Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107729/18/Le/La

Linz, 12.12.2001

VwSen-107729/18/Le/La Linz, am 12. Dezember 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des G F, S 9, 4 P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 5.6.2001, Zl. VerkR96-11416-2000-Hu, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 5.12.2001, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straf-erkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 300 S (entspricht 21,80 Euro) zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 5.6.2001 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des § 38 Abs.5 iVm § 38 Abs.1 lit.a Straßenverkehrsordnung 1960 (im Folgenden kurz: StVO) eine Geldstrafe in Höhe von 1.500 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 48 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe am 5.10.2000 um 10.12 Uhr im Gemeindegebiet von T, Kreuzung B/B (Alte T) auf der B aus Richtung P kommend, nach links einbiegend auf die B in Fahrtrichtung L, das KFZ, LL-, gelenkt und dabei bei rotem Licht als Zeichen für "Halt" das Fahrzeug nicht vor der Haltelinie angehalten.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 18.6.2001, mit der schlüssig beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Zur Begründung führte der Berufungswerber aus, dass die Aussage des Beamten BI L unrichtig sei. Er habe einem Unternehmen in T den Auftrag erteilt, den Lenker des zweiten PKW ausfindig zu machen. Laut letzter telefonischer Mitteilung dürfte der Fahrer gefunden worden sein und würden ihm die Lenkerdaten in den nächsten Tagen übermittelt werden.

Der Berufungswerber legte Fotos der gegenständlichen Kreuzung vor, um zu beweisen, dass die Haltelinie aus der Position des Streifenwagens nicht einsehbar sei, da dies eine undurchsichtige Lärmschutzwand verhindere.

Der Streifenwagen der Beamten sei ihm nicht, wie von BI L angegeben, 80 m vor der Kreuzung, sondern mindestens 150 bis 200 m vor der Kreuzung begegnet. Die Anhaltung durch die Beamten erfolgte mit Blaulicht erst bei der nächsten Ampel, die sich ca. 1 km von der T befinde. Wären die Beamten nur 80 m vor der Kreuzung gewesen, wären sie nur Sekunden hinter ihm auf die Gegenfahrbahn abgebogen und hätten nicht 1 km für seine Anhaltung gebraucht.

Außerdem wies er darauf hin, dass die Ampelanlage in seiner Fahrtrichtung einen eigenen Linksabbiegepfeil habe, der jedoch am 5.12.2000 und bis heute nicht funktioniere oder nicht aktiviert sei.

Wenn es notwendig sei, werde er einen sachverständigen Kollegen damit beauftragen, ein Gutachten über den Vorfall anzufertigen.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung und den zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

3.1. Zur vollständigen Klärung des Sachverhaltes hat der Unabhängige Verwaltungssenat für 5.12.2001 eine öffentliche mündliche Verhandlung an Ort und Stelle anberaumt und an diesem Tage auch durchgeführt.

An dieser Verhandlung nahm der Berufungswerber teil; die Erstbehörde war nicht vertreten. Der Meldungsleger BI Franz L wurde als Zeuge gehört; die sachverständige Beurteilung der Angelegenheit führte Herr Ing. M K vom Amt der Oö. Landesregierung, Abt. Maschinen- und Elektrotechnik durch.

3.2. Daraus ergibt sich folgender Sachverhalt:

Zur Tatzeit fuhren der Meldungsleger BI Franz L und sein Kollege Inspektor E O mit dem Streifenwagen auf der B aus Linz kommend zur sogenannten "T". Sie fuhren auf dem linken Fahrstreifen, BI L war Beifahrer. Etwa auf Höhe des Hinweisschildes, das zum "Gewerbegebiet S" weist und das sich ca. 90 m vor der gegenständlichen Kreuzung befindet, wurde der Meldungsleger auf den PKW des Berufungswerbers aufmerksam. Die für die Beamten geltende Ampel hatte nämlich schon von rot auf "rot-gelb" umgeschaltet, als der Berufungswerber erst in die Kreuzung einfuhr.

In der Kreuzung standen noch zwei PKW, die wegen des Gegenverkehrs angehalten hatten und nun im Begriff waren, nach links einbiegend wegzufahren. Diese beiden Fahrzeuge setzten sich auch tatsächlich in Bewegung, als der Berufungswerber in die Kreuzung rollte. Er bog ebenfalls nach links ein und fuhr auf der B in Richtung L.

Die beiden Beamten wendeten daraufhin auf der Kreuzung ihr Fahrzeug und fuhren dem Berufungswerber nach. Noch vor der ersten ampelgeregelten Kreuzung, das ist jene mit der B (auf der aus man zum Stadtfriedhof M sowie zum Gewerbegebiet zufahren kann), hatten die Beamten den Berufungswerber eingeholt und zum Anhalten gebracht. Sie waren zu diesem Zweck mit Blaulicht und Folgetonhorn gefahren und hatten zügig beschleunigt.

3.3. Nach den Feststellungen des technischen Amtssachverständigen ergibt sich aus dem Ampelphasenplan und den Feststellungen an Ort und Stelle Folgendes:

3.3.1. Nach dem zur damaligen Zeit ablaufen Programm P3 mit einer Umlaufphase von 88 Sekunden schaltete exakt zum Zeitpunkt, als die Ampel für den Meldungsleger von rot auf rot-gelb umschaltete, die Ampel für den Berufungswerber von gelb auf rot um. Zuvor hatte der Berufungswerber eine 4 Sekunden dauernde Gelblichtphase und davor eine 4 Sekunden dauernde Grünblinkphase.

3.3.2. Nach der Schätzung des Sachverständigen befindet sich die Hinweistafel auf das "Gewerbegebiet Süd" ca. 90 m vor der Kreuzung.

3.3.3. Zur Verantwortung des Berufungswerbers, der Streifenwagen wäre ihm erst 150 bis 200 m nach der Kreuzung begegnet, stellte der Sachverständige fest, dass dies aus technischer Sicht nicht nachvollziehbar ist:

Von diesem angeblichen Begegnungsort bis zur Kreuzung, vor der die Anhaltung erfolgte, sind ca. 400 m zurückzulegen. Während der Berufungswerber diese 400 m zurücklegte, hätte das Gendarmeriefahrzeug diese 150 bis 200 m zur Kreuzung vorfahren müssen, dort im spitzen Winkel abbiegen (umkehren) und sodann wiederum diese 150 bis 200 m sowie zusätzlich die 400 m bis zur ampelgeregelten Kreuzung in einer schnelleren Zeit als der Berufungswerber zurücklegen müssen, um vor dieser den Berufungswerber noch anhalten zu können.

Der Sachverständige legte seinen Überlegungen zugrunde die übliche Motorisierung der Streifenwagen sowie die eigene Aussage des Berufungswerbers, er sei zum Zeitpunkt der Begegnung bereits im dritten oder vierten Gang gefahren, aber nicht schnell, weil er aus Erfahrung wisse, dass er bei dieser Kreuzung ohnedies rot habe.

3.4. Auf den in der Berufung erwähnten tschechischen Lenker angesprochen gab der Berufungswerber bei der mündlichen Verhandlung an, diesen Lenker gefunden zu haben. Allerdings hätte er ihn wegen Sprachproblemen noch nicht befragen können und es sei zweifelhaft, ob er sich nach über einem Jahr an den Vorfall noch erinnern könne.

3.5. Nach den Beobachtungen des Sachverständigen sieht man ab einem Bereich von 20 m vor der Hinweistafel "Gewerbegebiet S" auf die Haltelinie bzw. auf ein davor anhaltendes Fahrzeug. Die Haltelinie selbst ist nicht ersichtlich, weil sie tiefer liegt und von Grünbewuchs verdeckt ist.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Dieser hatte, da eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG)

4.2. Nach § 38 Abs.5 StVO gilt rotes Licht als Zeichen für "Halt". Bei diesem Zeichen haben die Lenker von Fahrzeugen unbeschadet der Bestimmungen des Abs.7 und des § 53 Z10a an den im Abs. 1 bezeichneten Stellen anzuhalten.

Diese Stelle, an der anzuhalten ist, ist in § 38 Abs.1 lit.a StVO konkretisiert als "vor der Haltelinie".

Diese Gesetzesbestimmung ist auf den vorliegenden Fall anzuwenden. Zu klären war, ob der Berufungswerber die Haltelinie überfahren hatte, als die Verkehrsampel für ihn schon "rot" zeigte (wie der Meldungsleger angegeben hatte) oder bereits vorher (wie dies der Berufungswerber behauptet hatte).

Der Gendarmeriebeamte BI L war sich bei seiner zeugenschaftlichen Befragung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ganz sicher, dass der Berufungswerber zu dem Zeitpunkt, als für den Gendarmeriebeamten die Ampel von rot auf rot/gelb umschaltete, in die Kreuzung einfuhr, ohne zuvor im Bereich der Haltelinie angehalten zu haben.

Seine Darstellung ist nach den örtlichen Verhältnissen und dem Ampelphasenplan nachvollziehbar und wird auch durch die folgende Handlung, nämlich die Nachfahrt und die Anhaltung des Berufungswerbers ca. 600 m nach der T (vor der nächsten ampelgeregelten Kreuzung mit der B) bestätigt. Die Aussage des Gendarmeriebeamten ist somit in sich widerspruchsfrei und nachvollziehbar.

4.3. Dies trifft im Gegensatz dazu für die Darstellung des Berufungswerbers nicht zu:

4.3.1. Er gab in seiner Berufung an, dass ihm der Streifenwagen mindestens 150 bis 200 m vor der Kreuzung begegnet sei. Dies wiederholte er im Wesentlichen auch in seiner Verantwortung in der mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat.

Wenn man nun davon ausgeht, dass sich der Berufungswerber und das Gendarmeriefahrzeug 150 bis 200 m nach der Kreuzung (aus der Sicht des Berufungswerbers) begegnet waren, so wären die Beamten zum Zeitpunkt, als der Berufungswerber die T durchfahren hatte, noch mindestens 300 bis 400 m von der Kreuzung entfernt gewesen. Von diesem Standort aus wäre für die Gendarmeriebeamten eine Sicht auf die B nicht möglich gewesen, weil die dort befindliche Lärmschutzwand diese verdeckt. Die Beamten hätten daher keine Beobachtung hinsichtlich des Nichtbeachtens des Rotlichtes machen können und daher keine Veranlassung gehabt, dem Berufungswerber nachzufahren und ihm das nunmehr angelastete Delikt vorzuhalten.

4.3.2. Die Verantwortung des Berufungswerbers ist auch aus der Überlegung, dass bei einem Begegnen der Gendarmeriebeamten mit dem Berufungswerber 150 bis 200 m vor der Kreuzung eine Anhaltung ca. 400 m nach diesem Begegnungsort technisch nicht möglich gewesen wäre, nicht nachvollziehbar: Die Gendarmeriebeamten hätten eben diese 150 bis 200 m bis zur Kreuzung vorfahren, auf dieser umkehren und dann diese Strecke sowie die weiteren 400 m bis zur ampelgeregelten Kreuzung in einer kürzeren Zeit zurücklegen müssen als der Berufungswerber (nur) diese 400 m.

4.3.3. Schließlich hat der Berufungswerber auch mit seinem Vorbringen betreffend den angeblichen tschechischen Lenker seine Glaubwürdigkeit nicht gerade gestärkt: Wenn er sich schon der Mühe unterzieht, diesen ausfindig zu machen, so hätte er ihn auch vom selben Unternehmen, das diesen Lenker ausfindig machte, auch gleich zum Vorfall befragen können. Seine Verantwortung, er hätte ihn wegen Sprachproblemen nicht befragen können, klingt schlicht unwahrscheinlich.

Es ist daher davon auszugehen, dass der Berufungswerber die ihm angelastete Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht begangen hat.

4.4. Hinsichtlich des Verschuldens ist von einer an Vorsatz grenzenden besonderen Sorgfaltslosigkeit bei der Tatbegehung auszugehen:

Aus dem Ampelphasenplan ist ersichtlich, dass aus der Fahrtrichtung des Berufungswerbers vor dem Umschalten auf "rot" eine vier Sekunden dauernde Gelblichtphase und davor eine vier Sekunden dauernde Grünblinkphase vorgeschaltet ist. Bei der Annäherung an diese Kreuzung - auf der an dieser Stelle nahezu geraden B - besteht schon längere Zeit Sicht auf die Ampelanlage, weshalb der Berufungswerber sein Fahrverhalten auf die Lichtzeichen hätte einstellen können und müssen. Dass er dennoch bei rotem Licht in die Kreuzung eingefahren ist, muss ihm zum Tatzeitpunkt daher bewusst gewesen sein.

Damit aber ist auch die subjektive Tatseite erfüllt, wobei anzumerken ist, dass die Tat auch bereits fahrlässig begangen werden könnte.

4.5. Die Überprüfung der Strafbemessung ergab, dass diese entsprechend den Grundsätzen des § 19 VStG vorgenommen wurde.

Die Voraussetzungen des § 21 VStG (Absehen von der Strafe bzw. Ausspruch einer Ermahnung) sind nicht erfüllt, weil das Verschulden des Berufungswerbers nicht geringfügig ist und auch die Folgen der Übertretung in Form der Gefährdung der Verkehrssicherheit nicht unbedeutend sind.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ist in jeder Entscheidung eines unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat, der mit weiteren 20 % der verhängten Strafe zu bemessen ist. Da eine Geldstrafe in Höhe von 1.500 S verhängt wurde, beträgt der Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren 300 S.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. Leitgeb

Beschlagwortung: (Beweiswürdigung)

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