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VwSen-107930/2/SR/Ri

Linz, 08.11.2001

VwSen-107930/2/SR/Ri Linz, am 8. November 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des L L, K/K, Kstraße, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf a.d. Krems, Zl. VerkR96-10969-2001 vom 15. Oktober 2001, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung (im Folgenden: StVO), zu Recht erkannt:

  1. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.
  2. Der Berufungswerber hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von 20% der Geldstrafe, d.s. 240,00 Schilling (entspricht  17,44 Euro) zu entrichten.

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 29/2000 - AVG iVm § 24, § 19, § 51c und § 51e Abs.3 Z3 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2000 - VStG.

zu II.: § 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit oben bezeichnetem Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf an der Krems wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben am 31.07.2001 gegen 21.20 Uhr den Pkw, Kennz. K auf der Pstraße B, Strkm. im Gemeindegebiet von K in Richtung W gelenkt und es nach einem Verkehrsunfall mit Personenschaden mit dem Ihr Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, unterlassen, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle sofort zu verständigen.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 4 Abs.2 zweiter Satz i.V.m. § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960

Geldstrafe von Falls diese uneinbringlich gemäß

ist, Ersatzfreiheitsstrafe

von

1.200 24 Stunden § 99 Abs. 2 lit.a StVO 1960

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

120,00 Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 200 S angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

1.320,00 Schilling (entspricht 95,93 Euro).

Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54d VStG)."

2. Gegen dieses dem Bw am 17. Oktober 2001 durch Hinterlegung zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 29. Oktober 2001 - und damit rechtzeitig - bei der Behörde erster Instanz mündlich eingebrachte Berufung.

2.1. Im angeführten Straferkenntnis führt die Behörde erster Instanz im Wesentlichen begründend aus, dass die zur Last gelegte Verwaltungsübertretung durch die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens und des Geständnisses erwiesen sei.

Auf § 19 VStG sei Bedacht genommen worden. Strafmildernd sei die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit gewertet worden.

2.2. Dagegen bringt der Bw in der Niederschrift vom 29. Oktober 2001, vor, dass er sich nicht schuldig fühle. Es sei zwar richtig, dass er den Verkehrsunfall nicht sofort der nächsten Gendarmeriedienststelle gemeldet habe, aber die Verständigung sei unterblieben, da er beim Unfall sein Handy verloren hätte. Die beiden "Beifahrer" hätte er ins Krankenhaus geschickt. Diese hätten somit auch keine Verständigung durchführen können. Während der Versuche, in nahegelegenen Häusern eine Meldung veranlassen zu können, sei die Gendarmerie eingetroffen.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems hat die Berufung und den bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

3.1. Aufgrund der Aktenlage steht folgender relevanter Sachverhalt fest:

Der Bw hat entsprechend der Tatanlastung den gegenständlichen Pkw gelenkt und ist mit diesem im Baustellenbereich der B , in Richtung K, bei Straßenkilometer von der Fahrbahn abgekommen. Im Fahrzeug befanden sich zwei weitere Personen. Beim Unfall wurde die mitfahrende R T schwer verletzt (Schlüsselbeinbruch rechts). An der Unfallstelle wurde R T aufgrund des erlittenen Schocks übel und in der Folge verspürte sie Schmerzen im Bereich der rechten Schulter. Der namentlich unbekannte Beifahrer hat ein Fahrzeug angehalten und ist mit der Verletzten ins Krankenhaus nach Kirchdorf an der Krems gefahren. Im Krankenhaus hat R T ausgeführt, dass sie sich die Verletzungen bei einem Sturz mit dem Fahrrad zugezogen habe. Bei der niederschriftlichen Befragung am 31.7.2001 (LGK, Verkehrsabteilung, Außenstelle K) hat sie die unwahren Angaben gegenüber dem Krankenhauspersonal mit Angst vor den Eltern und der Abwendung von Schwierigkeiten, die der Bw bekommen hätte können, begründet.

Der Unfallzeuge D R Z hat unmittelbar nach dem Verkehrsunfall sein Fahrzeug angehalten und sowohl mit dem Beifahrer als auch dem Bw gesprochen. Sein Hilfsangebot wurde abgelehnt und ihm mitgeteilt, dass Beide "alles selbst regeln würden". Da dem Zeugen diese beiden Insassen alkoholisiert erschienen sind, hat er sich zu dem weiteren Unfallszeugen H J W begeben und unverzüglich die Verständigung der Gendarmerie veranlasst.

Der Bw hat nach dem Verkehrsunfall den Fahrzeugschlüssel abgezogen, das Hilfsangebot des Zeugen D R Z ausgeschlagen, diesen nicht um Verständigung der nächsten Gendarmeriedienststelle ersucht und sich zu Fuß Richtung K entfernt.

200 Meter von der Unfallstelle entfernt befindet sich die Dienststelle der Autobahngendarmerie K. Der Gendarmerieposten ist durch ein beleuchtetes Schild deutlich erkennbar. Die Gendarmeriebeamten haben den Bw gegen 22.00 Uhr kurzfristig in einer Entfernung von 400 Metern von der Unfallstelle in Richtung K gehend wahrgenommen. Zwischen der Unfallstelle und diesem Ort befindet sich die Gendarmeriedienststelle.

Erst um 22.10 Uhr wurde der Bw im Bereich des Hauses K Nr. neuerlich von den Gendarmeriebeamten gesehen und von diesen am Weglaufen gehindert. Im Zuge der Amtshandlung wurde ein Signalschuss abgegeben. Die Kleidung des Bw war bei der Anhaltung zerrissen und seine Beine wiesen Schürfwunden auf. Eine durchgeführte Atemalkoholuntersuchung ergab 0,71 mg/l Alkoholgehalt der Atemluft.

Bei der niederschriftlichen Vernehmung (Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems, WAR B H) hat der Bw am 10. September 2001 nach Kenntnisnahme des bisherigen Verfahrensganges ausgeführt, dass er die zur Last gelegte Übertretung nach § 4 Abs.2 StVO nicht bestreiten würde.

Der Bw hat die Verständigung der nächsten Gendarmeriedienststelle unterlassen.

3.2. Der Verkehrsunfall mit Personenschaden und die unterbliebene Verständigung der nächsten Gendarmeriedienststelle ist unbestritten.

Die Berufungsangaben sind teilweise nicht nachvollziehbar und widersprüchlich zu den übereinstimmenden, glaubwürdigen Zeugenaussagen und den eigenen, zuvor getätigten Angaben.

Der Bw ist in Kirchdorf an der Krems geboren und lebt dort. Es ist daher aufgrund seiner Ortskenntnis nicht schlüssig, dass er versucht haben will, die Gendarmerie von nahegelegenen Häusern aus zu verständigen, obwohl der Unfallort nur ca. 200 Meter von der nächsten Gendarmeriedienststelle entfernt gelegen ist. Einen schockähnlichen Zustand hat der Bw nicht behauptet und ein solcher ist auch aus den Zeugenaussagen nicht ableitbar. Das Verhalten gegenüber dem Zeugen Z lässt darauf schließen, dass er den Unfall bzw. seine Alkoholisierung verschleiern wollte. Hätte der Bw tatsächlich beabsichtigt, den Verkehrsunfall mit Personenschaden sofort zu melden, dann hätte er sich auch des Zeugen Z oder seiner Mitfahrer bedienen können. Der wiedergegebene Gesprächsverlauf lässt jedoch eine andere Intention erkennen. Dies bestätigt sich auch durch das Verlassen der Unfallstelle, dem Passieren der Gendarmeriedienststelle - ohne diese aufzusuchen - und den beiden Versuchen sich der Anhaltung zu entziehen. Ein weiteres Indiz ist das "Wegschicken" der verletzten Mitfahrerin und deren Verantwortung im Krankenhaus.

Dem Tatsachengeständnis im Zuge des Ermittlungsverfahrens vor der Behörde erster Instanz kommt darüber hinaus mehr Glaubwürdigkeit zu, als der, um neue Sachverhaltselemente angereicherten Berufung.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. § 4 Abs.2 StVO (auszugsweise):

Sind bei einem Verkehrsunfall Personen verletzt worden, so haben die im Abs.1 genannten Personen Hilfe zu leisten; .... Ferner haben sie die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle sofort zu verständigen.

§ 99 Abs.2 lit. a StVO:

Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 500 S bis 30.000S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis sechs Wochen, zu bestrafen,

a) der Lenker eines Fahrzeuges, dessen Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, sofern er den Bestimmungen des § 4 Abs. 1 und 2 zuwiderhandelt, ....... oder nicht die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle verständigt, ..... .

4.2. Voraussetzung für die Erfüllung des Tatbestandes iSd § 4 Abs.2 StVO ist der tatsächliche Eintritt eines Verkehrsunfalls mit Personenschaden sowie die Kenntnis des Täters hievon.

Der Bw hat weder den Eintritt des Verkehrsunfalls noch das Erkennen einer Verletzung der Mitfahrerin bestritten. Er selbst hat mit dem Beifahrer veranlasst, dass die verletzte Mitfahrerin ins Krankenhaus Kirchdorf an der Krems gebracht wird. Ob ihm der Grad der Verletzung bekannt war, ist irrelevant. Die Verständigungspflicht besteht auch bei Vorliegen "nicht nennenswerter" Verletzungen (VwGH 18.6.1964 423/64).

Die Verständigung hätte "sofort" erfolgen müssen. Das Wort "sofort" im § 4 Abs.2 letzter Satz ist wörtlich auszulegen (VwGH 27.1.1962, 1662/61).

Die vorgeschriebene sofortige Verständigung der nächsten Gendarmeriedienststelle von einem Verkehrsunfall mit Personenschaden hätte auch telefonisch oder durch einen Boten erfolgen können (VwGH 17.2.1969, 1175/68).

Der Bw hat sich weder eines Boten bedient noch eine sonstige Verständigung der nächsten Gendarmeriedienststelle vorgenommen. Sein Verhalten ist tatbestandsmäßig und er hat zumindest bedingt vorsätzlich gehandelt.

4.3. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln bzw. die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht aus (VwGH 24.5.1989, 89/02/0017, 24.2.1993, 92/03/0011, siehe auch Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 759).

Die Angaben des Bw waren nicht geeignet mangelndes Verschulden zu begründen und mussten teilweise als Schutzbehauptungen qualifiziert werden.

4.4. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 - 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

Hinsichtlich der verhängten Strafe ist der Bw darauf hinzuweisen, dass deren höhenmäßige Festsetzung eine Ermessensentscheidung der Strafbehörde darstellt, die sie unter Bedachtnahme auf die objektiven und subjektiven Strafbemessungskriterien des § 19 VStG vorzunehmen hat. Die Begründung der belangten Behörde in Bezug auf das von ihr festgesetzte Strafausmaß erweist sich als nachvollziehbar und mit den Strafbemessungskriterien des § 19 VStG voll im Einklang stehend, sodass der unabhängige Verwaltungssenat keine fehlerhafte Ermessensausübung bei der Strafzumessung festzustellen vermochte. Im Berufungsverfahren sind keine weiteren Milderungs- und Erschwerungsgründe hervorgekommen. Es bedarf schon aus Gründen der Generalprävention der verhängten Strafe um Übertretungen in vergleichbaren Fällen hintan zu halten. Die spruchgemäß festgesetzte Strafe trägt darüber hinaus dem Gedanken der Spezialprävention Rechnung und wird als ausreichend erachtet, um den Bw zur Einsicht und zur Einhaltung der Verwaltungsvorschriften zu bringen. Der zu beurteilende Sachverhalt bot keine Anhaltspunkte für geringfügiges Verschulden und unbedeutende Folgen. Da das Tatverhalten des Beschuldigten keinesfalls hinter den typisierten Schuld- und Unrechtsgehalten der ihm angelasteten Verwaltungsübertretungen zurückbleibt, war auch die Rechtswohltat des § 21 VStG nicht in Erwägung zu ziehen.

5. Der Kostenbeitrag war spruchgemäß festzusetzen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Mag. Stierschneider

Beschlagwortung: Sofortige Verständigung

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