Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108099/14/Le/Ni

Linz, 19.04.2002

VwSen-108099/14/Le/Ni Linz, am 19. April 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des E vertreten durch Rechtsanwalt gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 21.1.2002, Zl. VerkR96, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 und des Führerscheingesetzes 1997 nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 16. April 2002 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straf-erkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 65,20 Euro zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 21.1.2002 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des

  1. § 20 Abs. 2 Straßenverkehrsordnung 1960 (im Folgenden kurz: StVO) eine Geldstrafe in Höhe von 290 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von vier Tagen) und
  2. § 14 Abs.1 Z1 Führerscheingesetz 1997 (im Folgenden kurz: FSG) eine Geldstrafe in Höhe von 36 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von einem Tag) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafen verpflichtet.

Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe am 23.3.2001 um 01.25 Uhr im Ortsgebiet von K auf der Bundesstraße bei Strkm 170,506 in Richtung E das Kfz mit einer Geschwindigkeit von 100 km/h gelenkt und dadurch die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 50 km/h überschritten und den Führerschein einem gemäß § 35 Abs.2 FSG zuständigen Organ auf Verlangen nicht zur Überprüfung ausgehändigt.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 1.2.2002, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, hilfsweise auszusprechen, dass die Geschwindigkeitsüberschreitung nicht mehr als 40 km/h betragen habe und das Strafausmaß angemessen herabzusetzen.

Zur Begründung führte der Berufungswerber aus, aufgrund seiner langjährigen Erfahrung die gefahrene Geschwindigkeit sehr genau abschätzen zu können. Damit er seinen Beruf überhaupt ausüben könne, müsse er im Besitz eines Führerscheins sein. Schon allein dieser Umstand mache deutlich, dass er den Verlust des Führerscheines niemals durch eine Geschwindigkeitsübertretung in dem von der Behörde festgestellten Ausmaß provozieren würde. Er sei auch Einsatzfahrer bei der Feuerwehr und könne daher als äußerst zuverlässiger und besonnener Verkehrsteilnehmer bezeichnet werden.

Weiters hielt er seinen Antrag auf Einholung eines Gutachtens über die Funktionstüchtigkeit des Lasermessgerätes aufrecht.

Hinsichtlich des zweiten Tatvorwurfes führte der Berufungswerber aus, dass der amtshandelnde Beamte auf das Vorweisen des Führerscheines verzichtet hätte. Da es zu diesem Vorbringen des Berufungswerbers keine gegenteilige Stellungnahme des Zeugen B gebe, liege ein Verstoß gegen den Grundsatz der freien Beweiswürdigung vor und mache der Berufungswerber Willkür der Behörde geltend.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung und den zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

3.1. Zur vollständigen Klärung des Sachverhaltes hat der Unabhängige Verwaltungssenat für den 16. April 2002 eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt und an diesem Tage auch durchgeführt. An der Verhandlung nahmen der Berufungswerber und sein Rechtsvertreter teil; die Erstbehörde blieb der Verhandlung ohne Angabe von Gründen fern. Der die Lasermessung durchführende Gendarmeriebeamte AI F wurde als Zeuge gehört, der technische Amtssachverständige Ing. R beurteilte die Lasermessung aus technischer Sicht.

3.2. Daraus steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

Der Berufungswerber fuhr zur Tatzeit mit seinem Taxi von A kommend nach E, um einen Bundesheerangehörigen zur Kaserne zu bringen. Im Ortsgebiet von K führten zwei Gendarmeriebeamte Verkehrskontrollen durch. Abteilungsinspektor F maß dazu mit einem geeichten Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmessgerät auf dem Beifahrersitz des Dienstwagens sitzend durch die Windschutzscheibe die Geschwindigkeit des herankommenden Fahrzeuges des Berufungswerbers. Dabei stellte er auf dem Display des Messgerätes einen Geschwindigkeitswert von 104 km/h und eine Messentfernung von 168 m fest.

Die Anhaltung führte daraufhin RI. B durch, der auch die Anzeige erstattete. In dieser Anzeige führte er auch an, dass Herr E keinen Führerschein vorweisen konnte.

AI F gab als Zeuge an, bereits seit der Einführung der Lasermessgeräte mit diesen ständig zu arbeiten, mit der Handhabung vertraut und mit dem Umgang geschult zu sein. Zu Beginn der Messung hatte er die laut Betriebsanleitung erforderlichen Maßnahmen zur Herstellung der Betriebsbereitschaft durchgeführt und hatten diese keine Fehlfunktion des Gerätes ergeben; dies wird auch durch das Messprotokoll vom 23.3.2001 bestätigt.

Der technische Amtssachverständige Ing. R erklärte zu den vom Berufungswerber geäußerten Bedenken, es könnte durch die nasse Fahrbahn oder möglicherweise auf der Windschutzscheibe anhaftende Verschmutzungen ein verfälschtes Ergebnis zustande gekommen sein, dass dies aus technischer Sicht nicht möglich ist: Bei dem im gegenständlichen Verfahren verwendeten Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmessgerät der Type 20.20 TS/KM-E, welche im Jahr 1992 in Gebrauch genommen worden ist und eine verbesserte Version zum zuvor verwendeten Gerät der Type 20.20 TS/KM darstellte, sind Fehlmessungen in der Form, dass eine höhere Geschwindigkeit angezeigt würde als die gefahrene, praktisch ausgeschlossen. Jede Fehlfunktion würde bei der Inbetriebnahme des Gerätes beim Selbsttest aufscheinen.

Zur Funktion des Messgerätes führte der Sachverständige aus, dass die Messdauer nur 0,3 Sekunden beträgt. In dieser Zeit werden vom Gerät mehrere Wertepaare gebildet und daraus die Geschwindigkeit errechnet. Sollte nur eines dieser Wertepaare aus der Norm sein, so wird eine Fehlermeldung angezeigt. Wenn der Messstrahl bei Regen oder starker Verschmutzung der Windschutzscheibe abgelenkt würde, so würde keine höhere Geschwindigkeit, sondern vielmehr eine Error-Meldung angezeigt werden.

Der Berufungswerber führte bei seiner Befragung aus, dass er bei der Anhaltung durch RI B mit dem Vorwurf der Geschwindigkeitsübertretung konfrontiert wurde. Er bestritt das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung sofort, ließ sich das Messergebnis jedoch nicht zeigen. Den Führerschein, den RI B verlangt hatte, konnte er nicht finden. Später bemerkte er, dass das Dokument unter den Sitz gefallen war. Er wollte daher bei der Rückfahrt den Führerschein den beiden Beamten zeigen, doch waren diese nicht mehr an Ort und Stelle.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Dieser hatte, da eine 726 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG).

4.2. Zum Tatvorwurf 1:

Sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, darf der Lenker eines Fahrzeuges im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h ... fahren (§ 20 Abs.2 StVO).

Zur Feststellung der Geschwindigkeit eines Fahrzeuges gibt es mehrere Messmethoden: Ein Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmesser der Bauart LTI 20.20 TS/KM-E stellt ein taugliches Mittel zur Feststellung der Fahrgeschwindigkeit dar. Einem mit der Geschwindigkeitsmessung mittels eines Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmessers betrauten Beamten ist aufgrund seiner Schulung die ordnungsgemäße Verwendung des Gerätes zuzumuten (VwGH vom 28.6.2001, 99/11/0261).

Das durchgeführte Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass der die Messung durchführende Beamte AI F in der Handhabung dieses Gerätes geschult und mit der Bedienung schon seit vielen Jahren vertraut ist. Er hat die bei der Inbetriebnahme des Gerätes laut Betriebsanleitung erforderlichen Kontrollmessungen und Gerätefunktionskontrollen durchgeführt und dabei keine Fehlfunktion festgestellt.

Die Messung des Fahrzeuges des nunmehrigen Berufungswerbers führte er entsprechend den Bedingungen der eichamtlichen Zulassung sowie der Bedienungsanleitung der Herstellerfirma durch. Auf dem Display wurden je ein gültiger Messwert für die Geschwindigkeit und für die Messentfernung dargestellt.

Zum Einwand des Berufungswerbers, das Messergebnis bereits bei der Anhaltung angezweifelt zu haben, ist auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen: Demnach besteht keine Verpflichtung der an der Geschwindigkeitsmessung mit Laser-VKGM beteiligten Gendarmeriebeamten zum Vorweis des Messergebnisses gegenüber dem Lenker; daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass der Lenker schon bei der Anhaltung die Richtigkeit des Messergebnisses angezweifelt hat (VwGH vom 28.10.1998, 95/03/0159 und die dort zitierte Vorjudikatur).

Der Behauptung des Berufungswerbers, er sei mit maximal 70 km/h gefahren, stützt sich (lediglich) auf die 30-jährige Fahrpraxis und die bisherige Besonnenheit beim Autofahren, nicht jedoch auf ein technisches Hilfsmittel.

Dem entgegen steht die Geschwindigkeitsmessung, die ein erfahrener Gendarmeriebeamter mit einem geeichten Lasermessgerät unter Einhaltung der Bedienungsvorschriften durchgeführt hat und die ein Messergebnis von 100 km/h ergeben hat. Der Amtssachverständige hat aus technischer Sicht ausgeschlossen, dass durch Irritationen durch Regen, nasse Fahrbahn oder Beleuchtung oder dgl. ein höherer Wert als die tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit angezeigt werden könnte.

Im Rahmen der freien Beweiswürdigung kam der Unabhängige Verwaltungssenat zur Überzeugung, dass dem Ergebnis der Lasermessung ein höheres Maß an Glaubwürdigkeit zukommt, weshalb bei der weiteren Beurteilung der Angelegenheit von einer tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeit von 100 km/h auszugehen ist.

Der Berufungswerber hat daher in objektiver Hinsicht gegen die Geschwindigkeitsbeschränkung des § 20 Abs.2 StVO verstoßen.

4.3. Zum Tatvorwurf 2:

Gemäß § 14 Abs.1 Z1 FSG hat jeder Lenker eines Kraftfahrzeuges unbeschadet der Bestimmungen des § 102 Abs.5 KFG 1967 auf Fahrten mitzuführen

1. den für das von ihm gelenkte Kraftfahrzeug vorgeschriebenen Führerschein oder Heeresführerschein ...

und auf Verlangen die entsprechenden Dokumente den gemäß § 35 Abs.2 zuständigen Organen zur Überprüfung auszuhändigen.

Aus der Anzeige und der eigenen Darstellung des Berufungswerbers bei der mündlichen Verhandlung steht fest, dass der Gendarmeriebeamte RI B im Zuge der Anhaltung vom nunmehrigen Berufungswerber den Führerschein verlangt hatte, den dieser aber nicht vorweisen konnte, weil er ihn nicht finden konnte.

Aus welchen Gründen der Berufungswerber seinen Führerschein nicht fand ist für die Verwirklichung des Deliktes unbeachtlich; Tatsache ist, dass er das verlangte Dokument bei der Kontrolle nicht vorweisen konnte.

4.4. Zu beiden Delikten ist auch die subjektive Tatseite erfüllt:

Hinsichtlich des Verschuldens bestimmt § 5 Abs.1 VStG, dass dann, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Diese gesetzliche Schuldvermutung trifft sohin bei den sogenannten "Ungehorsamsdelikten" zu. Bei den Ungehorsamsdelikten - die die meisten Verwaltungsdelikte darstellen - besteht das Tatbild in einem bloßen Verhalten ohne Merkmal eines Erfolges. Bereits die Nichtbefolgung eines gesetzlichen Gebotes oder Verbotes genügt zur Strafbarkeit; ein (schädlicher) Erfolg muss dabei nicht eingetreten sein.

Im vorliegenden Fall ist es dem Berufungswerber nicht gelungen glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der angelasteten Vorschriften (die solche Ungehorsamsdelikte darstellen) kein Verschulden trifft, weshalb Verschulden in der Form der Fahrlässigkeit anzunehmen ist.

4.5. Die Überprüfung der Strafbemessung ergab, dass diese entsprechend den Grundsätzen des § 19 VStG vorgenommen wurde.

Die Voraussetzungen des § 21 VStG (Absehen von der Strafe bzw. Ausspruch einer Ermahnung) sind nicht erfüllt, weil weder das Verschulden des Berufungswerbers geringfügig ist noch die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

Bei der Bestrafung wegen der Übertretung des FSG war die gesetzliche Mindeststrafe verhängt worden. Die Voraussetzungen zur Anwendung des § 20 VStG lagen nicht vor.

Zu II.:

Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ist in jeder Entscheidung eines unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat, der mit weiteren 20 % der verhängten Strafe zu bemessen ist. Da Geldstrafen in Höhe von insgesamt 326 Euro verhängt wurden, beträgt der Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren 65,20 Euro.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Leitgeb

Beschlagwortung: 100 km/h im Ortsgebiet; Lasermessung

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