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des Landes Oberösterreich
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VwSen-240224/2/Gf/Km

Linz, 20.12.1996

VwSen-240224/2/Gf/Km Linz, am 20. Dezember 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des Dipl.-Ing. G A, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 7. November 1996, Zl.

SanRB96-78-1995-Fu, wegen Übertretung des Lebensmittelgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern stattgegeben, als das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben wird.

II. Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 7. November 1996, Zl. SanRB96-78-1995-Fu, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 21 Stunden) verhängt, weil er es als außenvertretungsbefugtes Organ einer GmbH zu vertreten habe, daß diese insofern falsch bezeichnete Lebensmittel, als auf deren Verpackung ein zu langes Haltbarkeitsda tum angegeben war, in Verkehr gebracht habe; dadurch habe er eine Übertretung des § 74 Abs. 1 i.V.m. § 7 Abs. 1 lit. c und § 8 lit. f des Lebensmittelgesetzes, BGBl.Nr. 86/1975, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 756/1992 (im folgenden:

LMG), begangen, weshalb er nach § 74 Abs. 1 LMG zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses ihm am 13. November 1996 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 27. November 1996 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde im wesentlichen begründend aus, daß der dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Tatbestand durch dienstliche Wahrnehmungen eines Lebensmittelaufsichtsorganes sowie durch entsprechende Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung Innsbruck als erwiesen anzusehen sei.

Bei der Strafbemessung seien die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers als mildernd zu werten und dessen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

2.2. Dagegen bringt der Berufungswerber in erster Linie vor, daß innerbetrieblich fortlaufend strengste Produktkontrollen durchgeführt würden; die zur Beanstandung geführt habenden Umstände müßten daher erst nach dem Verlassen des Unternehmens gesetzt worden sein (wie etwa eine Unterbrechung der Kühlkette, die zu einem Auftauen der Ware und damit zu einer Erhöhung der Keimzahl geführt habe).

Da ihn im übrigen persönlich nur ein äußerst geringes Verschulden treffe und die Folgen der Übertretung gering geblieben seien, wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses, in eventu jedenfalls eine spürbare Herabsetzung der Strafe beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der BH Linz-Land zu Zl.

SanRB96-78-1995; da bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt hinreichend zu klären war und mit dem angefochtenen Straferkenntnis lediglich eine 3.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt sowie ein entsprechender Antrag nicht gestellt, sondern nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung durch die belangte Behörde geltend gemacht wurde, konnte im übrigen gemäß § 51e Abs. 1 und 2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 74 Abs. 1 i.V.m. § 7 Abs. 1 lit. c und i.V.m.

§ 8 lit. f LMG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen, der insofern falsch bezeichnete Lebensmittel in Verkehr bringt, als diese mit zur Irreführung geeigneten Angaben über nach der Verbrauchererwartung wesentliche Umstände - wie etwa Angaben über die Haltbarkeit - versehen sind.

Nach § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG ist Fahrlässigkeit bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot ohne weiteres dann anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

4.2. Im gegenständlichen Fall ist - insbesondere zufolge eines entsprechenden Gutachtens der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung Innsbruck - nicht zweifelhaft, daß die in Verkehr gebrachte Ware hinsichtlich ihres auf der Verpackung angegebenen Haltbarkeitsdatums objektiv als falsch bezeichnet i.S.d. Tatvorwurfes (§ 74 Abs. 1 i.V.m. § 7 Abs. 1 lit.

c und § 8 lit. f LMG) zu qualifizieren ist.

4.3. Der Beschwerdeführer bestreitet jedoch sein Verschulden, indem er einwendet, daß diese Ware in einwandfreiem Zustand seinen Betrieb verlassen habe und deren Haltbarkeit durch unsachgemäße Behandlung auf dem Transportweg beeinträchtigt worden sei, sohin im Ergebnis also nicht ihn, sondern andere Personen die strafrechtliche Verantwortlichkeit treffe.

4.3.1. Im Zusammenhang mit der in § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG normierten Beweislastumkehr hat der Verfassungsgerichtshof zuletzt in seinem Erkenntnis VfSlg 13790/1994 (S. 693) ausgesprochen, daß diese Bestimmung nicht etwa bewirkt, daß ein Verdächtiger seine Unschuld zu beweisen hat. Vielmehr hat stets die Behörde jedenfalls die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes durch den Beschuldigten nachzuweisen; sollten weiters Anhaltspunkte vorliegen, die an seinem Verschulden zweifeln lassen, so ist zudem auch die Verschuldensfrage von Amts wegen zu klären.

Wendet daher der Beschwerdeführer - wie im gegenständlichen Fall - ein, daß die Ware seinen Betrieb ordnungsgemäß verlassen habe und diese erst durch unsachgemäße Handhabung von Zwischenhändlern nachteilig beeinflußt worden sei, so macht er damit Umstände geltend, die erhebliche Zweifel an der subjektiven Zurechenbarkeit der Tat entstehen lassen.

Es wäre daher in Fallkonstellationen wie der vorliegenden an der belangten Behörde gelegen, im Sinne der dargestellten Rechtsprechung auch das Verschulden des Berufungswerbers nachzuweisen.

Dies hat die belangte Behörde jedoch, wie sich aus der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses zweifelsfrei ergibt (vgl. S. 6: "Dies bedeutet, daß Sie glaubhaft zu machen haben, daß Sie an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Dies ist Ihnen jedoch in keinster Weise gelungen bzw. haben Sie auch nichts diesbezügliches vorgebracht."), verkannt.

Daß es hingegen nicht Aufgabe des Oö. Verwaltungssenates sein kann, solcherart substantielle Versäumnisse des behördlichen Ermittlungsverfahrens, die dazu führen, daß ihm über die Funktion eines Organes der Rechtmäßigkeitskontrolle (vgl. Art. 129 B-VG), hinaus - und im Widerspruch zu Art. 90 Abs. 2 B-VG - zusätzlich auch noch jene des Anklägers zukäme, zu substituieren, wurde ho. bereits mehrfach ausgesprochen und ist seither ständige Rechtsprechung (vgl. z.B.

VwSen-102629 v. 10.3.1995 = ZUV 1995/1/25).

4.3.2. Da sohin aber dem Beschwerdeführer im Ergebnis ein Verschulden an der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nicht nachgewiesen wurde, war im Zweifel (vgl. Art. 6 Abs. 2 MRK) von seiner Schuldlosigkeit auszugehen.

4.4. Daher war der gegenständlichen Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben und das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben.

Eine Einstellung des Strafverfahrens war hingegen nicht auszusprechen, weil es allein Sache der belangten Behörde (als zuständiges Strafverfolgungsorgan) ist, zu beurteilen, ob bzw. in welcher Form das Verfahren fortgeführt werden kann.

In diesem Zusammenhang wird insbesondere zu prüfen sein, ob wegen des vorliegenden Deliktes nicht bereits eine andere Person zur Verantwortung gezogen worden ist, weil es aufgrund von dessen Eigenart von vornherein nicht zulässig erscheint, sowohl den Erzeuger als auch den Transporteur als auch den Letztverkäufer, sondern nur jene dieser Personen, die die zur Überschreitung des Haltbarkeitsdatums geführt habende nachteilige Beeinflussung tatsächlich zu verantworten hat, als unmittelbaren Täter zu bestrafen. Zuvor wäre aber jedenfalls die Frage zu entscheiden, ob gegenständlich tatsächlich - wie vorgeworfen - eine Übertretung des § 7 Abs. 1 lit. c i.V.m. § 8 lit. f LMG oder nicht vielmehr eine Verletzung des § 20 LMG vorliegt.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber in sinngemäßer Anwendung des § 65 VStG auch kein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. G r o f

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