Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107980/11/Br/Bk

Linz, 14.01.2002

VwSen-107980/11/Br/Bk Linz, am 14. Jänner 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau R vertreten durch Mag. Dr. H gegen den Punkt 2) des Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Linz vom 25. Oktober 2001, Zl: S-21060/01 VS1, nach der am 20.12.2001 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, zu Recht:

  1. Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass unter Bestätigung des Schuldspruches von der Verhängung einer Geldstrafe abgesehen wird.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 21, 24 und 51e Abs.1 VStG

zu II: § 65 VStG

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem Straferkenntnis vom 25. Oktober 2001, Zl: S-21060/01 VS1, in dessen Punkt 2) über die Berufungswerberin gemäß § 14 Abs.1 Z1 FSG iVm § 37 Abs.1 FSG eine Geldstrafe von 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe achtzehn Stunden) verhängt und folgendes Tatverhalten zur Last gelegt:

"Sie haben am 27.05.2001 um 21.52 Uhr in L, Z, mit dem Kfz, Kz. , einen Verkehrsunfall verursacht und

2) den vorgeschriebenen Führerschein nicht mitgeführt bzw. den zuständigen Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes zur Überprüfung nicht ausgehändigt."

1.1. Die Behörde erster Instanz stützte den Schuldspruch im Punkt 2) auf die Tatsache, dass die Berufungswerberin im Zuge der Amtshandlung gegenüber dem Straßenaufsichtsorgan den Führerschein nicht vorweisen konnte.

2. Die Berufungswerberin verantwortet sich in diesem Punkt dahingehend das Fahrzeug nicht gelenkt zu haben und somit zum Mitführen bzw. Vorweisen des Führerscheins nicht verpflichtet gewesen zu sein.

3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da im Punkt 2.) keine 726,00 EUR (entspricht 9.989,98 ATS) übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zu entscheiden. Im Punkt 1) ergeht eine durch eine Kammer zu fällende Berufungsentscheidung (Aktenzahl: VwSen-107979).

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und dessen auszugsweise Verlesung anlässlich der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 20. Dezember 2001. Anlässlich dieser Berufungsverhandlung wurden E, F und RI H als Zeugen und die Berufungswerberin als Beschuldigte einvernommen. An der Berufungsverhandlung nahm auch ein Vertreter der Behörde erster Instanz teil.

4. Zum Sachverhalt hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß der im Akt erliegenden Fotos und dem Ergebnis der Erörterung mit der Berufungswerberin und dem Zeugen G im Rahmen der Berufungsverhandlung verläuft die Garagenzufahrt von der Z in einem spitzen Winkel, seitlich niveaugleich in einem leichten Gefälle in Richtung Straße. Der gesamte Zufahrtsbereich ist durch teilweise Ausbesserungen durch Asphaltüberdeckung durch ein sogenanntes Kopfsteinpflaster befestigt. Von der Fahrbahn findet sich die Garagenzufahrt durch eine dreireihige und aus größeren Pflastersteinen gestaltete "Regenrinne" baulich bzw. optisch getrennt.

Die Berufungswerberin hielt sich am Abend des 27.5.2001 mit Arbeiten in der Garage auf. Knapp vor der Garage befand sich ihr Pkw mit der Frontseite in Richtung Straße abgestellt. Vor ihrem Fahrzeug war der Kastenwagen einer Mieterin der Berufungswerberin abgestellt.

Offenbar beim Versuch das Fahrzeug in Bewegung zu setzen, stieß die Berufungswerberin mit ihrer rechten Fahrzeugvorderseite gegen den abgestellten Pkw. An ihrem Fahrzeug entstand dabei ein erheblicher Sachschaden.

Ob das Fahrzeug lediglich rangiert wurde, oder ob von der Berufungswerberin eine Fahrt angetreten werden wollte, steht nicht fest.

Unbestritten ist jedoch, dass die Berufungswerberin über Verlangen eines mit der nachfolgenden Sachverhaltsfeststellung beorderten Straßenaufsichtsorgans keinen Führerschein vorweisen konnte. Angeblich konnte sie das Dokument nicht finden. Der Vorgang des vermutlichen Ausparkversuches wurde von Zeugen wohl nicht unmittelbar wahrgenommen. Jedoch wurde sowohl vom etwa zehn bis fünfzehn Meter entfernt, schräg gegenüber wohnenden Zeugen G, als auch von dem auf der gleichen Straßenseite auf Hausnummer wohnenden Zeugen M ein als Kollisionsgeräusch zu interpretierender Lärm wahrgenommen.

Der Zeuge G blickte folglich aus dem Fenster und konnte die Berufungswerberin mehrfach nach vor und zurückstoßend am Fahrersitz ihres Fahrzeuges wahrnehmen. Auf Grund seines subjektiven Eindruckes über die Fahrtauglichkeit der Berufungswerberin verständigte er fernmündlich von diesem Vorfall die Polizei. Der Zeuge ist selbst Polizeioffizier, was im Hinblick auf die Einschätzungsfähigkeit der Situation erheblich erscheint.

Ebenfalls der Zeuge M begab sich wegen des von ihm vernommenen als Anstoß interpretierten Lärms zum Vorfallsort. Er traf dort die Berufungswerberin neben dem Fahrzeug stehend in einem psychischen Zustand an, dass er die Berufungswerberin in diesem Zustand nicht alleine lassen wollte. Dieser Zeuge konnte den Schaden am Fahrzeug der Berufungswerberin und auch die dem vernommenen (Unfalls-)Lärm zugeordneten Glasscherben wahrnehmen. Im Gespräch mit der Berufungswerberin wies er auf die Notwendigkeit sich mit der Besitzerin des zweiten Fahrzeuges im Hinblick auf die Schadensregulierung ins Einvernehmen zu setzen.

Die Schadensregulierung erfolgte zwischenzeitig laut eigener Angabe der Berufungswerberin anlässlich der Berufungsverhandlung, was sie vorerst noch in Abrede zu stellen versuchte, durch eine von ihr geleistete Abschlagzahlung in der Höhe von 2.000 S.

Auf Grund der im Rahmen der Berufungsverhandlung von den glaubwürdig wirkenden Zeugen gemachten Angaben besteht kein Zweifel an der Inbetriebnahme des Fahrzeuges durch die Berufungswerberin. Ihre auch im Rahmen der Berufungsverhandlung in den Raum gestellte Behauptung, wonach das Fahrzeug ohne ihr Zutun weggerollt sein müsste, mutet einerseits fast abenteuerlich an und ist durch die Angaben des Zeugen G klar widerlegt. Der Zeuge schilderte eindrucksvoll, dass die Berufungswerberin erhebliche Handlingprobleme hatte und das Fahrzeug auch abwürgte. Auch der Zeuge M wusste zu berichten, dass er "Getriebekrachen" vernehmen habe können. Auch dieser Zeuge machte einen sachlichen und glaubwürdigen Eindruck. Er beschrieb auch illustrativ den desorientiert wirkenden Eindruck den die Berufungswerberin auf ihn machte, sodass er sich nicht getraut habe sie alleine zu lassen.

Es gibt keine objektiven Anhaltspunkte, dass diese Geräusche durch Zufall und ohne Zutun eines Lenkers entstehen könnte. Unbeschadet dieser zusätzlichen Eindrücke, konnte jedoch der "bloße Verdacht des Lenkens" alleine schon auf Grund des Faktums eines mit dem Fahrzeug herbeigeführten Blechschadens, den selbst die Berufungswerberin nicht bestreitet, mit hinreichender Schlüssigkeit abgeleitet werden.

Die Berufungswerberin wirkte bei der Berufungsverhandlung mit Blick auf die Bestreitung ihrer Lenkeigenschaft nur wenig überzeugend. Sie widersprach sich mehrfach, indem sie einerseits vorerst das auf dem Foto abgebildete Fahrzeug nicht als das ihrer Mieterin zu erkennen glaubte und ferner stellte sie vorerst auch die erfolgte Schadensregulierung mit der Besitzerin des zweitbeteiligten Fahrzeuges in Abrede. Unbestritten blieb jedoch, dass sie den Führerschein nicht vorzuweisen vermochte.

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Straßen mit öffentlichem Verkehr sind gemäß § 1 Abs.1 zweiter Satz StVO 1960 solche, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden, wenn sie nach dem äußeren Anschein zur allgemeinen Benützung freistehen. Maßgeblich sind somit nicht die Besitz- und Eigentumsverhältnisse am Straßengrund, sondern die tatsächliche Benützbarkeit der Verkehrsfläche (vgl. Swoboda, ZVR 1994, Heft 1, Seite 6, letzter Absatz und Gaisbauer, ebendort, mit Hinweis auf ZVR 1993/84). Auch mit dem Hinweis, dass im Falle der Benützung dieser Verkehrsfläche die Abschleppung bzw. eine Besitzstörungsklage droht, lässt sich für sie nichts gewinnen. Es kommt daher nicht darauf an, ob die Straße ganz oder teilweise im Privateigentum steht, maßgeblich ist vielmehr, dass die Straße von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden kann (VwGH 11.7.2000, 98/03/0165, mit Hinweis auf VwGH 26.1.2001, 2001/02/0008, VwGH 23.3.1999, 98/02/0343, u.v.a.). Auf Grund der Beschaffenheit dieser unmittelbar der Straße niveaugleich anschließenden Örtlichkeit in Form einer Garagenzufahrt kann daran kein Zweifel gehegt werden.

5.2. Der § 14 FSG lautet: Jeder Lenker eines Kraftfahrzeuges hat unbeschadet der Bestimmungen des § 102 Abs. 5 KFG 1967 auf Fahrten mitzuführen

1. den für das von ihm gelenkte Kraftfahrzeug vorgeschriebenen Führerschein oder Heeresführerschein oder

2. beim Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen oder Invalidenkraftfahrzeugen den Mopedausweis oder Heeresmopedausweis oder, falls ein solcher nicht erforderlich ist, einen amtlichen Lichtbildausweis oder einen Führerschein und auf Verlangen die entsprechenden Dokumente den gemäß § 35 Abs. 2 zuständigen Organen zur Überprüfung auszuhändigen.

Obwohl die Berufungswerberin, die hier das Fahrzeug lediglich vor ihrem Haus rangierte und bei sinnrichtiger Auslegung zu diesem Zweck den Führerschein ob des Naheverhältnisses im Falle der Verwahrung im Haus wohl nicht im Fahrzeug mitzuführen brauchte, hätte sie ihn sehr wohl dem Organ der Straßenaufsicht auszuhändigen gehabt.

Mit der obigen Sachverhaltslage ist diesbezüglich zumindest von einer auf Fahrlässigkeit beruhenden Deliktsbegehung der unterbliebenen Aushändigung des Führerscheines auszugehen. Um dieser Bestimmung keine einer Vollziehbarkeit entgegenstehende Auslegung angedeihen zu lassen, ist auf die Aushändigung des Führerscheines abzustellen. Hiefür ist in aller Regel wohl das Mitführen - hier die Greifbarkeit des Führerscheins im Haus - unabdingbare Voraussetzung. Der Tatbestand ist schon dann als erfüllt anzusehen, wenn der Führerschein lediglich nicht ausgefolgt wird - etwa weil man ihn während der Amtshandlung nicht findet. Würde man die Tatbestandsmäßigkeit in einer kumulativen Voraussetzung erblicken wollen, könnte, um einer Bestrafung zu entgehen, letztlich im Nachhinein immer unwiderlegbar das Mitführen behauptet werden (vgl. VwGH 11.5.1990, 89/18/0175).

Die Berufungswerberin hat hier nicht glaubhaft zu machen vermocht, dass sie an der Erfüllung dieses Tatbestandes kein Verschulden trifft, weshalb Verschulden zumindest in Form der Fahrlässigkeit iSd § 5 Abs.1 VStG anzunehmen ist.

Von der Verhängung einer Strafe kann nach § 21 VStG jedoch abgesehen werden, wenn das Verschulden geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Davon muss hier ausgegangen werden, weil das Fahrzeug lediglich unmittelbar vor dem Haus bewegt wurde und das Dokument in der begreifbaren Hektik nicht gefunden, wobei offenbar auch hinsichtlich der zweifelsfrei feststehenden Identität der Berufungswerberin diesbezüglich auch nicht sonderlich insistiert worden sein dürfte.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180,00 EUR (entspricht 2.476,85 ATS) zu entrichten.

Dr. B l e i e r

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