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des Landes Oberösterreich
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VwSen-107979/12/Br/Bk

Linz, 28.12.2001

VwSen-107979/12/Br/Bk Linz, am 28. Dezember 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch seine 2. Kammer (Vorsitzender Dr. Langeder, Beisitzer Dr. Weiß, Berichter Dr. Bleier) über die Berufung der Frau R, vertreten durch M, gegen den Punkt 1) des Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Linz vom 25. Oktober 2001, Zl: S-21060/01 VS1, nach der am 20.12.2001 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, zu Recht:

  1. Der Berufung wird im Schuldspruch keine und im Strafausspruch mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Geldstrafe auf 16.000 S (entspricht 1.162,76 €) und die Ersatzfreiheitsstrafe auf zwei Wochen ermäßigt wird.

II. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich demzufolge auf 1.600 S (entspricht 116,28 €). Für das Berufungsverfahren entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Verfahrenskostenbeitrages.

Rechtsgrundlage:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 51e Abs.1 VStG

II: § 65 VStG

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem Straferkenntnis vom 25. Oktober 2001, Zl: S-21060/01 VS1, in dessen Punkt 1) über die Berufungswerberin gemäß § 99 Abs.1 lit.b iVm § 5 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 20.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe drei Wochen) verhängt und folgendes Tatverhalten zur Last gelegt:

"Sie haben am 27.05.2001 um 21.52 Uhr in L, Z, mit dem Kfz, Kz. , einen Verkehrsunfall verursacht und

1) sich am 27.05.2001 um 22.15 Uhr in L Z, geweigert, sich der Untersuchung der Atemluft (Alkomat) auf Alkoholgehalt zu unterziehen, obwohl Sie von einem besonders geschulten und hiezu von der Behörde ermächtigten Organ der Straßenaufsicht dazu aufgefordert wurden, weil Sie verdächtig waren, das Fahrzeug zum vorgenannten Zeitpunkt in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (Alkoholisierungssymptome: Alkoholgeruch aus dem Mund, Iallende Sprache, schwankender Gang) gelenkt zu haben sowie ..."

Die Behörde erster Instanz stützte den Schuldspruch auf die Angaben des Zeugen G. Dieser Zeuge habe vom Fenster aus gesehen, dass die Berufungswerberin den Pkw ruckartig rückwärts gelenkt hatte und dabei gegen das abgestellte Fahrzeug gestoßen war. Nach dem Aussteigen habe die Berufungswerberin auf den Zeugen einen alkoholisierten Eindruck gemacht, sodass dieser unverzüglich die Polizei verständigte.

Der von der Berufungswerberin vorgetragenen Verantwortung, dass sich das Fahrzeug wegen Herausspringen des Ganges in Bewegung gesetzt hatte, folgte die Behörde erster Instanz nicht.

Obwohl lediglich von einem Monatseinkommen in der Höhe von "mindestens 10.000  S" ausgegangen wurde, erachtete die Behörde erster Instanz die Geldstrafe in Höhe von 20.000 S dem Schuld- und Unrechtsgehalt - zu Punkt 1) - angemessen.

2. Die Berufungswerberin bestreitet in der fristgerecht durch ihren Rechtsvertreter erhobenen Berufung einerseits die Lenkereigenschaft und andererseits die Qualifikation der verfahrensgegenständlichen Örtlichkeit als öffentliche Verkehrsfläche iSd § 1 Abs.1 StVO 1960.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und dessen auszugsweise Verlesung anlässlich der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 20. Dezember 2001. Anlässlich dieser Berufungsverhandlung wurden E, F und RI H als Zeugen und die Berufungswerberin als Beschuldigte einvernommen. An der Berufungsverhandlung nahm auch ein Vertreter der Behörde erster Instanz teil.

4. Zum Sachverhalt hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß der im Akt erliegenden Fotos und dem Ergebnis der Erörterung mit der Berufungswerberin und dem Zeugen G im Rahmen der Berufungsverhandlung verläuft die Garagenzufahrt von der Z in einem spitzen Winkel, seitlich niveaugleich in einem leichten Gefälle in Richtung Straße. Der gesamte Zufahrtsbereich ist durch teilweise Ausbesserungen durch Asphaltüberdeckung durch ein sogenanntes Kopfsteinpflaster befestigt. Von der Fahrbahn ist die Garagenzufahrt durch eine dreireihige und aus größeren Pflastersteinen gestaltete "Regenrinne" baulich bzw. optisch getrennt.

Die Berufungswerberin hielt sich am Abend des 27.5.2001 mit Arbeiten in der Garage auf. Knapp vor der Garage befand sich ihr Pkw mit der Frontseite in Richtung Straße abgestellt. Vor ihrem Fahrzeug war der Kastenwagen einer Mieterin der Berufungswerberin abgestellt.

Offenbar beim Versuch das Fahrzeug in Bewegung zu setzen, stieß die Berufungswerberin mit ihrer rechten Fahrzeugvorderseite gegen den abgestellten Pkw. An ihrem Fahrzeug entstand dabei ein erheblicher Sachschaden. Ob die Berufungswerberin mit dem Fahrzeug wegfahren wollte oder es nur zu rangieren versuchte, konnte nicht festgestellt werden.

Der Vorgang des vermutlichen Ausparkversuches wurde von Zeugen nicht unmittelbar wahrgenommen. Wohl aber haben sowohl der etwa zehn bis fünfzehn Meter entfernt, schräg gegenüber wohnende Zeuge G als auch der auf der gleichen Straßenseite auf Hausnummer wohnende Zeuge M einen als Kollisionsgeräusch zu interpretierenden Lärm wahrgenommen.

Der Zeuge G blickte daraufhin aus dem Fenster und konnte die Berufungswerberin mit ihrem Fahrzeug mehrfach nach vor- und zurückstoßend am Fahrersitz ihres Fahrzeuges sitzend wahrnehmen. Auf Grund seines subjektiven Eindruckes über die Fahrtauglichkeit der Berufungswerberin verständigte er fernmündlich die Polizei. Der Zeuge ist selbst Polizeioffizier, was im Hinblick auf die Einschätzungsfähigkeit der Situation erheblich erscheint.

Der Zeuge M begab sich wegen des von ihm als Anstoß und als "Getriebekrachen" interpretierten Lärms zum Vorfallsort. Er traf dort die Berufungswerberin neben dem Fahrzeug stehend in einem solchen psychischen Zustand an, dass er sie in diesem Zustand nicht alleine lassen wollte. Dieser Zeuge sah den Schaden am Fahrzeug der Berufungswerberin und auch die dem vernommenen (Unfalls-)Lärm zugeordneten Glasscherben. Im Gespräch mit der Berufungswerberin wies er auf die Notwendigkeit, sich mit der Besitzerin des zweiten Fahrzeuges im Hinblick auf die Schadensregulierung ins Einvernehmen zu setzen, hin.

Die zunächst in Abrede gestellte Schadensregulierung erfolgte zwischenzeitig laut eigener Angabe der Berufungswerberin in der Berufungsverhandlung.

Auf Grund der im Rahmen der Berufungsverhandlung von den glaubwürdig wirkenden Zeugen gemachten Angaben besteht kein Zweifel an der Inbetriebnahme des Fahrzeuges durch die Berufungswerberin. Ihre auch im Rahmen der Berufungsverhandlung in den Raum gestellte Behauptung, wonach das Fahrzeug ohne ihr Zutun weggerollt sein müsste, mutet einerseits fast abenteuerlich an und ist durch die Angaben des Zeugen G klar widerlegt. Der Zeuge schilderte eindrucksvoll, dass er die Berufungswerberin am Fahrersitz sitzend wahrnahm, wobei sie erhebliche Handlingprobleme hatte und das Fahrzeug auch abwürgte. Die Zeit von der Wahrnehmung des Anstoßgeräusches bis zum Blick aus dem Fenster bezeichnete der Zeuge mit zehn bis 25 Sekunden. Demnach kann ausgeschlossen werden, dass während dieser Zeit ein Fahrerwechsel stattgefunden haben könnte. Dies behauptete selbst die Berufungswerberin nicht. Auch der Zeuge M wusste zu berichten, dass er "Getriebekrachen" vernommen habe. Auch dieser Zeuge machte einen sachlichen und glaubwürdigen Eindruck. Er beschrieb auch illustrativ den desorientiert wirkenden Eindruck, den die Berufungswerberin auf ihn machte, sodass er sich nicht getraut habe, sie alleine zu lassen.

Es gibt keine objektiven Anhaltspunkte, dass diese Geräusche durch Zufall und ohne Zutun eines Lenkers entstehen hätten können. Unbeschadet dieser zusätzlichen Eindrücke, die eine Lenkereigenschaft mit höchster Wahrscheinlichkeit belegen, konnte jedoch der "bloße Verdacht des Lenkens" alleine schon auf Grund des Faktums eines mit dem Fahrzeug herbeigeführten Blechschadens, den selbst die Berufungswerberin nicht bestreitet, mit hinreichender Schlüssigkeit abgeleitet werden.

Die Berufungswerberin wirkte bei der Berufungsverhandlung unglaubwürdig. Sie widersprach sich mehrfach, indem sie zunächst das auf dem Foto abgebildete Fahrzeug nicht als das ihrer Mieterin zu erkennen glaubte und weiter stellte sie vorerst auch die erfolgte Schadensregulierung mit der Besitzerin des zweitbeteiligten Fahrzeuges in Abrede.

Die Aufforderung zur Atemluftuntersuchung findet schon auf Grund dieses Faktums seine sachliche Rechtfertigung.

Da jedoch nicht erwiesen gelten kann, dass die Berufungswerberin eine Fahrt angetreten hätte, scheint der Vorwurf keinen Führerschein mitgeführt zu haben verfehlt.

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Straßen mit öffentlichem Verkehr sind gemäß § 1 Abs. 1 zweiter Satz StVO 1960 solche, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden, wenn sie nach dem äußeren Anschein zur allgemeinen Benützung freistehen. Maßgeblich sind somit nicht die Besitz- und Eigentumsverhältnisse am Straßengrund, sondern die tatsächliche Benützbarkeit der Verkehrsfläche (vgl. Swoboda, ZVR 1994, Heft 1, Seite 6, letzter Absatz und Gaisbauer, ebendort, mit Hinweis auf ZVR 1993/84). Auch mit dem Hinweis, dass im Falle der Benützung dieser Verkehrsfläche die Abschleppung bzw. eine Besitzstörungsklage droht, lässt sich für sie nichts gewinnen. Es kommt daher nicht darauf an, ob die Straße ganz oder teilweise im Privateigentum steht, maßgeblich ist vielmehr, dass die Straße von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden kann (VwGH 11.7.2000, 98/03/0165, mit Hinweis auf VwGH 26.1.2001, 2001/02/0008, VwGH 23.3.1999, 98/02/0343, u.v.a.). Auf Grund der Beschaffenheit dieser unmittelbaren an der Straße niveaugleich anschließenden Örtlichkeit in Form einer Garagenzufahrt kann daran kein Zweifel gehegt werden.

5.2. Gemäß § 5 Abs.2 StVO 1960 sind die Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben auf Alkoholgehalt zu untersuchen.

Der in dieser Bestimmung genannte Verdacht des Lenkens muss in sachlich nachvollziehbarer Weise begründet sein (vgl. dazu Messiner, StVO, 10. Auflage, Seite 210, E169 mit Judikaturhinweisen). An einem begründeten Verdacht kann hier, wie oben schon ausgeführt, nicht gezweifelt werden. Diese Beurteilung ergibt sich insbesondere aus der ex-ante-Sicht der Meldungsleger auf Grund der ihnen vom Anzeiger übermittelten und ihrer eigenen, unmittelbaren Eindrücke vor Ort.

6. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Wenngleich der Berufungswerberin hier der Milderungsgrund der Unbescholtenheit wegen mehrerer Parkdelikte nicht mehr zu Gute gehalten werden kann, gibt es keinen Grund, dass hier nicht mit der gesetzlichen Mindeststrafe das Auslangen gefunden werden könnte.

Die Berufungswerberin bewegte jedoch das Fahrzeug lediglich vor ihrer Garage wenige Meter. Im Ergebnis kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass von diesem Verhalten eine an sich erst mit einem "Fahrtantritt" entstehende schädliche Wirkung herbeigeführt worden wäre. Das bloße Rangieren eines Fahrzeuges bedarf bei objektiver Beurteilung einer Differenzierung gegenüber einer Fahrt auf öffentlicher Straße in nicht bloß rechtlichem Sinn. Demgemäß reduziert sich hier die Schädlichkeit der Verweigerung bloß auf den Ungehorsamstatbestand. Mit der gesetzlichen Mindeststrafe vermag dieses Verhalten daher als hinreichend geahndet erachten werden.

Die Anwendung des a.o. Milderungsrechtes (§ 20 VStG) wäre lediglich bei beträchtlichem Überwiegen der Milderungsgründe zulässig. Mangels Einsichtigkeit hinsichtlich der Verweigerung und wegen mehrerer - wenngleich geringfügiger - Delikte war die Anwendung des außerordentlichen Strafmilderungsrechtes nicht in Betracht zu ziehen. Ebenso wenig liegen mangels eines bloß geringen Verschuldensgrades hinsichtlich der Verweigerung und nicht bloß unbedeutender Tatfolgen die Voraussetzungen für die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG vor.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. L a n g e d e r

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