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des Landes Oberösterreich
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VwSen-107760/2/Ga/Mm

Linz, 19.12.2001

VwSen-107760/2/Ga/Mm Linz, am 19. Dezember 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des A M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft F vom 29. Juni 2001, Zl. VerkR96-1859-1999-Br, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG. § 24; § 51 Abs.1, § 51c, § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Mit bezeichnetem Straferkenntnis vom 29. Juni 2001 wurde der Berufungswerber der Missachtung einer straßenverkehrspolizeilichen Geschwindigkeitsbeschränkung für schuldig befunden. Ihm wurde angelastet (§ 44a Z1 VStG): "Sie haben am 16.06.1999 um 16.20 Uhr als Lenker des Kraftwagenzuges, bestehend aus dem LKW mit dem behördlichen Kennzeichen .. und dem Anhänger mit dem behördlichen Kennzeichen .., auf der R Landesstraße bei Strkm 26,050 im Gemeindegebiet von L, Fahrtrichtung U, das Vorschriftszeichen Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit) missachtet, in dem Sie bei einer erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h laut Lasermessung eine Geschwindigkeit von 66 km/h gefahren sind."

Dadurch habe er § 52 lit.a Z10a StVO verletzt. Über den Berufungswerber wurde gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO eine Geldstrafe von 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe) kostenpflichtig verhängt.

Der Berufungswerber bestreitet weder Tatzeit noch seine Lenkereigenschaft und wendet sich auch nicht gegen das Lasermessgerät und nicht gegen das Ergebnis der Geschwindigkeitsmessung. Er bestreitet aber die Rechtsverbindlichkeit der der Geschwindigkeitsbeschränkung zugrunde liegenden Verordnung; insbesondere sei sie nicht ordnungsgemäß kundgemacht worden.

Die belangte Behörde hat den Strafverfahrensakt vorgelegt und keine Gegenäußerung zur Berufung erstattet.

Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

Auf Grund der strafbehördlichen Aktenlage und des Berufungsvorbringens sowie nach ergänzenden Erhebungen iS des § 66 Abs.1 AVG war hinsichtlich der Rechtsverbindlichkeit einer für die L 576 Riedmark Landesstraße verordneten Geschwindigkeitsbeschränkung folgender Sachverhalt als maßgebend festzustellen und zu würdigen:

Die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft F vom 23. Jänner 1997 bestimmte als Geltungsdauer den Zeitraum 23. Jänner 1997 bis 31. Dezember 1999 und bezog die L 576 von km 0,000 bis km 33,249 ein.

Im Wege der Präambel knüpfte die Verordnung für alle von ihr erfassten Straßen die inhaltliche Ausgestaltung der eigentlichen Verbotsnormen an sogen. Regelpläne ("entsprechend den beiliegenden Regelplänen, die als ergänzender Bestandteil dieser Verordnung gelten"). Vorgegeben waren für diese Regelpläne die Kriterien Freilandstraßen und Ortsgebiet einerseits und Art der Bauarbeiten bzw. deren Auswirkung auf die Leichtigkeit, Sicherheit und Flüssigkeit des Verkehrs andererseits. Der konkrete örtliche Geltungsbereich der jeweiligen Verbotsnormen (vorliegend: das Verbot, mit einer höheren Geschwindigkeit als 30 km/h zu fahren) wurde variabel, und zwar nach Maßgabe der Lage von "Arbeitsstellen" bestimmt. Dabei war auf die bloße Faktizität und je aktuell einzurichtenden "Arbeitsstellen" abgestellt und darauf, dass es um Arbeiten der Straßenmeisterei U "zur Erhaltung, Pflege und Reinigung der Straße sowie für dringende Reparaturen an öffentlichen Einrichtungen" ging. Konkrete Merkmale für den Begriff der "Arbeitsstelle" enthielt die Verordnung nicht.

Für die Kundmachung der Verordnung bestimmte ihr § 12, dass sie durch die in den §§ 1 bis 11 angeführten Straßenverkehrszeichen "entsprechend den beiliegenden Regelplänen F1 bis F5 und O1 bis O6, die einen wesentlichen Bestandteil dieser Verordnung bilden", zu erfolgen hat.

Dem vorgelegten Strafverfahrensakt lag zwar der Verordnungstext ein, nicht jedoch die einen Bestandteil der Verordnung bildenden Regelpläne. Auch nach ergänzenden Erhebungen des Oö. Verwaltungssenates vermochte die belangte Behörde, entgegen der Verheißung in ihrer Note vom 7. August 2001, die Regelpläne nicht vorzulegen.

Aus der Anzeige des GP W vom 18. Juni 1999 geht zur Länge jenes Straßenabschnittes der L 576, für den konkret die 30 km/h-Geschwindigkeitsbeschränkung verordnet gewesen sei, nichts hervor. Auch über die Art der Arbeitsstelle und deren Auswirkung auf die Verkehrsverhältnisse des betreffenden Straßenabschnittes (mit oder ohne Einengung der Fahrbahn; Oberbauarbeiten; Sperre einer Fahrbahnhälfte; Ortsgebiet oder Freilandstraße) ist in der Anzeige nichts angegeben. Laut Niederschrift vom 1. Dezember 2000 habe der Zeuge Revierinspektor H (der Meldungsleger) ausgesagt, dass sich im "dortigen Straßenabschnitt (.....) damals ein ca. 4 km langer Baustellenbereich, wobei für diesen Bereich eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 30 km/h angeordnet war", befunden habe. Wo genau auf dieser doch eher längeren Strecke von ca. 4 km der Messort der in Rede stehenden Geschwindigkeitsüberschreitung situiert gewesen ist (eher am Anfang oder Ende oder sonstwo im Verlauf dieser Strecke), geht aus der Zeugenaussage nicht (ebensowenig wie aus der zit. Anzeige) hervor.

Mit seinem Berufungsschriftsatz legte der Beschuldigte zwei "Tatort-Fotos" vor und behauptete sinngemäß, dass der darauf abgebildete, mit einem rechts seitlich aufgestellten Vorschriftszeichen "30 km" versehene Straßenabschnitt die Tatörtlichkeit etwa eine Woche nach dem Tattag in jenem Zustand wiedergebe, in dem sie sich zur Tatzeit befunden habe. Auf diesen Fotos ist von Bauarbeiten oder solchen objektiven Gegebenheiten, die als "Arbeitsstelle" wahrgenommen werden könnten, nichts zu sehen (somit weder eine Einengung der Fahrbahn noch Oberbauarbeiten noch eine Sperre einer Fahrbahnhälfte).

Das - von vornherein weder unplausible noch der Lebensnähe höhnende - Behauptungsvorbringen zu diesen beiden Fotos ließ die belangte Behörde im Zuge der Berufungsvorlage unwidersprochen.

Dies ist umso auffälliger, als die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses die in Rede stehende Geschwindigkeitsbeschränkung von 30 km/h ausdrücklich als auf § 5 Abs.2 der zit. Verordnung gestützt angibt, was jedoch gemäß Inhalt dieser Verordnungsvorschrift eine auf der Freilandstraße eingerichtete Arbeitsstelle mit Sperre einer Fahrbahnhälfte - gemäß (dem nicht vorgelegten) Regelplan F5 - erfordert hätte. Von einer Sperre einer Fahrbahnhälfte ist jedoch auf den vom Berufungswerber eingewendeten Tatortfotos nichts zu erkennen und es steht dieser Umstand in Übereinstimmung mit dem Inhalt der Anzeige vom 18. Juni 1999 und der Zeugenaussage vom 1. Dezember 2000. Auch die in der Anzeige erwähnten "Sanierungsarbeiten des Fahrbahnbelages (Rollsplitt)" können den - unwidersprochenen - Fotos nicht entnommen werden. Das aber lässt das Tribunal vermuten, dass das in Rede stehende Vorschriftszeichen "30 km" nicht auf den Regelplan F5, sondern auf den Regelplan F3 gemäß § 3 der Verordnung "Arbeitsstelle auf Freilandstraßen bei Oberbauarbeiten" (somit ohne Fahrbahneinengung und ohne Sperre einer Fahrbahnhälfte) gestützt sein sollte.

Andere Anhaltspunkte für eine auf die entsprechende Verordnungsvorschrift nebst dazugehörigem Regelplan gestützte Kundmachung der im Berufungsfall angesprochenen Verbotsnorm enthält der Strafverfahrensakt nicht; solche Anhaltspunkte hat die belangte Behörde im Zuge der Berufungsvorlage - um das Behauptungsvorbringen des Beschuldigten, was nahe gelegen wäre, zu widerlegen - nicht geltendgemacht.

Überwiegen jedoch im Ergebnis aller dieser Erwägungen die Gründe für die Annahme, wonach die Kundmachung der Verordnung für die hier in Rede stehende Örtlichkeit nicht mit dem Verordnungstext übereinstimmte bzw. ist eine von der belangten Behörde offenbar ohne weiteres vorausgesetzte Übereinstimmung - mangels "Regelpläne" - nicht überprüfbar, so war zusammenfassend im Zweifel zu Gunsten des Berufungswerbers von einer nicht gehörigen Kundmachung der in Rede stehenden Verordnung für die spruchgemäß angegebene Tatörtlichkeit auszugehen. Gegen eine im Ergebnis nicht gehörig kundgemacht gewesene Geschwindigkeitsbeschränkung konnte der Berufungswerber infolge fehlender Rechtsverbindlichkeit nicht verstoßen, weshalb wie im Spruch zu verfügen war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Mag. Gallnbrunner

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