Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107492/2/Br/Bk

Linz, 22.02.2001

VwSen-107492/2/Br/Bk Linz, am 22. Februar 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn M gegen die Ermahnung der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land, vom 21.11.2000, Zl.: VerkR96-5459-1-2000/Her, zu Recht:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben; der angefochtene Bescheid wird bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 26/2000 - AVG iVm § 21, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1, Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 134/2000 - VStG.

II. Es entfallen Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 64 iVm § 21 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit dem o.a. Bescheid über den Berufungswerber eine Ermahnung ausgesprochen, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Fa. GmbH. und somit als der gem. § 9 VStG zur Vertretung nach außen Berufener zu verantworten gehabt hätte, dass jedenfalls vom 15.6.2000 bis 17.7.2000 im Gemeindegebiet von S bei W ohne straßenpolizeiliche Bewilligung, in einer Entfernung von 8,95 m neben der B 138 Pyhrnpaß Straße auf Höhe von Strkm 7,240 in Fahrtrichtung W gesehen rechts der Fahrbahn, die Werbung "", außerhalb des Ortsgebietes und innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand angebracht war.

1.2. Die Behörde erster Instanz erachtete die Tatbegehung in den vorliegenden Fotos und den Umstand der kurze Zeit nach dieser Anzeigeerstattung erfolgte Verhüllung dieser Werbungen als erwiesen. Wegen dieser umgehenden Entfernung dieser Werbungen habe auch mit einer bloßen Ermahnung das Auslangen gefunden werden können.

2. Dagegen wandte sich der Berufungswerber mit seiner durch seine ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht erhobenen Berufung. Darin wird Folgendes ausgeführt:

" In umseits bezeichneter Verwaltungsstrafsache erhebe ich gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 21.11.2000, meinem ausgewiesenen Vertreter zugestellt am 29.11.2000, somit innerhalb offener Frist nachstehende

BERUFUNG:

Der oben angeführte Bescheid wird zur Gänze angefochten. Im einzelnen wird Folgendes ausgeführt:

Mit dem angefochtenen Bescheid wird über mich eine Ermahnung ausgesprochen, weil ich es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der P GmbH und somit als der gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen Berufener zu verantworten hätte, daß ohne straßenpolizeiliche Bewilligung jedenfalls vom 15.06.2000 bis 17.07.2000 im Gemeindegebiet von S bei W in einer Entfernung von mindestens 8,95 Meter neben der B 138 Pyhrnpaß Straße auf Höhe von Straßenkilometer 7,240 in Fahrtrichtung Wels gesehen rechts der Fahrbahn die Werbung "P" außerhalb des Ortsgebietes und innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand angebracht war.

Als Begründung wird im Bescheid angeführt, daß die Tat grundsätzlich als erwiesen anzusehen sei, weil jedoch kurze Zeit nach Anzeigeerstattung die gegenständliche Werbung in Übereinstimmung mit der Behörde entfernt (= verhüllt) wurde, habe von einer Bestrafung durch die Behörde abgesehen werden können und mit einer Ermahnung das Auslangen gefunden werden können.

Die mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene Ermahnung bzw. der Bescheid ist rechtlich verfehlt. Unbestritten bleibt zwar, daß sich die im Spruch des Bescheides angeführte Werbetafel an der im Spruch angeführten Stelle befunden hat. Daraus folgt jedoch nicht zwangsläufig, daß ich dafür verantwortlich bin und daher abzumahnen war.

Feststeht, daß ich zum hier maßgeblichen Zeitpunkt nicht der alleinige Geschäftsführer der P GmbH war, sondem daß es mehrere Geschäftsführer gab. Im konkreten Fall war ich für die Aufstellung von Werbetafeln nicht zuständig, weil dies nicht in den mir zugeteilten Aufgabenbereich als Geschäftsführer gefallen ist. Hinzu kommt, daß für die gegenständliche Beanstandung ein verantwortlicher Beauftragter bestellt war, sodaß es überhaupt an der Verantwortlichkeit der Geschäftsführer mangelt.

Das erstinstanzliche Verfahren ist nunmehr insoferne mangelhaft geblieben, als es die Erstbehörde unterlassen hat, Beweise darüber aufzunehmen, wer von den Geschäftsführern zum maßgeblichen Zeitpunkt nach der internen Aufgabenverteilung zuständig war bzw. ob und allenfalls wer als verantwortlicher Beauftragter bestellt war. Hätte die Behörde diesbezüglich ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt, wäre festgestellt worden, daß ich keinesfalls für die bewilligungslose Aufstellung der verfahrensgegenständlichen Tafel zuständig war. Durch die Unterlassung der Aufnahme der diesbezüglichen Beweise leidet das Verwaltungsverfahren an einem wesentlichen Verfahrensmangel.

Aus all den angeführten Gründen stelle ich durch meine ausgewiesenen Vertreter den

A N T R A G,

es möge der gegenständlichen Berufung Folge gegeben werden und der angefochtene Bescheid wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens aufgehoben werden und der erstinstanzlichen Behörde die neuerliche Bescheiderlassung nach allfälliger Verfahrensergänzung aufgetragen werden.

Linz, am 6. Dezember 2000 M"

3. Die Erstbehörde hat nach Durchführungen ergänzender Beweise nach der Berufungseinbringung ohne in der Folge eine Berufungsvorentscheidung zu erlassen, den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da weder eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe noch eine Freiheitsstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte im Lichte einer im Ergebnis bloß zu klärenden Rechtsfrage unterbleiben (§ 51e Abs.3 Z1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Erstbehörde. Daraus ergibt sich der für die Berufungsentscheidung wesentliche Sachverhalt.

4.1. Der Berufungswerber ist laut Firmenbucheintrag vom 13.10.1999 (Stichtag 14.8.2000) handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma P GmbH. Er vertritt seit 14.8.1999 die Firma selbständig. Als weitere Geschäftsführer sind noch G und M P nominiert, die gemeinsam mit einem weiteren Geschäftsführer oder einen Prokuristen vertretungsbefugt sind.

Auf Grund des Berufungsvorbringens wurde offenbar in Vorbereitung einer Berufungsvorentscheidung der ebenfalls als Geschäftsführer der o.a. Gesellschaft bestellte M im Rechtshilfeweg zeugenschaftlich einvernommen. In seiner Aussage vom 22. Jänner 2001 bestätigt dieser Zeuge, dass er nach der firmeninternen Aufgabenverteilung für den Bereich Marketing zuständig war. Er habe damals keine Bestellungsurkunde iSd § 9 VStG unterzeichnet. Hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Werbefläche sei ein Herr W an die Firma P hinsichtlich der Vermietung der Werbefläche herangetreten. Der Mietvertrag hinsichtlich gegenständlicher Werbefläche sei folglich abgeschlossen und die Miete über die Buchhaltung angewiesen worden. Damit habe er aber nichts zu tun gehabt. Seit Oktober 2000 sei er nicht mehr aktiv im Unternehmen tätig und dzt. beurlaubt bzw. dienstfrei gestellt. Ende März 2001 trete er aus dem Unternehmen aus.

Der Oö. Verwaltungssenat geht angesichts dieser Fakten davon aus, dass dem Berufungswerber als handelsrechtlichen Geschäftsführer selbst das Faktum der Werbung bekannt geworden sein musste und dass er dieses geschehen hat lassen. Dies ist daraus zu schließen, dass Zahlungen in Form von Mieten geflossen sind, was einem ordentlichen Geschäftsführer wohl nicht entgangen sein konnte. Diese Feststellung ist mit Blick auf § 9 Abs.6 VStG zu treffen.

Der Berufungswerber erblickt in diesen Ausführungen per Schriftsatz vom 29. Jänner 2001, dass der Zeuge für den Bereich Marketing verantwortlich gewesen sei und daher für die mit dieser Werbung verbundenen Rechtsfolgen verantwortlich gewesen wäre. Es treffe ihn daher keine Verantwortlichkeit. Damit sei auch die wider ihn ausgesprochene Ermahnung rechtswidrig.

Mit diesem ergänzenden Vorbringen tut der Berufungswerber eine Bestellung im Sinne des § 9 Abs.2 VStG und seine fehlende Verantwortlichkeit für das zur Last gelegte Verhalten aber gerade nicht dar.

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Nach § 84 Abs.2 StVO 1960 sind außerhalb von Ortsgebieten Werbungen und Ankündigungen an Straßen innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand verboten (dies gilt jedoch nicht für die Nutzung zu Werbezwecken gemäß § 82 Abs.3 lit. f. [für die Nutzung der Rückseite von Verkehrszeichen.....]).

Es war hier von einer Werbung außerhalb des vom Verkehrszeichen nach § 53 Abs.1 Z17 a StVO umfassten Bereiches auszugehen.

Nach § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Aus der Verwaltungsvorschrift (StVO 1969) lässt sich keine Subsidiarität gegenüber der sich aus dem VStG normierten Verantwortlichkeit ableiten.

Mit der lediglichen Behauptung der Marketingverantwortlichkeit durch den weiteren Geschäftsführer M vermag hier der Berufungswerber, mangels einer Bestellung eines verantwortlichen Beauftragen iSd Abs.2 leg.cit., weder seine sich aus § 9 VStG ableitende Verantwortung des zur Vertretung nach außen berufenen Organs noch ein Verschulden von sich zu weisen. Eine Ingerenz zu geschäftsspezifischen Handlungen, wie etwa ein Abschluss eines Mietvertrages muss von einem Geschäftsführer in geradezu typischer Weise erwartet werden. Daher kann sich der Berufungswerber hier auch auf kein fehlendes Verschulden berufen, wenngleich dieses von der Behörde erster Instanz als geringfügig erachtet und ob der geringen Folgen in zutreffender Weise bloß mit einer Ermahnung geahndet wurde. Mangels eines bestellten verantwortlichen Beauftragten ist grundsätzlich jedes zur satzungsmäßig zur Vertretung nach außen berufenes Organ für die Handlungen der Gesellschaft verantwortlich, auch wenn noch andere Geschäftsführer bestellt waren (vgl. unter vielen VwGH 14.12.1994, 94/03/0138, VwGH 11.11.1992, 90/02/0188). Die Bestimmung des § 9 VStG würde ihren Sinn verlieren, wenn schon die bloße Aufgabenteilung innerhalb der Gesellschaft das verantwortliche Organ von seiner Pflicht befreite (vgl. Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, 2. Auflage, S 203, E116 mit Judikaturhinweisen).

Für die Strafbarkeit des Berufungswerbers ist es unbeachtlich, dass für dieses Verhalten zusätzlich auch der intern für den Bereich Marketing verantwortlich gewesene Geschäftsführer Mag. G bestraft werden hätte können (vgl. u.a. VwGH 24. 5. 1993, 92/10/0471).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungs-gerichtshof erhoben werden. Sie muss von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. B l e i e r