Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107886/6/Fra/Ka

Linz, 30.11.2001

VwSen-107886/6/Fra/Ka Linz, am 30. November 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 1. Kammer (Vorsitzender: Dr. Grof, Berichter: Dr. Fragner, Beisitzer: Dr. Keinberger) über die Berufung des Herrn WK, vertreten durch die Sachwalterin Frau E L, Verein für Sachwalterschaft, R, diese wiederum vertreten durch Herrn Dr. BW, Rechtsanwalt und Verteidiger in Strafsachen, R, gegen die Höhe der mit Straferkentnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 28.8.2001, AZ. VerkR96-5763-2001-Ro, wegen Übertretung des § 5 Abs.1 StVO 1960, verhängten Strafe, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 10.000,00 Schilling (entspricht 726,73 Euro) herabgesetzt wird; für den Fall der Uneinbringlichkeit dieser wird eine Ersatzfreiheitsstrafe von 9 Tagen festgesetzt.

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat keinen Kostenbeitrag zu zahlen. Für das Verfahren erster Instanz ermäßigt sich der Kostenbeitrag auf 10 % der neu bemessenen Strafe, ds 1.000,00 Schilling (entspricht 72,67 Euro).

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 20 und 24 VStG.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 5 Abs.1 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.1 lit.a leg.cit. iVm § 20 VStG eine Geldstrafe von 12.000 S (EFS 13 Tage) verhängt, weil er am 19.5.2001 um 21.15 Uhr das Fahrrad, Marke unbekannt, Farbe blau, im Gemeindegebiet von Moosbach, Ortschaftsbereich Matzelsberg, auf der Mauerkirchner Bundesstraße 142, bei Strkm. 8,6, von Moosbach kommend in Richtung Weng i.I. gelenkt und sich hiebei in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (2,25 Promille) befunden hat. Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn sah sich zu keiner Berufungsvorentscheidung veranlasst und legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer entscheidet (§ 51c zweiter Satz VStG). Da sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet und weder der Bw noch die belangte Behörde die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat, konnte die Abhaltung einer solchen unterbleiben (§ 51e Abs.3 Z2 VStG.

I.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

I.3.1. Zur vorgebrachten Zustellproblematik:

Vorerst ist festzuhalten, dass mit der ursprünglich eingebrachten Berufung das Straferkenntnis zur Gänze angefochten wurde. Der Bw brachte vor, dass an handlungsunfähige Personen eine Zustellung nicht verfügt werden dürfe; die Behörde habe diesfalls den gesetzlichen oder bestellten Vertreter oder einen Kurator als "Empfänger" festzulegen. Eine an einen Handlungsunfähigen vorgenommene Zustellung löse keine Rechtswirkungen aus. Vorsichtshalber wies der Bw auf seine Unzurechnungsfähigkeit hin und beantragte der Berufung Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben.

Zu diesem Vorbringen verwies der Oö. Verwaltungssenat mit Schreiben vom 10.10.2001, VwSen-107886/2/Fra/Ka, an den Vertreter des Bw auf § 9 Abs.1 Zustellgesetz, wonach, wenn ein Zustellbevollmächtigter bestellt ist, die Behörde diesen als Empfänger zu bezeichnen hat und wenn dies nicht geschieht, die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt gilt, in dem das Schriftstück dem Zustellbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist. Der Oö. Verwaltungssenat teilte in diesem Schreiben dem Vertreter des Bw auch mit, vorläufig die Rechtsansicht zu vertreten, dass das angefochtene Straferkenntnis am 12.9.2001 - wie vom Vertreter des Bw in seinem Rechtsmittel vorgebracht - durch Übergabe an die Sachwalterin rechtswirksam zugestellt wurde. Diese dem Vertreter des Bw vorläufig mitgeteilte Rechtsansicht erhebt der Oö. Verwaltungssenat zu seiner endgültigen, weil keine Gründe hervorgekommen sind, die diese Rechtsansicht als unzutreffend erscheinen ließe. Wäre nämlich der Ansicht des Bw zu folgen, müsste seine Berufung mangels Erlassung eines Straferkenntnisses zurückgewiesen werden, woraufhin die belangte Behörde ein Straferkenntnis mit demselben Inhalt wie das angefochtene zustellen könnte. Dies würde lediglich einen unnötigen und vermeidbaren Aufwand darstellen und der Bw würde sich in keiner günstigeren Rechtsposition befinden. Zusammenfassend wird daher festgestellt, dass das Straferkenntnis rechtswirksam am 12.9.2001 zugestellt wurde und von einer rechtzeitig eingebrachten Berufung auszugehen ist.

I.3.2. Strafbemessung:

Da in der Folge das Rechtsmittel auf das Strafausmaß eingeschränkt wurde und die belangte Behörde bei der Strafbemessung § 20 VStG angewendet hat, war es Aufgabe des Oö. Verwaltungssenates, eine den Tatbestandsvoraussetzungen des § 20 VStG entsprechende Strafe festzusetzen. Nach dieser Bestimmung kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist. Die Milderungsgründe müssen die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen. Es kommt nicht auf die Zahl der gegebenen Milderungs- und Erschwerungsgründe, sondern ausschließlich auf deren Bedeutung im Rahmen des konkret gegebenen Sachverhaltes an (VwGH 27.2.1992, 92/02/0095). Unter Umständen kann auch ein einziger Milderungsgrund so schwerwiegend sein, dass er mehrere vorhandene Erschwerungsgründe überwiegt und daher eine außerordentliche Strafmilderung rechtfertigt.

Gemäß § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 16.000 S bis 80.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zwei Wochen bis sechs Wochen zu bestrafen, wer ua ein Fahrzeug lenkt, obwohl der Alkoholgehalt des Blutes 1,6 g/l (1,6 Promille) oder mehr beträgt.

Eine außerordentliche Strafmilderung gemäß § 20 VStG kommt nur bei solchen Strafdrohungen in Betracht, die eine gesetzliche Untergrenze haben.

§ 20 VStG räumt der Behörde ungeachtet der Verwendung des Wortes "kann" kein Ermessen ein. Überwiegen die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich, dann hat der Beschuldigte einen Rechtsanspruch auf die Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes. Die Behörde hat in diesem Falle der Strafbemessung einen Strafrahmen zugrunde zu legen, dessen Untergrenze die Hälfte der (gesetzlichen) Mindeststrafe beträgt und ausgehend davon die Strafe innerhalb des solcherart (nach unten) geänderten Strafrahmens festzusetzen. Die Strafzumessung innerhalb dieses sich aus der Anwendung des § 20 VStG ergebenden Strafrahmens ist in das Ermessen der Behörde gestellt, das sie nach den Kriterien des § 19 VStG auszuüben hat (VwGH 2.9.1992, 92/02/0150 ua).

Das angefochtene Straferkenntnis lässt eine Begründung zur Anwendung des § 20 VStG vermissen, weshalb diese vom Oö. Verwaltungssenat wie folgt nachgeholt wird: Der Bw ist verwaltungsstrafrechtlich unbescholten. Dies ist ein gewichtiger Milderungsgrund. Erschwerende Umstände sind weder im erstinstanzlichen noch im Berufungsverfahren hervorgekommen. Der Bw hat mit Eingabe vom 20.11.2001 sein Rechtsmittel auf die Strafhöhe eingeschränkt. Damit hat der Bw spät aber doch seine Schuld eingestanden und dem Staat ein aufwändiges Verwaltungsstrafverfahren erspart. Dieser Aspekt ist bei der Strafbemessung nicht zu vernachlässigen. Unter Bedachtnahme auf die soziale und wirtschaftliche Situation des Bw erscheint dem Oö. Verwaltungssenat die nunmehr bemessene Strafe als tat- und schuldangemessen. Einer weiteren Herabsetzung der Strafe stehen einerseits der hohe Alkoholisierungsgrad des Bw (2,25 Promille Blutalkoholgehalt) sowie spezialpräventive Erwägungen entgegen.

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

zu II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. G r o f

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