnung (EWG) Nr. 3572/90, ABl. Nr. L 353 vom 17. Dezember 1990, S 12, zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 30 000 S, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Bei der Einbringung von Fahrzeugen in das Bundesgebiet sind solche Zuwiderhandlungen auch strafbar, wenn sie auf dem Wege von einer österreichischen Grenzabfertigungsstelle, die auf ausländischem Gebiet liegt, zur Staatsgrenze begangen werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits einmal bestraft, so kann an Stelle der Geldstrafe Arrest bis zu sechs Wochen verhängt werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits zweimal bestraft, so können Geld- und Arreststrafen auch nebeneinander verhängt werden. Die Verhängung einer Arreststrafe ist in diesen Fällen aber nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten. Auch der Versuch einer solchen Zuwiderhandlung ist strafbar.

Gemäß § 37 Abs.1 FSG:

Wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist, mit einer Geldstrafe von 500 S bis zu 30.000 S, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Dies gilt auch für Zuwiderhandlungen, die auf dem Wege von einer österreichischen Gesetzabfertigungsstelle, die auf ausländischem Gebiet liegt, zur Staatsgrenze begangen werden. Auch der Versuch einer solchen Zuwiderhandlung ist strafbar.

4.2.1. Zu Spruchpunkt 2 des angefochtenen Straferkenntnisses:

Im Beweisverfahren ist nicht hervorgekommen, dass der Bw als Lenker des gegenständlichen Kfz mehr Lärm verursacht hat, als bei ordnungsgemäßem Zustand und sachgemäßen Betrieb des Fahrzeuges unvermeidbar war. Vielmehr wurde festgestellt, dass es der Bw unterlassen hat, den Motor abzustellen.

Gemäß § 44a VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

1. die als erwiesen angenommene Tat;

2. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist; ........

Nach Lehre und Rechtsprechung kommt dem Spruch des Straferkenntnisses besondere Bedeutung zu. Der Beschuldigte hat ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert, welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde usw.

Der Vorschrift des § 44a Z1 VStG ist (nur) dann entsprochen, wenn

a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und

b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. (Siehe hiezu Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 969).

Der festgestellte Sachverhalt stellt eine Verwaltungsübertretung nach § 102 Abs.6 KFG dar und ist nicht mit dem von der Behörde erster Instanz angenommenen ident.

Gemäß § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs.2) vorgenommen worden ist. Die Verjährungsfrist beträgt gemäß § 31 Abs.2 leg.cit. - abgesehen von im Zusammenhang nicht in Betracht kommenden Ausnahmefällen - sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt. Nach § 32 Abs.2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigte gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung u.dgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

Bei der Umschreibung der für eine Verfolgungshandlung wesentlichen Kriterien in der zuletzt zitierten Gesetzesstelle wird auf eine bestimmte Person als Beschuldigten abgestellt, dem eine konkrete strafbare Handlung oder Unterlassung angelastet wird, sodass sich die Verfolgungshandlung auf eine bestimmte physische Person als Beschuldigten, ferner auf eine bestimmte Tatzeit, den ausreichend zu konkretisierenden Tatort und sämtliche Tatbestandselemente der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44a Z2 VStG beziehen muss (siehe dazu die Erkenntnisse verstärkter Senate vom 16. Jänner 1987, Zl. 86/18/0073, und vom selben Tag, Zl. 86/18/0077).

Die Verfolgungshandlung gegen einen Beschuldigten muss daher das ihm zur Last gelegte Handeln - im Falle des Unterlassens durch Beschreibung jener Handlung, die er hätte setzen müssen und nach Auffassung der Behörde rechtswidriger Weise nicht gesetzt hat - unter Berücksichtigung sämtlicher gemäß § 44a Z1 VStG im Spruch des Straferkenntnisses aufzunehmenden Tatbestandselemente der verletzten Verwaltungsvorschrift gemäß § 44a Z2 VStG näher konkretisieren und individualisieren (VwGH vom 7.9.1990, Zl. 85/18/0186).

Innerhalb der sechsmonatigen Frist des § 31 Abs.2 VStG wurden von der Behörde erster Instanz gegen den Bw Verfolgungshandlungen gesetzt, die jedoch nicht die erforderlichen Tatbestandselemente umfasst haben. Dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt ist nicht nur innerhalb der Frist des § 31 Abs.2 VStG sondern auch bis zur Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses keine gesetzeskonforme Verfolgungshandlung zu entnehmen.

Gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG hatte der Verwaltungssenat die Einstellung des Strafverfahrens zu verfügen, da Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.

4.2.2. Zu Spruchpunkt 4 des angefochtenen Straferkenntnisses:

Wie oben dargestellt, ist der Lenker verpflichtet, auf Fahrten den vorgeschriebenen Führerschein mitzuführen. Unstrittig fand zur angelasteten Tatzeit keine Fahrt mehr statt und der Bw hatte sich schon einige Zeit vor dem Eintreffen des Anzeigers vom Fahrzeug entfernt. Da sich der Bw bei Ansichtigwerden der Verwaltungsübertretung durch den Zeugen bereits seit mindestens 15 Minuten im Firmenlokal befunden hat, kann nicht mehr von einer Amtshandlung in unmittelbarem Zusammenhang mit einer Fahrt (argum.: auf Fahrten mitzuführen) gesprochen werden.

Der Bw hat die ihm angelastete Verwaltungsübertretung nicht begangen, daher war gemäß § 45 Abs. 1 Z2 VStG die Einstellung des Strafverfahrens vorzunehmen.

4.2.3. Zu Spruchpunkt 3 des angefochtenen Straferkenntnisses:

§ 102 Abs.6 KFG enthält zwei Gebote, nämlich - jeweils unter den angegebenen Voraussetzungen - 1. den Motor abzustellen und 2. das Fahrzeug vor Unbefugten abzusichern.

Beispielsweise würde durch das Abziehen des Zündschlüssels der Verpflichtung des Abs.6 Genüge getan, weil damit dafür gesorgt wäre, dass das Fahrzeug von Unbefugten nur durch Überwindung eines beträchtlichen Hindernisses in Betrieb genommen werden könnte. Der Bw muss der Sicherungspflicht aber erst dann nachkommen, wenn eine Überwachung des Fahrzeuges durch ihn nicht mehr gewährleistet ist.

Unbestritten ist, dass das Fahrzeug bereits betriebsbereit war und von Unbekannten nur mehr ein Lenken vorgenommen werden hätte müssen. Entscheidend ist jedoch, dass der Bw seiner Sicherungspflicht dadurch nicht nachgekommen ist, da er das Fahrzeug nicht im erforderlichen Ausmaß überwacht hat. Der allgemeine Hinweis an eine Kollegin, das Fahrzeug "im Auge zu behalten" ist genauso wenig geeignet der Sicherungspflicht nachzukommen, wie die sporadische Beobachtung durch die Fensterscheiben des Firmenlokals.

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln bzw. die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht aus (VwGH 24.5.1989, 89/02/0017, 24.2.1993, 92/03/0011, siehe auch Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 759).

Das Vorbringen des Bw war nicht geeignet, mangelndes Verschulden glaubhaft zu machen. Der Bw hat daher zumindest fahrlässig gehandelt. Rechtfertigungsgründe sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

4.2.4. Zu den Spruchpunkten 1 und 5 des angefochtenen Straferkenntnisses:

Nachdem der Bw nur Berufung gegen die Strafhöhe erhoben bzw. in der mündlichen Verhandlung die Berufung dahingehend eingeschränkt hat, war es dem unabhängigen Verwaltungssenat verwehrt, über die Schuld abzusprechen.

4.3. Zu den Spruchpunkten 1, 3 und 5 des angefochtenen Straferkenntnisses:

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 - 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

Was die Strafhöhe anbelangt, ist der unabhängige Verwaltungssenat der Ansicht, dass die verhängten Geldstrafen und die Neufestsetzung (Spruchpunkt 1) durchaus tat- und schuldangemessen sind. Die verhängten Strafen sind im untersten Strafrahmen angesiedelt. Auf einen minderen Grad des Verschuldens konnte auch deshalb nicht erkannt werden, da der Bw die Begehung von Verwaltungsübertretungen (z.B. Spruchpunkt 1) in Kauf genommen hat. Die Nichtmitführung der Wundverpackung und der geeigneten Warneinrichtung ist auf mangelnde Sorgfalt zurückzuführen.

Da das Tatverhalten des Beschuldigten keinesfalls hinter den typisierten Schuld- und Unrechtsgehalten der ihm angelasteten Verwaltungsübertretungen zurückbleibt, war auch die Rechtswohltat des § 21 VStG nicht in Erwägung zu ziehen.

5. Die Kosten waren spruchgemäß festzusetzen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Mag. Stierschneider

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