Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107687/33/BI/KM

Linz, 05.02.2002

VwSen-107687/33/BI/KM Linz, am 5. Februar 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn P S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. K S, vom 30. Mai 2001 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 21. Mai 2001, VerkR96-6547-2000-K, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, auf Grund des Ergebnisses der am 22. Jänner 2002 und am 1. Februar 2002 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt, wobei die Geldstrafe mit 218 Euro (entspricht 3.000 S) festgesetzt wird.

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 43,60 Euro (entspricht 600 S), ds 20 % der verhängten Geldstrafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i und 19 VStG idF BGBl.I Nr.137/2001, §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 idF BGBl.I.Nr.32/2002

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 3.000 S (3 Tage EFS) verhängt, weil er am 11. Juni 2000 um 18.00 Uhr den PKW, Kz. , im Gemeindegebiet von P auf der A 1 bei km 178.000 mit einer Geschwindigkeit von 181 km/h in Richtung Wien gelenkt habe, wobei er die auf einer Autobahn zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 51 km/h überschritten habe.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 300 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 726 Euro (entspricht 9.989,98 S) übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 22. Jänner 2002 und am 1. Februar 2002 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw, seines rechtsfreundlichen Vertreters RA Dr. S, der Zeugen RI C Z und BI E L sowie des technischen Amtssachverständigen Ing. R durchgeführt. Ein Vertreter der Erstinstanz ist nicht erschienen. Auf die sofortige Verkündung der Berufungsentscheidung hat der Beschuldigtenvertreter ausdrücklich verzichtet.

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, ein absolutes Beweismittel, nämlich die Videoaufzeichnung, sei nicht berücksichtigt worden, obwohl es unerlässlich sei, diese vorzulegen bzw zu rekonstruieren. Diesem Beweisantrag sei nicht entsprochen worden, was als Verfahrensmangel gerügt werde. Es erscheine technisch ausschließbar, dass die Ungenauigkeiten beim Nachfahren eine Fixierung auf einen Kilometer (gemeint wohl:1 km/h) auf 181 km/h zuließen. Nur eine gesicherte Unter-grenze könne als Tatbestandsmerkmal im Strafverfahren herangezogen werden. Dazu möge ein verkehrstechnischer Sachverständiger herangezogen werden. Die Qualifikation und Wahrheitspflicht der Gendarmeriebeamten habe er nie in Frage gestellt, auf eine gesicherte Wahrheitsfindung könne aber zur Kontrolle subjektiver Angaben nicht verzichtet werden. Beantragt wird Verfahrenseinstellung nach Aufnahme der beantragten Beweise, in eventu Rückverweisung an die Erstinstanz.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Bw und sein rechtsfreundlicher Vertreter gehört, die Ausführungen der Erstinstanz im angefochtenen Straferkenntnis berücksichtigt, die genannten Gendarmeriebeamten zeugenschaftlich einvernommen und auf dieser Grundlage ein technisches Sachverständigengutachten eingeholt wurde.

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Meldungsleger RI Z (Ml) und BI L, beide Beamte der Autobahngendarmerie, befuhren am Vorfallstag gegen 18.00 Uhr die A1 Westautobahn im Gemeindegebiet P auf der Richtungsfahrbahn Wien in einem nach außen hin nicht als solchen erkennbaren Gendarmeriefahrzeug mit Deckkennzeichen, wobei BI L den Pkw lenkte. Im Fahrzeug , Mercedes Benz 300E, Bereifung 195/65 R15, war ein vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen laut Eichschein zuletzt am 8. März 2000, also drei Monate vorher, geeichter Geschwindigkeitsmesser der Bauart ProViDa, IdentifikationsNr. , eingebaut. Der Eichschein wurde vorgelegt.

Laut Zeugenaussage von BI L war das Gendarmeriefahrzeug auf dem rechten Fahrstreifen unterwegs, als es vom Pkw , einem Porsche 996, mit augenscheinlich höherer Geschwindigkeit überholt wurde. BI L fuhr dem Pkw nach und erreichte schließlich dessen Geschwindigkeit in einem seiner Einschätzung nach annähernd gleichbleibenden Abstand von ca 100 m, das entspricht etwa einem Zwei-Sekunden-Abstand, bei ständigem Sichtkontakt. Der Ml nahm nach den Schilderungen von BI L auf dessen Mitteilung, er halte nun einen annähernd gleichbleibenden Abstand ein, die Beobachtung des Fahrzeuges auf dem auf der Beifahrerseite befindlichen Videobild vor und stellte fest, dass das Gendarmeriefahrzeug und auch der Pkw des Bw eine Spitzengeschwindigkeit von 202 km/h erreichten, obwohl im dortigen Abschnitt der A1, nämlich vor Beginn des P Berges, noch die auf Autobahnen allgemein geltende Beschränkung auf 130 km/h galt. Beim Passieren der damals noch auf dem P Berg beginnenden Beschränkung auf 100 km/h befand sich der Bw laut BI L auf dem linken Fahrstreifen und verlangsamte seine Fahrt etwas, wobei seiner Erinnerung nach noch eine zweite Messung erfolgte, bei der der Bw ebenfalls zu schnell war.

Die Anhaltung des Bw erfolgte laut BI L nach dem Überholen des Pkw mit Blaulicht und entsprechender Aufforderung zum Anhalten auf einer neben dem Pannenstreifen gelegenen Fläche zwischen der Autobahnabfahrt zur A25 und der Autobahnauffahrt von der A 25, wobei der Bw die ihm vom Ml, der die Amtshandlung führte, zur Last gelegte Geschwindigkeitsüberschreitung nicht abstritt, sondern sich damit verantwortete, er habe es eilig und die Beamten nicht gesehen. Er habe an Ort und Stelle bezahlen wollen, was aber vom Ml mit dem Hinweis, dass bei einer solchen Überschreitung nur eine Anzeige zulässig sei, abgelehnt wurde. BI L, der die Amtshandlung aus der Nähe mitverfolgt hatte, gab an, es sei dem Bw die Geschwindigkeit vorgehalten worden, die das ProViDa-Gerät angezeigt hatte, und es seien auch die Abzüge, die von solchen Werten vorzunehmen seien, durch Dienstan-weisung genau geregelt und bei der Amtshandlung berücksichtigt worden. Da ein Organmandat bei 130 km/h nur bis 159 km/h zulässig sei, sei dem Bw die Anzeige angekündigt worden.

Keiner der beiden Zeugen konnte sich erinnern, ob von der der Anzeige zugrunde-gelegten Geschwindigkeitsüberschreitung eine Videoaufzeichnung erfolgt ist, die angesichts der Tatsache, dass der Bw die Übertretung nicht bestritten hatte, gelöscht bzw überspielt wurde, oder ob es gar keine Aufzeichnung gab. Laut Anzeige wurde die Geschwindigkeit "mittels Video abgelesen", was aber keinen Schluss auf eine erfolgte Aufzeichnung zulässt.

Der Ml ist mittlerweile einer anderen Autobahngendarmerie-Dienststelle zugeteilt. BI L gab an, die Videobänder seien, da das Zivilstreifenfahrzeug der Autobahn-gendarmerie H zugeteilt war, auch in H verblieben, allerdings dort nicht mehr vorhanden. Normalerweise werde, wenn ein Lenker die ihm vorgeworfene Geschwindigkeit bestreite, die Aufzeichnung auf ein anderes Videoband überspielt und aufbewahrt, allerdings nicht, wenn der Lenker sogar sofort bezahlen wolle.

Auf Grund der fehlenden Videoaufzeichnung und der fehlenden Erinnerung des Ml an den Vorfall konnte im Beweisverfahren nicht geklärt werden, ob die Geschwindigkeit von 202 km/h eine kurzzeitig erreichte Spitzengeschwindigkeit war oder auf eine bestimmte längere Wegstrecke konstant eingehalten wurde. Keiner der beiden Zeugen konnte sich daran erinnern, insbesondere nicht der Ml, der laut BI L mit der Videobeobachtung beschäftigt war. Allerdings sind seit dem Vorfall eineinhalb Jahre vergangen und nach den Aussagen der Zeugen sind auch 202 km/h nicht so selten, dass wegen der Höhe der Geschwindigkeit eine Erinnerung bestehen müsste.

Der Bw hat bei seiner Aussage am 1. Februar 2002 den Vorfall so geschildert, dass er seine Geschwindigkeit je nach Verkehrslage zwischen 150 und 170 km/h gewählt habe, aber laut Tachoanzeige niemals 180 km/h fahre. Er schloss dezidiert aus, die ihm vorgeworfene Geschwindigkeit erreicht zu haben und gab an, er schaue speziell auf der Autobahn viel in den Rückspiegel. Wenn ihm ein Fahrzeug auffalle, das ihm in annähernd gleichbleibendem Abstand nachfahre oder sogar aufschließe, wechsle er sofort auf die rechte Fahrspur. Er konnte sich nach eigenen Angaben auf Grund der Anhaltung erinnern, dass ihm vor Beginn der 100 km/h-Beschränkung kein Fahrzeug in 100 m-Abstand gefolgt sei. Etwa bei der 100 km/h-Beschränkung auf dem P Berg sei er auf den rechten Fahrstreifen gewechselt und da habe ihn ein Mercedes überholt und er sei dann auch der Aufforderung zum Anhalten bei nächster Gelegenheit nachgekommen. Ihm sei bei der Anhaltung eine Digitalanzeige im Gendarmeriefahrzeug gezeigt worden. Darauf habe sich ein Wert "187" befunden, den er nicht zuordnen habe können. Der Beamte habe gesagt, das sei die Geschwindigkeit, mit der er gefahren sei, aber er habe das sofort abgestritten. Er habe aber trotzdem angeboten, eine Strafe an Ort und Stelle zu bezahlen, was der Beamte aber abgelehnt habe. Dieser sei von 187 km/h ausgegangen; von Abzügen sei keine Rede gewesen. Der Beamte habe vielmehr gesagt, er müsse erst das Video auswerten; es könne sein, dass er noch schneller gefahren sei. Auch das habe er abgestritten, worauf ihm der Beamte mitgeteilt habe, er werde eine Anzeige erhalten und gegen die könne er Einspruch erheben. Ein Foto oder eine Videoaufzeichnung habe er nicht gesehen, nur die beschriebene Digitalanzeige. Er habe auch nicht verlangt, eine Aufzeichnung zu sehen.

Der Bw warf die Frage auf, ob angesichts des nicht mehr vorhandenen Beweismittels der Tatvorwurf in dieser Form aufrecht zu erhalten sei. Schon weil die Anzeige nach dem Vorfall vom 11. Juni 2000 erst am 20. Juni 2000 verfasst wurde, sei doch zwingend auf eine Auswertung etwaiger Aufzeichnungen zu schließen. Wenn diese aber nicht mehr vorhanden seien, sei damit das wesentlichste Beweismittel verloren.

Auf konkrete Befragung hat der Ml in der Verhandlung dargelegt, dass er im Herbst 1994 direkt von der Gendarmerieschule zur Autobahngendarmerie H gekommen sei, wo er von Vorgesetzten für die Handhabung von ProViDa anhand der Betriebsanleitung geschult worden sei. Später seien im Lauf von Ausbildungstagen eventuell auftauchende Probleme mit solchen Geschwindigkeitsfeststellungen erörtert worden.

Nach den Ausführungen des Amtssachverständigen Ing. R sind im Einklang mit der (ausnahmsweisen) Zulassung elektronischer Geschwindigkeitsmessgeräte der Bauart ProViDa durch das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen, Zl. 41731/97, bei Geschwindigkeitsmessungen ohne Videoaufzeichnung bei Geschwin-digkeiten über 100 km/h 10% der gemessenen Geschwindigkeit zugunsten des gemessenen Lenkers abzuziehen (bei Aufzeichnung nur 5 % des Messwertes), was im gegenständlichen Fall erfolgt sei. Dabei sind geringfügige Abstands-schwankungen beim Nachfahren ebenso erfasst wie die bei jedem geeichten Gerät zu berücksichtigende Eichfehlergrenze.

Zugrundegelegt wird laut Zulassung eine Nachfahrstrecke von mindestens 300 m. Im konkreten Fall bestand beim Ml keine Erinnerung mehr an die Länge der mit 202 km/h zurückgelegten Wegstrecke. Allerdings konnte sich der Ml auf die Mitteilung von BI Leitner über die Erreichung des annähernd gleichbleibenden Nachfahr-abstandes verlassen und bei 202 km/h beträgt der Weg pro Sekunde immerhin 56 m, daher wird die Distanz von 300 m in etwa fünfeinhalb Sekunden zurückgelegt. Geht man davon aus, dass der Ml im Hinblick auf die Handhabung des genannten Geschwindigkeitsmessers geschult und geübt ist und dass ihm die Bestimmungen der Zulassung bekannt sind - solches ist bei einem Beamten der Autobahn-gendarmerie nach sechs Jahren einschlägiger Tätigkeit zweifellos anzunehmen - so ist auch davon auszugehen, dass er konkret den Wert von 202 km/h deshalb der Anzeige zugrundegelegt hat, weil er diesen als sicheren, dh über eine längere Wegstrecke bei der gleichmäßigen Nachfahrt erzielten Geschwindigkeitswert wahrgenommen hat. Seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates bestehen schon auf der Grundlage des persönlichen Eindrucks, den beide Zeugen in der Verhandlung hinterlassen haben, keine Bedenken hinsichtlich der Sorgfalt und Genauigkeit des Ml und auch von BI L, der seine praktischen Erfahrungen bei Nachfahrten mit hohen Geschwindigkeiten auf Autobahnen eindrucksvoll und nachvollziehbar schilderte.

Zur Aussage des Bw ist zu sagen, dass der von ihm wahrgenommene Wert von "187" möglicherweise den Geschwindigkeitswert darstellte, den er bei der zweiten Messung im Bereich der 100 km/h-Beschränkung erreicht hatte. Dass er eine eventuelle Videoaufzeichnung nicht gesehen, jedoch aus welchen Überlegungen immer die sofortige Bezahlung einer Geldstrafe verlangt hat, lässt jedenfalls den Schluss zu, dass er tatsächlich bei der Amtshandlung die Geschwindigkeits-überschreitung nicht bestritten hat. Seine nunmehrigen Aussagen, er wechsle sofort auf den rechten Fahrstreifen, wenn er im Rückspiegel ein ihm in etwa 100 m Entfernung folgendes Fahrzeug bemerke, selbst wenn dieses nicht aufschließe, ist zum einen realitätsfremd und zum anderen jedenfalls nicht bedenkenlos auf den gegenständlichen Fall zu übertragen. Wenn ihm nämlich das Zivilstreifenfahrzeug erst im 100 km/h-Bereich aufgefallen ist, hätte er den Mercedes, hätte er wirklich den Verkehr im Rückspiegel gemäß seinen Schilderungen beobachtet, schon viel früher sehen müssen. Diese Verantwortung spricht eher für die Richtigkeit seiner Angaben gegenüber dem Ml laut Anzeige, nämlich dass er den nachfahrenden Mercedes nicht bemerkt hat. Bei der Einhaltung von Geschwindigkeiten dieser Größenordnung ist es außerdem lebensfremd, nach vorne zu fahren und nach hinten zu schauen.

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates besteht aus all diesen Überlegungen kein Zweifel an der Richtigkeit und Nachvollziehbarkeit der gegenständlichen Geschwindigkeitsfeststellung durch die beiden Zeugen.

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 darf, sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, der Lenker eines Fahrzeuges im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h und auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass das Nachfahren mit dem Dienstfahrzeug und das Ablesen des damit ausgestatteten Tachometers grundsätzlich ein taugliches und zulässiges Beweismittel zur Feststellung einer von einem Fahrzeug eingehaltenen Fahr-geschwindigkeit darstellt. Voraussetzung hiefür ist jedoch, dass das Nachfahren über eine Strecke und über eine Zeitspanne erfolgt, die lange genug sind, um die Einhaltung etwa derselben Geschwindigkeit wie der des beobachteten Fahrzeuges prüfen und sodann das Ablesen der eigenen Geschwindigkeit ermöglichen zu können (vgl Erk v 12. Juli 1995, 95/03/0171, Erk v 6. September 2001, 98/03/0146, ua).

Der Umstand, dass im Verwaltungsstrafverfahren ein Film oder ein Foto nicht mehr als Beweismittel zur Verfügung stand, ist nicht geeignet, die Beweiskraft der Zeugenaussagen zu beeinträchtigen (vgl VwGH v 23. Februar 2000, 99/03/0325, VwGH v 11. Oktober 1995, 95/03/0163, ua).

Im gegenständlichen Fall erfolgte die Nachfahrt und Feststellung der Geschwindigkeit bei km 178.000 der A1 in einem annähernd gleichbleibenden Nachfahrabstand von etwa 2 Sekunden, dh ca 100 m, wobei die Fahrbahn der A1, Richtungsfahrbahn Wien, im Bereich vor dem P Berg - die 100 km/h-Beschränkung begann zum Vorfallszeitpunkt bei km 177.480 - gerade verläuft, sodass sowohl fahrtechnisch als auch hinsichtlich der glaubwürdigen Schilderung (siehe oben zu den Ausführungen zur Beweiswürdigung) durch BI L kein Zweifel an der Einhaltung des annähernd gleichbleibenden Nachfahrabstandes besteht. Sowohl der Ml als auch der Zeuge sind hinsichtlich der Durchführung bzw Bedienung von Geschwindigkeitsmessern der Bauart ProViDa geschulte und geübte Beamte der Autobahngendarmerie, sodass zum einen die genaue Kenntnis der in der (vorläufigen) Zulassung des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen, Zl. 41731/97, genannten Verwendungsbestimmungen vorausgesetzt werden kann und den Zeugen zum anderen zuzumuten ist, eine solche Geschwindigkeitsfeststellung unter Einhaltung dieser Verwendungsbestimmungen durchzuführen (vgl VwGH v 28. Oktober 1998, 95/03/0159, uva).

Punkt 6.3.3. der in der mündlichen Verhandlung ausführlich erläuterten Verwendungsbestimmungen lautet:

"Messgeräte der Bauart ProViDa messen die Eigengeschwindigkeit des Fahrzeuges, in dem sie eingebaut sind. Durch Nachfahren in annähernd gleichbleibendem Abstand kann auf die gefahrene Geschwindigkeit des davor fahrenden Fahrzeuges geschlossen werden.

Eine Zuordnung dieser Geschwindigkeit zur Geschwindigkeit des davor fahrenden Fahrzeuges ist nur durch Einhaltung eines annähernd konstanten Abstandes auf eine Länge von mindestens 300 m möglich und gestattet. Wird hiebei keine fotografische Aufzeichnung verwendet, so sind für eine verwaltungsstrafrechtliche Ahndung einer möglichen Übertretung einer Geschwindigkeitsbeschränkung auf Grund der Unsicherheit dieser Methode folgende Werte von der angezeigten Geschwindigkeit abzuziehen:

bei Geschwindigkeiten bis 100 km/h: -10 km/h

bei Geschwindigkeiten über 100 km/h: -10%."

Laut Punkt 6.3.4. "sind im Fall einer Videoaufzeichnung für eine verwaltungstraf-rechtliche Ahndung einer möglichen Übertretung einer Geschwindigkeits-beschränkung entweder die betreffende Filmsequenz aufzubewahren oder mittels Videoprinter mindestens drei Bilder im Abstand von ca 10 Sekunden auszudrucken, wobei das letzte Bild die 300 m (oder mehr) aufweisen muss. Die Zoomposition der Videokamera, egal ob manuell oder fernbedienbar, darf während des Nachfahrens nicht verstellt werden, dh die ausgedruckten Bilder müssen alle mit derselben Brennweite aufgenommen worden sein und das Fahrzeug des Beschuldigten muss auf allen Bildern annähernd gleich groß sein. Auf Grund der Unsicherheit dieser Methode sind dann folgende Werte von der angezeigten Geschwindigkeit abzuziehen:

bei Geschwindigkeiten bis 100 km/h: -5 km/h

bei Geschwindigkeiten über 100 km/h: -5%."

Da schon die Verwendungsbestimmungen unterschiedliche Abzüge bei Vorhandensein von Aufzeichnungen gegenüber dem Fehlen von Aufzeichnungen vorsehen und bei - wie im gegenständlichen Fall - gänzlichem Fehlen einer bildlichen Darstellung der dem Tatvorwurf zugrundeliegenden Nachfahrt der größtmögliche Abzug, nämlich 10 % von 202 km/h, ds 20,2 km/h, zu erfolgen hat, ist der dem Tatvorwurf zugrundeliegende Wert von 181,8 km/h, zugunsten des Bw gerundet auf 181 km/h, entsprechend den Verwendungsbestimmungen nachvollziehbar.

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates besteht daher kein Zweifel, dass der Bw den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und, da ihm die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG nicht gelungen ist, sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

Zur Strafbemessung ist auszuführen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 bis zu 726 Euro (entspricht 10.000 S) bzw im Fall der Uneinbringlichkeit bis zu zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

Die Erstinstanz hat laut Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Bw als mildernd berücksichtigt und erschwerend die Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung gewertet. Dazu ist zu sagen, dass die Überschreitung mehr als 51 km/h betrug, wobei auf Grund der jederzeitigen Überprüfbarkeit der Intensität des Drucks auf das Gaspedal durch den steigenden Tachowert, aber auch der jederzeitigen Vergleichbarkeit der eigenen Geschwindigkeit mit der wesentlich geringeren Geschwindigkeit der den selben Autobahnabschnitt befahrenden Fahrzeuge auf eine eklatante Gleichgültigkeit des Bw im Hinblick auf Geschwindigkeitsbestimmungen, die bereits als dolus eventualis, dh bedingter Vorsatz, anzusehen ist, zu schließen ist.

Die Strafe ist nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates unter Bedachtnahme auf die Kriterien des § 19 VStG eher niedrig bemessen, wobei eventuelle weitere Milderungsgründe weder behauptet wurden noch sonst zu finden waren. Eine Herabsetzung der Strafe war auf dieser Grundlage nicht gerechtfertigt, zumal sie auch den finanziellen Verhältnissen des Bw entspricht - beim Beruf Immobilienmakler ist ein geregeltes Einkommen von mindestens 726 Euro (10.000 S) monatlich netto anzunehmen, wobei durch die Geldstrafe keine Gefährdung eventueller Unterhaltsverpflichtungen besteht, da dem Bw ein Ansuchen an die Erstinstanz, die Geldstrafe in Teilbeträgen zu leisten, offen steht.

Die Ersatzfreiheitsstrafe ist im Verhältnis zur Geldstrafe innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens angemessen. Die Strafe ist im Hinblick auf general- sowie vor allem spezialpräventive Überlegungen gerechtfertigt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro (entspricht 2.476,85 S) zu entrichten.

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung:

ProViDa ohne Aufzeichnung + ohne Beweismittel für Einhaltung von mind. 300 m Nachfahrstrecke à Bestätigung.

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