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des Landes Oberösterreich
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VwSen-240213/2/WEI/Shn

Linz, 14.08.1997

VwSen-240213/2/WEI/Shn Linz, am 14. August 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des Mag. Georg P, vertreten durch Dr. Gerald Zauner, Dr. Edgar Mühlböck, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Graben 21, gegen den Ermahnungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 5. September 1996, Zl. SanRB 96-221-1996-Fu, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Lebensmittelgesetz 1975 (BGBl Nr. 86/1975 zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 21/1997) zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und die im angefochtenen Bescheid ausgesprochene Ermahnung mit der Maßgabe bestätigt, daß der Berufungswerber auf die Rechtswidrigkeit des angelasteten Verhaltens ausdrücklich hingewiesen wird.

Rechtsgrundlagen: § 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem bezeichneten Ermahnungsbescheid der belangten Behörde vom 5. September 1996 wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und ermahnt:

"Sie haben es als gem. § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ - handelsrechtlicher Geschäftsführer - der Fa. P, zu verantworten, daß am 9.1.1996 um 14.20 Uhr in der Zweigniederlassung der vorgenannten Firma in P in einem Verkaufsregal 12 Flaschen à 0,5 ltr. Steirisches Bauern-Kernöl der Firma Biosonn Naturprodukte Ges.m.b.H. & Co KG feilgeboten und damit in Verkehr gebracht wurden, ohne diese verpackten Produkte der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 entsprechend gekennzeichnet zu haben, da bei diesen Produkten anstelle des Zeitpunktes, bis zu dem die Ware ihre spezifischen Eigenschaften behält (Mindesthaltbarkeitsdatum) mit den Worten: "mindestens haltbar bis ...", das Verbrauchsdatum mit den Worten "verbrauchen bis ..." angegeben war, obwohl es sich um keine in mikrobiologischer Hinsicht sehr leicht verderbliche Waren handelte." Dadurch erachtete die belangte Behörde "§§ 1-3, § 4 Ziffer 5 und § 5 Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993, BGBl.Nr. 72, iVm § 74 Abs. 5 Z. 2 Lebensmittelgesetz 1975, BGBl.Nr. 86" als verletzte Rechtsvorschriften, sah gemäß § 21 Abs 1 VStG von der Verhängung einer Strafe ab und erteilte eine Ermahnung. 1.2. Gegen diesen Ermahnungsbescheid, der dem Bw zu Handen seiner Rechtsvertreter am 9. September 1996 zugestellt wurde, richtet sich die am 20. September 1996 bei der belangten Behörde rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 13. September 1996, mit der die Einstellung des Strafverfahrens und in eventu ein Absehen von einer Ermahnung angestrebt wird. 2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende wesentliche S a c h v e r h a l t :

2.1. Mit Anzeige des Lebensmittelaufsichtsorganes vom 15. Mai 1996 wurde der belangten Strafbehörde über eine lebensmittelpolizeiliche Revision im Geschäft der P, berichtet. Im Verkaufsregal stellte das Aufsichtsorgan 12 Flaschen à 0,5 l Steirisches Bauern Kernöl der Firma Biosonn Naturprodukte GmbH & Co KG, wobei anstelle des Mindesthaltbarkeitsdatums die empfohlene Verbrauchsfrist angegeben war. Eine Teilkopie der bezughabenden Rechnung zum Lieferschein Nr. 603735 vom 13. November 1995, wo insgesamt 24 Flaschen Kürbiskernöl 0,5 l verrechnet wurden, lag der Anzeige wegen des Verdachtes der Übertretung des § 4 Z 5 LMKV 1993 bei. Die belangte Behörde erließ gegen den Bw die Strafverfügung vom 25. Juni 1996 und verhängte eine Geldstrafe in Höhe von S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden). Dagegen brachte der Bw durch seine Rechtvertreter rechtzeitig den Einspruch vom 3. Juli 1996 ein.

Im strafbehördlichen Verfahren gestand der Bw in seiner rechtfertigenden Stellungnahme vom 9. August 1996 als richtig zu, daß aufgrund eines Fehlers im Hause der Fa. BIOSONN Naturprodukte GmbH & Co KG gemäß der Faktura Nr. 603484 vom 21. November 1995 falsch etikettiertes Kürbiskernöl an die Zweigstelle Plus der Pfeiffer Großhandel GmbH ausgeliefert wurde, wobei diese falsche Etikettierung im Hause P nicht sofort bemerkt wurde. Ungeachtet dessen, daß das Produkt nicht der Lebensmittelkennzeich- nungsverordnung entsprach, wäre es doch völlig einwandfrei gewesen. Das Kürbiskernöl wäre sofort nach Beanstandung vom Lieferanten zurückgenommen und ein Neudruck der Etiketten mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum anstelle der empfohlenen Verbrauchsfrist veranlaßt worden. Ungeachtet des Umstandes, daß das Verschulden im Hause Pfeiffer Großhandel minimal sei, treffe den Bw keinerlei Verantwortlichkeit. Herr Roland M wäre nämlich verantwortlicher Beauftragter im Sinn des § 9 Abs 4 VStG gewesen.

Vorgelegt wurde die Kopie einer Urkunde betreffend "Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs. 4 VStG" nach der Herr Roland M von der Geschäftsführung der P. als verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 Absatz 4 VStG 1991 für die Lebensmittelabteilung (Zweigniederlassung PLUS) zur Einhaltung der verwaltungsstrafrechtlichen Bestimmungen "mit unten angeführtem Tag" bestellt wird. Dieser Tag wurde unten tatsächlich nicht angeführt. Außerdem enthält die Bestellungsurkunde nur die Unterschrift des Roland M, nicht aber jene der Geschäftsführung.

Die belangte Behörde hat diese Bestellungsurkunde für nicht im Sinne des § 9 Abs 4 VStG ausreichend und damit für unwirksam erachtet. Deshalb wurde gemäß § 9 Abs 1 VStG der Bw als handelsrechtlicher Geschäftsführer bzw als eine nach außen zur Vertretung berufene Person der Pl Gesellschaft m.b.H. für verantwortlich gehalten.

Gemäß § 21 Abs 1 VStG hat die belangte Strafbehörde von der Verhängung einer Strafe abgesehen. Sie erachtete das Verschulden des Bw als geringfügig und die Folgen der Tat als unbedeutend, weil die Kunden zumindest über die Dauer der Haltbarkeit der Ware richtig informiert worden wären.

2.2. In der Berufung wird die Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten bereits im Zeitpunkt der Verwaltungsübertretung behauptet und der belangten Behörde insofern eine Verletzung der amtswegigen Ermittlungspflicht vorgeworfen. Der Bw meint allerdings, daß die vorgelegte Bestellungsurkunde nicht den Bestimmungen des § 9 Abs 2 VStG entspräche, weshalb auch die Einvernahme des Zeugen M angeboten worden wäre, der im September 1995 mit seinem ausdrücklichen Einverständnis von den Geschäftsführern Alois G und Rudolf P in seiner Funktion bestellt worden wäre und damals auch unterfertigt hätte. Es sei damals lediglich übersehen worden, die Urkunde zu datieren, weshalb nur die Möglichkeit bliebe den verantwortlichen Beauftragten selbst als Zeugen zu führen.

Zu diesem Thema legt die Berufung die Kopie einer eidesstättigen Erklärung der kollektivvertretungsbefugten Geschäftsführer Alois G und Rudolf P vom 18. September 1996 vor, in der diese erklären, daß sie Roland M im September 1995 für den Bereich der Lebensmittelabteilung der Zweigniederlassung P zum verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs 4 VStG 1991 bestellt hätten und M dieser Bestellung auch zugestimmt bzw diese angenommen hätte. Aus einer beiliegenden weiteren eidesstättigen Erklärung des Roland M vom 13. September 1996 geht inhaltlich eine gleiche Aussage hervor.

Selbst wenn kein verantwortlicher Beauftragter für die Zweigniederlassung P bestellt worden wäre, haftete der Bw nicht als handelsrechtlicher Geschäftsführer. Nach der Geschäftsführungsordnung wären die Verantwortungsbereiche nämlich genau festgelegt und voneinander abgegrenzt. Für die Zweigniederlassung P wäre der Geschäftsführer Alois G zuständig gewesen. Die Produkte wären auch direkt von der Zweigniederlassung P bestellt und vom Lieferanten dorthin geliefert worden. Zum Beweis dafür wurden Kopien von Lieferscheinen und einer Rechnung vorgelegt. Zu diesem Thema wird die Aussage des Zeugen G sowie die "vorzulegende" Geschäftsführungsordnung angeboten.

Abgesehen von der Schuldfrage bekämpft der Bw sinngemäß den Ausspruch der Ermahnung durch die belangte Behörde, der nicht notwendig gewesen wäre. Die falsch gekennnzeichneten Produkte wären unmittelbar nach Beanstandung aus den Verkaufsregalen entfernt und daher nicht in dieser Form in Verkehr gebracht worden. Aus diesem Grund hätte die Behörde davon ausgehen müssen, daß die gesamte Geschäftsführung der Fa. P GmbH dauernd entsprechende Bemühungen unternehme, daß die lebensmittelrechtlichen und sonstigen verwaltungsrechtlichen Vorschriften eingehalten werden. Einer Abmahnung, um den Bw von weiteren Handlungen gleicher oder ähnlicher Art abzuhalten, hätte es daher nicht bedurft.

2.3. Die belangte Behörde hat ihren Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt. Eine Gegenschrift wurde nicht erstattet. 3. Der erkennende Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten und unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens festgestellt, daß der entscheidungswesentliche Sachverhalt hinreichend geklärt erscheint und im wesentlichen strittige Rechtsfragen zu beurteilen sind.

4. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 74 Abs 5 LMG 1975 begeht im Falle der Ziffer 2 eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem letzten Halbsatz mit Geldstrafe bis zu S 25.000,-- zu bestrafen, wer den Bestimmungen einer auf Grund der §§ 15 Abs 7 oder 8 lit a oder b, 19 oder 31 Abs 1 erlassenen Verordnung zuwiderhandelt.

Die LMKV 1993 (BGBl Nr. 72/1993 idF BGBl Nr. 557/1993 idF BGBl Nr, 555/1995) ist gemäß ihrem § 1 Abs 1 grundsätzlich auf alle im Sinne des § 1 Abs 2 verpackten Waren, die für den Letztverbraucher bestimmt sind, anzuwenden. Die §§ 4 ff LMKV 1993 regeln die erforderliche Art der Kennzeichnung von solchen verpackten Waren näher. Nach § 4 LMKV 1993 sind bestimmte Kennzeichnungselemente vorgeschrieben, sofern die §§ 5 bis 7 dieser Verordnung nichts anderes bestimmen.

§ 4 Z 5 LMKV 1993 schreibt die Angabe des Mindesthaltbarkeitsdatums mit den Worten: "mindestens haltbar bis .... " oder " mindestens haltbar bis Ende ... " vor, wobei nach lit a) bis c) je nach Dauer der Haltbarkeit abgestufte Angaben mit Tag und Monat, Monat und Jahr oder nur Jahr vorgesehen sind. Beim Mindesthaltbarkeitsdatum handelt es sich nach der einleitenden Begriffsbestimmung um jenen Zeitpunkt, bis zu dem die Ware ihre spezifischen Eigenschaften behält. § 5 LMKV 1993 schreibt bei in mikrobiologischer Hinsicht sehr leicht verderblichen Waren, die folglich nach kurzer Zeit eine unmittelbare Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellen könnten, anstelle des Mindesthaltbarkeitsdatums nach § 4 Z 5 LMKV 1993 die Angabe des Verbrauchsdatums mit den Worten : "verbrauchen bis ..." vor.

Das im Tatvorwurf näher angelastete Feilbieten von 12 Flaschen à 0,5 l Steirisches Bauern-Kernöl im Verkaufsregal mit Angabe des Verbrauchsdatums anstelle des Mindesthaltbarkeitsdatums ist unbestritten. Diese Etikettierung war offensichtlich unrichtig, weil Kürbiskernöl keine leicht verderbliche Ware ist. Auch dieser Umstand wurde nicht bestritten. Damit steht die Übertretung der Kennzeichnungsvorschrift nach dem § 4 Z 5 LMKV 1993 in der Zweigstelle P der Firma Pl GmbH fest.

Die vorgeschriebene differenzierte Angabe zur Haltbarkeit von Waren dient der besseren Information der Konsumenten. Ist das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen, ist die Ware deshalb noch nicht gesundheitsschädlich oder verdorben. Auch wenn die spezifischen Eigenschaften nicht mehr zur Gänze vorliegen, kann das Lebensmittel noch ohne Gefahr für die Gesundheit konsumiert werden. Deshalb kann die Ware sogar weiter feilgeboten werden, wenn gemäß § 10 Abs 2 LMKV 1993 der Ablauf der Mindesthaltbarkeitsfrist deutlich und allgemein verständlich kenntlich gemacht wird. Hingegen muß der Konsument nach Ablauf einer Verbrauchsfrist annehmen, daß er das Lebensmittel nicht mehr ohne Gefahr für seine Gesundheit konsumieren kann. Durch die verfehlte Kennzeichnung des Kürbiskernöls mit einem Verbrauchsdatum kann daher ein Irrtum des durchschnittlichen Verbrauchers über den auch nach Fristablauf noch gesundheitlich gefahrlosen Verbrauch des erworbenen Produkts hervorgerufen werden.

4.2. Zum Einwand des Bw, daß ein verantwortlicher Beauftragter für die Zweigniederlassung P der Pl GmbH schon im Tatzeitpunkt bestellt gewesen sei, kann grundsätzlich auf die zutreffenden Ausführungen der belangten Behörde verwiesen werden. Entgegen der Berufung konnte die Strafbehörde ihre Pflicht zur amtswegigen Ermittlung gar nicht verletzen, weil der Bw als handelsrechtlicher Geschäftsführer und verantwortliches Organ iSd § 9 Abs 1 VStG für die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten beweispflichtig war. Außerdem blieb die Anfrage der belangten Behörde vom 30. Mai 1996 zunächst unbeantwortet und wurde erst im ordentlichen Ermittlungsverfahren nach Akteneinsicht durch die Rechtsvertreter des Bw ein entsprechendes Vorbringen erstattet und eine Bestellungsurkunde vorgelegt, die allerdings für eine wirksame Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten iSd § 9 Abs 2 und 4 VStG unzureichend war. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 9 VStG muß spätestens während des Verwaltungsstrafverfahrens ein aus der Zeit vor der Begehung der Verwaltungsübertretung stammender Zustimmungsnachweis eines verantwortlichen Beauftragten einlangen. Auf ein erst nach diesem Zeitpunkt zustandegekommenes Beweisergebnis trifft das nicht zu, weshalb die Berufung auf eine erst im Verwaltungsstrafverfahren abzulegende Zeugenaussage des verantwortlichen Beauftragten oder anderer Personen nicht genügt (vgl näher mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. A., 1996, 810 Anm 7 und 821, E 3b ff zu § 9 Abs 2 bis 7 VStG). Sämtliche entgegenstehenden Ausführungen der Berufung verkennen die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und bedürfen keiner weiteren Widerlegung. Das geforderte Beweismittel aus der Zeit vor Begehung der strafbaren Handlung wurde unbestrittenermaßen nicht vorgelegt.

4.3. Auch mit dem Argument, daß der Bw als handelsrechtlicher Geschäftsführer nicht verantwortlich sein könnte, weil er nach einer intern vereinbarten Geschäftsführungsordnung für die Zweigniederlassung P der Fa. P GmbH nicht zuständig wäre und diese Zweigniederlassung nicht in seinen sondern den handelsrechtlichen Verantwortungsbereich des Geschäftsführers Alois G fiele, ist die Berufung nicht im Recht. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes trifft bei mehreren physischen Personen eines Vertretungsorganes einer juristischen Person grundsätzlich jeden die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit gemäß § 9 Abs 1 VStG, soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt wurden, von denen ein Zustimmungsnachweis iSd § 9 Abs 4 VStG aus der Zeit vor Begehung der Tat der Strafbehörde vorliegen muß (vgl VwGH 14.12.1994, 94/03/0138; VwGH 26.1.1996, 95/02/0243, 0244). Die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit besteht auch dann, wenn der Geschäftsführer nicht allein zeichnungsberechtigt ist oder wenn nur ein Mitglied eines zur Vertretung nach außen berufenen Kollektivorgans verfolgt wird (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. A., 1996, E 12 und E 28a bis E 28c zu § 9 Abs 1 VStG). Die interne Aufgabenverteilung von Vorstandsmitgliedern ist für die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit jedes einzelnen Vorstandsmitgliedes irrelevant (vgl vgl Hauer/Leukauf, Handbuch, E 29 zu § 9 Abs 1 VStG.

Lediglich im Rahmen der Verschuldensfrage kann ein strafrechtlich Verantwortlicher iSd § 9 Abs 1 VStG fehlendes Verschulden darlegen, wobei er im Hinblick auf das Vorliegen eines Ungehorsamsdelikts iSd § 5 Abs 1 VStG glaubhaft machen muß, daß er alles in seiner Macht getan habe, um die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch die juristische Person zu gewährleisten und daß deren Einhaltung lediglich am Verhalten der anderen Vertretungsbefugten scheiterte. Im übrigen ist vom verantwortlichen Außenvertretungsbefugten (oder vom verantwortlichen Beauftragten) nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes glaubhaft zu machen, daß er es bei der Auswahl der beauftragten Personen und deren Überwachung nicht an der pflichtgemäßen Sorgfalt hat fehlen lassen (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch, 806 Anm 3 und E 50 ff zu § 9 Abs 1 VStG). Dabei hat der Verpflichtete initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht.

Mit dem bloßen Hinweis, daß der Bw nach der internen Aufgabenverteilung der Geschäftsführung für die Zweigniederlassung P nicht zuständig sei, kann sich der Bw weder seiner Verantwortung entziehen, noch hat er damit schon dargelegt, daß ihn kein Verschulden treffen könne. Daß bei der Fa. P GmbH ein ausreichendes Maßnahmen- und Kontrollsystem überhaupt eingerichtet war, das die Einhaltung der Kennzeichnungsvorschriften unter den vorhersehbaren Verhältnissen erwarten ließ, oder daß ein solches nur wegen des Verhaltens der anderen Geschäftsführer nicht vorgesehen werden konnte, hat der Bw nicht einmal ansatzweise behauptet, geschweige denn näher dargelegt. Schon aus diesem Grund kann keine Rede davon sein, daß durch das Berufungsvorbringen mangelndes Verschulden des Bw glaubhaft gemacht worden wäre.

4.4. Die Berufungsbehauptung betreffend die unrichtige Anwendung des § 21 VStG trifft ebenfalls nicht zu. Gesetzliche Voraussetzungen für das Absehen von Strafe sind geringes Verschulden und unbedeutende Folgen. Beides hat die belangte Behörde bejaht. Daß die Übertretung überhaupt keine Folgen im Sinne des § 21 Abs 1 VStG gehabt hätte, kann entgegen der Berufung nicht behauptet werden, zumal nach der Aktenlage auch dann, wenn die behauptete sofortige Entfernung der Ware aus dem Verkaufsregal zutrifft, durchaus nicht ausgeschlossen werden kann, daß nicht bereits vor der Beanstandung durch das Lebensmittelaufsichtsorgan falsch gekennzeichnete Flaschen Kürbiskernöl verkauft wurden. Der Begriff der Folgen der Übertretung im § 21 Abs 1 VStG ist wie jener der Folgen der Tat im insoweit vergleichbaren § 42 StGB weit zu verstehen. Er bezieht sich auf alle Auswirkungen der Tat in der sozialen Wirklichkeit (vgl Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A, 1992, Rz 23 zu § 42). Selbst wenn man davon ausgehen könnte, daß die Übertretung überhaupt keine Folgen hatte, ist - zumal die belangte Behörde ohnehin § 21 Abs 1 VStG angewendet hat - nicht ersichtlich, was damit für den Bw sonst noch zu gewinnen wäre. Der Tatvorwurf, daß der Bw als handelsrechtlicher Geschäftsführer das gegenständliche Inverkehrbringen der falsch gekennzeichneten Waren in der Zweigstelle P mangels ausreichender Vorkehrungen zur Vermeidung solcher Verwaltungsübertretungen zu verantworten hat, bleibt jedenfalls bestehen.

Richtig ist, daß eine Ermahnung unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit des angelasteten Verhaltens nur dann gemäß § 21 Abs 1 Satz 2 VStG auszusprechen ist, wenn dies aus spezialpräventiven Gründen erforderlich ist. Obwohl die belangte Behörde die Notwendigkeit der ausgesprochenen Ermahnung nicht ausdrücklich begründet hat, kann der unabhängige Verwaltungssenat bei verständiger Gesamtwürdigung der Aktenlage nicht finden, daß es einer Abmahnung nicht bedurft hätte, um den Bw von weiteren einschlägigen Übertretungen abzuhalten. Sowohl im strafbehördlichen Verfahren als auch im Berufungsverfahren fühlt sich der Bw für die gegenständliche Falschkennzeichnung nicht verantwortlich und möchte seine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung ohne hinreichende Begründung auf andere Personen, seien es angebliche verantwortliche Beauftragte oder Mitgeschäftsführer, abwälzen. Da die richtige Kennzeichnung von Waren eine den gesamten Lebensmittelhandel der Fa. P GmbH betreffende Sachfrage darstellt, wäre von einem verantwortungsbewußten Geschäftsführer zu erwarten, daß er für ein allgemeingültiges organisatorisches Konzept zur Hintanhaltung von Übertretungen der LMKV 1993 in allen Zweigniederlassungen der Fa Pl GmbH eintritt. Diese Einsicht hat der Bw mit seinen Ausführungen zweifellos vermissen lassen. Schon deshalb ist der mit der Abmahnung verbundene Appell an den Bw, sich künftig rechtstreu zu verhalten, aus spezialpräventiver Sicht sinnvoll und notwendig.

Daß die falsch gekennzeichneten Produkte in dieser Form nach der Beanstandung nicht mehr in Verkehr gebracht wurden, bedeutet lediglich, daß man in der Zweigstelle P nicht trotz der Rüge des Aufsichtsorganes bewußt im rechtswidrigen Verhalten verharrte. Ein solches vorsätzliches Ignorieren der lebensmittelpolizeilichen Beanstandung wäre ein Erschwerungsgrund gewesen. Dauernde Bemühungen der Geschäftsführung, die lebensmittelrechtlichen und sonstigen verwaltungsstrafrechtlichen Vorschriften im gesamten Betrieb der Fa. Pfeiffer Großhandel GmbH einzuhalten, wie die Berufung vermeint, sind daraus in keiner Weise abzuleiten. Die Berufung ist daher zur Gänze unbegründet.

5. Im Ergebnis war die Berufung als unbegründet abzuweisen und die Ermahnung unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit des angelasteten Verhaltens zu bestätigen. Ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens war im Hinblick auf § 64 Abs 1 und 2 VStG, der insofern ein Straferkenntnis mit Strafausspruch voraussetzt, nicht auszusprechen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilagen Dr. W e i ß

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