Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107828/10/Sch/Rd

Linz, 16.12.2002

VwSen-107828/10/Sch/Rd Linz, am 16. Dezember 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des K vom 7. August 2001, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 24. Juli 2001, VerkR96-2798-2000, wegen einer Übertretung des Gefahrgutbeförderungsgesetzes 1998, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis behoben.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 51 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit Straferkenntnis vom 24. Juli 2001, VerkR96-2798-2000, über Herrn K, wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß § 7 Abs.2 Z8 GGBG iVm § 27 Abs.1 Z1 GGBG iZm Rn 10260 lit.c ADR eine Geldstrafe von 10.000 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von zehn Tagen verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit zur Vertretung nach außen berufenes und verwaltungsstrafrechtlich verantwortliches Organ der Firma K GesmbH, mit der Beförderungseinheit Sattelkraftfahrzeug DAF mit dem Kennzeichen (Zulassungsbesitzerin E GmbH) und Sattelanhänger Schwarzmüller mit dem Kennzeichen, gelenkt von B, 26.200 kg erwärmter flüssiger Stoff n.a.g. der Klasse 9 Z20c ADR, UN 3275, auf der A8 Innkreisautobahn von Deutschland kommend, befördert habe, wobei bei einer Kontrolle am Autobahngrenzübergang Suben etwa auf Höhe von Autobahnkilometer 75,600 festgestellt worden sei, dass die erforderliche Ausrüstung zur Durchführung der in den Sicherheitshinweisen nach Rn 10385 ADR genannten zusätzlichen und besonderen Maßnahmen nicht vollständig gewesen sei, indem ein Besen, eine Schaufel und ein Auffangbehälter nicht mitgeführt worden seien.

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 1.000 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich (§ 51e Abs.2 VStG).

3. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 20. September 2000, 2000/03/0071, mit der Frage der örtlichen Zuständigkeit für Verfahren wegen Übertretungen des GGBG 1998 durch den Beförderer auseinandergesetzt und im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Die Durchführung der Beförderung gefährlicher Güter entgegen § 7 Abs.2 GGBG 1998 bezieht sich auf den gesamten Beförderungsvorgang, also nicht bloß auf die Herbeiführung, sondern auch auf die Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Zustandes. Es handelt sich somit um ein Dauerdelikt, bei dem das verpönte strafbare Verhalten erst mit der Beendigung des rechtswidrigen Zustandes aufhört. Wurde bei der im Sprengel einer bestimmten Bezirkshauptmannschaft vorgenommenen Kontrolle des Fahrzeuges der rechtswidrige Zustand festgestellt, ergibt sich daraus noch nicht gemäß § 27 Abs.1 VStG die Zuständigkeit dieser Behörde zur Ahndung der Verwaltungsübertretungen.

Bei den dem Beschuldigten - als handelsrechtlichen Geschäftsführer und somit zur Vertretung der als Beförderer tätig gewordenen GmbH nach außen Berufenen - zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen nach § 27 Abs.1 Z1 iVm § 7 Abs.2 Z5 bzw Z7 GGBG 1998 handelt es sich um Unterlassungsdelikte. Bei solchen Delikten ist der Tatort dort anzunehmen, wo der Täter hätte handeln sollen. Dieser Ort fällt dann, wenn solche Unterlassungen im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Unternehmens erfolgt sind, im Zweifel mit dem Sitz des Unternehmens zusammen. In der Regel kann die Behörde davon ausgehen, dass die Unterlassungen am Sitze des Unternehmens stattgefunden haben.

Mit dem erwähnten Erkenntnis wurde die Berufungsentscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates aufgehoben, welches von der örtlichen Zuständigkeit jener Behörde ausgegangen war, in deren Sprengel die Beanstandung stattgefunden hatte.

Für den vorliegenden Fall hat dies zu bedeuten, dass die Bezirkshauptmannschaft Schärding zwar die örtlich zuständige Strafbehörde im Hinblick auf den Anhalteort war, nicht aber für Handlungen, die am Sitz des Unternehmens der Berufungswerberin hätten gesetzt werden müssen. Damit war sohin ihre Zuständigkeit im Lichte des zitierten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes für Unterlassungen der Berufungswerberin als Vertreterin des Beförderers des verfahrensgegenständlichen Gefahrguttransportes nicht gegeben. Aus Anlass der Berufung war daher das angefochtene Straferkenntnis wegen Unzuständigkeit der Strafbehörde zu beheben, welcher Umstand grundsätzlich keinen Einstellungsgrund iSd § 45 VStG darstellt (von einem Fall des § 45 Abs.1 Z2 iVm § 2 Abs.1 VStG abgesehen).

4. Entgegen der Ansicht der Erstbehörde hält es der Oö. Verwaltungssenat nicht für gänzlich überzeugend vertretbar, der gegenständlichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dadurch entgegentreten zu können, dass man eine bestimmte Formulierungsvariante bei der Spruchgestaltung des Strafbescheides wählt.

Die Unterscheidung bezüglich Tatort bei Fehlen der Beförderungspapiere (VwGH 6.9.2001, 2000/03/0266) einerseits und persönlicher Schutzausrüstung andererseits, die im gegenständlichen Fall gefehlt hat, erscheint nicht schlüssig.

Der Vollständigkeit halber ist zu bemerken, dass die Berufungsbehörde aufgrund der Bestimmung des § 1 Abs.2 VStG die Rechtslage vor der GGBG-Novelle, BGBl. I Nr. 86/2002 anzuwenden hatte. Durch diese Novelle wurde dem § 27 ein Absatz 7 angefügt, der für den Beförderer nunmehr den Tatort mit dem Ort der Betretung festlegt, offenkundig, um auf die oben erwähnte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu reagieren und insbesondere zu gewährleisten, dass auch Beförderer ohne Unternehmenssitz im Inland verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können.

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat im Hinblick auf die Bestimmung des § 27 Abs.1 aF GGBG beim Verfassungsgerichtshof Gesetzesprüfungsanträge dahingehend gestellt, dass die Wortfolge von "10.000 S" als verfassungswidrig festgestellt werden möge. Diese Anträge wurden vom Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 27. September 2002, G 45/02-8 ua, abgewiesen. Begründend wurde insbesondere ausgeführt, dass nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes die angefochtene Mindeststrafe - vor allem angesichts des mit dem Transport gefährlicher Güter verbundenen besonderen Gefährdungspotenzials für die Gesundheit und das Leben von Menschen sowie für die Umwelt - als Mittel zur Sicherstellung einer äußerst genauen Beachtung der beim Transport gefährlicher Güter geltenden Ordnungsvorschriften sachlich gerechtfertigt sei.

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

S c h ö n

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