Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240223/2/Gf/Km

Linz, 19.12.1996

VwSen-240223/2/Gf/Km Linz, am 19. Dezember 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des M D, vertreten durch RA Dr. R H, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf vom 28. November 1996, Zl.

SanRB96-30-1996-SJ, wegen Übertretung des Lebensmittelgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern stattgegeben, als die zu Pkt.

1. und zu Pkt. 2.a verhängten Geldstrafen jeweils mit 2.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafen jeweils mit 27 Stunden sowie die zu Pkt. 2.b verhängte Geldstrafe mit 700 S und die Ersatzfreiheitsstrafe mit 5 Stunden festgesetzt werden; im übrigen wird diese hingegen abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß es in dessen Spruch anstelle von "Ballas" jeweils richtig "BALLAST" zu heißen hat.

II. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf jeweils 200 S bzw. 70 S, insgesamt sohin auf 470 S; für das Verfahren vor dem Oö.

Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 16 Abs. 2 VStG; § 64 Abs. 1 und 2 VStG; § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf vom 28. November 1996, Zl. SanRB96-30-1996-SJ, wurden über den Beschwerdeführer zwei Geldstrafen in Höhe von je 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: je 3 Tage) bzw. eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 1 Tag) verhängt, weil er ein diätetisches Lebensmittel bzw.

ein Verzehrprodukt ohne vorangehende Anmeldung beim Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz verkauft und dadurch in Verkehr gebracht habe, wobei letzteres überdies mit einem verbotenen gesundheitsbezogenen Hinweis versehen gewesen sei; dadurch habe er eine Übertretung des § 74 Abs.

5 Z. 3 i.V.m. § 17 Abs. 2, des § 74 Abs. 5 Z. 3 i.V.m. § 18 Abs. 1 sowie des § 74 Abs. 1 i.V.m. § 7 Abs. 1 lit. c und § 9 Abs. 1 lit. a des Lebensmittelgesetzes, BGBl.Nr. 86/1975, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 756/1992 (im folgenden:

LMG), begangen, weshalb er nach § 74 Abs. 5 Z. 3 bzw. § 74 Abs. 1 LMG zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses ihm am 5. Dezember 1996 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 6. Dezember 1996 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde im wesentlichen begründend aus, daß der dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Tatbestand durch dienstliche Wahrnehmungen eines Lebensmittelaufsichtsorganes sowie durch entsprechende Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung Linz als erwiesen anzusehen sei.

Bei der Strafbemessung seien der Umstand, daß dem Beschwerdeführer die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit nicht mehr zugute komme, sowie das Ausmaß der Übertretungen als erschwerend zu werten gewesen, während Milderungsgründe nicht hervorgekommen seien; die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

2.2. Dagegen bringt der Berufungswerber zunächst vor, daß die durch ihn vorgenommene Bezeichnung der verfahrensgegenständlichen Produkte ("diätetische Saftkomposition"; "Nahrungsergänzung") nichts über deren tatsächliche Qualifikation als diätetisches Lebensmittel bzw. als ein Verzehrprodukt auszusagen vermöge.

De facto liege jedenfalls weder eine besondere Beschaffenheit im Sinne eines diätetischen Lebensmittels noch eine bloße Nahrungsergänzung vor.

Daher sei auch eine entsprechende Anmeldung beim Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz entbehrlich gewesen.

Im übrigen widerspreche die Bestimmung des § 9 Abs. 3 LMG ohnedies insofern dem Recht auf freien Warenverkehr, als dadurch verunmöglicht werde, ein in Deutschland hergestelltes und unbeanstandet vertriebenes Produkt in gleicher Weise auch in Österreich in Verkehr zu bringen.

Aus diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der BH Kirchdorf zu Zl.

SanRB96-30-1996; da bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt hinreichend zu klären war und mit dem angefochtenen Straferkenntnis lediglich drei jeweils 3.000 S nicht übersteigende Geldstrafen verhängt wurden sowie ein entsprechender Antrag nicht gestellt, sondern nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung durch die belangte Behörde geltend gemacht wurde, konnte im übrigen gemäß § 51e Abs. 1 und 2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 74 Abs. 5 Z. 3 i.V.m. § 17 Abs. 2 LMG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 25.000 S zu bestrafen, der Lebensmittel unter einer Aufmachung oder unter Verwendung von Bezeichnungen, die die Eignung als ein diätetisches Lebensmittel - d.i. ein Lebensmittel besonderer Beschaffenheit, das für bestimmte Gruppen von Verbrauchern zu dem Zweck hergestellt wurde, um entweder die Zufuhr bestimmter Nährstoffe oder anderer ernährungsphysiologisch wirkender Stoffe zu steigern bzw. zu verringern oder zu dem Zweck, um besonderen Ernährungsbedürfnissen bei Krankheiten, Mangelerscheinungen, Funktionsanomalien und bei Überempfindlichkeit gegen einzelne Lebensmittel oder deren Bestandteile, während der Schwangerschaft und Stillzeit sowie des Säuglings oder Kleinkindes Rechnung zu tragen dartun, vor ihrer Anmeldung beim Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz in Verkehr bringt.

Nach § 74 Abs. 5 Z. 3 i.V.m. § 18 Abs. 1 LMG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 25.000 S zu bestrafen, der Verzehrprodukte - d.s.

Stoffe, die dazu bestimmt sind, von Menschen gegessen, gekaut oder getrunken zu werden, ohne überwiegend Ernährungs- oder Genußzwecken zu dienen oder Arzneimittel zu sein - in Verkehr bringt.

Gemäß § 74 Abs. 1 i.V.m. § 7 Abs. 1 lit. c und i.V.m. § 9 Abs. 1 lit. a LMG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen, der insofern falsch bezeichnete Verzehrprodukte in Verkehr bringt, als sich diese Bezeichnung auf die Verhütung, Linderung oder Heilung von Krankheiten oder Krankheitssymptomen oder auf physiologische oder pharmakologische, insbesondere jungerhaltende, Alterserscheinungen hemmende, schlankmachende oder gesunderhaltende Wirkungen bezieht oder den Eindruck einer derartigen Wirkung erweckt.

4.2.1. Hinsichtlich des vom Beschwerdeführer in Verkehr gebrachten Produktes "Eisenblut", das mit der Beschreibung "Diätetische Saftkomposition mit Eisen" versehen war, unterliegt dieser insofern einem Rechtsirrtum, als es in bezug auf die in § 17 Abs. 2 LMG statuierte Anmeldepflicht nicht darauf ankommt, daß tatsächlich diätetische Lebensmittel in Verkehr gebracht wurden, sondern - nach dem insoweit eindeutigen Gesetzeswortlaut - nur darauf, daß ein Lebensmittel unter einer Aufmachung, die dessen Eignung als ein diätetisches Lebensmittel dartut, angeboten wird.

Dieser Anschein ist aber zweifellos dann gegeben, wenn das Produkt - wie im gegenständlichen Fall - mit der expliziten Umschreibung "Diätetische Saftkomposition" in Verkehr gebracht wird.

Insofern hat daher der Rechtsmittelwerber offenkundig tatbestandsmäßig i.S.d. § 74 Abs. 5 Z. 3 i.V.m. § 17 Abs. 2 LMG und - weil ihm als Gewerbetreibendem die entsprechenden Rechtsvorschriften auch bekannt sein mußten - zumindest fahrlässig und damit auch schuldhaft gehandelt.

4.2.2. Hinsichtlich des Tatvorwurfes zu § 74 Abs. 5 Z. 3 i.V.m. § 18 Abs. 1 LMG trifft hingegen die Argumentation des Berufungswerbers, daß es nicht auf die Bezeichnung, sondern nur darauf ankommt, daß tatsächlich nicht ein Lebensmittel, sondern bloß ein Verzehrprodukt vorliegen muß, zu.

Doch ist auch bezüglich des Produktes "Pflaumi BALLAST" insbesondere aufgrund der Produktbeschreibung ("Verzehrsempfehlung: Morgens oder abends je 1 - 2 Eßlöffel [ca. 20 ml] vor der Mahlzeit; bei Bedarf kann Pflaumi BALLAST längere Zeit zur Nahrungsergänzung genommen werden") sowie des Preises (159,- S für 0,2 l) - offenkundig, daß es sich insoweit i.S.d. § 3 LMG um eine Flüssigkeit, die dazu bestimmt ist, von Menschen getrunken zu werden, ohne überwiegend Ernährungs- oder Genußzwecken zu dienen oder ein Arzneimittel zu sein, und damit lediglich um ein Verzehrprodukt und nicht um ein Lebensmittel handelt.

Da aber Verzehrprodukte im Gegensatz zu Lebensmitteln gemäß § 18 Abs. 1 LMG generell der Meldepflicht unterliegen und eine entsprechende Anmeldung vorliegendenfalls unstrittig nicht vorgenommen wurde, hat der Beschwerdeführer somit auch insofern tatbestandsmäßig und schuldhaft gehandelt.

4.2.3. Daß die dem Produkt "Pflaumi BALLAST" beigegebene Beschreibung "verdauungsfördernde, mild abführende Wirkung" intentional einen - normalen - physiologischen Effekt i.S.d.

§ 9 Abs. 1 lit. a suggeriert, kann ebenfalls keinem Zweifel unterliegen (vgl. dazu auch den AB, 202 u. 1433/13. GP).

Auch insofern liegt daher tatbestandsmäßiges und schuldhaftes Verhalten i.S.d. § 74 Abs. 1 i.V.m. § 7 Abs. 1 lit. c und § 9 Abs. 1 lit. a LMG vor.

4.3. Schließlich ist auch der Einwand des Berufungswerbers, daß es das Prinzip des freien Warenverkehrs gebiete, daß Produkte aus einem EU-Staat in gleicher Aufmachung und ohne vorangehendes Genehmigungsverfahren auch in jedem anderen EUStaat vertrieben werden können, nicht geeignet, im gegenständlichen Fall sein Verhalten zu rechtfertigen und damit sein Verschulden auszuschließen:

Denn der in Art. 30 EG-Vertrag positivierte, sich in erster Linie auf mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen beziehende Grundsatz des freien Warenverkehrs steht gemäß Art. 36 EGVertrag unter dem expliziten Vorbehalt, daß dadurch entsprechende Maßnahmen nicht gehindert werden, die insbesondere aus Gründen der öffentlichen Sicherheit oder zum Schutz der Gesundheit von Menschen erforderlich sind. Daß aber der Schutz der Verbraucher (dem die in § 17 Abs. 2 bzw. in § 18 Abs. 1 LMG festgelegte Meldepflicht bzw. das in § 7 Abs. 1 lit. c i.V.m. § 9 Abs. 1 lit. a LMG verankerte Bezeichnungsverbot dient) ein derartiges Interesse i.S.d. Art. 36 EG-Vertrag darstellt, hat der EuGH gerade in der vom Beschwerdeführer selbst angeführten Rechtssache C-470/93 vom 6. Juli 1995 entschieden.

Im weiteren geht aus diesem Urteil explizit hervor, daß nationale Bestimmungen, die Hemmnisse für den Binnenhandel der Gemeinschaft bewirken, zulässig sind, wenn und soweit diese notwendig sind, um zwingenden Erfordernissen - darunter jenen des Verbraucherschutzes - gerecht zu werden. Da die mit § 17 Abs. 2, § 18 Abs. 1, § 7 Abs. 1 lit. c und § 9 Abs. 1 lit. a LMG verfolgten Ziele offenkundig in Art. 36 EG-Vertrag ihre Deckung finden und die zu deren Erreichung vorgesehenen Maßnahmen (jeweils mit Strafsanktion bewehrte[s] Meldepflicht bzw. Bezeichnungsverbot) zu den Zielvorgaben auch nicht außer Verhältnis stehen, kann der Oö. Verwaltungssenat sohin nicht finden, daß die vorangeführten Bestimmungen des LMG im Widerspruch zum EG-Recht stünden.

Im Ergebnis kann aber damit - entgegen den Behauptungen des Berufungswerbers - keine Rede davon sein, daß das Prinzip des freien Warenverkehrs gewährleiste, daß ein in einem EUStaat erzeugtes Produkt vorbehaltslos in jedem anderen EUStaat unter den gleichen Bedingungen und in gleicher Aufmachung wie im Erzeugerstaat vertrieben werden darf.

Sohin ist das Verhalten des Beschwerdeführers auch unter diesem Aspekt nicht gerechtfertigt und damit auch nicht entschuldigt.

4.4. Im Zuge der Strafbemessung ist der belangten Behörde hingegen zunächst offenkundig insofern ein Rechtsirrtum unterlaufen, als diese das Nichtvorliegen des Milderungsgrundes der Unbescholtenheit als erschwerend gewertet hat, ohne in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses gleichzeitig andere einschlägige rechtskräftige Vormerkungen anzuführen, geschweige denn belegen zu können.

Im übrigen wurde auch verabsäumt, das in der Begründung angesprochene "Ausmaß der Übertretungen" insofern näher zu konkretisieren, als dieses tatsächlich einen Erschwerungsgrund hätte bilden können (wobei sich hiefür auch im Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat keine Anhaltspunkte ergaben).

Ist daher im Ergebnis sowohl vom Nichtvorliegen von Erschwerungs- als auch von Milderungsgründen auszugehen, findet es der Oö. Verwaltungssenat in gleicher Weise als tatund schuldangemessen, die Geldstrafen wegen der Übertretung des § 17 Abs. 2 LMG bzw. des § 18 Abs. 1 LMG mit jeweils 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: jeweils 27 Stunden) bzw. die Geldstrafe wegen der Übertretung des § 7 Abs. 1 lit. c i.V.m. § 9 Abs. 1 lit. a LMG mit 700 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 5 Stunden) festzusetzen.

4.5. Insoweit war daher der gegenständlichen Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben; im übrigen war diese hingegen abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe zu bestätigen, daß es in dessen Spruch anstelle von "Ballas" jeweils richtig "BALLAST" zu heißen hat.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis ermäßigt sich der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG auf jeweils 200 S bzw. 70 S, insgesamt sohin auf 470 S; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist gemäß § 65 VStG kein Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. G r o f

Beachte:

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang des Punktes 2.b (Übertretung nach § 74 Abs. 1 iVm § 7 Abs.1 lit.c und § 9 Abs.1 lit.a LMG) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

VwGH vom 31.03.2002, Zl.: 2003/10/0026-7 (vormals 1997/10/0019)

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