Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107866/13/Br/Bk

Linz, 08.11.2001

VwSen - 107866/13/Br/Bk Linz, am 8. November 2001

DVR.0690392

ERKENNTNIS

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn N, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wels, vom 2. August 2001, Zl.: III-S-2.382/01/G-500, wegen Übertretung der StVO 1960 und des FSG, nach der am 7. November 2001 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Tatzeit in Punkt 1) von "15.25 Uhr bis 15.27 Uhr" zu lauten hat und unter Anwendung des § 21 VStG eine Ermahnung ausgesprochen wird. Im Punkt 2) wird der Berufung Folge gegeben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 29/2000 - AVG iVm § 21, § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 138/2000 - VStG.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Wels hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wider den Berufungswerber je eine Geldstrafe von 500 S und für den Nichteinbringungsfall je eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden verhängt, weil er am 13. März 2001 idZ von 15.25 Uhr bis 15.30 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen ,

  1. am Fahrbahnrand in zweiter Spur und somit nicht platzsparend abgestellt habe (Halten), um eine weitere Person aussteigen zu lassen,

2. es unterlassen habe, eine Neuausstellung seines Führerscheins zu beantragen, obwohl dieser beschädigt und durch Klebebänder zusammengeklebt war.

2. Die Erstbehörde folgte der Einschätzung der Meldungsleger, wonach diese wahrgenommen und im Rahmen des Verfahrens dargelegt hätten, dass der Berufungswerber den Pkw bei den das "Schrägparken" anordnenden Bodenmarkierungen in zweiter Spur abgestellt hätte. Dies wurde rechtlich als Verstoß nach § 23 Abs.2 StVO beurteilt. Ferner sei sein Führerschein in drei Teile zerrissen und zusammengeklebt gewesen.

2.1. In der fristgerecht erhobenen Berufung wendet sich der Berufungswerber im Ergebnis sowohl gegen den als erwiesen erachteten Sachverhalt als auch gegen die vorgenommene rechtliche Beurteilung der Fakten.

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da jeweils keine 10.000 S übersteigenden Geldstrafen verhängt worden sind, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zu entscheiden. Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war in Wahrung der gemäß Art. 6 EMRK intendierten Rechte erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der Erstbehörde vorgelegten Verfahrensakt, woraus sich aus der beigeschlossenen Kopie des Führerscheines dessen Zustand erschließen lässt. Beweis erhoben wurde ferner durch Anhörung des Berufungswerbers anlässlich der vor Ort durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, an welcher auch ein Vertreter der Erstbehörde teilnahm. Als Zeugen einvernommen wurden die einschreitenden Polizeibeamten, Frau RevInsp. T und Herr Insp. T. Von der Vorfallsörtlichkeit wurden Fotos angefertigt bzw. wurde in das vom Berufungswerber anlässlich der Amthandlung aufgenommene Foto eingesehen und ebenfalls bildlich festgehalten.

4. Folgender Sachverhalt ist nach dem durchgeführten Ermittlungsverfahren erwiesen.

4.1. Unstrittig kann davon ausgegangen werden, dass der Berufungswerber seinen Pkw auf der Ringstraße, etwa auf Höhe des Hauses Nr.18, parallel zur Fahrbahn zum Stillstand brachte, um seinen Beifahrer aussteigen zu lassen. Der unmittelbar rechts gelegene und der die Schrägparkordnung vorsehende freie Parkplatz in einer Kurzparkzone wurde zu diesem Zweck nicht benützt. Sein Fahrzeug ragte mit der linken Fahrzeugseite etwa 75 bis 100 cm in östlicher Fahrtrichtung in den rechten Fahrstreifen hinein. Zu diesem Zeitpunkt herrschte eher starkes Verkehrsaufkommen, sodass sich der Berufungswerber in weiterer Folge nicht sogleich in den fließenden Verkehr einzuordnen vermochte. Auf Grund dieser Situation ist davon auszugehen, dass jedenfalls Lastkraftwagen an der Vorbeifahrt am Fahrzeug des Berufungswerbers zumindest geringfügig behindert worden sein könnten. Die Pkw´s gelangten während der Vorbeifahrt eher knapp an die Fahrbahnmitte, wobei von einer Behinderung nicht auszugehen war.

Dieser Vorgang wurde von zwei im Fußpatrouillendienst in gleicher Richtung unterwegs befindlichen Polizeibeamten wahrgenommen, welche den Berufungswerber innerhalb einer Zeitspanne von ein bis zwei Minuten ob seines Verhaltens beanstandeten und in der Folge einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle unterzogen. Dabei wurde festgestellt, dass auch sein Führerschein an den Falträndern bereits abgerissen und aus diesem Grund mit einem Klebeband zusammengefügt war, woraus die Ungültigkeit des Führerscheins und die Notwendigkeit einer Neuausstellung dieses Dokumentes erblickt wurde. Gemäß der im Akt erliegenden Kopie des Führerscheins lässt sich die Beschaffenheit des Dokumentes gut nachvollziehen. Objektiv besehen kann auf den Zweck des Dokumentes reduziert eine nachteilige Auswirkung in der Beschaffenheit des Führerscheins nicht erkannt werden. Sämtliche Eintragungen und Stempel sind selbst auf der Kopie in uneingeschränkter Form lesbar. Das Foto zeigt den Berufungswerber in jüngeren Jahren und lässt ihn durchaus auch in seiner heutigen Erscheinung noch erkennen. Dennoch mag es geboten gewesen sein, den Führerschein zu erneuern, was zwischenzeitig auch geschehen ist.

4.2. Diese Feststellungen gelten auf Grund des Ergebnisses der vor Ort geführten Berufungsverhandlung als erwiesen. Sowohl der Berufungswerber als auch die zeugenschaftlich einvernommenen Polizeibeamten geben diese Fakten im Ergebnis übereinstimmend an. Lediglich hinsichtlich der Zeitdauer des Abstellens an besagter Örtlichkeit lassen sich "fünf Minuten" bis zum Einschreiten der Polizeibeamten als nicht wahrscheinlich schlussfolgern. Wenn beide Polizeibeamten diesbezüglich angaben, die Wahrnehmung aus einer Entfernung von etwa 20 bis 30 m gemacht zu haben, während sie dort einem Passanten eine Auskunft erteilten und sie sich sodann zum Fahrzeug des im Wegfahren begriffenen Berufungswerber begaben, lassen sich für diesen Vorgang maximal ein bis zwei Minuten erschließen. Diese Zeitdauer ist mit Blick auf eine verkehrsbedingte Hinderung des Einordnens in den fließenden Verkehr durchaus plausibel zurückzuführen. Glaubhaft ist jedenfalls, dass dieses "Halten" tatsächlich nur dem Aussteigenlassen einer Person diente. Dies wird von Insp. T bestätigt, dass er auf der rechten Seite eine Person aussteigen sah. Da nicht anzunehmen ist, dass diese Person erst längere Zeit nach dem Anhalten ausstieg, ist die o.a. Dauer für das Verweilen in zweiter Spur - bis zum Einschreiten der Polizeibeamten - wohl auf verkehrsbedingte Umstände zurückzuführen. Auch während des Berufungsverfahrens herrschte an diesem Straßenzug starker und teilweise dicht aufschließender Kolonnenverkehr. Festgestellt konnte auch werden, dass immer wieder Fahrzeuge in der hier verfahrensgegenständlichen Form "(an-)halten", um auf das Ausparken eines Fahrzeuges aus der Kurzparkzone abzuwarten und so zu einem Parkplatz zu kommen.

Offenbar stieß das Einschreiten der Polizeibeamten beim Berufungswerber auf Ablehnung bzw. wurde von diesem sein Fehlverhalten nicht eingesehen, sodass von der Möglichkeit, eine sogenannte Abmahnung auszusprechen, nicht Gebrauch gemacht und vom Berufungswerber auch die Bezahlung einer Organmandatsstrafe abgelehnt wurde. Auf eine fehlende Schuldeinsicht beim Berufungswerber lassen in weiterer Folge auch seine Eingaben im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens schließen.

Im Zuge des Berufungsverfahrens konnte der Eindruck gewonnen werden, dass er sich im Ergebnis offenbar auf die - wenn auch formal rechtswidrige aber in aller Regel ungeahndet bleibende - dort durchaus übliche Praxis berufen wollte. Damit will er sich offenkundig auf eine Gleichbehandlung im Unrecht (nämlich ob eines solchen Verhaltens nicht beanstandet oder bestraft zu werden) berufen.

Diesbezüglich konnte beim Berufungswerber nunmehr der Eindruck einer bestehenden Einsichtigkeit hinsichtlich seines Fehlverhaltens erblickt werden. Die einschreitenden Beamten ließen andererseits im Rahmen ihrer Einvernahme ebenfalls erkennen, dass in der Praxis in derartigen Fällen auch mit Abmahnungen vorgegangen wird.

Das obige Bild links verdeutlicht die Situation des Verkehrsflusses auf der Ringstraße in Fahrtrichtung des Berufungswerbers, wobei sein Fahrzeug am linken Bildrand zumindest 70 cm in die Fahrbahn ragte. Dieses Bild wurde anlässlich des Ortsaugenscheins aufgenommen. Das rechte Bild zeigte die tatsächliche "Halteposition" mit den einschreitenden Polizeibeamten im Hintergrund. Es wurde vom Berufungswerber aufgenommen und anlässlich der Berufungsverhandlung zur Einsicht und Dokumentation zur Verfügung gestellt. Falls es durch das Verhalten des Berufungswerbers tatsächlich zu einer nachhaltigen Verkehrsbehinderung gekommen wäre, wäre der Berufungswerber seitens der einschreitenden Beamten für die Dauer der wahrscheinlich zumindest fünf Minuten in Anspruch nehmenden Amtshandlung wohl angewiesen worden, das Fahrzeug in die rechts neben seinem Fahrzeug gelegene freie Parklücke zu stellen. Dies war jedoch offenbar nicht der Fall.

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

5.1. § 14 Abs.4 FSG lautet: Wenn ein Führerschein ungültig geworden ist, hat dessen Besitzer ohne unnötigen Aufschub den Führerschein bei der Behörde abzuliefern und gegebenenfalls die Ausstellung eines neuen Führerscheines zu beantragen (§ 15). Ein Führerschein ist ungültig, wenn die behördlichen Eintragungen, Unterschriften oder Stempel unkenntlich geworden sind, das Lichtbild fehlt oder den Besitzer nicht mehr einwandfrei erkennen lässt, oder Beschädigungen oder Merkmale seine Vollständigkeit, Einheit oder Echtheit in Frage stellen.

Ein Verstoß gegen diese gesetzlich intendierten Merkmale kann bei einem an den Falträndern gebrochenen und aus diesem Grunde mit Klebebändern "reparierten" Dokument noch nicht erblickt werden.

Ebenfalls scheint das Lichtbild, welches den Berufungswerber in jüngeren Jahren zeigt, mangelfrei. Ein derartiger Umstand indiziert noch keine Verwaltungsübertretung, da die hier vorliegende abnützungsbedingte Beschädigung nicht die Vollständigkeit, Einheit oder Echtheit des Dokumentes in Frage stellt (vgl. h. Erk. vom 3.11.1998, VwSen-105751/7/Ki/Shn). In diesem Zusammenhang wird darüber hinaus auf die Judikatur zur früheren und den gleichen Schutzzweck betreffenden Bestimmung des § 71 Abs.3 KFG verwiesen (VwGH 9.11.1990, 90/18/0180). Demnach ist von einer Ungültigkeit des Dokumentes (erst) dann auszugehen, wenn die behördlichen Eintragungen, Unterschriften oder Stempel unkenntlich geworden oder das Lichtbild fehlt, oder Beschädigungen die Einheit und Echtheit des Dokumentes in Frage stellen. Die aus dem Akt hervorleuchtende Beschaffenheit des Dokumentes lässt eine derartige Beurteilung gerade noch nicht zu.

Zusammenfassend wird daher in diesem Punkt seitens der erkennenden Berufungsbehörde festgestellt, dass dieser gegen den Bw erhobene Tatvorwurf unbegründet ist, weshalb in diesem Punkt der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

Auf sich bewenden kann, ob mit dem sich auf den inhaltlich eingeschränkten Tatvorwurf, "obwohl dieser [gemeint: Führerschein] beschädigt und durch Klebebänder zusammengeklebt war", dem Konkretisierungsgebot iSd § 44a Z1 VStG hinreichend Rechnung getragen wäre.

5.2. § 23 Abs.2 StVO dient dazu, eine Behinderung des Fließverkehrs hintanzuhalten (vgl. OGH 6. 7. 1978, ZVR 1979/165; 15. 2. 1979, ZVR 1980/92 u.v.a.).

Zweck der Schutznorm ist es, bei der gebotenen Ausnützung des vorhandenen Platzes den Ort der Aufstellung des Kfz so zu wählen, dass kein Straßenbenützer dadurch gefährdet oder behindert wird (wiederum OGH 26.6.1975, ZVR 1976/232).

Es wird auch die Ansicht der Behörde erster Instanz geteilt, dass das dem Berufungswerber zum Vorwurf gemachte Verhalten ein Halten und kein bloßes Anhalten darstellt. Auch das Halten für das rasche Ein- oder Aussteigen ist unzulässig, wobei dies selbst iZm einer gewerblichen Tätigkeit, etwa dem mit der Ausübung des Taxi-Gewerbes stehenden raschen Einsteigen oder das rasche Aussteigen von Fahrgästen gilt (VwGH 31. 1. 1990, ZfVB 1991/1/162).

Von der Verhängung einer Strafe nach § 21 VStG kann jedoch abgesehen werden, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Der im Rahmen des Berufungsverfahrens festgestellte Sachverhalt lässt die Annahme des Vorliegens dieser Voraussetzungen bei objektiver Betrachtung gerechtfertigt erscheinen. Nicht zuletzt wäre angesichts des bloßen Aussteigenlassens eines Fahrgasts, bei vorliegender Einsichtigkeit - welche offenbar an Kommunikationsproblemen im weitesten Sinn scheiterte - auch von der Meldungslegerin mit einer Abmahnung vorgegangen worden.

Um jedoch letztlich dem Berufungswerber doch vor Augen zu führen, dass auch ein derartiges Verhalten nicht bagatellisierbar ist, war zumindest mit einer Ermahnung vorzugehen, um dem Berufungswerber auch eine in der täglichen Praxis wohl oft unvermeidliche Verhaltensweise als rechtswidrig aufzuzeigen. Eine Berufung auf eine Gleichbehandlung im Unrecht muss in diesem Zusammenhang als ins Leere gehend bezeichnet werden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. B l e i e r

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