Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-107716/7/BI/KM

Linz, 02.11.2001

VwSen-107716/7/BI/KM Linz, am 2. November 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn M S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. E B, vom 11. Juni 2001 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 21. Mai 2001, VerkR96-457-2001 Ga, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 und des Kraftfahrgesetzes 1967, auf Grund des Ergebnisses der am 30. Oktober 2001 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als Punkt 1) des angefochtenen Straferkenntnisses mit der Maßgabe bestätigt wird, dass die Strafbestimmung auf § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 abgeändert wird, die Geldstrafe jedoch auf 3.500 S (entspricht 254,36 €) und die Ersatzfrei-heitsstrafe auf 4 Tage herabgesetzt wird.
  2. Im Übrigen wird die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die jeweils übertretene Norm in Punkt 2) auf § 99 Abs.4 lit.d KFG 1967 und in Punkt 3) auf § 99 Abs.5 KFG 1967 abgeändert wird.

  3. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich im Punkt 1) auf 350 S (entspricht 25,43 €); diesbezüglich entfällt ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren.

In den Punkten 2) und 3) hat der Rechtsmittelwerber zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz als Kostenbeitrag zum Rechtsmittel-verfahren jeweils 80 S, zusammen 160 S (entspricht 11,62 €), zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 44a Z2 und 3 und 19 VStG, §§ 18 Abs.1 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960, §§ 99 Abs.4 lit.d iVm 134 Abs.1 KFG 1967 und §§ 99 Abs.5 iVm 134 Abs.1 KFG 1967

zu II.: §§ 64 und 65 VStG

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 18 Abs.1 iVm 99 Abs.2 lit.c StVO 1960, 2) §§ 99 Abs.5 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 und 3) §§ 99 Abs.4 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 Geldstrafen von 1) 5.000 S (5 Tage EFS), 2) 800 S (1 Tag EFS) und 3) 800 S (1 Tag EFS) verhängt, weil er am 5. Jänner 2001 gegen 17.25 Uhr den Kombi mit dem Kennzeichen auf der A1 Westautobahn bei km 193.0 im Gemeindegebiet von S in Fahrtrichtung S gelenkt habe, wobei er

1) keinen solchen Abstand zu dem vor ihm fahrenden Fahrzeug eingehalten habe, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, da er bei einer gefahrenen Geschwindigkeit von 130 km/h einen Abstand von ca. 5 Meter zum vor ihm fahrenden Fahrzeug eingehalten habe und

2) vorschriftswidrig das Fernlicht und

3) die Nebelscheinwerfer verwendet habe, obwohl keine Sichtbehinderung vorgelegen habe.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von insgesamt 660 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber (Bw) fristgerecht - das Straferkenntnis wurde laut Rückschein am 28. Mai 2001 zugestellt, die Berufung laut Poststempel am 11. Juni 2001 aufgegeben, sodass die Mitteilung der Erstinstanz, die Berufung sei verspätet, unverständlich ist - Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 30. Oktober 2001 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Rechtsmittelwerbers (Bw), seines rechtsfreundlichen Vertreters RA Dr. B sowie des Zeugen GI W (Ml) durchgeführt. Die Vertreterin der Erstinstanz hat ihr Fernbleiben entschuldigt.

3. Der Bw macht unter Hinweis auf einen Schriftsatz vom 1.3.2001 (gemeint: 8.3.2001) im Wesentlichen geltend, sein Nachfahrabstand habe keinesfalls 5 m, sondern 2-3 Wagenlängen betragen. Im Übrigen rügt er die rechtswidrige Anwendung des § 99 Abs.2 lit.c StVO, die grundlos zu einem Entzug der Lenkberechtigung geführt habe. Hinsichtlich der beiden weiteren Punkte des Straferkenntnisses wird unrichtige Zitierung der übertretenen Normen geltend gemacht.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Bw bzw. sein Vertreter gehört, die Ausführungen der Erstinstanz im Straferkenntnis berücksichtigt und der genannte Meldungsleger zeugenschaftlich einvernommen wurde.

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Bw lenkte am Vorfallstag gegen 17.25 Uhr bei Dunkelheit seinen Pkw auf der A1 Richtung S, wobei er - unbestrittener maßen - Nebellicht verwendete. Seiner Aussage nach herrschte im zuvor von ihm befahrenen Bereich der A1 abschnittweise Nebel, der die Verwendung des Nebellichts gerechtfertigt habe, obwohl er ausdrücklich zugestand, dass im Bereich S kein Nebel war. Er schloss auf einen Pkw auf, der auf dem linken Fahrstreifen andere rechtsfahrende Pkw überholte, und wollte ihn überholen. Der Pkw blieb jedoch auf dem linken Fahrstreifen, sodass er ihn mittels Lichthupe zum Fahrstreifenwechsel - eine solche Möglichkeit habe mehrmals bestanden - aufgefordert habe. Zur dabei gefahrenen Geschwindigkeit konnte der Bw konkret nichts mehr sagen, jedoch hielt er diese für der erlaubten Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen entsprechend. Der Abstand zum Pkw habe keinesfalls 5 m, sondern seiner Schätzung nach 2-3 Fahrzeuglängen, dh etwa 8 bis 12 m, betragen und sei auch nicht immer so knapp gewesen, zumal er, wenn der Pkw andere Fahrzeuge überholt habe und seinerseits ein Überholen unmöglich gewesen sei, den Abstand vergrößert habe. Er habe mehrmals die Lichthupe betätigt und schließlich habe der Lenker reagiert und sich auf dem rechten Fahrstreifen eingeordnet. Er habe überholt und mit Schreck festgestellt, dass am Pkw plötzlich Blaulicht eingeschaltet wurde und dieser nun hinter ihm nachfuhr.

Aus der Sicht des Meldungslegers, der das Zivilfahrzeug mit Deckkennzeichen aus dem Raum H in Richtung S lenkte, war der Vorfall so gelagert, dass er im Rahmen eines Überholvorganges im Rückspiegel feststellte, dass sich ein Fahrzeug mit hoher Geschwindigkeit näherte und noch im Annähern die Lichthupe mehrmals betätigt wurde. Das Zivilstreifenfahrzeug war mit einer geeichten ProViDa-Anlage ausgestattet, sodass die eingehaltene Geschwindigkeit auf einer Display-Anzeige ablesbar war. Nach Aussagen des Ml schloss der Pkw auf das mit 130 km/h fahrende Zivilstreifenfahrzeug der Autobahngendarmerie K auf und verkleinerte den Nachfahrabstand so weit, dass der Ml die zuvor durch das Betätigen der Lichthupe auffälligen Scheinwerfer im Rückspiegel nicht mehr sehen konnte, weil sie durch das Heck des Wagens verdeckt wurden. Der Ml machte nach eigenen Angaben seinen Beifahrer auf den Pkw aufmerksam und wechselte den Fahrstreifen, um den Pkw vorbeizulassen, fuhr ihm jedoch mit Blaulicht nach und hielt ihn bei der Abfahrt von der A1 zur A9 zur Fahrzeug- und Lenkerkontrolle an, wobei er auch die Amtshandlung selbst durchführte.

Er konfrontierte den Lenker, den Bw, mit dem Vorwurf des ungenügenden Nachfahrabstandes ebenso wie mit dem Vorwurf der Verwendung des Nebellichts ohne jede Sichtbehinderung, was der Bw zwar zur Kenntnis genommen, ihn jedoch darauf aufmerksam gemacht habe, er habe es eilig. Die Bezahlung des angebotenen Organmandats lehnte der Bw - unbestrittener maßen - ab und ihm wurde die Erstattung einer Anzeige angekündigt.

Der Ml gab weiters an, er habe nachher auf dem Parkplatz bei der Autobahngendarmerie eine Stellprobe mit einem anderen Pkw durchgeführt und herausgefunden, dass die Scheinwerfer des Pkw erst bei einem Abstand von weniger als ca. 5 m nicht mehr zu sehen waren. Daraus resultiert nach seinen Angaben die Feststellung in der von ihm verfassten Anzeige, der Abstand des Pkw des Bw bei der Nachfahrt habe "ca. 5 m " betragen, eben weil die Scheinwerfer nicht mehr zu sehen gewesen seien.

Der Bw hat in der Verhandlung gerügt, der Ml habe bei der Anhaltung einen sehr rüden Ton angeschlagen gehabt, was er nicht verstanden habe, obwohl er das von ihm begangene Unrecht hinsichtlich Lichthupe und Nebellicht einsehe. Das Nebellicht habe er aber nur verwendet, weil er der Meinung gewesen sei, es werde wieder Nebel auftreten.

Im Rahmen der freien Beweiswürdigung gelangt der Unabhängige Verwaltungssenat zu der Auffassung, dass die Angaben des Ml, der bei der Verhandlung einen ruhigen, sachlichen und emotionslosen Eindruck machte, insofern glaubwürdig sind, als einem Beamten der Autobahngendarmerie, der mit dem Verkehrsgeschehen auf mit höherer Geschwindigkeit befahrenen Autobahnen täglich konfrontiert ist, zuzumuten ist, Nachfahrabstände beurteilen und die Verwendung von Fernlicht und Nebellicht feststellen zu können. Grundsätzlich stimmen die Angaben des Ml mit denen des Bw überein, allerdings nicht im Hinblick auf den Nachfahrabstand. Diesbezüglich besteht kein Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Ml, vor allem wegen der Überprüfung durch die Stellprobe, während der Bw den Abstand lediglich schätzen konnte. Abgesehen davon ist das Verschwinden auffällig betätigter Scheinwerfer im Rückspiegel während der Nachfahrt bei Dunkelheit sehr wohl einwandfrei festzustellen.

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Zum Vorwurf der Übertretung gemäß §§ 18 Abs.1 iVm 99 Abs.2 lit.c StVO 1960:

Gemäß § 18 Abs.1 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand zum nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

Als Sicherheitsabstand ist nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes mindestens der Reaktionsweg einzuhalten, der in Metern 3/10 der Höhe der eingehaltenen Geschwindigkeit in km/h beträgt (vgl VwGH v 21.9.1984, 84/02/0198, ua).

Im gegenständlichen Fall ist nach der glaubwürdigen Zeugenaussage des Ml von einer Geschwindigkeit von 130 km/h auszugehen, dh der Reaktionsweg hätte 39 m betragen - bei 130 km/h beträgt der Weg pro Sekunde etwas mehr als 36 m.

Auch der Schilderung der Ermittlung des Nachfahrabstandes, dh der Abstand ab dem für den Lenker des Zivilstreifenfahrzeuges die eingeschalteten Scheinwerfer des nachfahrenden Pkw bei Dunkelheit im Rückspiegel nicht mehr sichtbar sein konnten, ist nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates nichts entgegen-zusetzen. Die vom Bw dargelegte Schätzung auf 2-3 Fahrzeuglängen vermag die Glaubwürdigkeit des Ml nicht zu schmälern.

Der vom Bw "eingehaltene" Nachfahrabstand lag zweifellos wesentlich unter dem bei der gefahrenen Geschwindigkeit errechneten Reaktionsweg, wobei auch 8 - 12 m diesem bei weitem nicht entsprochen hätten.

Der Bw hat daher ohne Zweifel den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten.

Gemäß § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 500 S bis 30.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, zB beim Überholen, als Wartepflichtiger oder im Hinblick auf eine allgemeine oder durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte Geschwindigkeitsbeschränkung, unter besonders gefährlichen Verhältnissen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt, insbesondere Fußgänger, die Schutzwege vorschriftsmäßig benützen, oder Radfahrer, die Radfahrerüberfahrten vorschriftsmäßig benützen, gefährdet oder behindert.

Im gegenständlichen Fall enthält weder der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses noch die Strafverfügung eine Konkretisierung im Hinblick auf einen der strafsatzändernden Elemente des § 99 Abs.2 lit.c StVO. Erstmals in der Begründung des angefochtenen (innerhalb der sechsmonatigen Verjährungsfrist ergangenen) Straferkenntnisses ist die Rede von einer "besonderen Rücksichtslosigkeit".

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den Sprucherfordernissen gemäß § 44a VStG ist die Tat so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stResp seit verst. Senaten VwSlg 11.466 A/1984 und VwSlg 11.894 A/1985).

Da die besondere Rücksichtslosigkeit ein strafsatzändernder Umstand des § 99 Abs.2 lit.c StVO ist, muss dieser Umstand nicht nur sachverhaltsmäßig feststehen, sondern auch bei der Umschreibung der Tat iSd § 44a Z1 VStG seinen Ausdruck finden, dh er muss somit bereits im Spruch konkretisiert sein (Erk v 9.3.2001, 2000/02/0128). Der Spruch über eine iVm § 99 Abs.2 lit.c StVO begangene Verwaltungsübertretung muss auch die konkreten Umstände enthalten, die die besondere Gefährlichkeit der Verhältnisse bzw. die besondere Rücksichtslosigkeit anderen Straßenbenützern gegenüber ausmachen (Erk v 20.2.1991, 90/02/0198, Erk v 21.10.1992, 92/02/01839). Diese Umstände sind sohin wesentliche Tatbestandsmerkmale, deren Anführung allein in der Begründung des Straferkenntnisses nicht ausreicht.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Rechtsmittelbehörde nach § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG nicht die Befugnis, dem Beschuldigten eine andere Tat als die Erstbehörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln (VwGH v 28.2.1997, 96/02/0601, ua). Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde ist durch den Abspruchsgegenstand des angefochtenen Bescheides beschränkt (VwGH v 23.11.1993, 93/04/0169). Eine Abänderungs-ermächtigung besteht nur im Rahmen der Sache iSd § 66 Abs.4 AVG (VwGH v 3.9.1996, 96/04/0080). Dabei ist Sache des Berufungsverfahrens die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs im Bescheid der Unterbehörde bildet (VwGH v 24.3.1994, 92/18/0356, ua). Ein Austausch wesentlicher Tatbestandsmerkmale führt zur Anlastung einer anderen Tat und ist daher unzulässig (VwGH v 20.1.1997, 97/06/0170, ua).

Im gegenständlichen Fall wären wesentliche Tatbestandsmerkmale, nämlich diejenigen, die die Annahme rechtfertigen, dass die Tat mit besonderer Rücksichtslosigkeit begangen wurde, im Spruch anzuführen gewesen. Eine Ergänzung dieser Tatbestandsmerkmale durch den Unabhängigen Verwaltungssenat (auf der Grundlage der erstmaligen Ausführungen in der Begründung des Straferkenntnisses) würde die Identität der Tat (Spruchinhalt: Missachtung des Nachfahrabstandes) auswechseln, da das Verhalten des Beschuldigten einem demgegenüber erweiterten Tatbestand (zusätzlich zur bloßen Gesetzesverletzung besondere Rücksichtslosigkeit) unterstellt würde. Dabei handelt es sich nicht um eine bloße nähere Umschreibung, sondern um einen zusätzlichen Tatvorwurf, der bisher nicht Spruchinhalt war, sohin eine Ausweitung des Tatvorwurfs, die nicht mehr als "Sache" iSd § 66 Abs.4 iVm § 24 VStG anzusehen wäre.

Am Rande ist zu bemerken, dass die Argumente für die Annahme einer besonderen Rücksichtslosigkeit laut Begründung des Straferkenntnisses, nämlich hohe Geschwindigkeit, geringer Abstand, schlechte Sichtverhältnisse sowie Blendung durch Nebelscheinwerfer und Fernlicht nur eingeschränkt im Rechtsmittelverfahren gestützt werden konnten. Gerade die schlechten Sichtverhältnisse wurden negiert, zumal nach übereinstimmenden Aussagen im Vorfallsbereich außer Dunkelheit keine Beeinträchtigung bestätigt wurde und auch von einer Blendung durch die am Pkw des Bw eingeschalteten Lichtquellen war keine Rede. Damit soll nicht gesagt werden, dass nach Abwägung sämtlicher situationsbedingter Umstände nicht trotzdem im Ergebnis von einer besonderen Rücksichtslosigkeit des Bw gegenüber dem Ml oder auch eventuell vorhandener anderer Verkehrsteilnehmer auszugehen gewesen wäre. Diesbezüglich wäre jedoch eine eingehende Zeugeneinvernahme des Ml schon im erstinstanzlichen Verfahren und eine entsprechende Umsetzung in der Tatanlastung erforderlich gewesen. Die Vorlage des Verfahrensaktes an die Staatsanwaltschaft zur Prüfung des Vorliegens einer gerichtlich strafbaren Handlung wäre ebenfalls offen gestanden.

Auf dieser Grundlage war die Strafnorm auf § 99 Abs.3 lit.a StVO abzuändern, wobei der Strafrahmen von bis zu 10.000 S Geldstrafe, im Nichteinbringungsfall bis zu zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht, und die Strafe demgemäß neu zu bemessen.

Die nunmehr verhängte Strafe liegt unter Bedachtnahme auf die Kriterien des § 19 VStG im unteren Bereich des genannten Strafrahmens, wobei aber der hohe Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung zu werten war. Von vorsätzlicher Tatbegehung war zweifellos auszugehen, weil der Bw in der Lage war, den Abstand im Scheinwerferlicht anhand des Rücklichts des vor ihm fahrenden Fahrzeuges genau einzuschätzen, und er hat den Nachfahrabstand deshalb bis auf das angeführte Ausmaß verringert, um den Lenker dieses Fahrzeuges zu bewegen, ihm ein Überholen zu ermöglichen. Mildernd war die bisherige Unbescholtenheit des Bw, jedoch war angesichts general- und vor allem spezialpräventiver Überlegungen und des Eindrucks in der mündlichen Verhandlung, dass der Bw wenig Einsicht im Hinblick auf links fahrende Fahrzeuge, die ihn am Weiterkommen "hindern", zeigt, eine entsprechend hohe Strafe gerechtfertigt.

Der Umstand, dass der Bw inzwischen arbeitslos ist und eine Unterstützung von ca 12.000 S monatlich, zumindest bis 5. Februar 2002, bei Fehlen von Sorgepflichten und Vermögen erhält, wurde berücksichtigt. Es steht ihm frei, bei der Erstinstanz um Ratenzahlung anzusuchen.

Zum Vorwurf der Übertretungen gemäß KFG 1967:

Gemäß § 99 Abs.4 lit.d KFG 1967 darf Fernlicht auf Freilandstraßen bei Dunkelheit nicht verwendet werden beim Fahren hinter Kraftfahrzeugen in geringem Abstand, ohne zu überholen.

Die Verwendung der Lichthupe erfolgt naturgemäß mittels Fernlicht, wobei der Bw in der mündlichen Verhandlung nicht bestritten hat, damit beabsichtigt zu haben, den Lenker des vor ihm fahrenden Pkw entsprechend nachhaltig auf seine Überholabsicht hinzuweisen (stResp VwGH, ua Erk v 23.5.1977, 1295/76).

Gemäß § 99 Abs.5 KFG 1967 ist Nebellicht (allein oder zusammen mit Abblendlicht) bei Sichtbehinderung durch Regen, Schneefall, Nebel oder dergleichen, Nebelscheinwerfer sonst nur auf engen oder kurvenreichen Straßen, zu verwenden.

Nach den auch vom Bw unbestrittenen Ergebnissen des Beweisverfahrens lag all das im gegenständlichen Fall nicht vor. Nasse Fahrbahn allein stellt noch keine Sichtbehinderung dar, die vorsorgliche Verwendung von Nebellicht ist nicht gerechtfertigt (stResp VwGH, ua Erk v 5.12.1977, 1733/77).

Der Bw hat daher zweifellos auch diese ihm zur Last gelegten Tatbestände erfüllt und sein Verhalten jeweils als Verwaltungsübertretung zu verantworten. Die übertretene Norm iSd § 44a Z1 VStG war jeweils abzuändern.

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 134 Abs.1 KFG 1967 bis 30.000 S Geld- bzw. bis zu sechs Wochen EFS reicht.

Der Unabhängige Verwaltungssenat kann nicht finden, dass die Erstinstanz den ihr bei der Strafbemessung zustehenden Ermessensspielraum überschritten hätte. Die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit wurde als strafmildernder Umstand berücksichtigt. Die verhängten Strafen liegen an der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens und halten general- sowie vor allem spezialpräventiven Überlegungen stand. Angesichts der finanziellen Verhältnisse des Bw (siehe oben) steht es ihm frei, um Ratenzahlung anzusuchen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung:

Besondere Rücksichtslosigkeit iSd § 99 Abs.2 lit.e StVO muss im Spruch umschrieben sein, Ausdehnung des Tatvorwurfes ist nicht Sache iSd § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG.

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum