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VwSen-107987/12/Br/Bk

Linz, 28.12.2001

VwSen - 107987/12/Br/Bk Linz, am 28. Dezember 2001

DVR. 0690392

ERKENNTNIS

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn J vertreten durch D, gegen die Punkte 1) bis 3) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 5. November 2001, Zl. VerkR96-3811-2001-Hu, nach der am 27. Dezember 2001 im Rahmen eines Ortsaugenscheins durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

  1. Der Berufung wird im Punkt 1) und 3) Folge gegeben; das Straferkenntnis wird in diesen Punkten behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 und Z2 VStG betreffend den Punkt 3) eingestellt;

Im Punkt 2) wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 26/2000 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 138/2000- VStG;

II. Zu Punkt 1) und 3) entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge. Im Punkt 2) werden zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten als Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren 100  S (20% der Geldstrafe, entspricht 7, 27 €) auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.1 und 64 Abs.1 u.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Über den Berufungswerber wurden mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land wegen zweimaliger Übertretung nach § 1 Abs.3 FSG, wegen § 52 lit.b Z15 StVO und § 9 Abs.1 StVO vier Geldstrafen (2x 10.000 S, 1x 500 und 1x 800 S) und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen (2 x zehn Tage und 2 x einen Tag) auferlegt und in diesem Zusammenhang folgendes Tatverhalten zur Last gelegt:

"Sie haben 1) am 17.03.2001 gegen 14.55 Uhr im Gemeindegebiet von Asten, von der Anemonenstraße 39 bis zur ÖMV-Tankstelle, den PKW, KZ. , gelenkt, ohne im Besitz einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung für die Klasse "B" zu sein (FS-Entzug lt. ha. Bescheid vom 29.11.2000) und sind 2) am 17.03.2001 um 15,17 Uhr mit diesem PKW im Gemeindegebiet von Asten, von der ÖMV-Tankstelle kommend auf die Wiener Bundesstraße 1 entgegen dem Gebotszeichen "Vorgeschriebene Fahrtrichtung" nicht in die durch Pfeil angegebene Fahrtrichtung gefahren, sondern nach links in Fahrtrichtung Asten eingebogen und haben dadurch 3) im Gemeindegebiet von Asten auf der Wiener Bundesstraße 1, bei Strkm. 173,2, die Sperrlinie verbotenerweise überfahren und 4) am 17.03.2001 gegen 15,17 Uhr im Gemeindegebiet von Asten, von der ÖMV-Tankstelle bis zur Anemonenstraße 39, den PKW, , gelenkt, ohne im Besitz einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung für die Klasse "B" zu sein (FS-Entzug lt. ha. Bescheid vom 29.11.2000)."

1.1. Die Erstbehörde stützte ihre Entscheidung auf die Anzeige des Gendarmeriepostens Enns und die daraus hervorleuchtenden Wahrnehmungen zweier Straßenaufsichtsorgane. Die Behörde erster Instanz ging von einem Monatseinkommen des Berufungswerbers in Höhe von 20.000 S, keinem Vermögen und der Sorgepflicht für ein Kind aus.

Unbestritten und unangefochten blieb das Faktum des Lenkens ohne Lenkberechtigung im Umfang der dienstlichen Wahrnehmung betreffend den Punkt 4) des Straferkenntnisses.

2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung führt der Berufungswerber durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter Folgendes aus:

"Das Straferkenntnis der BH Linz-Land vom 05.11.2001, VerkR96-3811-2001-Hu, wurde meinem bevollmächtigten Rechtsvertreter am 06.11.2001 zugestellt. Binnen offener Frist erhebt der Beschuldigte dagegen die

B e r u f u n g

an den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

Das Straferkenntnis der BH Linz-Land vom 05.11.2001 wird hinsichtlich Faktum 1, 2 und 3 wegen wesentlicher Verfahrensmängel unrichtiger Sachverhaltsdarstellung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten. Unangefochten bleibt Faktum 4 des Straferkenntnisses.

Begründung:

Die Bestimmung des § 25 VStG normiert, dass Verwaltungsübertretungen von Amts wegen zu verfolgen sind. Die der Entlastung des Beschuldigten dienlichen Umstände sind in gleicher Weise zu berücksichtigen wie die belastenden. Der Grundsatz der Amtswegigkeit des Verfahrens befreit nach der Rechtssprechung des VwGH die Parteien nicht von der Verpflichtung, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen. Die Behörde ist vice versa auch verpflichtet, Schriftsätze einer Partei bis zur Erlassung des Bescheides zu berücksichtigen. Die Behörde ist verpflichtet, für die Durchführung aller zur Klarstellung des Sachverhaltes erforderlichen Beweise zu sorgen und auf das Parteivorbringen, soweit es für die Feststellung des Sachverhaltes von Bedeutung sein kann, einzugehen. Sie kann sich daher nicht über erhebliche Behauptungen und Beweisanträge ohne Ermittlungen und Begründung hinwegsetzen (Hauer-Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, § 25 VStG Abs. 2 E 1,4).

Die Behörde ist trotz der schriftlichen Rechtfertigung des Beschuldigten vom 27.09.2001, die Beweise zur Entlastung des Beschuldigten angeführt hat, nicht näher auf diese Beweisanträge eingegangen, weil sie der Meinung war, dass diese mit Sicherheit kein anderes Verfahrensergebnis nach sich gezogen hätten. Ein solches Vorgehen einer Behörde bildet jedoch einen wesentlichen Verfahrensmangel. Die Behörde darf einen Beweis von vornherein nur dann ablehnen, wenn er objektiv gesehen nicht geeignet ist, über den Gegenstand der Beweisaufnahme einen Beweis zu liefern. Vor allem die Einvernahme des Beschuldigten und der beantragte Ortsaugenschein wären geeignet gewesen, den maßgebenden Sachverhalt zu klären.

Die Behörde hat mit der Begründung, dass die Meldungsleger fachlich geschult und unter Wahrheitspflicht stehende Zeugen sind, die wohl kaum das Risiko einer falschen Aussage, auf deren strafrechtliche Folgen sie anlässlich ihrer Einvernahme hingewiesen wurden, auf sich nehmen werden, keinerlei Veranlassung gesehen, an den Angaben zu zweifeln. Der Beschuldigte hingegen unterliege nicht der Wahrheitspflicht und könne sich in jede Richtung hin verantworten.

Unter der Voraussetzung, dass sowohl die Meldungen des Sicherheitswachebeamten einschließlich seiner ergänzenden Berichte als auch die Verantwortung des Beschuldigten, die einander widersprechen, jede in sich schlüssig und in sich widerspruchsfrei sind, berechtigt der im Verwaltungsstrafverfahren geltende Grundsatz der freien Beweiswürdigung die Behörde nicht davon auszugehen, dass allein die Eigenschaft des Anzeigers als Organ der öffentlichen Sicherheit schon ausreicht, den leugnenden Beschuldigten der ihm zur Last gelegten Tat als unwiderlegbar überführt und damit als schuldig anzusehen (aa0 § 25 VStG E 11 a). Es wurden im vorliegenden Fall die Meldungsleger zwar als Zeugen einvernommen, doch entspricht es nach geltendem Recht nicht dem Sinn einer Zeugenvernehmung, wenn eine als Zeuge zu vernehmende Person ihre Aussage schriftlich hinterlegt und danach, ohne dass die Frage des Vernehmenden und Antwort des Zeugen erfolgt, das schriftlich niedergelegte zum Inhalt einer Zeugenaussage erhoben wird. Aus der Niederschrift über die Vernehmung von Zeugen vom 30.8.2001 geht hervor, dass sowohl M als auch S auf die Anzeige vom 20.3.2001 bzw. die Stellungnahme vom 29.8.2001 verweisen und diese zur Zeugenaussage erheben.

Überdies hätte die Behörde gerade aufgrund dieser mangelhaften Beweiserhebungen die vom Beschuldigten vorgebrachten Beweisanträge berücksichtigen müssen.

Die Behörde hat sich in ihrer Begründung hinsichtlich der Übertretung nach dem FSG, Faktum 1, auf den Bericht des Meldungslegers S berufen, wonach der Beschuldigte im Zuge der Amtshandlung vor dem Haus A gegenüber RevInsp. M und ihm angegeben habe, dass er den PKW von seiner Wohnadresse zur OMV-Tankstelle gelenkt habe, um diesen in der dortigen Waschstraße zu waschen. Der Beschuldigte sei zu diesem Faktum geständig gewesen.

Beschuldigtenaussagen dürfen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, auch wenn sie ein Geständnis darstellen, nur dann als beweismachend angesehen werden dürfen, wenn sie unwidersprochen geblieben oder doch durch andere Beweismittel erhärtet worden sind (Hauer-Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, § 25 VStG, E 29a

Es gibt kein Beweisergebnis, dass auf ein Geständnis zu Faktum 1 des Straferkenntnisses schließen lässt. Aus der Rechtfertigung vom 05.06.2001 und der Stellungnahme vom 27.09.2001 geht eindeutig hervor, dass der Beschuldigte hinsichtlich des Faktums 4, der Fahrt von der OMV-Tankstelle bis zur A geständig ist, nicht jedoch zu Faktum 1. Das Beweisergebnis stützt sich lediglich auf eine Aussage des Beschuldigten, die dieser vehement bestritten hat, und wurde nicht selbst von den Meldungslegern wahrgenommen. Die Glaubwürdigkeit des Beschuldigten ist nicht zu bezweifeln, insbesondere er die ihm zur Last gelegte Tat Faktum 4 in keinster Weise bestreitet.

Die Behörde legt dem Beschuldigten zur Last, dass er am 17.03.2001 gegen 14.55 Uhr im Gemeindegebiet von Asten von der A bis zur OMV-Tankstelle den PKW gelenkt hat, ohne im Besitz einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung für die Klasse B zu sein. Die Behörde wirft dem Beschuldigten weiters vor, am 17.03.2001 gegen 15.17 Uhr im Gemeindegebiet von Asten von der OMV-Tankstelle bis zur A den PKW gelenkt zu haben, ohne im Besitz einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung für die Klasse B zu sein. Dadurch habe der Beschuldigte jeweils § 1 Abs. 3 iVm § 37 Abs. 1 und § 37 Abs. 4 Z. 1 FSG 1997 übertreten und wurde jeweils eine Strafe von S 10.000,00 verhängt.

Der Beschuldigte hat in seiner Rechtfertigung und in der Stellungnahme angegeben, dass er den PKW Renault Megan nach dem Waschen von der OMV-Tankstelle abgeholt hat. Er bestreitet hingegen, den PKW von der Anemonenstraße bis zur OMV-Tankstelle gelenkt zu haben.

Auch wenn man, wie die Behörde davon ausgeht, dass der Beschuldigte beide Male der Lenker des Fahrzeuges gewesen ist, ist die Tat nur einmal zu bestrafen. Gem. § 22 VStG sind dann, wenn jemand durch verschiedene selbständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen hat oder eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen fällt, die Strafen nebeneinander zu verhängen sind. Eine Ausnahme von diesem Prinzip besteht bei einem fortgesetzten Delikt. Darunter ist eine Reihe von gesetzwidrigen Einzelhandlungen zu verstehen, die vermöge der Gleichartigkeit der Begehungsform sowie der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines noch erkennbaren zeitlichen Zusammenhanges sowie eines diesbezüglichen Gesamtkonzeptes des Täters zu einer Einheit zusammentreten. So wurde es in der Rechtsprechung nur als eine Übertretung des § 37 FSG 1997 angesehen, wenn jemand ohne Lenkberechtigung einen KfZ zu einer Tankstelle lenkt, dort tankt und nach dem Auftanken mit dem Fahrzeug weiter fährt (vgl Hauer-Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, § 22 VStG E 58)

Nichts anderes kann jedoch für den Fall gelten, dass jemand ein KfZ ohne Lenkberechtigung zur Tankstelle lenkt, um es dort waschen zu lassen. Aufgrund des kurzen Zeitraumes zwischen der Fahrt zur Tankstelle und von der Tankstelle ist eine zeitliche Verbundenheit zu sehen, die eine Bestrafung wegen zweier Delikte nicht rechtfertigt. Der Beschuldigte hat jedenfalls nur eine Tat begangen, über die eine Strafe zu verhängen ist. Diese Entscheidung stellt auf § 64 Abs. 1 KFG ab, der durch die Einführung des FSG 1997 aufgehoben wurde und in der Bestimmung des § 37 FSG seine Fortsetzung findet.

Aufgrund des engen zeitlichen Zusammenhanges, der äußeren Begleitumstände und der Gleichartigkeit der Handlungen liegt jedenfalls ein fortgesetztes Delikt vor.

Pkt. 2 und 3 des Straferkenntnisses hat der Beschuldigte nicht begangen. Diese ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen sind durch das Beweisergebnis nicht gedeckt.

Wie der Beschuldigte glaubhaft angegeben hat, ist er bei der OMV-Tankstelle ortskundig. Er kennt daher auch das Verbot links abzubiegen und die dort angebrachte Sperrlinie. Entgegen der Meinung der Meldungsleger ist der Beschuldigte nicht nach links abgebogen, sondern hat sein Fahrzeug nach rechts Richtung Linz gelenkt und hat ca. 100 m Richtung Autobedarfszentrum F umgekehrt.

Die Behörde hat im Straferkenntnis zu den Punkten 2 und 3 lediglich ausgeführt, dass das Dienstkraftfahrzeug zum Zeitpunkt der Übertretung auf dem westlichen Fahrstreifen der lpf Landesstraße bei Strkm. 1,190 unmittelbar vor der Einmündung auf die Wiener Bundesstraße 1 angehalten worden ist. Von diesem Standort hatten die Meldungsleger eine einwandfreie Sicht auf die OMV-Tankstelle und die Wiener Bundesstraße 1.

Nicht angegeben haben die Meldungsleger, in welche Fahrtrichtung und wie sich die eingehaltene Fahrtrichtung des Beschuldigten für sie gezeigt hat. Die Meldungsleger konnten in ihrem Bericht keine konkreten Angaben dazu machen, wie der Beschuldigte nach links abgebogen ist, was die Glaubwürdigkeit des Beschuldigten unterstreicht, dass er nach rechts gefahren ist und bei der Firma F sein Fahrzeug umgekehrt hat, um in der richtigen Fahrtrichtung nach links Richtung Asten weiterzufahren.

Der Beschuldigte hat zum Beweis seiner Angaben zu Faktum 2 und 3 des Straferkenntnisses Beweisanträge, wie Lokalaugenschein und seine Einvernahme gestellt, die von der Behörde nicht berücksichtigt worden sind. Dieser Verfahrensmangel wurde bereits gerügt. Bei Berücksichtigung der Beweisanträge wäre die Behörde zu einem anderen Ergebnis bezüglich der dem Beschuldigten zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen.

Beweis: Lokalaugenschein; kfz-technischer Sachverständiger; PV.

Bei den für die Strafbemessung zu berücksichtigenden Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen hat die Behörde einen falschen Ansatz zugrunde gelegt. Die von der Behörde verhängten Strafen entsprechen nicht der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und den persönlichen Verhältnissen des Beschuldigten. Der Beschuldigte ist aus wirtschaftlichen Gründen nicht in der Lage, den Gesamtgeldbetrag von S 23.430,00 zu bezahlen. Er ist mit Schulden von mehr als S 1,000.000,00 belastet und hat Sorgepflichten für seine Ehegattin und vier Kinder. Aus diesen Gründen ist von der Behörde eine neue Strafbemessung vorzunehmen.

Der Beschuldigte stellt daher die

A n t r ä g e,

der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge dieser Berufung Folge geben und 1. das angefochtene Straferkenntnis der BH Linz-Land vom 5.11.2001, VerkR96-3811-2001 Hu, dahingehend abändern, daß das gegen den Beschuldigten geführte Verwaltungsstrafverfahren hinsichtlich der Fakten 1 - 3 eingestellt wird und die Strafen hinsichtlich der anderen Fakten tat- und schuldangemessen nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen neu bemessen werden; 2. in eventu das angefochtene Straferkenntnis aufheben und nach Wiederholung und Ergänzung des Ermittlungsverfahrens unter Aufnahme der vom Beschuldigten in seiner schriftlichen Rechtfertigung vom 27.9.2001 zu den dortigen Beweisthemen beantragten Beweismittel sowie der Zeugeneinvernahme der Meldungsleger im Sinne des Punktes 1. abändern; 3. in eventu das angefochtene Straferkenntnis aufheben und die Angelegenheit zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung, Ergänzung des Ermittlungsverfahrens und neuerlichen Entscheidung im Sinne des Punktes 1. an die Behörde 1. Instanz zurückverweisen.

E, am 15.11.2001 J

NeumJo/Vorf.17.3.01 / GA / TO / 3BS"

3. Da jeweils keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Eine Berufungsverhandlung war mit Blick auf die durch Art. 6 EMRK zu garantierenden Rechte erforderlich (§ 51 Abs.1 VStG).

Unter Hinweis auf die Unanwendbarkeit des § 66 Abs.2 AVG iVm § 24 VStG ist der Hinweis durch den Rechtsvertreter des Berufungswerbers auf "Zurückverweisung" des Verfahrens an die Behörde erster Instanz jedoch verfehlt.

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verfahrensakt und Verlesung von Aktenteilen, sowie durch Vernehmung des Berufungswerbers als Beschuldigten und der einschreitenden Gendarmeriebeamten, RevInsp. H und RevInsp. W als Zeugen im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung. Ebenfalls wurden die Sichtweiten vor Ort nachvollzogen und fotografisch dokumentiert.

4. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

4.1. Der Berufungswerber lenkte am 17. März 2001, gegen 15.17 Uhr seinen Pkw von der OMV-Tankstelle, auf der Wiener Bundesstraße (B1) in Richtung Asten bzw. zu seiner dort gelegenen Wohnadresse, A. Der Berufungswerber ist nach einem Entzug der Lenkberechtigung zum Lenken eines Pkw´s nicht berechtigt. Bei der Ausfahrt von der Tankstelle in die B1 bog er entgegen dem Gebotszeichen an der nördlichen Tankstellenausfahrt "vorgeschriebenen Fahrtrichtung nach rechts" nach links in Richtung Asten ein. An dieser Stelle ist auf der ca. sechs bis sieben Meter breiten, zwei Fahrstreifen aufweisenden B1, eine Sperrlinie angebracht, welche durch dieses Manöver zwingend überfahren werden musste.

Diese Wahrnehmung wurde von der an der 180 m von der nördlichen Tankstellenausfahrt auf der Ipf-Landesstraße postierten Funkwagenbesatzung (RevInsp. H und RevInsp. W) wahrgenommen. Im Zuge der Vorbeifahrt am Standort der Meldungsleger wurde die Nachfahrt aufgenommen. Der Berufungswerber wurde anschließend an seinem Wohnort angehalten und mit diesen Tatvorwürfen konfrontiert.

Die Annahme auch der Hinfahrt zur Tankstelle und die diesbezüglich mit 14.55 Uhr angeführte Zeit, konnte im Rahmen der Berufungsverhandlung nicht nachvollzogen werden. Geht man davon aus, dass der Berufungswerber dort das Fahrzeug gewaschen hat, ließe sich auch die Zeitspanne von über zwanzig Minuten und somit die Tatzeit zu Punkt 1) nicht zwingend ableiten. Der Berufungswerber, welcher laut Anzeige selbst angegeben haben soll, das Fahrzeug auch zur Tankstelle bereits gelenkt zu haben, bestreitet dies und benennt eine andere Person, welche sein Fahrzeug dorthin gelenkt haben soll. Durchaus logisch erscheint jedoch, dass die Zeitangabe mit 14.55 Uhr eher nicht vom Berufungswerber stammen, sondern es sich diesbezüglich wohl um eine Schlussfolgerung durch die Gendarmeriebeamten handeln dürfte.

Hinsichtlich der Wahrnehmung des Abbiegevorganges kann angenommen werden, dass diese vom Standort der Meldungsleger durchaus in einer für ein Strafverfahren gebotenen Sicherheit gemacht werden konnte, wenngleich die Entfernungsangabe in der Anzeige mit ca. 60 m weit verfehlt ist. Laut Feststellung durch Lasermessung bei der Berufungsverhandlung beträgt diese Distanz vielmehr 180 m, ist ein nach links einbiegendes Fahrzeug doch deutlich auch noch aus dieser Distanz erkennbar. Dabei wird durchaus nicht übersehen, dass auch eine durch die überdimensionale Preistafel bedingte Sichteinschränkung auf den Anfahrpunkt der Kreuzung besteht. Dennoch kann man ein auf die Ausfahrt zufahrendes Fahrzeug rechts neben der Tafel und unmittelbar danach wieder links von dieser in den Sichtbereich hervortreten sehen.

Den Meldungsleger wird nicht zugesonnen, dass sie diesbezüglich in Kauf zu nehmen geneigt wären den Berufungswerber zu Unrecht einer Verwaltungsübertretung beschuldigen zu wollen.

In diesem Punkt vermochte dem Berufungswerber in seiner Verantwortung nicht gefolgt werden.

Auf sich bewenden kann jedoch die ohnedies nicht nachweisbare Tatsache der Lenkeigenschaft des Berufungswerbers auch zur Tankstelle. Diese Fahrt würde jedoch in einem zeitlich so engen Zusammenhang stehen, dass diese als Tateinheit in der Figur eines fortgesetzten Deliktes qualifizierbar wäre.

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

5.1. Aus verfahrensökonomischen Gründen war der bestreitenden Verantwortung des Berufungswerbers hinsichtlich zu Punkt 1) nicht weiter nachzugehen.

Jedenfalls kann es erwiesen gelten, dass der Beschuldigte vom Beginn der Fahrt an den Vorsatz gehabt hätte, etwa um das Fahrzeug zu waschen und allenfalls auch zu tanken, von zu Hause weg zur Tankstelle und dann sofort wieder zurückzufahren. Daher ist von der Rechtsfigur des fortgesetzten Deliktes auszugehen. Jedenfalls wäre ihm hier ein anderweitiger Vorsatz nicht nachzuweisen. Unter Hinweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach, wer ohne Lenkberechtigung ein Kfz zu einer Tankstelle lenkt, dort tankt und nach dem Auftanken mit dem Fahrzeug weiterfährt, nur eine Übertretung begeht (VwGH 12.3.1986, 84/03/0368). Gleiches gilt, wenn das Lenken eines Kfz ohne Lenkberechtigung kurzfristig dadurch unterbrochen wird, dass der Lenker von einem Straßenaufsichtsorgan angehalten und kontrolliert wird, ein fortgesetztes Delikt vorliegt (VwGH 22.11.1984, 84/02/0190; siehe auch HOLOUBEK/LANG, ecolex 2001, 409); demnach wäre auch hier davon auszugehen, dass die Kumulation zu einer unzulässigen Doppelbestrafung führen würde (vgl. h. Erk. v. 12. Oktober 2000VwSen-107000/10/Ki/Ka, mit Judikaturhinweisen).

Es sollte in diesem Zusammenhang nicht übersehen werden, dass auf Grund der hohen Mindeststrafe mit einem von zufälligen Unterbrechungen an sich schon ganz kurzen und im Tatunwert demnach differenziert zu sehenden Geschehen, im Wege der Kumulation unangemessene Sanktionsfolgen ausgelöst würden.

Eine unzulässige Kumulation liegt ebenfalls im Punkt 2) des Straferkenntnisses begründet, indem das vorschriftswidrige Abbiegen geradezu zwingend auch das Überfahren der Sperrlinie nach sich zog. Mit der Sperrlinie wurde aus dem Blickwinkel des Berufungswerbers kein anderer Schutzzweck verletzt als er auch dem Gebotszeichen nach § 52 lit.b Z15 StVO zuzuordnen ist.

Eine kumulative Bestrafung für ein einziges Tatverhalten, wenngleich es zwei Tatbestände erfüllt, verstößt ebenfalls gegen das verfassungsrechtliche Gebot des Verbotes der Doppelbestrafung, falls das am Schutzzweck orientierte "Unwerthafte" dieser Tat bereits mit dem bereits sanktionierten Verhalten vollumfänglich erschöpft bzw. bestraft ist (iS VfGH 11.3.1998, G262/97,G328/97).

Mit der zu Punkt 2) verhängten Geldstrafe vermag ein Ermessensfehler bei der Strafzumessung nicht erblickt werden. Diesbezüglich war die Geldstrafe mit Bedacht auf § 19 VStG zu bestätigen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. B l e i e r

Beschlagwortung:

Kumulation, fortgesetztes Delikt, Fortsetzungszusammenhang

 

 

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