Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107892/67/Le/Be

Linz, 19.12.2002

VwSen-107892/67/Le/Be Linz, am 19. Dezember 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des E vertreten durch Rechtsanwalt Mag. D, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 30.7.2001, VerkR96-1087-2001, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960,

in Entsprechung der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes, ausgedrückt in dessen Erkenntnis vom 5.9.2002, Zl. 2002/02/0084-6,

und nach Durchführung einer ergänzenden öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung des Erkenntnisses am 16. Dezember 2002 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird, soweit sie sich gegen die Schuld richtet, keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich bestätigt.

Der Berufung wird jedoch, soweit sie sich gegen die Strafe richtet, insofern Folge gegeben, als die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe auf zwei Wochen herabgesetzt wird; die verhängte Geldstrafe wird mit der Maßgabe bestätigt, dass die verhängte Strafe statt "16.000 S" nunmehr "1.162,77 Euro" lautet und die Verfahrenskosten statt bisher "1.600 S" nunmehr " 116,27 Euro" betragen.

  1. Ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF, iVm §§ 24, 19, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 30.7.2001 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des § 5 Abs.6 iVm § 99 Abs.1 lit.c Straßenverkehrsordnung 1960 (im Folgenden kurz: StVO) eine Geldstrafe in Höhe von 16.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 384 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe am 2.3.2001 um 12.55 Uhr einen näher bezeichneten Pkw im Gemeindegebiet von Luftenberg an einer näher bezeichneten Stelle gelenkt und er habe, obgleich vermutet werden konnte, dass er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befand, sich am 2.3.2001 um 14.30 Uhr im Allgemeinen Krankenhaus Linz geweigert, sich Blut zum Zwecke der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes abnehmen zu lassen.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 14.8.2001, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Zur Begründung führte der Berufungswerber aus, dass er sich nicht daran erinnern könne, vom Polizeiarzt zur Blutabnahme aufgefordert worden zu sein; er könne sich nicht einmal an ein Gespräch mit dem Polizeiarzt erinnern. Ab dem Unfall bis etwa 18.00 Uhr habe er kein Erinnerungsvermögen. Der Polizeiarzt gebe selber an, dass aufgrund der Gesichtsverletzungen sowie der begleitenden Gehirnerschütterung sowohl die Sprach- als auch die Erinnerungsfähigkeit beeinflusst waren. Die vom Polizeiarzt angegebene Erklärung, der Beschuldigte hätte mehrfach geäußert, ohne Anwesenheit des Vaters nichts machen zu wollen, könne nicht dahingehend verstanden werden, dass er die Blutabnahme bewusst verweigert hätte. Vielmehr habe der Beschuldigte eine Unerlaubtheit seines Verhaltens nicht einsehen und hätte daher auch nicht gemäß dieser Einsicht handeln können. Die Behörde hätte den Beschuldigten daher freisprechen müssen.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat die Berufung und den zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

3.1. Zur vollständigen Klärung des Sachverhaltes hat der Unabhängige Verwaltungssenat eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt und diese am 9.1. und 7.2.2002 durchgeführt. Der Berufungswerber nahm daran mit seiner Rechtsvertreterin Mag. P teil; die belangte Behörde blieb der Verhandlung zu beiden Terminen ohne Angabe von Gründen fern.

Am 9.1.2002 wurden die Eltern des Berufungswerbers, A und S E, sein Bruder Andreas Eichhorn, Insp. Helmut R und der Polizeiarzt Dr. H zeugenschaftlich befragt; am 7.2.2002 wurde der behandelnde Arzt des AKH Linz Dr. H als Zeuge befragt.

3.2. Daraus ergibt sich im Wesentlichen folgender Sachverhalt:

Der nunmehrige Berufungswerber lenkte am 2.3.2001 gegen 12.55 Uhr seinen Kombi auf der Pleschinger Landesstraße aus Richtung Luftenberg kommend in Richtung St. Georgen/Gusen, wobei er im Gemeindegebiet von Luftenberg auf den linken Fahrstreifen geriet und frontal gegen einen entgegenkommenden Pkw prallte. Bei diesem Verkehrsunfall wurden vier Personen teilweise schwer verletzt, unter ihnen auch der nunmehrige Berufungswerber. Er wurde daraufhin mit dem Notarztwagen ins AKH Linz gebracht, wo eine Reihe von Verletzungen im Bereich des Gesichtes, nämlich Nasenbeinfraktur, Jochbeinfraktur, mediale Orbitawandfraktur und eine Rissquetschwunde an der Oberlippe festgestellt wurden (Arztbrief vom 12.3.2001).

Im Zuge der Erhebungen zu diesem Verkehrsunfall stellten die Gendarmeriebeamten des Postens St. Georgen Anzeichen einer Alkoholisierung des E fest: Dieser wirkte abwesend und desorientiert und hatte einen starken Alkoholgeruch aus dem Mund.

Da der Verletzte mit dem Notarztwagen ins Allgemeine Krankenhaus der Stadt Linz gebracht wurde, verständigten die Gendarmeriebeamten die Linzer Polizei, worauf zwei Beamte und der Polizeiarzt Dr. H ins AKH Linz kamen, um den Verletzten in Hinblick auf eine allfällige alkoholbedingte Beeinträchtigung zu untersuchen. Bei der Untersuchung des Herrn Eichhorn am selben Tage um 14.25 Uhr stellte der Polizeiarzt starken Alkoholgeruch und verminderte Reaktionsfähigkeit fest. Er merkte in seinem ärztlichen Gutachten an, dass der Patient stark alkoholisiert ist, örtlich und zeitlich nur teilweise orientiert ist und ein ausgeprägter Alkoholgeruch wahrnehmbar ist. Da eine Atemalkoholuntersuchung aufgrund der Gesichtsverletzungen nicht möglich war, forderte er Herrn Eichhorn auf, sich zur Bestimmung des Blutalkoholgehaltes Blut abnehmen zu lassen. Dies allerdings verweigerte der nunmehrige Berufungswerber mit den Worten, er mache nichts ohne seinen Vater.

Bei seiner Zeugenaussage vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat gab der Polizeiarzt Dr. H an, den Eindruck gehabt zu haben, dass Herr Eichhorn die Aufforderung verstanden hatte. Er hatte die Aufforderung mehrmals wiederholt und Herr Eichhorn hätte immer wieder dasselbe darauf geantwortet. Auch die beiden Polizisten hätten auf Herrn Eichhorn eingewirkt, die Blutabnahme durchführen zu lassen. Er selbst habe ihn auf die Folgen der Verweigerung aufmerksam gemacht und er habe den Eindruck gehabt, dass der Patient dies auch verstanden habe.

Aus den Verletzungen schließe er nicht, dass Herr Eichhorn die Aufforderung aus diesem Grund nicht verstanden haben könnte.

Das vom Berufungswerber ins Treffen geführte fehlende Erinnerungsvermögen habe aus medizinischer Sicht nichts zu tun mit der aktuellen Diskretions- und Dispositionsfähigkeit zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Blutabnahme.

Der Polizeiarzt erklärte dezidiert, dass aus medizinischer Sicht für ihn der Berufungswerber zum Zeitpunkt der Aufforderung bzw. Verweigerung der Blutabnahme zurechnungsfähig war.

Der behandelnde Unfallchirurg des AKH Linz, Herr Dr. Ha, gab bei seiner Zeugenvernehmung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat an, die Zurechnungsfähigkeit des Patienten nicht beurteilen zu können, da er nicht Psychiater oder Polizeiarzt sei, sondern Unfallchirurg.

Allerdings war ihm damals bekannt, dass der Patient einen Verkehrsunfall erlitten hatte und mit dem Notarztwagen ins Spital gebracht worden war. Aus diesen Gründen fasste er seinen Erstbehandlungsbericht auch sehr genau ab. Auch ihm fielen insbesonders der massive Mundgeruch nach Alkohol und das unkoordinierte Verhalten sowie die verlangsamte Pupillenreaktion auf. Er gab an, mit dem Patienten im Rahmen der Untersuchung auch gesprochen zu haben. Ansonsten hätte er die Diagnosen mit den Druckschmerzen, den Gelenksbeweglichkeiten udgl. nicht feststellen können.

An das Gespräch selbst konnte sich der behandelnde Arzt anlässlich der Zeugenbefragung nicht mehr erinnern, doch stellte er ausdrücklich fest, dass er es im Erstbehandlungsbericht festgehalten hätte, wenn der Patient bei der Untersuchung nicht mitgewirkt oder nicht reagiert hätte. Er war sich diesbezüglich absolut sicher, weil im vorliegenden Fall der Patient mit dem Notarztwagen gebracht worden war und zuvor ein Verkehrsunfall stattgefunden hatte, bei dem auch Alkohol im Spiel war. Er hätte es im Behandlungsbericht festgehalten, wenn der Patient aggressiv gewesen wäre oder wenn er nicht reagiert hätte.

Tatsächlich findet sich diesbezüglich keine Erwähnung im sehr genau ausgeführten Erstbehandlungsbericht. Die Druckschmerzhaftigkeit ist im Erstbehandlungsbericht hingegen sogar in verschiedenen Abstufungen beschrieben (zB. "massiver" Druckschmerz im Bereich des Mittelgesichtes, linke Clavicula "diskret" druckschmerzhaft, "Druckschmerzen" am rechten Daumenseitenband usw).

3.3. Der Zeuge Insp. R konnte nur berichten, dass sein Vorgesetzter BI Hi im Zuge der Unfallaufnahme bei Herrn Eichhorn Alkoholisierungssymptome festgestellt hatte, weshalb die Bundespolizeidirektion Linz verständigt worden war, damit diese im Krankenhaus eine Untersuchung durchführe.

Die Eltern des Berufungswerbers gaben an, am 2.3.2001 gegen 17.30 Uhr ins Krankenhaus gekommen zu sein und ihren Sohn noch in der Notversorgung angetroffen zu haben. Er wäre schwer verletzt gewesen, hätte sich nicht ausgekannt und hätte kaum reden können, weil die Lippe genäht gewesen sei (Aussage Silvester Eichhorn) bzw. nicht genäht gewesen sei (Aussage Anna Eichhorn).

Herr Andreas Eichhorn, der Bruder des Berufungswerbers, war an diesem Tag um 18.30 Uhr ins Krankenhaus gekommen, um seinen Bruder zu besuchen. Zu dieser Zeit hätte dieser aber bereits geschlafen. Er sagte weiters aus, dass er die Sanitäter, die seinen Bruder versorgt und ins Krankenhaus gebracht hatten, kenne. Diese hätten ihm Einzelheiten der Rettung erzählt, doch wäre nie von Alkohol die Rede gewesen.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat wies mit seinem Erkenntnis vom 12.2.2002, VwSen-107892/37/Le/Km, die Berufung hinsichtlich der Schuld ab und setzte die Ersatzfreiheitsstrafe auf zwei Wochen herab.

Dieses Erkenntnis wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 5.9.2002, 2002/02/0084-6, wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. In der Begründung zu diesem Erkenntnis führte der Verwaltungsgerichtshof aus, dass der Verdacht einer Alkoholbeeinträchtigung bei jenem Organ der Straßenaufsicht entstanden sein muss, der eine Person im Sinne des § 5 Abs. 4a StVO zum Arzt zu bringen beabsichtigt - bzw. den Verdächtigen mit einem Arzt "in Verbindung" bringt, was ebenso als eine solche "Verbringung" anzusehen ist (vgl. das Erk vom 14.1.1994, Zl. 93/02/0152) und zum Zeitpunkt der "Verbringung" weiterhin aufrecht sein. Das ist im gegenständlichen Fall eines der Organe der Straßenaufsicht der BPD Linz, die im AKH amtshandelten. Dieser Verdacht kann auch durch Mitteilungen dritter Personen (wie hier durch telefonische Verständigung durch einen der am Unfallort amtshandelnden Gendarmen), die berechtigterweise den Verdacht einer Alkoholbeeinträchtigung gewinnen durften, ausgelöst werden, muss sich aber bei eigenem Kontakt mit der zum Zweck der Blutabnahme zum Arzt gebrachten Person zum Zeitpunkt der "Verbringung" aufrecht erhalten lassen können. Die im gegenständlichen Fall später jedenfalls vom Polizeiarzt Dr. H. festgestellten deutlichen Anzeichen des Vorliegens einer Alkoholbeeinträchtigung können den von § 5 Abs.4a StVO bei einem Organ der Straßenaufsicht geforderten Verdacht nicht ersetzen (wovon anscheinend die belangte Behörde ausgegangen ist). Diese Feststellung ist allerdings im Rahmen der Beweiswürdigung zum Vorliegen eines solchen Verdachtes zum Zeitpunkt der "Verbringung" verwertbar.

4.2. In Entsprechung dieser Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes hat der Unabhängige Verwaltungssenat das Beweisverfahren ergänzt.

Trotz intensiver Nachforschungen bei der BPD Linz konnten jene beiden Polizeibeamten, die den Amtsarzt Dr. H ins AKH Linz begleitet hatten, nicht mehr eruiert werden. Ihre Vernehmung als Zeugen war daher nicht mehr möglich.

Dagegen konnte der Gendarmeriebeamte BI. (nunmehr ChefInsp.) Hi im Rahmen einer ergänzenden mündlichen Verhandlung als Zeuge befragt werden.

Dabei gab er an, dass an diesem 2.3.2001 ein Unfall gemeldet wurde. Er war damals Kommandant des GP St. Georgen und er organisierte an der Unfallstelle die erforderlichen Maßnahmen.

Er kam etwa zur selben Zeit wie das Rote Kreuz zur Unfallstelle und ging zum nunmehrigen Berufungswerber, den er als Bewohner seines Rayons erkannt hatte. Er sprach auch mit ihm, als dieser auf der Trage des Roten Kreuzes lag. Dabei erfasste Herr Eichhorn den rechten Unterarm von BI. Hi und fragte: "Hi, muss i jetzt sterben?" Diese Frage wiederholte er mehrmals, worauf ihm BI. Hi antwortete: "Nein, Hadsch, deswegen brauchst nicht sterben!". Nach der Aussage des Herrn Hi war "Hadsch" der Spitzname von Herrn Eichhorn.

Bei diesem Gespräch hatte sich BI. Hi nahe über Herrn Eichhorn gebeugt, wobei er einen deutlichen Alkoholgeruch aus dem Munde des Herrn Eichhorn wahrnahm.

Daraufhin erkundigte er sich, in welches Krankenhaus Herr Eichhorn gebracht werde und er veranlasste die Verständigung der Polizei Linz, damit diese bei Herrn Eichhorn die notwendigen Erhebungen in Richtung § 5 StVO durchführen.

Der Zeuge war sich bei seiner Aussage vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat sicher, dass er einen erheblichen Alkoholgeruch aus dem Munde des nunmehrigen Berufungswerbers wahrgenommen hatte und auch, dass er die Verständigung der Linzer Polizei veranlasst hatte, damit diese die notwendigen Erhebungen in Richtung § 5 StVO tätigen. Er wusste lediglich nicht mehr, ob er seine Kollegen am Posten per Funk angerufen hatte, damit diese die Linzer Polizei diesbezüglich verständigen, oder ob er dies per Funk von der Unfallstelle oder nach der Rückkehr zum Posten telefonisch selbst getan hatte.

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat im ersten Rechtsgang durch eine Kammer entschieden, da nach der damals geltenden Rechtslage bei 10.000 S übersteigenden Geldstrafen durch eine Kammer zu entscheiden war (§ 51c VStG in der damals geltenden Fassung).

Bei der neuerlichen Entscheidung ist jedoch das VStG in der Fassung des Verwaltungsreformgesetzes, BGBl.I Nr. 65/2002, anzuwenden:

§ 51c VStG in der geltenden Fassung normiert eine Kammerzuständigkeit nunmehr erst ab einer 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafe.

Da im Anlassfall eine Geldstrafe in Höhe von 16.000 S (= 1.162,77 Euro) verhängt worden war, ist nunmehr durch Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG).

Das nach der Geschäftsverteilung des UVS zuständige Einzelmitglied war Berichter in der im ersten Rechtsgang entscheidenden Kammer, weshalb die bisherige Beweisaufnahme nicht wiederholt werden musste.

5.2. Die Verfassungsbestimmung des § 5 Abs.6 StVO ordnet an, dass an Personen, die gemäß Abs.4a zu einem Arzt gebracht werden, eine Blutabnahme zum Zweck der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes vorzunehmen ist; die Betroffenen haben diese Blutabnahme vornehmen zu lassen.

Abs.4a leg.cit. bestimmt, dass die Organe der Straßenaufsicht berechtigt sind, Personen, bei denen eine Untersuchung gemäß Abs.2 aus Gründen, die in der Person des Probanden gelegen sind, nicht möglich war und die verdächtig sind, sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand zu befinden, zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden, bei einer Bundespolizeibehörde tätigen oder bei einer öffentlichen Krankenanstalt diensthabenden Arzt zur Blutabnahme zum Zweck der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes zu bringen.

Die Gendarmeriebeamten, die im Gemeindegebiet von Luftenberg mit der Aufnahme des Verkehrsunfalls, bei dem der nunmehrige Berufungswerber beteiligt war, tätig waren, hatten aufgrund des starken Alkoholgeruches und des Verhaltens des nunmehrigen Berufungswerbers den Verdacht geschöpft, dass dieser alkoholisiert sein könnte.

Der Gendarmeriebeamte BI. Josef Hi beschrieb als Zeuge vor dem UVS sehr genau die Situation an der Unfallstelle: Er ging zum nunmehrigen Berufungswerber, den er persönlich kannte, und sprach mit ihm. Der Berufungswerber fragte ihn mehrmals, ob er jetzt sterben müsse, und der Gendarmeriebeamte beruhigte ihn. Dabei erfasste der verletzte Eichhorn den Beamten am Unterarm. BI. Hi beugte sich über Herrn Eichhorn, um auf ihn beruhigend einzuwirken. Dabei bemerkte er den deutlichen Alkoholgeruch aus dessen Mund.

Für den Gendarmeriebeamten ergab sich daraus der Verdacht einer möglichen Alkoholisierung des Herrn Eichhorn.

Dies ist mit der eindeutigen Zeugenaussage von Herrn ChefInsp: Hi in der Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zweifelsfrei bewiesen.

Eine Atemluftuntersuchung war aufgrund der Verletzungen des Herrn Eichhorn im Gesichtsbereich offensichtlich nicht möglich; ChefInsp. Hi schätzte die Verletzungen als "gröber" ein.

Aus der Zeugenaussage des ChefInsp. Hi steht weiters fest, dass er selbst die Untersuchung des Herrn Eichhorn durch die Linzer Polizei in Hinblick auf eine Alkoholbeeinträchtigung in Auftrag gegeben hatte. Er konnte sich zwar anlässlich seiner zeugenschaftlichen Vernehmung vor dem UVS nicht mehr genau daran erinnern, auf welchem Wege die Linzer Polizei verständigt wurde, weil es diesbezüglich drei Möglichkeiten gab: entweder hatte er seine Kollegen am Posten St. Georgen per Funk beauftragt, die Linzer Polizei zu verständigen, oder er hatte selbst von der Unfallstelle per Funk die Linzer Polizei verständigt oder er hatte nach der Rückkehr zum Posten von dort telefonisch die Linzer Polizei verständigt.

Alle drei Möglichkeiten sind zulässig und führen zum Ziel, dass die Organe der Linzer Polizei im Wege der Amtshilfe aufgrund ihrer örtlichen Zuständigkeit die entsprechenden Erhebungen zur Feststellung der vom Gendarmeriebeamten an der Unfallstelle vermuteten Alkoholbeeinträchtigung im AKH Linz vornahmen.

Wenngleich der Verständigungsweg vom Organ der Straßenaufsicht, das den Verdacht einer Alkoholbeeinträchtigung des Lenkers E im Sinne des § 5 Abs.4a StVO gewonnen hatte, bis zur Untersuchung durch den Polizeiarzt, nicht mehr restlos geklärt werden konnte und auch die beiden Polizeibeamten, die den Polizeiarzt Dr. H zur Untersuchung des Berufungswerbers ins AKH begleitet hatten, nicht mehr ausgeforscht werden konnten, steht aufgrund des Ermittlungsverfahrens zweifelsfrei fest, dass ein solcher Verdacht vom Unfallort bis zur Aufforderung zur Blutabnahme vorhanden war. Nur so ist es erklärlich, dass der Polizeiarzt (und nach seiner Aussage auch die beiden Polizeibeamten) den nunmehrigen Berufungswerber mehrmals zur Blutabnahme aufgefordert hatteN.

Den Verdacht einer (deutlichen) Alkoholisierung hatte auch der völlig unbeteiligte behandelnde Unfallchirurg im AKH, Herr Dr. Dietmar Ha, wie er dies in seinem Erstbehandlungsbericht festgehalten ist und auch in seiner Zeugenaussage vor dem UVS bestätigt wurde.

Am Verdacht einer Alkoholbeeinträchtigung des Berufungswerbers zum Unfallszeitpunkt, zu dem der Berufungswerber ein Fahrzeug gelenkt und einen Verkehrsunfall mit mehreren Schwerverletzten verursacht hatte, gibt es daher keinen Zweifel.

Der Polizeiarzt hatte, wie seinem Gutachten und seiner Zeugenaussage zu entnehmen ist, bei seiner Untersuchung des Berufungswerbers bei diesem deutliche Symptome einer Alkoholisierung festgestellt, weshalb er den Berufungswerber zur Blutabnahme aufforderte. Die Bestimmung des Atemalkoholgehaltes mittels Alkomat war aufgrund der Gesichtsverletzungen des Berufungswerbers nicht möglich.

Trotz mehrfacher Aufforderungen, einer Blutabnahme zuzustimmen, verweigerte dies der Berufungswerber.

Dies wird von ihm auch nicht bestritten.

Damit aber ist das objektive Tatbild der angelasteten Verwaltungsübertretung erfüllt.

5.3. Der Berufungswerber behauptet jedoch, dass ihn an dieser Verwaltungsübertretung kein Verschulden treffe, da er zur Tatzeit nicht zurechnungsfähig gewesen sei und aufgrund der Schwere der erlittenen Verletzungen nicht in der Lage gewesen sei, die Aufforderung zur Blutabnahme zu verstehen und sich einsichtsgemäß zu verhalten.

§ 3 Abs.1 VStG legt fest, dass nicht strafbar ist, wer zur Zeit der Tat wegen Bewusstseinsstörung, wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit oder wegen Geistesschwäche unfähig war, das Unerlaubte der Tat einzusehen oder dieser Einsicht gemäß zu handeln.

Nach Abs.2 leg.cit. ist es als mildernder Umstand bei der Bemessung der Strafe zu berücksichtigen, wenn die Fähigkeit zur Zeit der Tat aus einem dieser Gründe in hohem Grad vermindert war. Dies gilt aber nicht für Bewusstseinsstörungen, die auf selbstverschuldeter Trunkenheit beruhen.

Die Frage, ob der Täter zur Zeit der Tat zurechnungsfähig im Sinne des § 3 Abs.1 VStG war oder seine Zurechnungsfähigkeit in hohem Grad vermindert war, ist eine Rechtsfrage. Sie ist allerdings von der Behörde mit Hilfe eines ärztlichen Sachverständigen zu lösen.

Im vorliegenden Fall konnte sich die Beurteilung dieser Frage durch den Unabhängigen Verwaltungssenat auf die Feststellungen des Polizeiarztes
Dr. H und des behandelnden Arztes Dr. Ha sowie auf das Gutachten
Dris. H stützen. Beide Ärzte hatten den Berufungswerber zum Zeitpunkt der Verweigerung bzw. im zeitlichen Nahebereich davon untersucht.

Der behandelnde Arzt Dr. Ha hatte den Patienten nach der Einlieferung ins Krankenhaus unter anderem auf Druckschmerzempfindlichkeit und Beweglichkeit verschiedener Gelenke untersucht. Er stellte in seiner Zeugenaussage klar, dass der Patient dabei mithalf und Angaben machte. Dies lässt auf zielgerichtete Handlungen schließen.

Auch der Polizeiarzt, der die Aufforderung zur Blutabnahme ausgesprochen hatte, kam aufgrund der mehrfach geäußerten Verweigerung der Blutabnahme mit der Begründung, ohne Anwesenheit des Vaters nichts machen zu wollen, zum Ergebnis, dass dies bewusste und zielgerichtete Reaktionen waren. Dies zeigte nach seiner Einschätzung, dass der Proband die Aufforderungen verstanden hatte.

Er führte aus, dass das in der Berufung behauptete fehlende Erinnerungsvermögen aus medizinischer Sicht nichts zu tun hat mit der aktuellen Diskretions- und Dispositionsfähigkeit zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Blutabnahme.

Daraus ist zu folgern, dass der Berufungswerber bewusst reagiert hat; er hat offensichtlich auf jede Aufforderung zur Blutabnahme zielgerichtet geantwortet. Dies erlaubt den zwingenden Schluss, dass beim Berufungswerber zum Zeitpunkt der Verweigerung der Blutabnahme Zurechnungsfähigkeit vorlag.

An diesen ärztlichen Feststellungen konnten die Aussagen der Eltern und des Bruders des Berufungswerbers nichts ändern, zumal diese einerseits zum Zeitpunkt der Verweigerung um 14.30 Uhr nicht anwesend waren, sondern ihren Sohn erst um 17.30 Uhr bzw. den Bruder um 18.30 Uhr gesehen hatten, und andererseits nicht die medizinische Ausbildung zur verlässlichen Beurteilung des Allgemeinzustandes generell bzw. der Zurechnungsfähigkeit im Speziellen hatten.

Der Hinweis des Berufungswerbers, ohne den Vater nichts machen zu wollen, stellt bei einer erwachsenen Person keinen von der Rechtsordnung anerkannten Verweigerungsgrund für eine Blutabnahme dar.

Da die Zurechnungsfähigkeit somit gegeben war, hat der Berufungswerber auch die subjektive Tatseite erfüllt.

4.4. Die Überprüfung der Strafbemessung ergab, dass diese entsprechend den Grundsätzen des § 19 VStG durchgeführt wurde.

Die Erstbehörde hat die gesetzlich vorgesehene Mindestgeldstrafe verhängt. Allerdings hat sie keine Begründung dafür geliefert, warum sie eine höhere Ersatzfreiheitsstrafe als die vorgesehene Mindeststrafe von zwei Wochen verhängt hat.

Da keine Gründe vorliegen, die eine höhere Ersatzfreiheitsstrafe gerechtfertigt erscheinen lassen, war die Ersatzfreiheitsstrafe somit ebenfalls auf das gesetzliche Mindestmaß herabzusetzen.

Die Geldstrafe war entsprechend den Bestimmungen des Euro-Umstellungsgesetzes auf Euro umzurechnen. Der Wert wurde dabei nicht verändert.

Eine Anwendung des § 20 VStG war nicht möglich, weil außer der absoluten Unbescholtenheit keine Milderungsgründe vorlagen. Von einem beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe konnte aber nicht ausgegangen werden, da durch die Weigerung die Bestimmung des tatsächlichen Blutalkoholwertes unmöglich wurde, die aber in Anbetracht der Umstände des Verkehrsunfalls und der dabei entstandenen Verletzungen der Unfallgegnerinnen und Schäden an deren Fahrzeug von großer Bedeutung gewesen wäre.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Gemäß § 64 Abs.1 VStG ist in jedem Straferkenntnis auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

Dieser Beitrag ist nach § 64 Abs.2 VStG mit 10% der verhängten Strafe zu bemessen. Die in erster Instanz verhängte Geldstrafe wurde nicht herabgesetzt, weshalb die dafür bestimmten Verfahrenskosten nicht zu ändern waren. Sie waren lediglich entsprechend dem Euro-Umstellungsgesetz nunmehr in Euro auszudrücken.

Die Kosten des Berufungsverfahrens waren gemäß § 65 VStG dem Berufungswerber nicht aufzuerlegen, weil der Berufung zumindest teilweise Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180,00 Euro (entspricht 2.476,85 S) zu entrichten.

Dr. Leitgeb

Beschlagwortung: Verweigerung der Blutabnahme

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen.

VwGH vom 30.10.2003, Zl.: 2003/02/0031-6

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