Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240228/2/Gf/Km

Linz, 13.01.1997

VwSen-240228/2/Gf/Km Linz, am 13. Jänner 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des M H jun., vertreten durch RA Dr. J H, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Perg vom 16. Dezember 1996, Zl.

SanRB96-40-12-1995, wegen Übertretung des Lebensmittelgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Perg vom 16. Dezember 1996, Zl. SanRB-40-12-1995, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 10.000 S (Ersatzfrei heitsstrafe: 60 Stunden) verhängt, weil er am 23. Oktober 1995 einem von zwei einschreitenden Lebensmittelaufsichtsorganen den Zutritt zu seinem Betrieb und damit insgesamt die Durchführung einer Revision untersagt habe; dadurch habe er eine Übertretung des § 38 des Lebensmittelgesetzes, BGBl.Nr.

86/1975, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 756/1992 (im folgenden: LMG), begangen, weshalb er gemäß § 74 Abs. 4 Z. 2 LMG zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses ihm am 23. Dezember 1996 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 3. Jänner 1997 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde begründend aus, daß der dem Berufungswerber zur Last gelegte Tatbestand durch die übereinstimmenden Aussagen der zeugenschaftlich einvernommenen Lebensmittelaufsichtsorgane als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung seien das Geständnis des Beschwerdeführers als mildernd bzw. eine einschlägige Vorstrafe als erschwerend zu werten sowie dessen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse entsprechend zu berücksichtigen gewesen.

2.2. Dagegen bringt der Rechtsmittelwerber vor, daß ihn der Wortlaut des Gesetzes nur dazu verpflichte, einem - nicht aber mehreren - Aufsichtsorganen den Zutritt zu seinen Betriebsräumlichkeiten zu gewähren. Da er aber einem der beiden einschreitenden Aufsichtsorgane ohnehin ausdrücklich den Zutritt gewährt und lediglich den anderen Organwalter wegen Befangenheit abgelehnt habe, habe er sohin von vornherein nicht tatbestandsmäßig gehandelt, weil es nicht ihm angelastet werden könne, wenn sich das erstere Organ geweigert habe, die Revision alleine durchzuführen.

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu eine Herabsetzung der Strafe beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Verwaltungsakten der BH Perg zu Zlen.

SanRB96-40-1995 und SanRB96-6-1994; da sich bereits aus diesen der entscheidungswesentliche Sachverhalt hinreichend klären ließ und mit der vorliegenden Berufung lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung durch die belangte Behörde geltend gemacht wird, konnte im übrigen gemäß § 51e Abs. 2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 74 Abs. 4 Z. 2 i.V.m. § 38 LMG begeht u.a.

derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen, der als Geschäfts- oder Betriebsinhaber bzw. als dessen Stellvertreter oder Beauftragter einem Aufsichtsorgan den Zutritt zu einem Ort, der dem Verkehr mit dem LMG unterliegenden Waren dient, nicht gestattet.

4.2. Im gegenständlichen Fall ist in erster Linie strittig, ob diese Bestimmung den Verpflichteten auch dazu verhält, nicht bloß einem, sondern auch zwei oder mehreren Aufsichtsorganen den Zutritt zu seinem Betrieb zu gewähren.

Anders als der Beschwerdeführer vermeint, kann der Oö.

Verwaltungssenat allein der in § 38 LMG getroffenen Wortwahl des Gesetzgebers ("Aufsichtsorgan" in der Einzahl, währenddessen in den vor- bzw. nachstehenden Bestimmungen dieser Begriff jeweils in der Mehrzahl verwendet wird) nicht die Bedeutung beimessen, daß deshalb der Zutritt für eine bestimmte Zeitspanne jeweils nur einem einzelnen Organ, nicht aber auch mehreren gestattet werden müßte.

Solange nämlich die Revision insgesamt (noch) den Kriterien des § 37 Abs. 4 LMG (Vermeidung der Störung des Geschäftsbetriebes und jeglichen Aufsehens) entspricht, ist kein sachlicher Grund ersichtlich, der dagegen spricht, daß diese Nachschau - insbesondere im Interesse der Raschheit (vgl. § 39 Abs. 2 letzter Satz AVG) und damit auch im Interesse des Verpflichteten selbst - grundsätzlich auch von zwei oder mehreren Aufsichtsorganen durchgeführt werden können soll.

Ergibt damit aber eine teleologische, nämlich den ersten Satz des § 38 LMG in seinem Gesamtzusammenhang verstehende Betrachtungsweise, daß es der Gesetzgeber gemäß § 38 erster Satz LMG - unter Bindung an die Vorgaben des § 37 Abs. 4 LMG und des § 39 Abs. 2 letzter Satz AVG - der Behörde überlassen hat, im jeweiligen konkreten Einzelfall die Anzahl der erforderlichen Kontrollpersonen festzusetzen, so erweist sich der Vorwurf der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Straferkenntnisses insoweit als unzutreffend.

4.3. Der gegenständlichen Berufung kommt im Ergebnis jedoch aus einem anderen Grund Berechtigung zu:

Wie sich aus § 38 erster Satz LMG zweifelsfrei ergibt, trifft diese Verpflichtung im besonderen nur den Geschäftsoder Betriebsinhaber, einen Stellvertreter dieser Funktionsträger oder eine hiezu entsprechend beauftragte Person.

Im Lichte der umfangreichen, auf den vorliegenden Fall analog zu übertragenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 9 i.V.m. § 44a Z. 1 VStG (vgl. die Nachweise bei W.

Hauer - O. Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Wien 1996, 996 f) stellt es sohin ein essentielles Tatbestandsmerkmal dar, ob bzw. in welcher konkreten der in § 38 erster Satz angeführten mehreren Funktionen der Beschuldigte tatsächlich tätig geworden ist.

Diesem Erfordernis wird jedoch der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses, dem es insoweit an jeglicher diesbezüglichen Konkretisierung mangelt, nicht gerecht.

4.4. Da eine entsprechende Korrektur durch den Oö.

Verwaltungssenat schon infolge zwischenzeitlich eingetretener Verfolgungsverjährung nicht in Betracht kam, war der vorliegenden Berufung sohin aus diesem Grund gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Kostenbeitrag für das Strafverfahren vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. G r o f

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