Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108028/2/Fra/Ka

Linz, 11.01.2002

VwSen-108028/2/Fra/Ka Linz, am 11. Jänner 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn AA, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 26. November 2001, AZ VerkR96-9232-2001, betreffend Übertretung des § 16 Abs.1 lit.a Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Das Straferkenntnis wird bestä-tigt.

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat einen Kostenbeitrag in Höhe von 20 %, ds 14,53 EUR (entspricht 200,00 ATS) der verhängten Geldstrafe zu zahlen.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19 und 24 VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 16 Abs.1 lit.a StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 1.000 ATS (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) verhängt, weil er am 27.4.2001 gegen 12.05 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen auf der Bundesstraße 1 von Timelkam kommend in Richtung Attnang-Puchheim gelenkt hat, wobei er im Gemeindegebiet von Vöcklabruck bei Km. 243,6 den LKW-Zug und überholte und diesen zum unvermittelten Abbremsen und Ablenken seines Fahrzeuges nötigte.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck - als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 726 EUR (entspricht 10.000 ATS) nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c erster Satz VStG).

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte im Grunde des § 51e Abs.3 Z3 VStG abgesehen werden.

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

I.3.1. Gemäß § 16 Abs.1 lit.a StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges nicht überholen, wenn andere Straßenbenützer, insbesondere entgegenkommende, gefährdet oder behindert werden könnten oder wenn nicht genügend Platz für ein gefahrloses Überholen vorhanden ist.

Gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit, mit Arrest bis zu 2 Wochen zu bestrafen, wer unter anderem als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs.1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist.

Die Bedachtnahme auf andere Straßenbenützer ist nicht nur auf die Entgegenkommenden oder auf andere Fahrzeuge eingeschränkt. Das Wort "insbesondere" dient lediglich dem Hinweis auf die besondere Gefahr des Zusammenstoßens mit einem entgegenkommenden Fahrzeug beim Überholen.

Der nach § 16 Abs.1 lit.a StVO 1960 strafbare Tatbestand besteht darin, dass der Lenker eines Fahrzeuges einen Überholvorgang ungeachtet dessen durchführt, dass andere Straßenbenützer gefährdet oder behindert werden könnten. Es genügt eine abstrakte Gefährdung oder Behinderung, also die bloße Möglichkeit einer solchen.

I.3.2. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht ist vorerst festzustellen, dass die Lenkereigenschaft des Bw unstrittig ist. Unstrittig ist weiters der Überholvorgang. Der Bw bringt vor, dass er die besagte Strecke gut kenne und er auch, da er schon längere Zeit in zweiter Spur gefahren sei, genügend Sicht auf die Überholstrecke gehabt hätte. Für ihn sei das ein ganz normaler gefahrloser Überholvorgang gewesen. Er sei der Meinung, dass der Überholte aus irgendeinem Grund unkonzentriert gewesen sei, ihn nicht bemerkte und beim Überholtwerden die Geschwindigkeit erhöht habe. Er (der Bw) habe auch nichts vom Abbremsen und Ablenken bemerkt, er habe sich nur gewundert, weshalb besagter Lenker ein Hupkonzert veranstaltet habe. Das Verhalten des Überholten sei aggressiv gewesen, seine Anzeige erscheine ihm als Bosheitsakt. Auf die Huperei des Überholten hin habe er ihm mehrmals durch das Schiebedach gewunken, vielleicht habe er sich dadurch provoziert gefühlt. Das Einordnen habe er nicht abbrechen können, weil hinter ihm mehrere Fahrzeuge fuhren. Trotzdem habe er, ohne jemanden zu gefährden, sich noch einordnen können, da sein Auto genug PS zum Überholen hatte. Im Normalfall hätte er sich nach dem Überholverbot noch problemlos einordnen können. Der Lenker des Hängerzuges (der Überholte) habe aber während des gesamten Vorganges beschleunigt und habe danach - wie erwähnt - ein Hupkonzert veranstaltet und sei ihm immer wieder knapp an die Stoßstange aufgefahren. Am Ortsende von Attnang-Puchheim habe er ihn überholt, und den Hängerzug zum Stehen gebracht, sei ausgestiegen und nach hinten gekommen. Er (der Bw) habe den Blinker gesetzt und sei vorbeigefahren. Der Überholte habe ihm mit der Faust gedroht und ihm nachgerufen: "Du feige Sau du!". Er habe ihm gewinkt und sei weitergefahren.

Dieser Verantwortung des Bw steht die Anzeige des Überholten, Herrn P H, geb. am 30.6.1967, wohnhaft in D, wie folgt entgegen:

"Ich lenkte am 27. April 2001 um ca. 12.05 Uhr meinen Lkw-Zug, Zugfahrzeug Marke MAN, weiß lackiert, Kennzeichen mit Anhänger, Marke Hüffermann, schwarz lackiert, Kennzeichen , in Vöcklabruck auf der Bundesstraße 1 aus Richtung Timelkam kommend in Richtung Attnang-Puchheim. Ich benützte den rechten Fahrstreifen.

Da bei der sogenennten Leinkerkreuzung Rotlicht herrschte, hielt ich das KFZ hinter drei oder vier Pkw an. Als die Verkehrsampel auf Grünlicht schaltete, setzte ich die Fahrt fort.

Etwa auf Höhe des Würstelstandes 'Würstelmann' überholte mich ein Pkw. Dabei überfuhr er im beschilderten Überholverbot die doppelte Sperrlinie. Während des Überholmanövers schnitt er mir die Fahrbahn und ich mußte, um einen Zusammenstoß zu verhindern, nach rechts auf den Gehsteig ausweichen und bremste das KFZ außerdem ab. Kurz danach hupte ich den Pkw an, worauf der mir mehrmals den sogenannten 'Stinkefinger' (Mittelfinger) zeigte.

Nach dem Ortsende von Attnang-Puchheim überholte ich den angeführten Pkw und hielt den Lkw nach der Kfz.-Werkstätte Schmid an. Der Pkw fuhr dann bei mir vorbei und zeigte mir nochmals den 'Stinkefinger'.

Bei dem angeführten Pkw handelte es sich um einen Vw Passat, rot lackiert, Kennzeichen ."

Zeugenschaftlich am 6. August 2001 vor der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck befragt, gab Herr Hofmanninger nochmals an, sich an diesen Vorfall noch genau erinnern zu können und sich ganz sicher zu sein, dass ihn der Bw im Überholverbot überholt hat. Weiters habe der Bw die doppelte Sperrlinie überfahren und ihn zum unvermittelten Abbremsen und Ablenken seines Fahrzeuges genötigt. Es sei kein Beifahrer mitgefahren. Er sei allein in seinem LKW gewesen. Es sei richtig, den Bw in Attnang-Puchheim überholt zu haben, da er diesen zur Rede stellen wollte. Diese bereits in der Anzeige dargestellten Angaben entsprächen vollinhaltlich der Wahrheit.

Beweiswürdigend wird festgehalten, dass der Oö. Verwaltungssenat keine Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Zeugen H hegt. Zu bedenken ist, dass einerseits der Zeuge noch am Vorfallstag die Anzeige erstattet hat und nicht - wie der Bw vorbringt - erst am 10.5.2001. Richtig ist, dass der Gendarmerieposten Vöcklabruck diese Niederschrift erst am 10.5.2001 der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck übermittelt hat. Die in der Anzeige gemachten Angaben wurden zeugenschaftlich bestätigt. Dazu ist festzustellen, dass diese Angaben unter Wahrheitspflicht abgelegt wurden, bei deren Verletzung der Zeuge mit strafrechtlichen Konsequenzen zu rechnen hätte. Dem Bw hingegen sind auf Grund seiner verfahrensrechtlichen Position keine derartigen Pflichten auferlegt. Er kann sich nach Opportunität verantworten, ohne deshalb Rechtsnachteile befürchten zu müssen. Weiters wird auf die Ausführungen im angefochtenen Straferkenntnis insofern hingewiesen, als es nicht den Erfahrungen des täglichen Lebens entspricht, dass eine Privatperson ohne jeglichen Grund Anzeige erstattet und die damit verbundenen Verpflichtungen (Zeugenaussagen vor der Behörde etc.) auf sich nimmt. Im Übrigen räumt der Bw selbst ein, dass sein Einordnen erschwert wurde. Weiters wäre das Hupkonzert sowie die nachfolgend gesetzten Maßnahmen des Überholten nur schwer nachvollziehbar, wenn dieser objektiv keinen Grund dazu hatte. Dafür, dass der Überholte beim Überholvorgang die Geschwindigkeit des von ihm gelenkten LKW-Zuges überholte, liegen keine Anhaltspunkte vor.

Zusammenfassend wird daher der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses umschriebene Sachverhalt als erwiesen festgestellt. Mit diesem Sachverhalt hat der Bw den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt, weil es nicht nur zu einer abstrakten sondern zu einer konkreten Gefährdung eines anderen Straßenbenützers gekommen ist.

I.4. Die Strafe wurde angemessen festgesetzt. Der gesetzliche Strafrahmen beträgt bis zu 10.000 S. Mit der verhängten Strafe wurde dieser Rahmen zu 10 % ausgeschöpft. Es wurde sowohl die soziale und wirtschaftliche Situation des Bw als auch der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit berücksichtigt. Erschwerungsgründe liegen nicht vor. Der Unrechtsgehalt ist jedoch aufgrund des hohen Unfallrisikos als erheblich zu bewerten. Eine Herabsetzung der Strafe ist daher nicht vertretbar.

zu II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180,00 EUR (entspricht  2.476,85 ATS) zu entrichten.

Dr. F r a g n e r

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