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des Landes Oberösterreich
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VwSen-240241/2/Gf/Km

Linz, 18.02.1997

VwSen-240241/2/Gf/Km Linz, am 18. Februar 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des R M vertreten durch RA Dr. G H gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 20. Jänner 1997, Zl.

SanRB96-288-1995-Fu, wegen Übertretung des Lebensmittelgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 65 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 20. Jänner 1997, Zl. SanRB96-288-1995-Fu, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 7 Stunden) verhängt, weil er es als hiezu bestellter Beauftragter einer KG zu verantworten habe, daß diese am 18. Juli 1995 insofern vorschriftswidrig gekennzeichnete verpackte Ware durch Lieferung in Verkehr gebracht habe, als diese eine unzutreffende Mindesthaltbarkeitsfrist aufwies; dadurch habe er eine Übertretung des § 74 Abs. 1 i.V.m. § 7 Abs. 1 lit. c und § 8 lit. f des Lebensmittelgesetzes, BGBl.Nr. 86/1975, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 756/1992 (im folgenden: LMG) begangen, weshalb er gemäß der erstgenannten Bestimmung zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses ihm am 23. Jänner 1997 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 5. Februar 1997 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde begründend aus, daß der dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Sachverhalt aufgrund dienstlicher Wahrnehmungen eines Lebensmittelaufsichtsorganes sowie eines entsprechenden Gutachtens der Landwirtschaftlich-Chemischen Versuchsund Lebensmitteluntersuchungsanstalt für Kärnten als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung seien weder Milderungs- noch Erschwerungsgründe hervorgekommen; die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschwerdeführers seien entsprechend berücksichtigt worden.

2.2. Dagegen bringt der Rechtsmittelwerber vor, daß die Angabe eines achttägigen Verbrauchsdatums langjährigen firmeninternen Erfahrungswerten für vakuumverpacktes Geflügel entsprochen habe, während die drei- bis fünftägige Frist des BMfGSK nur für "getwistete", d.h. mit Dehnfolie umhüllte Verpackungen gelte. Außerdem sei er nur für die Kennzeichnung, nicht jedoch auch für den Transport und die Auslieferung verantwortlich, sodaß eine Unterbrechung der Kühlkette als vermutliche Ursache für den Verderb der Ware nicht ihm zugerechnet werden könne. Schließlich sei das Gutachten der Lebensmitteluntersuchungsanstalt bzw. deren ergänzende Stellungnahme hiezu in sich widersprüchlich und nicht nachvollziehbar.

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der BH Linz-Land zu Zl.

SanRB96-288-1995; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt hinreichend klären ließ und mit der vorliegenden Berufung lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung durch die belangte Behörde geltend gemacht sowie ein entsprechender Antrag nicht gestellt wird, konnte im übrigen gemäß § 51e Abs. 2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 74 Abs. 1 i.V.m. § 8 lit. f LMG begeht u.a.

derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen, der dadurch, daß diese zur Irreführung geeignete Angaben über die Haltbarkeit enthalten, falsch bezeichnete Lebensmittel in Verkehr bringt.

4.2.1. Nach dem Gutachten der Landwirtschaftlich-Chemischen Versuchs- und Lebensmitteluntersuchungsanstalt für Kärnten vom 16. August 1995, Zl. 3436/95/Me, wies die am Tag des Ablaufes der Haltbarkeitsfrist untersuchte Probe eine schmierige Fleischoberfläche, abwegige Geruch- und Geschmacksfehler sowie eine bakteriologische Beeinträchtigung auf, die insgesamt eine bestimmungsgemäße Verwendbarkeit der Ware ausschloß.

Aufgrund des Einwandes des Beschwerdeführers, daß sein Unternehmen nach der Übergabe der Ware an den Lieferanten deren ordnungsgemäße Behandlung nicht mehr kontrollieren und insbesondere nicht gewährleisten könne, daß diese während des Transportes (hier: von Haid über Asten nach Klagenfurt) auch ständig ordnungsgemäß gekühlt gewesen sei, hat die angeführte Lebensmitteluntersuchungsanstalt in einer ergänzenden Stellungnahme vom 28. Mai 1996, Zl. 268/96/Dr.Br/Me, zu dieser Frage festgestellt, daß im gegenständlichen Fall neben anderen Ursachen auch eine Unterbrechung der Kühlkette zur hygienisch nachteiligen Beeinflussung der beanstandeten Ware geführt haben könnte.

Weitere Ermittlungen zur Aufklärung dieser Frage wurden von der belangten Behörde nicht geführt.

An diesem Punkt ist jedoch an die Entscheidung des Oö.

Verwaltungssenates vom 20. Dezember 1996, Zl. VwSen-240224, zu erinnern, wo bei einer identischen Sachverhaltskonstellation unter Hinweis auf h. Vorjudikatur ausgeführt wurde, daß es in Fällen wie dem vorliegenden gemäß § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG Aufgabe der belangten Behörde (und nicht des Oö.

Verwaltungssenates im Berufungsverfahren bzw. erst recht nicht des Beschuldigten, sich zu entlasten) gewesen wäre, das Verschulden des Rechtsmittelwerbers nachzuweisen.

Wenn dem Berufungswerber daher ein Verschulden nicht nachgewiesen wird, ist im Zweifel (vgl. Art. 6 Abs. 2 MRK) von dessen Schuldlosigkeit auszugehen.

4.2.2. Im übrigen steht zwar außer Streit, daß die gegenständliche Ware - nämlich Putenflügel - jedenfalls am 18. Juli 1995 in Wolfsberg (Kärnten) zum Verkauf bereitgehalten wurde und dabei u.a. mit der Angabe "mindestens haltbar bis 25.07.95" etikettiert war, wobei der BMfGSK zur Frage der in mikrobiologischer Hinsicht sehr leichten Verderblichkeit von Hühnerfleisch i.S.d. § 5 LMKV mit Erlässen vom 16.

Juni 1994, Zl. 32014/6-III/B1b/94, und vom 10. Februar 1995, Zl. 32014/0-III/B/1/95, festgestellt hat, daß diesbezüglich eine Verbrauchsfrist von 5 Tagen grundsätzlich als Durchschnittswert und Orientierungshilfe, und zwar im Ergebnis im Sinne einer Beweislastumkehrregel, dient (vgl. Barfuß et al., Österreichisches Lebensmittelrecht, 2. Auflage, Wien, Loseblattausgabe seit 1992, Kommentar zur LMKV, 101, FN 2).

Gerade in diesem Zusammenhang bringt aber der Berufungswerber zu seiner Entlastung vor, daß sich diese Fünftagesfrist - wie sich auch aus der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses ergibt - auf mit Dehnfolie umhüllt (d.h.

"getwistet") verpacktes Hühnerfleisch bezieht, während hingegen in seinem Betrieb die Putenflügel vakuumverpackt worden seien, was sich auch aus dem obzitierten Gutachten der Versuchs- und Lebensmitteluntersuchungsanstalt für Kärnten ergibt.

Damit kann aber zumindest nicht von vornherein ausgeschlossen werden, daß dadurch eine längere Haltbarkeit gegeben war.

Davon ausgehend und unter Berücksichtigung des Umstandes, daß die in den obzitierten Erlässen des BMfGSK enthaltenen Fristen bloße Orientierungshilfen darstellen, kann daher nicht mit Sicherheit gesagt werden, ob das vom Beschwerdeführer angegebene Verbrauchsdatum überhaupt falsch war.

Ist demnach aber nicht mit Sicherheit auszuschließen, daß vakuumverpacktes Putenfleisch auch 8 Tage haltbar ist, war somit im Zweifel (vgl. Art. 6 Abs. 2 MRK) auch insoweit zugunsten des Beschwerdeführers von der Nichterwiesenheit der ihm angelasteten Tat auszugehen.

4.3. Eine Übertretung des § 5 LMKV wurde dem Rechtsmittelwerber hingegen von der belangten Behörde gar nicht vorgeworfen, sodaß auch den darauf bezüglichen Einwendungen des Beschwerdeführers nicht weiter nachgegangen zu werden brauchte.

4.4. Aus allen diesen Gründen war daher der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Kostenbeitrag für das Strafverfahren vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. G r o f

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