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des Landes Oberösterreich
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VwSen-108033/15/Br/Ni

Linz, 03.04.2002

VwSen-108033/15/Br/Ni Linz, am 3. April 2002

DVR.0690392

ERKENNTNIS

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über Berufung der Frau P vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft F, vom 4. Dezember 2001, Zl. VerkR96, nach der am 5. Februar 2002 und am 20. März 2002 im Rahmen eines Ortsaugenscheins durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

  1. Der Berufung wird in den Punkten 1.) 3.) und 4.) keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass in Punkt 4.) die Rechtsnorm als "§ 106 Abs.1 lit.b KFG 1967 idF BGBl. I Nr. 93/1998" zu zitieren ist;

im Punkt 2.) wird der Berufung Folge gegeben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 137/2001 - AVG, iVm § 19, § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.I Nr. 137/2001 - VStG;

II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden der Berufungswerberin als Kosten für das Berufungsverfahren in den Punkten 1.) 3.) und 4.) je 11,63 Euro (entspricht je 160,00 öS; 20% der verhängten Geldstrafe) auferlegt. Zum Punkt 2.) entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u. 2 und § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft F hat wider die Berufungswerberin mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis eine Geldstrafe in der Höhe von vier mal 800,00 öS (entspricht Euro 58,14) und für den Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen von je 26 Stunden verhängt und in dessen Spruch folgende Tatvorwürfe erhoben:

"Sie haben am 25.04.2001 von 15.30 Uhr bis 15.40 Uhr auf der B Straße, Fahrtrichtung F, den KKW, gelenkt und

1) bei Strkm 99,100 auf einer unübersichtlichen Straßenstelle (unübersichtliche Linkskurve) verbotenerweise überholt, weil für Sie die Sichtweite nur etwa 250 m betragen hat und Sie eine Überholwegstrecke von 149 m benötigt haben und

2) bei Strkm 94,0 bis Strkm 93,9 verbotenerweise die Sperrlinie überfahren und

3) zwischen Strkm 92,640 und 92,580 auf einer unübersichtlichen Straßenstelle (unübersichtliche Linkskurve) verbotenerweise überholt, weil Sie eine Überholwegstrecke von etwa 71 m beansprucht haben und die Sichtweite zu Beginn des Überholvorganges nur etwa 170 m betragen hat und

4) nächst Strkm 91,0 bei der gegenständlichen Fahrt, ein unter 12 Jahre altes Kind, welches kleiner als 150 cm war, auf einem Sitzplatz, der mit einem Sicherheitsgurt ausgerüstet war, nicht dafür gesorgt haben, dass eine geeignete, der Größe und dem Gewicht des Kindes entsprechende Rückhalteeinrichtung verwendet wurde."

1.1. Die Erstbehörde stützte ihre Entscheidung auf die von drei Gendarmeriebeamten im Verlaufe einer Nachfahrt im Dienstkraftwagen gemachten Wahrnehmungen und die darauf gestützten Anzeigeangaben.

2. In der dagegen fristgerecht durch ihren Rechtsvertreter eingebrachten Berufung führte die Berufungswerberin folgendes aus:

"Gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft F vom 4.12.2001, VerkR96, erhebe ich innerhalb offener Frist

B E R U F U N G:

Ich bekenne mich der mir zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen für nicht schuldig.

Das zitierte Straferkenntnis wird seinem gesamten Inhalt nach angefochten und Folgendes

ausgeführt.

I.

Eingangs verweise ich auf mein in diesem Verfahren Vorgebrachtes und halte fest, dass die von mir gemachten Angaben der Wahrheit entsprechen und einen weiteren Inhalt dieser Berufung darstellen.

II.

Geltend gemacht werden mangelhafte Feststellungen, mangelhafte Begründungen und unrichtige Beweiswürdigung sowie materielle Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Ich lenkte am 25.4.2001 den Pkw, auf der B Straße in Fahrtrichtung F.

Die Behörde legt mir zur Last, dass ich am 25.4.2001 von 15.30 Uhr bis 15.40 Uhr auf der B Straße, Fahrtrichtung F, den Pkw, gelenkt und

1) bei Straßenkilometer 99,100 auf einer unübersichtlichen Straßenstelle (unübersichtliche Linkskurve) verbotenerweise überholt, weil für mich die Sichtweite etwa 20 m betragen hätte und ich eine Überholwegstrecke von 149 m benötigt habe und

2) bei Straßenkilometer 94,0 bis Straßenkilometer 93,9 verbotenerweise die Sperrlinie überfahren und

  1. zwischen Straßenkilometer 92,640 und 92,580 auf einer unübersichtlichen Straßenstelle (unübersichtliche Linkskurve) verbotenerweise überholt, weil ich für mich eine Überholwegstrecke von 71 m beansprucht habe und die Sichtweite zu Beginn des Überholvorganges nur etwa 170 m betragen habe und

4) nächst Straßenkilometer 91,0 bei der gegenständlichen Fahrt, ein unter 12 Jahre altes Kind, welches kleiner als 1,50 m war, auf einem Sitzplatz, der mit einem Sicherheitsgurt ausgerüstet war, nicht dafür gesorgt habe, dass eine geeignete, der Größe und dem Gewicht des Kindes entsprechende Rückhalteinrichtung verwendet worden wäre.

Hinsichtlich der Strafpunkte 1. bis 3. stützt sich das Straferkenntnis im Wesentlichen auf die Aussagen der anzeigenden Gendarmeriebeamten und insbesondere auf das eingeholte Sachverständigengutachten.

Zu Punkt 1): Hier geht der Sachverständige und die Behörde von einer Sichtweite von 250 m aus. Des Weiteren stellt der Sachverständige bei seinen Berechnungen fest, dass der überholte Sattelschlepper eine Geschwindigkeit von 50 km/h eingehalten hat und ich den Pkw auf 100 km/h beschleunigt hätte und sich daraus ergäbe, dass die Überholstrecke 149 m betragen habe, wobei dieser Vorgang 7,1 sec. gedauert hätte.

Diese Berechnungen sind in keinster Weise nachvollziehbar und technisch nicht korrekt. Insbesondere ist der Sachverständige hier bei einer konstanten Beschleunigung von rund 50 auf 100 km/h hinsichtlich der Zeit-Weg-Relation ausgegangen und dass in diesem Bereich der Überholvorgang stattgefunden hätte. Dies ist aus technischer Sicht nicht nachvollziehbar, zumal bereits im Beschleunigungsvorgang der Überholvorgang durchgeführt wird und keineswegs bis auf 100 km/h beschleunigt werden muss, um einen Pkw, welcher 50 km/h fährt zu überholen. Vielmehr hätte der Sachverständige berechnen müssen, wie lange der Überholvorgang dauert, wenn zu meinen Gunsten bei einer Beschleunigung von 2,5 m/sec.2 (flotte Beschleunigung) für den Überholvorgang eines 50 km/h schnellen Kfzs, welcher seine Geschwindigkeit einhält, benötigt wird. In diesem Zusammenhang wurde der Sicherheitsabstand von einer Sekunde hinsichtlich der Beschleunigung überhaupt außer Betracht gelassen. Des Weiteren hätte der Sachverständige festhalten müssen, welche Wegstrecke in diesem Zeitraum und in keinem anderen benötigt wird, um ein gefahrloses Überholen lediglich bei notwendiger Beschleunigung durchzufahren.

Aufgrund des Umstandes, dass der Sachverständige eine Beschleunigung auf 100 km/h bei 2 m/sek2. gemäß der einschlägigen Listen der Zeit -Weg-Relation hinsichtlich der Zeit- und Fahrtstrecke herbeizog, kann dessen Gutachten in keinster Weise nachvollzogen werden, insbesondere deshalb, da der Sachverständige auf die Geschwindigkeit des zu überholenden Kfzs hinsichtlich dessen zurückgelegten Weges und der Zeitspanne im Überholvorgang keinen Bezug genommen hat. Dieser wäre jedoch wichtig gewesen, um herauszufinden, welche Zeitspanne die Beschuldigte bei einer Beschleunigung von 2,5 m/sek.2 ab 50 km/h für ein gefahrloses Überholen benötigt hätte. Erst dann kann gegengerechnet werden, ob bei einem mit 100 km/h entgegenkommenden Kfz überhaupt eine Behinderung oder Gefährdung gegeben ist.

Geht man von den unrichtigen Berechnungen des kraftfahrzeugtechnischen Sachverständigen aus, so würde in der Überholzeit von 7,1 sec. der mit 100 km/h fahrende Gegenverkehr 197,38 m zurücklegen, sodass von vornherein ein Überholmanöver bei normaler Einsichtsfähigkeit niemals durchgeführt werden würde. Der Sachverständige hat in diesem Zusammenhang lediglich die 197,38 m mit den durch ihn berechneten 149 m zusammengezählt und so eine Wegstrecke der Überholsicht ohne Gefährdung des Gegenverkehrs mit 346 m bestimmt.

Dies ist, wie oben dargelegt, nicht richtig. Das Überholmanöver dauerte eine kürzere Zeitspanne und wurde rascher durchgeführt, sodass die Einholung eines ergänzenden kraftfahrzeugtechnischen Sachverständigengutachtens im Zuge eines Lokalaugenscheines beantragt wird, zumal die Behörde gemäß dem Gutachten unrichtigerweise lediglich die Dauer der Beschleunigung von 50 km/h auf 100 km/h bei 2 m/sek2 der Überholstrecke zugrundegelegt hat.

Die Bestrafung zu Straferkenntnis Punkt 1) ist zu Unrecht erfolgt, sodass zudem bei richtiger Berechnung der Beschleunigungswerte und des gesamten Überholmanövers hinsichtlich der Weg-Zeit-Relation keine Gefährdung für den Gegenverkehr bestanden hat und eine Sichtstrecke von 250 m jedenfalls ausreichend war und von keiner unübersichtlichen Straßenstelle gesprochen werden kann.

Zu Punkt 2): Die zwischen Straßenkilometer 94 bis Straßenkilometer 93,9 angebrachte Sperrlinie ist rechtswidrig angebracht. Sperrlinien bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit einer Verordnung der Behörde. Solche Verordnungen müssen auf die im § 44 Abs.2 und 3 StVO bezeichneter Weise kundgemacht werden, was im gegenständlichen Fall nicht zutrifft, zumal keine Verordnung im gegenständlichen Bereich vorhanden ist, auf welche die Kilometrierung 94 bis 93,9 auf der B 38 fällt. Das Befahren einer Sperrlinie, die auf keiner bzw. auf einer
völlig unverständlichen Verordnung beruht, ist nicht rechtswidrig, sodass aus diesem Grund die Bestrafung zu Punkt 2) des Straferkenntnisses zu Unrecht erfolgt ist. Des Weiteren habe ich die Sperrlinie nicht überfahren!

Zu Punkt 3): Hier wird auf das Punkt 1) Gesagte verwiesen und ist auch in diesem Punkt wiederum der Sachverständige lediglich von einem Beschleunigungswert von 30 km/h auf 100 km/h hinsichtlich der Weg-Zeit-Relation ausgegangen, wobei auf die zurückgelegte Strecke des Traktors in der notwendigen Zeit eines Überholvorganges bei einer Beschleunigung von 2,5 M/Sec.2 nicht eingegangen wurde, sodass eine Überholstrecke von 71 m nur dann gegeben wäre, wenn auf 100 km/h mit 2,2 m/sek2 beschleunigt worden wäre, was jedoch beim Überholen eines Traktors mit einer Geschwindigkeit von 30 km/h mit Sicherheit nicht erforderlich ist, sodass diese Berechnungen keinerlei Relevanz besitzen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass ein Traktor mit ca. 30 km/h in einer weit geringeren Distanz bei einer Beschleunigung ab 30 km/h, zumal wiederum der Sicherheitsabstand von einer Sekunde, in welchem bereits die Beschleunigung durchgeführt wurde, nicht berücksichtigt wurde, durchgeführt wird und eine Beschleunigung auf 100 km/h nicht notwendig ist, welche aber dem Straferkenntnis zugrundegelegt wurde.

Es wird daher beantragt, ein kraftfahrzeugtechnisches Sachverständigengutachten einzuholen, welchem obige Ausführungen zugrundegelegt werden.

Zu Punkt 4): Hier stützt sich die Behörde auf die Aussagen der Gendarmeriebeamten, welche allesamt angeben, dass zwar eine dem Gesetz entsprechende Rückhalteeinrichtung am Rücksitz gegeben war, jedoch das Kind daneben gewesen sei.

Hinsichtlich der Beweiswürdigung ist dies nicht nachvollziehbar, zumal, wenn eine Kindersicherung am Rücksitz eingebaut ist, auch davon auszugehen ist, dass das Kind darin angegurtet ist, ansonsten die Kindersicherung nicht mitgeführt werden müsste. Wie ich immer wieder anführte, war das Kind in der Kindersicherung ordnungsgemäß angegurtet, was bei lebensnaher Betrachtung nachvollziehbar ist und auch seitens der Gendarmeriebeamten an Ort und Stelle vorerst zugestanden wurde. Es erscheint geradezu lebensfremd anzunehmen, dass, wenn eine Kindersicherung am Rücksitz montiert ist, das Kind neben diese gesetzt wird und es einem nicht kalkulierbaren Gesundheitsrisiko ausgesetzt wird. Die Aussagen der Gendarmeriebeamten können in dieser Hinsicht in keiner Weise nachvollzogen werden und hätte die Behörde unter Bezugnahme auf die überaus nachvollziehbaren Ausführungen der Beschuldigten und unter Heranziehung der Lebenserfahrung feststellen müssen, dass das unter 12 Jahre alte Kind ordnungsgemäß am Rücksitz in der hierzu montierten Rückhalteeinrichtung mit Sicherheitsgurten gesichert war.

Zusammengefasst erfolgte sohin auch zu Punkt 3) und 4) des Straferkenntnisses die Bestrafung zu Unrecht.

Beweis: einzuholendes kraftfahrzeugtechnisches Sachverständigenverständigengutachten unter Berücksichtigung obiger Ausführungen,

Zeuge S, dessen ladungsfähige Adresse noch bekanntgegeben wird,

PV,

wie bisher,

weitere Beweise vorbehalten.

III.

Die Bestimmung des § 44 Abs. a lit. a VStG erfordert, dass die als erwiesen angenommene Tat entsprechend zu konkretisieren ist, wozu auch die Feststellung der genauen Tatzeit gehört. Vorerst ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass mir gemäß Punkt 4) des Straferkenntnisses eine Tat nach § 104 Abs.1 b KFG vorgeworfen wird. Diese Tat habe ich mit Sicherheit nicht begangen. Schon alleine aus diesem Grund scheidet eine Strafbarkeit gemäß Punkt 4) des Straferkenntnisses aus.

Hinsichtlich der Tatzeit, welche gemäß oben zitierter Bestimmung wesentlich ist, geht die Behörde von 15.30 bis 15.40 Uhr des 25.4.2001aus. Dies ist jedoch nicht richtig, da ich bereits um 15.10 Uhr zu Hause angekommen war. Ich hatte am besagten Tag einen Sehschultermin mit meiner Tochter L im Krankenhaus in Linz, welcher Termin um 11.30 Uhr angesetzt war. Gegen ca. 12.30 Uhr fuhr ich nach Hause, wobei ich mich kurz nach 14.00 Uhr auf den Heimweg von F Richtung S befand, zumal ich mich zur angegeben Tatzeit bereits an meinem Arbeitsplatz im Gasthof B befand. In diesem Zusammenhang wird auf die vorgelegten Urkunden verwiesen.

Es geht daraus entgegen der Ansicht der Behörde eindeutig hervor, dass die Angaben der Gendarmeriebeamten in ihrer Anzeige und im Straferkenntnis nicht den Tatsachen entsprechen. Enthält der Spruch keine oder unrichtige Feststellungen hinsichtlich der Zeit der Begehung der Tat, so liegt ein Verstoß gegen § 44 a lit. a VStG vor, der den Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Aufgrund der unrichtigen Angabe der Tatzeit ist das angefochtene Straferkenntnis zur Gänze

mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

B e w e i s : Sehschulbestätigung, Arbeitsbestätigung,

wie bisher,

weitere Beweise vorbehalten.

Vermeint die Behörde, dass die vorgelegte Bestätigung des Arbeitgebers lediglich bestätigt, dass ich zum Dienst eingeteilt gewesen sei, so ist dem entgegenzuhalten, dass auf der Bestätigung eindeutig ausgeführt ist, dass ich am 25.4.2001 (Mittwoch) aufgrund des Sehschultermins meiner Tochter L um 11.30 Uhr für 15.30 bis 21.30 Uhr zum Dienst eingeteilt war. Jedenfalls kann darin nicht ein Konjunktiv erblickt werden, zumal eindeutig der Indikativ verwendet wurde und daraus hervorgeht, dass ich auch anwesend war, sodass wiederum daraus folgert, dass die Tatzeit nicht korrekt wiedergegeben ist.

B e w e i s : wie bisher.

Die Behörde stützt ihre Beweiswürdigung auf den sich in jedem Straferkenntnis wiederfindenden Stehsatz: "Letztlich wird noch darauf verwiesen, dass laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes den Aussagen der vernommenen Zeugen mehr Glauben zu schenken ist als den Aussagen des Beschuldigten, da die Zeugen unter Zeugenwahrheit und unter der strafrechtlichen Sanktion des § 289 StGB ihre Aussage tätigten, während dem sich der Beschuldigte in jede Richtung beliebig verantworten kann, ohne nachteilige Folgen erwarten zu müssen."

Dieser Stehsatz kann nicht dazu beitragen, dass meine Angaben unreflektiert als unwahr dargestellt werden, da im gegenständlichen Fall kein Grund ersichtlich ist, warum ich, insbesondere hinsichtlich des Punkt 4) des Straferkenntnisses nicht die Wahrheit sagen sollte. In der Beweiswürdigung kommt jedenfalls nichts zum Ausdruck, zumal es die Behörde überhaupt unterließ, das von mir erstattete Vorbringen bzw. meine Aussagen zu würdigen. Vielmehr werden diese begründungslos als unrichtig hingestellt und übergangen. Die im Straferkenntnis zitierte Spruchpraxis des VwGH hat nur dann Relevanz, wenn auf das Vorbringen und die Aussagen eingegangen wird und diese gewürdigt werden und eindeutig widerlegbar sind. Dies ist im gegenständlichen Fall jedenfalls nicht gegeben.

Dass ich ein Geständnis an Ort und Stelle der Anhaltung abgegeben habe, entspricht keinesfalls den Tatsachen, zumal ich bereits dort versuchte, meinen Standpunkt zu erläutern.

Beweis: wie bisher.

Zusammenfassend ergibt sich, dass mein Verhalten jedenfalls weder einen subjektiven noch einen objektiven Unrechtsgehalt aufweist, geschweige denn ein Verschulden und scheidet daher aus diesem Grund eine Bestrafung aus.

Es zeigt sich somit, dass das angefochtene Straferkenntnis rechtswidrig und unrichtig ist und

stelle ich nachstehende

ANTRÄGE:

Die Berufungsbehörde möge meiner Berufung Folge geben, in eventu dies nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung an Ort und Stelle unter Einvernahme der beantragten Zeugen sowie unter Beiziehung eines kraftfahrzeugtechnischen Sachverständigen, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos beheben und das eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einstellen.

F, am 18.12.2001/S/ck P"

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den mit der Berufung vorgelegten Verfahrensakt der Bezirkshauptmannschaft F. Ferner wurde Beweis erhoben durch die Erörterung des Akteninhaltes im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, sowie durch die Vernehmung der Zeugen Insp. F, VBS M, in der Berufungsverhandlung am 5. Februar 2002, der Zeugen VB/S A und S, anlässlich der im Rahmen eines Ortsaugenscheins am 20. März 2002 fortgesetzten Berufungsverhandlung. Einsicht genommen wurde auch in den Dienstbericht des GP L v. 25. April 2001. Im Wege der Behörde erster Instanz wurde die Frage der Verordnung der etwa 100 m langen Sperrlinie zwischen dem Strkm 94,4 und 94,0 erhoben. Während die Berufungswerberin an beiden Berufungsverhandlungen persönlich teilnahm und als Beschuldigte befragt wurde, nahm die Behörde erster Instanz nur an der Berufungsverhandlung am 20. März 2002 teil. Beweis wurde ferner erhoben durch Beischaffung der Beschleunigungsdaten des Fahrzeuges der Berufungswerberin und der Überprüfung der Plausibilität der verfahrensgegenständlichen Überholvorgänge mittels Analyzer Pro 4.0 in Form eines rechnerischen Nachvollzuges der Überholvorgänge. Die Gefahrensichtweiten wurden an den jeweiligen Örtlichkeiten mittels Laserentfernungsmessung und ergänzend durch Orthofotos mit den darauf ersichtlichen Straßenkilometrierungen nachvollzogen.

4. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

4.1. Die Berufungswerberin lenke zur o.a. Zeit ihren 75 PS-starken Skoda Felicia auf der B von F in Richtung S. Die B ist an den fraglichen Stellen mit zwei durch Leit- bzw. Sperrlinien getrennte, knapp drei Meter breite Fahrstreifen ausgestattet. Im Zuge der Annäherung an den Strkm 99,1 befand sie sich als drittes Fahrzeug hinter einem Sattelkraftfahrzeug. Unmittelbar hinter der Berufungswerberin befand sich der vom Gendarmeriebeamten VBS M gelenkte zivile Dienstkraftwagen. Bei diesem Fahrzeug handelt es sich um einen etwa 100 PS starken Turbodiesel. Während die beiden Vorderfahrzeuge das Sattelkraftfahrzeug problemlos überholten, leitete die Berufungswerberin den Überholvorgang dieses Lastkraftwagens etwa 250 bis 280 m vor einer unübersichtlichen Linkskurve ein. Durch einen im Zuge des Überholvorganges auftretenden Gegenverkehrs musste einerseits das entgegenkommende Fahrzeug zwecks Vermeidung einer Kollisionsgefahr mit dem Fahrzeug der Berufungswerberin sichtlich abbremsen. Auch das überholte Schwerfahrzeug lenkte offenkundig aus diesem Grund auf das rechte Straßenbankett, wodurch dieses Fahrzeug sichtlich ins Schlingen geriet, wodurch Staub vom unbefestigten Teil der Straße aufgewirbelt wurde. Dieser Vorgang wurde von den unmittelbar hinter dem Fahrzeug der Berufungswerberin fahrenden Gendarmeriebeamten wahrgenommen. Der Zeuge M erklärte in diesem Zusammenhang, sich ob dieses knapp vor der unübersichtlichen Kurve eingeleiteten Überholvorganges noch gedacht zu haben, "hoffentlich kommt kein Gegenverkehr", was unmittelbar danach bereits tatsächlich eintrat.

Nach vier Kilometer überholte die Berufungswerberin schließlich zwischen Strkm 94,4 und 94,0 ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug, wobei die dort auf eine Strecke von 100 m auf der Fahrbahn angebrachte, jedoch nicht verordnete Sperrlinie überfuhr. Schließlich überholte die Berufungswerberin eine mit ca. 30 km/h fahrende Zugmaschine mit einem Einachsanhänger zwischen Strkm 92.640 bis 92.580 vor einer bei Strkm 92,480 beginnenden unübersichtlichen Linkskurve mit einer Gefahrensichtweite - aus dem Blickwinkel des Fotos Nr. 6 - im Bereich von maximal 170 m.

4.2. Der oben festgestellte Sachverhalt lässt sich aus den Angaben der nachfahrenden Gendarmeriebeamten schlüssig nachvollziehen. Die Vorfallszeiten wurden von den drei Gendarmeriebeamten auf dem unmittelbar nach dem Vorfall angefertigten Handzettel vermerkt und folglich im Dienstbericht und letztlich auch in der Anzeige festgehalten. Die Berufungswerberin gab nach ihrer Anhaltung gegenüber den Gendarmeriebeamten selbst an, dass sie bereits um 15.00 Uhr ihren Dienst in einem Gasthaus in S anzutreten gehabt hätte. Dies kann als schlüssiges Motiv für das "unüberlegte" Fahrverhalten der Berufungswerberin herhalten. Andererseits erübrigten sich wegen der glaubhaften Aufzeichnung der Tatzeit die im Berufungsschriftsatz nicht aussagekräftigen Beweisanträge. Diese wurden letztlich in der Berufungsverhandlung nicht aufrechterhalten. Die Zeugen schilderten anlässlich der Berufungsverhandlung einen glaubwürdigen Eindruck. Die Anzeigefakten wurden schlüssig dokumentiert und stimmten inhaltlich mit ihren Aussagen bei der Berufungsverhandlung überein. Vor allem machten alle drei Zeugen ihre Angaben weitgehend spontan aus dem Gedächtnis heraus und dies in weitgehender gegenseitiger Übereinstimmung, wobei ihnen ebenfalls eine entsprechende Beurteilungskompetenz zuzumuten ist. Die Wahrnehmungen der Überholvorgänge erfolgte aus einem relativ kurzen Nachfahrabstand heraus und dies bei selektiver und bewusster Beobachtung. Wenn die Zeugen im Anschluss an die Amtshandlung die Strecke nochmals abfuhren und dabei die Örtlichkeiten mit der jeweiligen Kilometrierung aus dem Gedächtnis heraus rekonstruierten, spricht dies vielmehr für die Sorgfalt der Anzeigelegung und unterstützt dies im Gegensatz zum Vorbringen der Berufungswerberin nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates die Glaubwürdigkeit der Anzeigeangaben. Auch an den ersichtlichen Korrekturen der Handaufzeichnung kann ein Mangel an der Schlüssigkeit der Anzeige nicht erblickt werden. Ebenfalls schadet es der Glaubwürdigkeit gerade nicht, wenn hier die Meldung erst sieben Wochen nach dem Vorfall gelegt wurde, weil erst zu diesem Zeitpunkt die etwa eine Woche nach diesem Vorfall aufgenommenen Fotos entwickelt waren.

Beide Gendarmeriebeamten und im Rahmen des Ortsaugenscheins auch die Gendarmeriebeamtin A bezeichneten im Ergebnis übereinstimmend die Stelle des Beginnes des Überholmanövers etwa bei Strkm 99,1 (siehe das an diesem Punkt vorliegende Foto). An diese Örtlichkeit begab man sich im Rahmen der Berufungsverhandlung, wobei dort die Zeugin A den Ablauf in weitestgehender Übereinstimmung mit den Angaben der bereits am 5. Februar vernommenen Zeugen schilderte. Geht man ferner davon aus, dass das überholte Fahrzeug mit 50 km/h unterwegs war, ergibt sich unter Grundlegung einer zu Gunsten der Berufungswerberin maximalen Beschleunigungskomponente von 2,4 m/sek² und eines Sicherheitsabstandes von 14 m, ein Überholweg von rechnerisch 159 m. Ein sich im zulässigen Bereich mit 100 km/h annäherndes Fahrzeug im Gegenverkehr legt während dieses Vorganges eine Wegstrecke von 197,63 m zurück (Berechnung mit Analyzer Pro 4.0). Auch damit lassen sich die von den Gendarmeriebeamten gemachten Ablaufschilderungen in eindrucksvoll schlüssiger Weise nachvollziehen. Der konkrete Überholvorgang an dieser Stelle musst demnach zwingend zu einem unfallvermeidenden "Abwehrmanöver" sowohl des überholten Fahrzeuges als auch des Gegenverkehrs führen. Die fachliche Darstellung dieses Überholvorganges in der Berufungsschrift ist inhaltlich unrealistisch.

Ebenso gut nachvollziehbar erweist das Überholmanöver der vom Zeugen S in Richtung S gelenkten Zugmaschine mit Anhänger. Wenn in der Anzeige und im Tatvorwurf vom Beginn des Überholvorganges bei Strkm 92,640 (richtig wohl 92,650) und dem Abschluss dieses Vorganges bei 92,580 die Rede ist, lässt sich die Nähe zur Linkskurve auf den Foto 5. und 6. der Lichtbildbeilage deutlich erkennen. Es trifft zu, dass die Sichtweite auf den Fotos in Richtung des Kurvenscheitels bei Strkm 92,4 eher weniger als 170 m beträgt. Der Überholvorgang aus der Blickperspektive des Lichtbildes 5 und 6 wurde von den Zeugen anlässlich der Berufungsverhandlung am 5. Februar 2002 ebenso glaubhaft dargestellt. Die Wahrnehmung wurde vom nachfahrenden Gendarmeriefahrzeug aus gemacht. Die Berufungswerberin vermochte demgegenüber nicht überzeugen, dass ihr Fahrzeug mit einem schwarzen Pkw verwechselt worden sein könnte, welcher laut den diesbezüglich einvernommenen Zeugen S seine Zugmaschine ebenfalls in diesem Bereich überholte. Da sich der Zeuge jedoch nicht an den Überholvorgang der Berufungswerberin erinnern konnte, sondern lediglich an jenen eines schwarzen Pkw, hinter der besagten Kurve, weswegen er etwa zwei Stunden nach der Beamtshandlung der Berufungswerberin von Letzterer angerufen wurde, war mit seiner Aussage für die Berufungswerberin in Wahrheit nichts zu gewinnen. Die aus der Straßenkilometrierung ableitbare Wegstrecke der von den Gendarmeriebeamten beschriebenen Überholstrecke der Zugmaschine mit 60 m, ist nahezu ident mit den vom Sachverständigen angestellten Berechnungen. Dies ist ein weiterer Beweis für die Glaubwürdigkeit der von den Gendarmeriebeamten getätigten Einschätzung des Verhaltens der Berufungswerberin.

Aus den beigeschafften Orthofotos (entzerrte Luftbilder) lässt sich deutlich erkennen, dass bis knapp vor Strkm 92,510 der Straßenzug weitgehend gerade und übersichtlich verläuft. Geht man von einer präsumtiv realistischen Annäherungsgeschwindigkeit des Gegenverkehrs, wenngleich einer erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h, aber wegen des relativ engen Kurvenradiuses von ca. 176 m von 'nur' 70 km/h aus, war der mit 120 m knapp vor der unübersichtlichen Kurve abgeschlossene Überholvorgang als sehr riskant zu bezeichnen und basierte wohl nur auf der Hoffnung, dass ein Gegenverkehr sich nicht ergeben würde. Auch in diesem Punkt ließen sich vor Ort die Berechnungen des Sachverständigen der Behörde erster Instanz als plausibel nachvollziehen.

Auch nicht gefolgt wird der Berufungswerberin in deren Verantwortung, dass sich ihr Kind während der Fahrt angegurtet am Rücksitz befunden hätte. Die Zeugin A schilderte demgegenüber glaubhaft, dass sie bereits während der Nachfahrt das Kind erkennen konnte, als dieses sich bei den Kopfstützen der Vordersitze festhielt. Dies lässt den zweifelsfreien Schluss zu, dass diese Haltung des Kindes nur im nichtangegurteten Zustand eingenommen werden konnte. Auch diese Wahrnehmungsfähigkeit wird einer in normalen Tiefenabstand nachfahrenden Gendarmeriebeamten durchaus zugemutet. Die Glaubwürdigkeit der Zeugin konnte vom Verteidiger auch nicht dadurch erschüttert werden, wenn diese sich nicht mehr an völlig nebensächliche Details - etwa exakte Angaben zur Nachfahrdistanz - erinnern konnte. Es widerspräche jeglicher Lebenserfahrung ein solches Detailwissen zu erwarten. Das Eingestehen über das Nichtwissen solcher Details lässt vielmehr diese Aussage glaubwürdiger erscheinen.

Der Verantwortung der Berufungswerberin - auch mit Blick auf ihre in der Berufung aufgestellten Behauptung um 15.10 Uhr bereits zu Hause gewesen zu sein - kann somit nur der Charakter einer Schutzbehauptung zugedacht werden. Ihre vorherige Bereitschaft zur Bezahlung einer Organmandatstrafe führt nicht zuletzt ebenfalls zu dieser Überzeugung.

5.1. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. erwogen:

§ 16 Abs.2 lit.b StVO lautet:

"Außer in den im Abs.1 angeführten Fällen darf der Lenker eines Fahrzeuges nicht überholen: ............. bei ungenügender Sicht und auf unübersichtlichen Straßenstellen, z. B. vor und in unübersichtlichen Kurven und vor Fahrbahnkuppen; es darf jedoch überholt werden, wenn die Fahrbahn durch eine Sperrlinie (§ 55 Abs. 2) geteilt ist und diese Linie vom überholenden Fahrzeug nicht überragt wird, ........"(BGBl.Nr. 159/1960 zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 518/1994).

Für die Anwendbarkeit des § 16 Abs.2 lit.b StVO ist es nicht entscheidend, ob im Zeitpunkt des Überholvorganges Gegenverkehr herrschte oder nicht (VwGH 29.5.1974, 1391/73, VwSlg 8626 A/1974), sowie ob allenfalls durch einen im Zuge des Überholmanövers - möglicherweise mit einer hypothetischen Geschwindigkeit - auftretenden Gegenverkehr andere Straßenbenützer gefährdet oder behindert werden könnten.

Bei der Prüfung, ob eine unübersichtliche Straßenstelle iSd § 16 Abs 2 lit b StVO gegeben ist, kommt es auf die Geschwindigkeit des Gegenverkehrs nicht an, sondern allenfalls auf die Geschwindigkeit des überholenden und des überholten Fahrzeuges (VwGH 20.4.1987, 86/03/0241). Gleichgültig ist es in diesem Zusammenhang auch, ob dem Lenker des entgegenkommenden Fahrzeuges irgendein Fehlverhalten vorzuwerfen ist. Ob ein Überholvorgang iSd § 16 Abs.2 lit.b StVO unzulässig war, ist vom Beginn dieser Maßnahme aus zu beurteilen (VwGH 18.6.1997, 97/03/0029 mit Hinweis auf die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens 5, S 339, E 6a zu § 46 AVG zitierte Rechtsprechung des VwGH, insb. VwGH 5.4.1989, 88/03/0247, 0248). Auf die oben beschriebenen Überholvorgänge waren diese Kriterien im negativen Sinn erwiesen.

Das Überfahren einer Sperrlinie ist nur dann strafbar, wenn dieser eine entsprechende (kundgemachte) Verordnung zugrunde lag (VwGH 18.12.1998, 93/02/0151 mit Hinweis auf VwGH 15.12.1989, 88/18/0363 und Hinweis VwGH 19.3.1990, 85/18/0174). Dies war hier offenkundig nicht der Fall.

Der § 106 Abs.1b lautet:

"Der Lenker hat dafür zu sorgen, daß Kinder unter zwölf Jahren, die kleiner als 150 cm sind, unbeschadet des Abs. 1c, in Personenkraftwagen, Kombinationskraftwagen, Lastkraftwagen sowie Spezialkraftwagen jeweils mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 3 500 kg auf Sitzen, die mit Sicherheitsgurten ausgerüstet sind, nur befördert werden, wenn dabei geeignete, der Größe und dem Gewicht der Kinder entsprechende Rückhalteeinrichtungen verwendet werden, welche die Gefahr von Körperverletzungen bei einem Unfall verringern können.

Bei einem sich frei auf dem Rücksitz bewegendem Kind wurde gegen diese Schutznorm verstoßen. Dieser Verstoß ist hier der sorgepflichtigen Mutter als Fahrzeuglenkerin zuzurechnen.

6. Zur Strafzumessung:

6.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

6.1.1 Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.2. Grundsätzlich kann gesagt werden, dass knappe Überholmanöver auf potentiell gefährliche Fahrneigung schließen lassen, indem damit offenkundig die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer leichtfertig, routinemäßig und wohl als Folge einer auf wenig Geduld schließen lassende Neigung in Kauf genommen wird. Von einer Inkaufnahme einer zumindest abstrakten Gefährdung muss bei einem Überholentschluss wie er hier im Punkt 1) und 3) vorlag - nämlich mangels ausreichender Überholsichtweite und von nachfolgend zumindest in Bedrängnis gebrachten anderer [überholtes Sattelkraftfahrzeug und Gegenverkehr] - und damit zwingenden notwendig werdenden Bremsens und Ausweichens nach rechts des überholten Fahrzeuges zwecks Vermeidung einer sonst drohenden Kollision mit dem Gegenverkehr, ausgegangen werden.

Solche Verhaltensmuster könnten im Wiederholungsfall durchaus auch die Frage nach der Verkehrszuverlässigkeit im Rahmen eines Administrativverfahrens aufwerfen.

Konkret ist zur Strafzumessung auszuführen, dass angesichts des hohen Gefährdungspotentials riskanter Überholmanöver bei bloßer Ausschöpfung des Strafrahmens unter einem Zehntel, die Strafe unverhältnismäßig niedrig angesetzt wurde. Insbesondere aus Gründen der Generalprävention schiene es geboten derartige Fehlverhalten im Straßenverkehr, die auf mangelhaftes Unrechtsbewusstsein und einer erhöhten Neigung zur Rücksichtslosigkeit schließen lassen, durch entsprechende Ausschöpfung des Strafrahmens entsprechend stärker zu ahnden.

Angesichts des Grundsatzes der reformatio in peius (des Verschlechterungsverbotes im Berufungsverfahren) konnte jedoch im Rahmen des Berufungsverfahrens diese angesichts der Gefährlichkeit und Rücksichtslosigkeit dieser Überholmanöver schwerwiegenden Fehlverhalten bloß niedrigen Straffestsetzung nicht korrigiert werden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. B l e i e r

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