Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-107950/7/Sch/Rd

Linz, 01.03.2002

VwSen-107950/7/Sch/Rd Linz, am 1. März 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des H, vertreten durch F, gegen die Fakten 2, 3 und 5 des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 16. Oktober 2001, VerkR96-7102-2001-Ro, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, des Führerscheingesetzes und des Kraftfahrgesetzes 1967, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 27. Februar 2002 zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das Straferkenntnis im angefochtenen Umfang mit folgender Maßgabe bestätigt:

In Spruchpunkt 2 des Straferkenntnisses wird nach dem Wort "als" die Wortfolge "die auf Freilandstraßen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von" eingefügt.

In Spruchpunkt 3 entfällt die Wortfolge "und einem gemäß § 35 Abs.2 FSG zuständigen Organ auf Verlangen nicht zur Überprüfung ausgehändigt".

II. Der Berufungswerber hat 20 % der diesbezüglich verhängten Geldstrafen, ds insgesamt 36,34 Euro, als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn hat mit Straferkenntnis vom 16. Oktober 2001, VerkR96-7102-2001-Ro, über Herrn H, ua wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 2) § 20 Abs.2 StVO 1960, 3) § 14 Abs.1 Z1 FSG 1997 und 5) § 102 Abs.1 iVm § 10 Abs.1 KFG 1967 Geldstrafen von 2) 1.500 S, 3) 500 S und 5) 500 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 2) 72 Stunden, 3) 24 Stunden und 5) 24 Stunden verhängt, weil er am 22. September 2001 um 4.45 Uhr den Pkw mit dem behördlichen Kennzeichen im Gemeindegebiet von 5232 Kirchberg b.M., auf der Siegertshafter Landesstraße 1050, von Pfaffstätt kommend in Richtung Kirchberg, und in weiterer Folge auf der Ersperdinger Gemeindestraße von Ersperding kommend in Richtung Ortszentrum Kirchberg, bis zur Anhaltung vor dem Haus Nr., gelenkt habe und

auf der Siegertshafter Landesstraße 1050 von Straßenkilometer 2,200 bis Straßenkilometer 3,200, von Pfaffstätt kommend in Richtung Kirchberg, um 40 km/h schneller als 100 km/h gefahren sei.

Weiters habe er den Führerschein nicht mitgeführt und einem gemäß § 35 Abs.2 FSG zuständigen Organ auf Verlangen nicht zur Überprüfung ausgehändigt, sowie

habe er sich vor Antritt der Fahrt, obwohl es zumutbar gewesen sei, nicht davon überzeugt, dass das Kraftfahrzeug den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entspricht, zumal die Windschutzscheibe im Sichtbereich des Lenkers derartige Sprünge aufgewiesen habe, wodurch die Sicht nicht mehr so weit gegeben gewesen sei, dass das Fahrzeug bis zum Anhalten sicher gelenkt hätte werden können (Fakten 2, 3 und 5 des Straferkenntnisses).

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem diesbezüglichen Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von insgesamt 250 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

In dem teilweise in Berufung gezogenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber wegen insgesamt fünf Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, des Führerscheingesetzes und des Kraftfahrgesetzes 1967 bestraft. Davon wurden dezidiert die Punkte 2, 3 und 5 mit dem Rechtsmittel der Berufung bekämpft.

Anlässlich der eingangs erwähnten Berufungsverhandlung wurde der Meldungsleger zeugenschaftlich einvernommen. Er hat dabei einen glaubwürdigen Eindruck hinterlassen und schlüssige Angaben gemacht. Diesen zufolge ist er mit einem Kollegen im Gendarmeriefahrzeug dem Berufungswerber über eine längere Strecke nachgefahren. Dabei wurde bei der Nachfahrt in gleichbleibendem Abstand auf einem Teil dieser Strecke im Ausmaß von 2 km eine Fahrgeschwindigkeit von 140 km/h festgestellt. Das Nachfahren mit einem Dienstfahrzeug und das Ablesen des damit ausgestatteten Tachometers stellt grundsätzlich ein taugliches und zuverlässiges Beweismittel zur Feststellung einer von einem Fahrzeug eingehaltenen Fahrgeschwindigkeit dar (VwGH 20.9.1989, 88/03/0176). Dabei ist es ohne Bedeutung, wenn der Tachometer des Streifenwagens nicht geeicht war, sofern es sich um eine beträchtliche Geschwindigkeitsüberschreitung handelt (VwGH 28.6.1989, 89/02/0047).

Im vorliegenden Fall erfolgte die Nachfahrt in gleichbleibendem Abstand laut Angaben des Meldungslegers über etwa 2 km hin. Diese Fahrtstrecke ist für eine zuverlässige Geschwindigkeitsfeststellung bei weitem ausreichend (VwGH 27.2.1985, 84/03/0389).

Der Berufungswerber konzediert selbst eine eingehaltene Fahrgeschwindigkeit von etwa 120 km/h, bestreitet aber das vom Meldungsleger angezeigte Ausmaß von 140 km/h. Dem ist entgegenzuhalten, dass nicht die geringsten Anhaltspunkte hervorgetreten sind, die Zweifel an den Angaben des Meldungslegers aufkommen ließen. Es kann grundsätzlich nicht angenommen werden, dass ein Gendarmeriebeamter - noch dazu unter Wahrheitspflicht - Angaben macht, die nicht den Tatsachen entsprechen. Gegenteiliges ist im vorliegenden Fall nicht hervorgekommen, sodass den Angaben des Meldungslegers mehr Gewicht beizumessen war als jenen des Berufungswerbers, der sich als Beschuldigter in einem Verwaltungsstrafverfahren bekanntlich nach allen Seiten hin frei verantworten kann. Für den Meldungsleger spricht letztlich auch noch der Umstand, dass er, wie er glaubwürdig angegeben hat, die Verfolgungsfahrt wegen der hohen Fahrgeschwindigkeit bzw dem beschränkten Leistungsvermögen des Dienstwagens schon abbrechen wollte, als der Berufungswerber die Fahrgeschwindigkeit vor einem Abbiegemanöver herabsetzte und sodann die Nachfahrt wieder fortgesetzt werden konnte.

Bei der tatörtlichen Verkehrsfläche handelt es sich unbestritten um eine Freilandstraße, weshalb eine entsprechende Ergänzung des Bescheidspruches in diesem Punkt zu erfolgen hatte (vgl. § 20 Abs.2 StVO 1960). Dazu war die Berufungsbehörde innerhalb der Frist des § 31 Abs.2 VStG berechtigt.

Zum weiteren in Berufung gezogenen Faktum des Straferkenntnisses, nämlich dem Vorwurf, der Berufungswerber habe den Führerschein nicht mitgeführt, ist zu bemerken, dass dieser Umstand nicht in Abrede gestellt wurde. Er habe den Führerschein in der Arbeitshose vergessen gehabt. Unzutreffend ist allerdings der Vorwurf der Erstbehörde, der Berufungswerber habe den Führerschein dem Meldungsleger auf Verlangen nicht zur Überprüfung ausgehändigt. Tatsächlich kam es in der Folge zur Aushändigung des Dokumentes, nachdem der Berufungswerber von den amtshandelnden Gendarmeriebeamten nach Hause gefahren worden war und dort den Führerschein vorweisen konnte. Sohin war der Tatvorwurf in diesem Spruchteil entsprechend zu reduzieren.

Schließlich wurde auch die starke Sichtbehinderung durch die defekte Windschutzscheibe des Fahrzeuges des Berufungswerbers nicht in Abrede gestellt. In verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht ist es völlig bedeutungslos, aus welchen Gründen eine Windschutzscheibe (im rechtlich relevanten Sinne) beschädigt wurde. Keinesfalls ist es so, dass man alleine deshalb zum Lenken eines Fahrzeuges mit defekter Windschutzscheibe berechtigt wäre, wenn der Schaden durch einen Dritten - möglicherweise vorsätzlich - zugefügt worden war. Entscheidend allein ist, ob die Sicht für ein sicheres Lenken gegeben ist oder nicht. Im vorliegenden Fall war diese Voraussetzung offenkundig - und letztlich auch unbestritten - nicht gegeben.

Zusammenfassend ergibt sich sohin, dass der Berufungswerber die ihm zur Last gelegten Übertretungen zu verantworten hat.

Wie bereits eingangs erwähnt, hat der Meldungsleger beim Oö. Verwaltungssenat anlässlich seiner zeugenschaftlichen Einvernahme einen glaubwürdigen Eindruck hinterlassen. Er konnte sich auch an die wesentlichen Einzelheiten des Vorfalles noch erinnern und diesbezüglich entsprechende Angaben machen. Somit konnte die Berufungsbehörde ihre Entscheidung darauf stützen und wäre ein gegenteiliges Ergebnis mit einer schlüssigen Beweiswürdigung nicht vereinbar. Keinesfalls ist es so, wie es der Vertreter des Berufungswerbers zum Ausdruck gebracht hat, dass ein Zeuge schon dann unglaubwürdig wird, wenn er sich an ganz bestimmte Details eines Vorganges, etwa ob er Fahrer oder Beifahrer im Gendarmeriefahrzeug war, nicht mehr sogleich erinnern kann bzw auch allenfalls eine diesbezügliche Angabe berichtigt (VwGH 14.12.1988, 88/03/0084 ua).

Zur Strafzumessung ist zu bemerken:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Überschreitungen der erlaubten Höchstgeschwindigkeit stellen bekanntermaßen häufig nicht nur eine abstrakte, sondern schon eine konkrete Gefahr für die Verkehrssicherheit dar. Immer wieder kommt es durch derartige Delikte zu schweren Verkehrsunfällen. Auch kann nicht angenommen werden, dass solch massive Geschwindigkeitsüberschreitungen wie im vorliegenden Fall einem Lenker noch versehentlich unterlaufen, vielmehr werden sie in der Regel bewusst in Kauf genommen. Das Vorbringen des Berufungswerbers, er hätte sich durch das nachfahrende Gendarmeriefahrzeug bedrängt gefühlt, kann zum einen nach der Beweislage, insbesondere der entsprechenden Aussage des Meldungslegers nicht nachvollzogen werden. Zum anderen rechtfertigt ein nachfahrender "Drängler" an sich noch keine Geschwindigkeitsüberschreitung.

Der Berufungswerber hatte zudem die Fahrt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand unternommen. Aufgrund dieses - nicht in Berufung gezogenen - Faktums kann lebensnah angenommen werden, dass die Gefährdung durch die Geschwindigkeitsüberschreitung für den allfälligen übrigen Verkehr, insbesondere aber auch für seine Mitfahrer, entsprechend hoch anzusetzen ist.

Angesichts dessen kann die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe in der Höhe von 1.500 S geradezu noch als milde angesehen werden, insbesondere auch deshalb, da dem Berufungswerber angesichts der defekten Windschutzscheibe noch dazu nur ein eingeschränktes Sichtfeld nach vorne zur Verfügung stand.

Die gesetzliche Verpflichtung, dass der Lenker auf Fahrten seinen Führerschein mitzuführen hat, dient ohne Zweifel dem Zweck, sogleich und vor Ort feststellen zu können, ob jemand zum Lenken des Kraftfahrzeuges berechtigt ist oder nicht. Das öffentliche Interesse an der Einhaltung dieser Bestimmung lässt die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe in der Höhe von 500 S als keinesfalls überhöht erscheinen. Zudem handelt es sich um die gesetzliche Mindeststrafe gemäß § 37 Abs.1 FSG.

Die für das Lenken des Fahrzeuges mit beschädigter Windschutzscheibe in der gleichen Höhe verhängten Geldstrafe ist angesichts des damit verbunden gewesenen Gefährdungspotenzials gleichfalls angemessen.

Wenngleich die Erstbehörde aktenwidrigerweise vom Nichtvorliegen von Milderungsgründen - der Berufungswerber ist nach der Aktenlage unbescholten - ausgegangen ist, ändert dies nichts an der Angemessenheit der verhängten Geldstrafen. Es wird, um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, auf die obigen Ausführungen zur Strafbemessung verwiesen. Besonders der spezialpräventive Aspekt der Strafe ist im vorliegenden Fall besonders von Bedeutung.

Der Berufungswerber soll wiederum zur Einhaltung der Verkehrsvorschriften bewogen werden, um letztlich auch schwere Unfälle - mit gravierenden strafgerichtlichen Folgen im Verschuldensfalle für ihn - hintanzuhalten.

Den von der Erstbehörde angenommenen persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers wurde in der Berufung nicht entgegengetreten, sodass sie auch der Berufungsentscheidung zu Grunde gelegt werden konnten. Es kann erwartet werden, dass ihm diese die Bezahlung der Verwaltungsstrafen ohne unangemessene Einschränkung seiner Lebensführung ermöglichen werden.

Insoweit die Berufungsschrift über den konkreten Sachverhalt hinausgeht, hat der Oö. Verwaltungssenat keine Veranlassung gesehen, diese zu erörtern.

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

S c h ö n

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum