Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107925/26/Fra/Ka

Linz, 01.10.2002

VwSen-107925/26/Fra/Ka Linz, am 1. Oktober 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn AC, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Mag. Dr. HK gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Steyr vom 3.9.2001, Zl. S 6320/ST/01, betreffend Übertretung des § 20 Abs.2 StVO 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 9.8.2002, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird hinsichtlich der Schuld mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass im angefochtenen Schuldspruch nach der Wortfolge "mit dem polizeilichen Kz.: " die Wortfolge "in S" einzufügen ist. Die Geldstrafe wird auf 200 Euro herabgesetzt. Für den Fall der Uneinbringlichkeit dieser wird eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden festgesetzt.

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat keinen Kostenbeitrag zu zahlen. Für das Verfahren erster Instanz ermäßigt sich der Kostenbeitrag auf 10 % der neu bemessenen Strafe, ds 20 Euro.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 16, 19, 24 und 44a Z1 VStG.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bundespolizeidirektion Steyr hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 20 Abs.2 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 3.000 S bzw 218,02 Euro (EFS 72 Stunden) verhängt, weil er am 16.7.2001 um 16.31 Uhr als Lenker des KFZ mit dem pol. Kz.: die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 53 km/h überschritten hat, wobei die Übertretung mit einem Radarmessgerät festgestellt wurde.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung.

Der Bw bringt im Wesentlichen vor, dass er nach der Kreuzung Seitenstettnerstraße-Kreuzung mit der Haratzmüllerstraße mit seinem Fahrzeug nicht in der Lage gewesen sei, diese Geschwindigkeit zu erreichen. Zudem hätte er an diesem Tage mit Sicherheit 1060 kg geladen gehabt. Er habe eine "fahrbare Werkstätte" ständig geladen, die dieses Gewicht messe. Nach Einsichtnahme in den Zulassungsschein habe er festgestellt, dass die Bauartgeschwindigkeit mit 120 km/h angegeben ist. Die PS-Zahl betrage 68. Er sei mit Sicherheit die angegebene Geschwindigkeit nicht gefahren und ersuche um Überprüfung der Messdaten.

Durch den ausgewiesenen Vertreter wurde mit Stellungnahme vom 4.4.2002 ergänzend zum Beweis für die Angaben des Bw eine Kopie des Zulassungsscheines vorgelegt. Weiters wird behauptet, dass jederzeit ein Sachverständiger unter Berücksichtigung der Bauart des Fahrzeuges und der Ladung sowie der zurückgelegten Fahrstrecke nachweisen könne, dass die Erreichung der angeblich vom Messgerät angezeigten Geschwindigkeit von 103 km/h nicht möglich ist. Das Messgerät habe einen Defekt aufweisen müssen. Der Bw beantragt die Überprüfung des gegenständlichen Messgerätes, weiters die Beauftragung eines KFZ-Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür, dass bei der Bauartgeschwindigkeit, PS-Anzahl und Ladung die vom Messgerät gemessene Geschwindigkeit auf die angegebene Distanz nicht erreicht werden könne sowie die Vornahme einer entsprechenden Fahrprobe.

Mit Stellungnahme des ausgewiesenen Vertreters am 28.5.2002 wird vorgebracht, dass nach der Kreuzung Haratzmüllerstraße - Seitenstettnerstraße, sohin nach dem Plenkelberg sich ein Zebrastreifen vis á vis des Stadtbades über die Haratz-müllerstraße befinde. Dieser Übergang ist ampelgeregelt. Komme man nun von der Seitenstettnerstraße und biege nach links Richtung Haratzmüllerstraße ab, sei die Ampelphasenschaltung so geregelt, dass bei Wegfahren nach Umschaltung auf grün, im Kreuzungsbereich Seitenstettnerstraße, Haratzmüllerstraße, die Fußgängerampel noch auf rot geschaltet ist, sodass naturgemäß ein neuerliches Anhalten vor dem Zebrastreifen beim Stadtbad Steyr notwendig ist. Die beiden Ampeln schalten also nicht zeitgleich auf grün. Er habe an der Kreuzung Seitenstettnerstraße-Haratzmüllerstraße anhalten müssen. Vor ihm haben sich zwei weitere Fahrzeuge, die aufgrund der Rotschaltung der Ampel ebenfalls zum Stillstand gekommen waren, befunden. Nachdem die Ampel auf grün geschaltet hatte, sei er nach links in die Haratzmüllerstraße eingebogen und habe, da aufgrund des Ampelphasenschaltplanes die Ampel, die beim Zebrastreifen Stadtbad angebracht ist, noch rot aufgewiesen habe, sein Fahrzeug zum Stillstand bringen müssen. Er sei daher aus der Stillstandposition bei dieser Ampel weggefahren, wobei er mäßig beschleunigt habe. Das Radargerät selbst sei bei der Zufahrt zum Hause Haratzmüllerstraße 114 positioniert gewesen, sodass sich insgesamt eine maximale Messstrecke von 380 m ergebe. Berücksichtige man diese Wegstrecke sowie eine Steigung von ca. 3 Grad und das Gesamtgewicht des Fahrzeuges, so sei rein rechnerisch das Erreichen der vom Messgerät gemessenen Geschwindigkeit nicht möglich. Der Bw beantragt ein Sachverständigengutachten unter Berücksichtigung seines Vorbringens sowie eine Fahrprobe mit dem entsprechenden Fahrzeug, welches selbstverständlich von ihm jederzeit zur Verfügung gestellt wird. Zum Zeitpunkt der Messung habe starker Regen geherrscht. Aufgrund der durch die regennasse Fahrbahn hervorgerufenen Spiegelungen in der Luft sei eine Messung nicht zulässig und auch nicht zuverlässig.

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch ergänzende Ermittlungen sowie durch Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 9.8.2002 iVm einem Lokalaugenschein.

Bei der Berufungsverhandlung wurde der Einwand des Bw, dass die Ampelphasenschaltung wie von ihm in der Stellungnahme vom 28.5.2002 dargelegt, zurückgezogen. Auch der Antrag betreffend die vorzunehmende Fahrprobe wurde zurückgezogen. Im Hinblick auf die Zurückziehung des Vorbringens betreffend die Ampelphasenschaltung konnte das bereits eingeholte Gutachten des Amtssachverständigen Herrn Ing. R vom 16.4.2002, AZ VT-010191/729-02-Rab/Pl, verwertet werden. Dieses lautet:

"Zur Frage, ob unter der Prämisse, dass die Behauptungen des Berufungswerbers den Tatsachen entsprechen, es möglich ist, dass das von ihm gelenkte Fahrzeug die gemessene Geschwindigkeit erreichen konnte, wird Folgendes festgestellt:

Aufgrund eines durchgeführten Ortsaugenscheines konnte festgestellt werden, dass die Wegstrecke vom angeführten Anhaltepunkt des Beschuldigten bei der Kreuzung Haratzmüllerstraße / Seitenstettner Straße / Haagerstraße bis zum Messort auf Höhe Haratzmüllerstraße Nr. 114 ca. 460 m beträgt. Weiters konnte aufgrund der Zulassungsdaten eruiert werden, dass die Leistung 50 kW (68 PS) die Höchstgeschwindigkeit 120 km/h und das zulässige Gesamtgewicht 2800 kg betragen.

Legt man nun hinsichtlich der Frage, ob das Beschuldigtenfahrzeug die gemessene Geschwindigkeit erreichen konnte, eine "mäßige" Beschleunigung von 1,5 m/s² zugrunde, so ergibt sich, dass aus dem Fahrzeugstillstand bereits nach einer Wegstrecke von ca. 305,6 m bei einem Zeitaufwand von ca. 20,2 Sekunden eine Endgeschwindigkeit von 109 km/h erreicht wird.

Unter Zugrundelegung der gemessenen Geschwindigkeit von 109 km/h und der zur Verfügung stehenden Wegstrecke von ca. 460 m ergibt sich, dass das Fahrzeug des Beschuldigten ebenfalls aus dem Stillstand bei einem Zeitaufwand von ca. 30,4 Sekunden eine max. Beschleunigung von 1 m/s² benötigt.

Abschließend kann gutachtlich festgestellt werden, das es aus technischer Sicht nachvollziehbar ist, dass das Beschuldigtenfahrzeug die gemessene Geschwindigkeit von 109 km/h beim Messort erreicht."

Bei der Berufungsverhandlung wurden vom Amtssachverständigen aufgenommene Lichtbilder betreffend die Messörtlichkeit vorgelegt. Im Hinblick auf die Anträge des Bw wurde der Meldungsleger Herr BI. FS zeugenschaftlich darüber vernommen, ob er das Radarmessgerät betreffend die gegenständliche Geschwindigkeitsmessung fehlerfrei aufgestellt und bedient hat und ob dieses Gerät ordnungsgemäß funktioniert hat. Weiters wurde er dazu befragt, ob zum Zeitpunkt der Messung Platzregen geherrscht hat. Dem Meldungsleger wurden auch die vom Amtssachverständigen aufgenommenen Lichtbilder betreffend die Messörtlichkeit gezeigt. Weiters wurde er ersucht, darin seine Standposition einzutragen. Der Meldungsleger wurde auch dazu befragt, ob er Sicht auf die tatsächlich festgehaltene Position des Fahrzeuges hatte und ob er die Geschwindigkeit des vorbeifahrenden Fahrzeuges auch - bejahendenfalls wie - geschätzt hat. Der Meldungsleger führte dazu in seiner Einvernahme am 28.8.2002 ua aus, das Radarmessgerät gemäß der Bedienungsanleitung und den Eichvorschriften aufgestellt zu haben. Bezüglich des genauen Aufstellungsortes fertigte er eine Skizze an. Wo er das Dienstfahrzeug, in welchem er normalerweise auf den Beifahrersitz sitze, genau abgestellt hatte, vermochte er nicht mehr 100 %ig anzugeben. Den ungefähren Bereich zeichnete er in die Skizze ein, dies unter Berücksichtigung von geringen Abweichungen. Eine Einzeichnung auf den kopierten Lichtbildern hielt er nicht für möglich, weil auf den Fotos die entsprechende Tiefe nicht ersichtlich ist, bzw dieses dreidimensional ausgeführt sein müsste. Das Fahrzeug habe er jedoch sicher so aufgestellt, dass er einen freien Sichtbereich auf den vom Radarmessgerät erfassten Messbereich hatte. Die vom Radarmessgerät festgestellten Geschwindigkeiten könne er auf einer Fernanzeige im Fahrzeug mitverfolgen, weshalb ihm die gemessene Geschwindigkeit von 103 km/h noch in Erinnerung war. Eine Schätzung seinerseits eines Fahrzeuges werde von ihm nicht durchgeführt und wäre auch in dieser Situation für eine Schätzung wegen zu geringen Blickfeldes nicht möglich. Aufgrund des gemachten Radarfotos sei erkennbar, dass zur Zeit der Messung zumindest regennasse Fahrbahn war. Wie stark, oder ob es gerade zum Zeitpunkt der Messung geregnet hatte, könne er nicht mehr angeben. Der Meldungsleger fügte jedoch hinzu, dass, sollte zum Zeitpunkt der Messung derart starker Regen vorgeherrscht haben, dass ein Fahrzeug eine entsprechende Wasserfontäne hinter sich nachzieht, die Messung vom Gerät annulliert und als Fehlmessung angezeigt werde, da die Radarwellen durch die Wasserfontäne abgefälscht werden. Dies sei bei der konkreten Messung nicht der Fall gewesen.

Der Oö. Verwaltungssenat geht aufgrund der aufgenommenen Beweise davon aus, dass der Meldungsleger das Radargerät entsprechend der Bedienungsanleitung aufgestellt und bedient hat und dass die Messung korrekt erfolgt ist. Die vom Bw vorgebrachten Einwände sind nicht geeignet, die Richtigkeit der Radarmessung in Frage zu stellen. Der Bw hat nicht konkret dargetan, welche Bedienungsvorschriften auf welche Art und Weise vom Meldungsleger nicht beachtet worden seien. Das Vorbringen betreffend der Ampelphasenschaltung in der Stellungnahme vom 28.5.2002 sowie den Antrag auf Durchführung einer Fahrprobe wurde vom Bw zurückgezogen, sodass das Gutachten des Sachverständigen Ing. R vom 16.4.2002, welches schlüssig ist, zur Untermauerung der Richtigkeit des Messergebnisses herangezogen werden kann. Wenn der Bw in seiner Stellungnahme vom 16.9.2002 ausführt, dass die Aussagen des Messbeamten, der die gegenständliche Messung durchgeführt hat, seine Angaben insofern bestätige, dass aufgrund seiner Standposition es nicht möglich war, die Geschwindigkeit des vorbeifahrenden Fahrzeuges zu schätzen und dies vollinhaltlich vom Beamten bestätigt werde, ist dazu zu bemerken, dass es gegenständlich nicht auf eine allenfalls zusätzlich vom Beamten durchgeführte Schätzung der Geschwindigkeit, sondern auch auf die Messung des Gerätes ankommt. Wenn der Bw weiters ausführt, dass das Nachziehen einer Wasserfontäne in diesem Fall nicht ausschlaggebend sei, da ja die Richtung, in die gemessen wird, hiefür bestimmend ist und nicht bei jeder Wasserfontäne automatisch das Gerät die Messungen annulliert, sondern sich hier ein entsprechender Wasserfilm bzw eine entsprechende Wasserwand bilden müsse, das eine entsprechende Reaktion überhaupt erzielt wird, ist dazu zu bemerken, dass diese Behauptung fachlich nicht untermauert ist. Es wird hier nochmals auf die überzeugenden Argumente des Meldungslegers insofern hingewiesen, als dieser ausgeführt hat, dass, sollte zum Zeitpunkt der Messung derartiger starker Regen vorgeherrscht haben, dass ein Fahrzeug eine entsprechende Wasserfontäne hinter sich nachziehe, die Messung vom Gerät annulliert und als Fehlmessung angezeigt werden. Da dies gegenständlich nicht der Fall war, ist davon auszugehen, dass zum Zeitpunkt der Messung kein derartig starker Regen vorgeherrscht hat.

Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass die dem Bw zur Last gelegte Übertretung objektiv, und weil Umstände, welche die Fahrlässigkeitsvermutung im Sinne des § 5 Abs.1 2. Satz VStG entkräften würden, nicht vorgebracht wurden, auch in subjektiver Hinsicht erwiesen ist. Die Spruchergänzung war notwendig, weil im angefochtenen Schuldspruch die Tatörtlichkeit im Sinne des § 44a Z1 VStG unzureichend angeführt wurde. Die Ergänzung war auch zulässig, weil während der Verfolgungsverjährungsfrist eine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt wurde.

I.4. Strafbemessung:

Einziger Grund für die Herabsetzung der Strafe war die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit, welche die belangte Behörde unzutreffend nicht als mildernd gewertet hat. Einer weiteren Herabsetzung steht das eklatante Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung (mehr als 100 %!) entgegen. Es ist eine Erfahrungstatsache, dass Geschwindigkeitsüberschreitungen immer wieder Ursache von Verkehrsunfällen sind. Durch diese Geschwindigkeitsüberschreitung wurden die Interessen der Verkehrssicherheit erheblich geschädigt. Der Unrechtsgehalt der Übertretung wiegt daher schwer, ebenfalls das Verschulden. Eine derartige Geschwindigkeitsüberschreitung passiert nicht mehr versehentlich, sondern wird zumindest in Kauf genommen. Es liegt daher zumindest bedingter Vorsatz vor. Auf die aktenkundigen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw wurde Bedacht genommen. Der Oö. Verwaltungssenat hält die nunmehr bemessene Strafe unter Berücksichtigung der sozialen und wirtschaftlichen Situation des Bw für tat- und schuldangemessen. Einer weiteren Herabsetzung der Strafe stehen auch spezialpräventive Erwägungen entgegen.

II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. F r a g n e r

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