Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107977/14/SR/Ri

Linz, 22.01.2002

VwSen-107977/14/SR/Ri Linz, am 22. Jänner 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 4. Kammer (Vorsitzender: Mag. Kisch, Berichter: Mag. Stierschneider, Beisitzerin: Mag. Bissenberger) über die Berufung der Frau H L, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J B, A, L gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors der Stadt Linz, Zl. S-26379/01 VS1 vom 31. Oktober 2001 wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung (im Folgenden: StVO) nach der am 15. Jänner 2002 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und mündlichen Verkündung, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die Geldstrafe mit 1.453,45 Euro (entspricht 20.000 Schilling) beziffert und die Ersatzfreiheitsstrafe im Falle der Uneinbringlichkeit mit 18 Tagen festgesetzt wird.

II. Die Berufungswerberin hat für das Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 137/2001 - AVG iVm § 19, § 24, § 51e Abs.1, § 51i Verwaltungsstrafgesetz, BGBl.Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 137/2001 - VStG

zu II.: § 65VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Polizeidirektors der Stadt Linz wurde die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben am 02.07.2001 um 22.00 Uhr in L, Wstraße , das Kfz, Kz. L, in einem durch Alkohol beeinträchtigten und fahruntüchtigen Zustand gelenkt, da bei einer Messung mittels Atemluftalkoholmessgerätes ein Alkoholgehalt der Atemluft von 0,82 mg/l festgestellt werden konnte.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 5 Abs.1 StVO

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von Schilling Falls diese uneinbringlich gemäß §

20.000,-- ist, Ersatzfreiheitsstrafe

von

3 Wochen 99 Abs. 1 lit.a StVO

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

2.000.-- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 200 S bzw. 14,53 € angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 22.000,-- Schilling (1.598,80 €)."

2. Gegen dieses dem Vertreter der Bw am 5. November 2001 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 14. November 2001 - und damit rechtzeitig - bei der Behörde erster Instanz eingebrachte Berufung.

2.1. Im angeführten Straferkenntnis führt die Behörde erster Instanz in der Begründung u.a. aus, dass die Nachtrunkbehauptungen der Bw erst im Ermittlungsverfahren vorgebracht worden seien. Bei der Bemessung der Strafe sei auf § 19 VStG hinreichend Bedacht genommen. Erschwerend wäre eine einschlägige Verwaltungsstrafe gewertet worden.

2.2. Dagegen bringt der Vertreter der Bw vor, dass die Bw sehr wohl nach dem Unfall - zu Hause - 2 große Cognacs konsumiert habe. Darüber hinaus hätten die namhaft gemachten Zeugen dargelegt, dass sie vor Beginn der Fahrt außer einer halben Bier keinen Alkohol konsumiert hat.

3. Die Bundespolizeidirektion Linz hat den bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat für den 15. Jänner 2002 die mündliche Berufungsverhandlung anberaumt und neben den Parteien die Zeugen H L, E L und RI J R geladen.

3.2. Aufgrund der mündlichen Verhandlung steht folgender relevanter Sachverhalt fest:

Die Bw hat den gegenständlichen Pkw entsprechend der Spruchanlastung gelenkt. Das Ergebnis der Atemluftkontrolle sowie der Grad der Alkoholisierung werden nicht in Frage gestellt und die Atemluftuntersuchung als solche nicht beanstandet.

Über das Trinkverhalten befragt gab die Bw im Zusammenhang mit der Amtshandlung niederschriftlich an, dass sie nach der gegenständlichen Fahrt keine alkoholischen Getränke konsumiert hat. Der erst im Ermittlungsverfahren behauptete Nachtrunk konnte auch in der Berufungsverhandlung nicht bewiesen werden.

3.3. Die Aussagen des RI R sind schlüssig und decken sich vollständig mit dem Akteninhalt. Dagegen stellte sich das Vorbringen der Bw teilweise als widersprüchlich und unscharf dar. Dies vor allem im Hinblick auf die von ihr gemachten Zeitangaben. Während sie sich zu Beginn des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens dahin verantwortet hatte, dass sie erst nach der Kontaktaufnahme mit dem Zeugen L in die Wohnung zurückgekehrt ist und anschließend eine unbestimmbare Menge Cognac genossen hat, stellte sich in der Berufungsverhandlung heraus, dass sie vor der endgültigen Rückkehr zweimal die Wohnung aufgesucht hat. Neben den zeitlichen Widersprüchen zur eigenen Stellungnahme, wonach ihr für den Nachtrunk noch ausreichend Zeit (ca. 50 Minuten) geblieben ist, hat die mündliche Verhandlung nur mehr einen Zeitrahmen von maximal 5 Minuten für einen möglichen Nachtrunk erbracht. Weder aus den Aussagen der E La noch denen des H L kann geschlossen werden, dass die Bw nicht im festgestellten Ausmaß alkoholisiert gewesen ist. Letzterer hat nicht darauf geachtet und hatte mangels einer längeren Unterhaltung auch nicht die Möglichkeit, Wahrnehmungen entsprechender Symptome zu machen. Aus der Aussage der E La zum üblichen Trinkverhalten der Bw ist nur abzuleiten, dass die Bw dann, wenn sie mehr getrunken hat, sich eines Taxis bedient hatte. Die subjektive Wahrnehmung - "die Bw hat nicht den Eindruck auf mich gemacht, dass sie zuvor alkoholische Getränke konsumiert hat" - ist nicht geeignet, eine Alkoholisierung zu diesem Zeitpunkt auszuschließen. Eine Verstärkung der bereits bestehenden Alkoholbeeinträchtigung durch den folgenden Konsum einer Flasche Bier ist sehr wohl denkbar und nachvollziehbar.

Weiters ist der behauptete Nachtrunk schon deshalb nicht glaubwürdig, weil die Bw auch in der mündlichen Verhandlung nicht in der Lage war, die Menge konkret zu bezeichnen. Sie konnte darüber hinaus weder die Widersprüche des angeblichen Nachtrunkzeitraumes aufklären noch schlüssig darlegen, warum sie den Nachtrunk nicht sofort bei Beginn der Amtshandlung behauptet hat, obwohl sie ausdrücklich danach gefragt worden ist. Hätten ihre nachträglichen Angaben zugetroffen, dann wäre sie in der Lage gewesen, dem Beamten den benützten Cognac-Schwenker in der Küche zu zeigen. Ein solches Verhalten wäre der Bw schon deshalb zuzumuten gewesen, da sie bereits aufgrund einer gleichgelagerten Amtshandlung über einschlägige Erfahrungen verfügt hat.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Da im vorliegenden Verfahren die Bw mit einer Geldstrafe in der Höhe von 20.000 Schilling bestraft wurde, war zur Durchführung des Verfahrens die 4. Kammer des Oö. Verwaltungssenates zuständig.

4.2. § 5 Abs.1 StVO 1960:

Wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

§ 99 Abs.1 lit. a StVO:

Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 1.162,77 Euro (entspricht 16.000,00 Schilling) bis 5.813,83 Euro (entspricht 80.000,00 Schilling), im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,6 g/l (1,6 Promille) oder mehr oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,8 mg/l oder mehr beträgt.

4.3. Ein allfälliger Nachtrunk muss vom Bw bei der ersten sich bietenden Gelegenheit behauptet werden (VwGH vom 28.1.2000, Zl 97/02/0520).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH vom 18. Juni 1997, Zl. 97/03/007) ist im Zusammenhang mit der Glaubwürdigkeit eines behaupteten Nachtrunkes dem Umstand Bedeutung beizumessen, zu welchem Zeitpunkt der Lenker diese Behauptung kundgetan hat und darauf abzustellen, dass er die konsumierte Alkoholmenge konkret zu behaupten und zu beweisen hat (VwGH vom 26.1.1996, Zl. 95/02/0289, VwGH vom 31.3.2000, Zl 98/02/0131). Die Nachtrunkbehauptung muss schon bei der Ersteinvernahme entsprechend präzisiert sein (VwGH vom 23.2.2000, 99/03/0402).

Da die Bw die Nachtrunkbehauptung erstmals im behördlichen Ermittlungsverfahren aufgestellt hat und diese aber weder konkretisieren noch beweisen konnte, musste ihr diesbezüglich die Glaubwürdigkeit versagt werden.

4.4. Hinsichtlich des Verschuldens bestimmt § 5 Abs.1 VStG, dass dann, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandlung gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Diese gesetzliche Schuldvermutung trifft sohin bei den sogenannten "Ungehorsamsdelikten" zu. Bei den Ungehorsamsdelikten - die die meisten Verwaltungsdelikte darstellen - besteht das Tatbild in einem bloßen Verhalten ohne Merkmal eines Erfolges. Bereits die Nichtbefolgung eines gesetzlichen Gebotes oder Verbotes genügt zur Strafbarkeit; ein (schädlicher) Erfolg muss dabei nicht eingetreten sein.

Die Bw hat weder den Grad der Alkoholbeeinträchtigung noch das gegenständliche Lenken bestritten. Da sie den Nachtrunk nicht glaubhaft machen konnte, war von der Verletzung der angelasteten Vorschrift (die ein solches Ungehorsamsdelikt darstellt) und fahrlässigem Verhalten auszugehen.

4.5. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 - 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

Hinsichtlich der jeweils verhängten Strafe ist die Bw darauf hinzuweisen, dass deren höhenmäßige Festsetzung eine Ermessensentscheidung der Strafbehörde darstellt, die sie unter Bedachtnahme auf die objektiven und subjektiven Strafbemessungskriterien des § 19 VStG vorzunehmen hat. Die Begründung der belangten Behörde in Bezug auf das von ihr festgesetzte Strafausmaß erweist sich als nachvollziehbar und mit den Strafzumessungskriterien des § 19 VStG im Einklang stehend.

Auch ungünstige Einkommens- und Vermögensverhältnisse rechtfertigen nicht schon von sich aus den Anspruch auf Verhängung der Mindeststrafe, da § 19 VStG nicht ausschließlich auf diese Umstände abstellt, sondern auch auf das Ausmaß des Verschuldens abzustellen ist. Die verhängte Geldstrafe liegt knapp höher als die gesetzliche Mindeststrafe, trägt dem Gedanken der Spezialprävention Rechnung und wird als ausreichend erachtet, um die Bw zur Einsicht und zur Einhaltung der Verwaltungsvorschriften zu bewegen. Eine Herabsetzung auf die Höhe der Mindeststrafe bzw. eine allfällige Unterschreitung der Mindeststrafe im Zuge der außerordentlichen Strafmilderung konnte mangels beträchtlich überwiegender Milderungsgründe nicht vorgenommen werden. Wie der Verwaltungsgerichtshof in einem einschlägigen Erkenntnis ausgesprochen hat, müssten dafür mehrere Voraussetzungen vorliegen (s. VwGH 20.1.1993, 92/02/0280). Darüber hinaus bot der zu beurteilende Sachverhalt keine Anhaltspunkte für geringfügiges Verschulden und unbedeutende Folgen. Da das Tatverhalten der Bw keinesfalls hinter den typisierten Schuld- und Unrechtsgehalten der ihr angelasteten Verwaltungsübertretungen zurückbleibt, war auch die Rechtswohltat des § 21 VStG nicht in Erwägung zu ziehen.

4.6. Die Ersatzfreiheitsstrafe war auf das nunmehrige Ausmaß zu reduzieren, da sie unbegründet in einem relevanten Missverhältnis zur verhängten Geldstrafe gestanden ist.

5. Bei diesem Ergebnis war der Bw zum Berufungsverfahren kein weiterer Kostenbeitrag vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro (entspricht 2.476,85 Schilling) zu entrichten.

Mag. Kisch

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