Linz, 05.04.2001
VwSen-107469/8/SR/Ri Linz, am 5. April 2001
DVR.O690392
ERKENNTNIS
Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein
Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des I J, vertreten durch Dr. M H, S V, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 28. November 2000, VerkR96-7612-2000, wegen Übertretung nach der Straßenverkehrsordnung 1960 (im Folgenden: StVO) nach er am 4. April 2001 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:
I. Die Berufung gegen die Schuld wird abgewiesen und das Straferkenntnis
diesbezüglich vollinhaltlich bestätigt. Der Berufung gegen die Strafhöhe wird
insoweit stattgegeben, als die Geldstrafe mit 5.000 S (entspricht 363.36), im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit 7 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, festgesetzt wird.
II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Unabhängigen
Verwaltungssenat keinen Kostenbeitrag zu leisten.
Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 500 Schilling
(entspricht 36,34 Euro) ), d.s. 10% der verhängten Strafe.
Rechtsgrundlagen:
Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBI.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBI.I Nr. 29/2000 - AVG iVm § 24, § 19, § 51c und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBI. Nr.52/1991 zuletzt geändert durch BGBI. I Nr. 134/2000 - VStG.
zu II.: §§ 64 und 65 VStG.
Entscheidungsgründe:
1. Mit oben bezeichnetem Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:
"Sie haben am 13.5.2000 um 20.35 Uhr den Pkw V auf der A aus Richtung W kommend in Fahrtrichtung S gelenkt und haben im Gemeindegebiet von S i.A. bei km die auf Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 56 km/h überschritten.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:
§ 20 Abs.2 StVO. 1960
Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wir über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von Schilling falls diese unein- gemäß §
bringlich ist,
Ersatzfreiheitsstrafe von
1) S 10.000,00 (726,73 ) 336 Stunden 99 Abs.3Iit.a StVO.1960
Gesamt:
S 10.000,00 (726, 73 ) Gesamt: 336
Stunden .
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:
1.000,00 Schilling (72,67 Euro ) als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 200 S angerechnet);
Der zu zahlende Geldbetrag (Strafe/Kosten/Brauslagen) beträgt daher 11.000,00 (799,40 Euro )".
2. Gegen dieses dem Vertreter des Bw am 13. Dezember 2000 zugestellte
Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 21. Dezember 2000 - und damit
rechtzeitig - bei der Behörde erster Instanz eingebrachte Berufung.
2.1. Im angeführten Straferkenntnis führt die Behörde erster Instanz im Wesentlichen
aus, dass auf Grund der vorliegenden Beweismittel die angelastete Geschwindigkeitsüberschreitung erwiesen sei. Die leichte Rechtskurve und das
leichte Fahrbahngefälle habe keine Fehlmessung verursacht und der Bw habe die ~
Geschwindigkeitsüberschreitung als solche nicht bestritten. Bei der Strafbemessung .
wäre § 19 VStG beachtet und einschlägige Verwaltungsstrafen als straferschwerend
herangezogen worden.
2.2. Dagegen bringt der Bw ua vor, dass bei der Geschwindigkeitsmessung die
Verwendungsbestimmungen - im Besonderen Punkt 2.5 - nicht eingehalten worden
wären, weiters seinem Antrag auf Beischaffung eines maßstabgetreuen Plans des
Teilstückes der Westautobahn von Strkm und der Erstellung eines Sachverständigengutachtens nicht nachgekommen worden sei. Die Tauglichkeit des
Laser-Messgerätes würde dann nicht in Zweifel gezogen, wenn die diesbezüglichen
Verwendungsbestimmungen eingehalten worden wären.
Abschließend wurde darauf hingewiesen, dass die angeblich gefahrene
Geschwindigkeit nur 3 km/h unter der technisch möglichen Höchstgeschwindigkeit
des Tatfahrzeuges liegen würde und abschließend sei auch aus dem
gegenständlichen Bescheid nicht ersichtlich, welche Erwägungen die belangte
Behörde bei der Strafzumessung geleitet haben, da die Höchststrafe von 10.000 S
verhängt worden sei.
Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung samt dem
bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.
3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat für 4. April 2001 die mündliche
Verhandlung anberaumt, dazu die Verfahrensparteien, den Amtssachverständigen
TAR Ing. S und den Zeugen Rev. lnsp. K geladen. Der Bw ist der mündlichen Verhandlung unentschuldigt ferngeblieben.
.
Der mündlichen Verhandlung lagen das Messprotokoll vom 13.5.2000, der für das
verwendete Verkehrsgeschwindigkeitsmessgerät ausgestellte Eichschein in Kopie,
ein maßstabgetreuer Plan des betreffenden Autobahnabschnittes, die Amtsblätter für
das Eichwesen (Nr. 3/1994 und Nr. 1/1993) und das Verzeichnis über die
einschlägigen Verwaltungsstrafen des Bw zugrunde.
Nach dem Beweisverfahren wurden die Anträge auf förmliche Einvernahme des Bw
und die Durchführung eines Ortsaugenscheins nicht mehr aufrechterhalten und keine
weiteren Beweisanträge gestellt.
3.2. Aufgrund der öffentlichen mündlichen Verhandlung steht folgender relevanter
Sachverhalt fest:
Der Bw. hat den in Punkt 1 dargestellten Tatbestand verwirklicht. Die
Geschwindigkeitsmessung ist entsprechend der Zulassungs- und
Verwendungsbestimmungen erfolgt. Der Anzeiger und Zeuge RI K haben vor der Messung die erforderlichen Funktionskontrollen und die Nullmessung
vorgenommen. Zum Messzeitpunkt herrschte geringes Verkehrsaufkommen und es
befand sich ausschließlich das Fahrzeug des Bw im Messfeld. Das
Autobahnteilstück, auf dem die Messung vorgenommen worden ist und das vom
Zeugen als "ganz leichte Rechtskurve" bezeichnet wurde, stellt sich auf dem
maßstabgetreuen Autobahnplan als Gerade dar. Der Amtssachverständige hat die
"leichte Rechtskurve" als "fast Gerade" bezeichnet und den Kurvenradius mit
1.200 m angegeben.
Der technisch mögliche Höchstgeschwindigkeitswert des verwendeten Fahrzeuges
wurde in der mündlichen Verhandlung nicht mehr releviert.
3.3. Der Zeuge RI K hat in der mündlichen Verhandlung einen glaubwürdigen Eindruck hinterlassen und die Amtshandlung nachvollziehbar und in
Übereinstimmung mit den vorliegenden Beweisen (Messprotokoll, Plan des
Autobahnteilstückes, Verwendungsbestimmungen) geschildert. Dem vom Bw
vorgebrachten Einwand einer für die Messung unzulässigen Kurvenkrümmung war
nicht zu folgen, da der Auszug aus den Verwendungsbestimmungen (Punkt 2.5 -
ausgeführt in Messinger1O, StVO, Manz Große Gesetzesausgabe, Seite 477) auf
einer unzutreffenden Darstellung beruht hat. Die Einsichtnahme in die einschlägigen
Amtsblätter für Eichwesen hat erbracht, dass sich Abweichungen zwischen der
Strahlungsrichtung des Lasers und der Bewegungsrichtung des gemessenen
Fahrzeuges zugunsten des kontrollierenden Fahrzeuglenkers auswirken (Amtsblatt
für das Eichwesen Nr. 1/1993, Zulassung ZI 43 427/92, Technische Bestimmungen,
Punkt 2.10).
Nach Vorlage des maßstabgetreuen Planes des relevanten Teilstückes der
Autobahn und den Darstellungen des Zeugen wurde vom Vertreter weder der
Standort noch der Messpunkt in Frage gestellt.
Zur technisch möglichen Höchstgeschwindigkeit ist lediqlich erläuternd auszuführen,
dass der in den Fahrzeugpapieren angegebene Wert nur jener ist, den jedes
Fahrzeug dieses Typs erreichen muss. Dieser Wert wird vom Hersteller deshalb
unter der tatsächlichen erreichbaren Höchstgeschwindigkeit angegeben, um
allfälligen Ansprüchen vorzubeugen.
4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:
4.1.Gemäß § 20 Abs.2 StVO darf, sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, .
der Lenker eines Fahrzeuges im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h, auf
Autobahnen nicht schneller als 130 km/h und auf den übrigen Freilandstraßen nicht
schneller als 100 km/h fahren.
§ 99 Abs. 3 lit. a StVO (auszugsweise):
Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen zu bestrafen,
a) wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder
Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund
dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht
nach den Abs.1 , 1 a, 1 b, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist.
4.2. Die vom Bw angeführte Verwendungsbestimmung (Punkt 2.5) fand
irrtümlicherweise Eingang in jene Auflistung, die im o.a. Kommentar zur StVO
dargestellt ist. Tatsächlich betreffen die darin enthaltenen Ausführungen
ausschließlich den Verkehrsgeschwindigkeitsmesser der Bauart MU VR 6F
(Zulassung ZI. 40894/89, Amtsblatt für das Eichwesen Nr. 3189). Auf eine
mangelhafte Messung wegen angeblicher Nichteinhaltung dieser Bestimmung war
daher nicht zu erkennen.
Die Geschwindigkeitsmessung ist entsprechend der Verwendungsbestimmungen
erfolgt und das Beweisverfahren hat keinen Hinweis auf eine mangelhafte Messung
erbracht. Aufgrund der einwandfreien Messung stellt der gegenständliche Laser-
Geschwindigkeitsmesser ein taugliches Mittel zur Feststellung der Geschwindigkeit
des Bw dar. Dadurch, dass bei der Messung ein von 0o abweichender Messwinkel
vorlag, ist die dem Bw vorgehaltene Geschwindigkeitsüberschreitung geringer, als
die tatsächlich vorgelegene.
Es steht fest, dass der Bw die erlaubte Höchstgeschwindigkeit um mindestens 56 kmlh überschritten hat. Der Bw hat somit das objektive Tatbild erfüllt. Rechtfertigungsgründe sind keine hervorgekommen.
4.3. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das
Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten.
Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres
anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines
Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass
ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles
darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein
geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln bzw.
die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein
gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht aus (VwGH
24.5.1989, 89/02/0017, 24.2.1993, 92/03/0011, siehe auch Hauer/Leukauf,
Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 759).
Mangels entsprechender Behauptungen ist davon auszugehen, dass der Bw
zumindest fahrlässig gehandelt hat.
4.5. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das
Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen
Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die
Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32- 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.
Geschwindigkeitsübertretungen stellen immer wieder die Ursache schwerer
Verkehrsunfälle dar, weshalb im Hinblick auch auf eine Geschwindigkeitsüberschreitung in diesem Ausmaß sowohl Gründe der
Spezialprävention als auch der Generalprävention für eine hohe Geldstrafe
sprechen.
Was die Strafhöhe anbelangt, ist der unabhängige Verwaltungssenat der Ansicht, dass die nunmehr festgesetzte Geldstrafe durchaus tat- und schuldangemessen ist.
Die von der Behörde erster Instanz verhängte Höchststrafe war aufgrund der
Begleitumstände (u.a. trockene Fahrbahn, geringes Verkehrsaufkommen, gute
Sichtverhältnisse) nicht zu vertreten und trotz einschlägiger Verwaltungsstrafen
deutlich zu vermindern.
Da das Tatverhalten des Beschuldigten keinesfalls hinter den typisierten Schuld- und
Unrechtsgehalten der ihm angelasteten Verwaltungsübertretung zurückbleibt, war die
Rechtswohltat des § 21 VStG nicht in Erwägung zu ziehen.
5. Der Kostenbeitrag war spruchgemäß festzusetzen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine
Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof
erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils
von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine
Gebühr von 2.500 S ( entspricht 181,68 Euro) zu entrichten.
Mag. Stierschneider