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des Landes Oberösterreich
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VwSen-108101/6/SR/Ri

Linz, 27.05.2002

VwSen-108101/6/SR/Ri Linz, am 27. Mai 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufungen des W K, Gstraße, T, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. T T, L Straße , R, gegen die Bescheide des Bezirkshauptmannes von Linz-Land, Zl. VerkR96-16575-2001-K, vom 22. Jänner 2002 (Einspruch als verspätet eingebracht zurückgewiesen) und 15. März 2002 (Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand), zu Recht erkannt:

Die Berufung gegen den Bescheid vom 22. Jänner 2002 wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Die Berufung gegen den Bescheid vom 15. März 2002 wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Rechtsgrundlagen:

Zu I und II.: § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Strafverfügung des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 15.10.2001, Zl. VerkR96-16575-2001 wurde dem Berufungswerber (Bw) am 22.10.2001 durch Hinterlegung zugestellt. In der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides wurde auf das Recht der Partei hingewiesen, gegen diesen Bescheid innerhalb von zwei Wochen ab seiner Zustellung (Hinterlegung) schriftlich, telegraphisch oder mündlich bei der Bezirkshauptmannschaft Einspruch erheben zu können.

1.1. Der Vertreter des Bw hat den Einspruch gegen diese Strafverfügung am 7.11.2001 zur Post gegeben und gleichzeitig einen Antrag auf Wiedereinsetzung eingebracht.

1.2. In der Begründung hat der Vertreter des Bw u.a. ausgeführt, dass die gegenständliche Strafverfügung am 22.10.2001 durch Hinterlegung zugestellt worden ist. Der Bw habe die Rechtsmittelbelehrung missverstanden und sich in Bezug auf die Dauer der Frist, deren Berechnung und insbesondere die Anrechenbarkeit des letzten Tages dieser Frist geirrt.

2.1. Der Bezirkshauptmann von Linz-Land hat den Einspruch mit Bescheid vom 22. Jänner 2002, VerkR96-16575-2001 gemäß § 49 Abs.1 VStG 1991 als verspätet eingebracht zurückgewiesen. In der Begründung ist die Behörde erster Instanz von der ordnungsgemäßen Zustellung durch Hinterlegung am 22.10.2001 und dem Fristende mit Ablauf des 5.11.2001 ausgegangen. Der mit 7.11.2001 eingebrachte Einspruch wurde als verspätet zurückgewiesen.

2.2. Der angeführte Zurückweisungsbescheid wurde dem Vertreter des Bw mit Rsa am 25.1.2002 zugestellt. Innerhalb offener Frist hat dieser Berufung erhoben und neuerlich einen Wiedereinsetzungsantrag gestellt. In der Begründung führt der Vertreter aus, dass dem erstinstanzlichen Verfahren ein wesentlicher Verfahrensmangel zugrunde liegen würde, da der Antrag auf Wiedereinsetzung vom 7.11.2001 noch nicht erledigt worden sei. Richtig wäre, dass der Einspruch gegen die Strafverfügung verspätet erhoben worden ist. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei Voraussetzung für die Zurückweisung eines Rechtsmittels als verspätet allein die Versäumung der Rechtsmittelfrist und nicht auch ein Verschulden der Partei an der Verspätung. Ein solches Verschulden wäre jedoch bei der Entscheidung über einen Wiedereinsetzungsantrag von Belang (VwGH 11.7.1988, 88/10/0113). Die Erstbehörde habe zwar rechtens festgestellt, dass der Einspruch verspätet eingebracht worden wäre, hätte aber über den Wiedereinsetzungsantrag zu entscheiden und bei Bejahung das ordentliche Verfahren einzuleiten gehabt.

Neben der Aufhebung des Bescheides wurde eine mündliche Berufungsverhandlung beantragt.

3.1. Der Bezirkshauptmann von Linz-Land hat mit Bescheid vom 15. März 2002, Zl. VerkR96-16575-2001 den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 7.11.2001 abgewiesen. Begründend hat die Behörde erster Instanz ausgeführt, dass die Rechtsmittelbelehrung für jedermann verständlich sei, die Dauer der Einspruchsfrist klar zum Ausdruck kommen würde und der Bw die Frist aus eigener Schuld versäumt habe. Der den Wiedereinsetzungsantrag abweisende Bescheid wurde dem Vertreter am 19. März 2002 zugestellt.

3.2. Innerhalb offener Frist hat der Vertreter gegen den unter Punkt 3.1. angeführten Bescheid Berufung erhoben und ausgeführt, dass der Bw durch ein unabwendbares und unvorhergesehenes Ereignis an der Erhebung des Einspruches gehindert gewesen sei. Die Versäumung der Frist würde nicht auf seinem Verschulden beruhen bzw. sei auf ein Versehen minderen Grades zurückzuführen. Der Bw habe die Rechtsmittelbelehrung missverstanden und sich in Bezug auf die Dauer der Frist, deren Berechnung und insbesondere die Anrechenbarkeit des letzten Tages dieser Frist geirrt. Von leichter Fahrlässigkeit sei auszugehen, wenn eine unvertretene Partei eine Rechtsmittelbelehrung missversteht (VfGH in JUS 1991/Vf/622). Irrtümer über Rechtsvorschriften oder Verwaltungsabläufe bzw. deren Unkenntnis und das Missverstehen einer Rechtsmittelbelehrung würden regelmäßig Umstände darstellen, die insbesondere bei Rechtsunkundigen und unvertretenen Parteien leichte Fahrlässigkeit indizieren und zur Wiedereinsetzung führen (ÖJZ 1992, 117; EvBl 1987/68). Diese Grundsätze würden auch im Verwaltungsverfahren gelten. Die Rechtsmittelbelehrung sei nicht dergestalt für jedermann verständlich, dass zu erkennen sei, dass die 14-Tage-Frist mit dem Datum der Hinterlegung zu laufen beginnen würde. Geradezu das Gegenteil sei der Fall, würden doch viele (unvertretene) Parteien meinen, dass jener Tag den Fristenlauf auslöst, an welchem der Empfänger die Briefsendung von der Post abholt, was regelmäßig etliche Tage nach dem Datum der Hinterlegung liegen würde.

Neben dem Antrag auf Aufhebung des Bescheides wurde eine mündliche Berufungsverhandlung beantragt.

4. Mit Bekanntgabe vom 28.4.2002 wurden die Anträge auf Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung zurückgezogen.

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufungen mit dem zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Zu I.:

5.1. Aus dem Zustelldatum (Hinterlegung) im Zusammenhang mit dem Datum der Einbringung des Einspruches und den Ausführungen des Vertreters des Bw ist die verspätete Einbringung des Rechtsmittels eindeutig erkennbar und unbestritten.

Es steht fest, dass die Zustellung am 22.10.2001 durch Hinterlegung bewirkt worden ist und die Berufungsfrist am 5.11.2001 geendet hat. Zustellungsmängel sind weder aus dem Akt ersichtlich noch in der Berufung vorgebracht worden. Der Einspruch wurde am 7.11.2001 zur Post gegeben (Datum des Poststempels).

5.2. Gemäß § 49 Abs.1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben. Verspätet ist ein Einspruch, wenn er erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist eingebracht wird.

Nach § 32 Abs.2 AVG (iVm § 24 VStG) enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats. Durch Gesetz oder Verordnung festgesetzte Fristen können gemäß § 33 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG weder verkürzt noch verlängert werden.

Ein nicht rechtzeitiger Einspruch ist mit Bescheid zurückzuweisen. Voraussetzung für die Zurückweisung eines Rechtsmittels als verspätet ist allein die Versäumung der Rechtsmittelfrist und nicht auch ein Verschulden der Partei an der Verspätung. Ein solches Verschulden wäre erst bei der Entscheidung über einen Wiedereinsetzungsantrag von Belang (VwGH 11.7.1998, 88/10/0113).

Sowohl in der Berufung als auch im Einspruch hat der Bw eingestanden, dass er den Einspruch verspätet eingebracht hat.

5.3. Aus den genannten Gründen war die Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG abzuweisen und der angefochtene Bescheid zu bestätigen.

Zu II.:

5.4. § 71 Abs.1 AVG:

Gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:

1. die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, ....

5.5. Die Rechtsmittelbelehrung der gegenständlichen Strafverfügung lautet:

"Sie haben das Recht, gegen diese Strafverfügung innerhalb von zwei Wochen nach der Zustellung (Hinterlegung) schriftlich, telegraphisch oder mündlich bei der Bezirkshauptmannschaft, die diese Strafverfügung erlassen hat, Einspruch zu erheben. Darin können Sie sich rechtfertigen und die Ihrer Verteidigung dienenden Beweise vorbringen".

Das Formular 1 zu § 17 Abs.2 des Zustellgesetzes - Verständigung über die Hinterlegung eines Schriftstückes - weist folgende Information auf:

"Heute konnte Ihnen ein .......behördliches Schriftstück ... nicht zugestellt werden. Das Schriftstück wird daher hinterlegt. Die Hinterlegung gilt grundsätzlich als Zustellung. Holen Sie das Schriftstück in Ihrem Interesse ehestens ab. Sie könnten sonst wichtige Fristen versäumen!"

5.6.1. Die Hinterlegung der Strafverfügung am 22.10.2001, der Beginn der Abholfrist am 22.10.2001, das Ende der Rechtsmittelfrist mit Ablauf des 5.11.2001 und die verspätete Einbringung des Einspruches am 7.11.2001 sind unbestritten. Der Bw hat mit seinem Versicherungsvertreter den einschreitenden Vertreter am 6.11.2001, somit nach Ablauf der Einspruchsfrist aufgesucht.

5.6.2. Der Vertreter hat behauptet, dass der Bw die Rechtsmittelbelehrung missverstanden und sich in Bezug auf die Dauer der Frist, deren Berechnung und insbesondere die Anrechenbarkeit des letzten Tages dieser Frist geirrt habe.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist nicht nur ein äußeres Ereignis, sondern auch ein Irrtum ein "Ereignis" im Sinne des § 71 Abs.1 Z1 AVG.

Unkenntnis des Gesetzes kann für sich allein nicht als unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis gewertet werden, das die Wiederaufnahme in den vorigen Stand begründen könnte (VwSlg 180 A/1947; ebenso VwGH 19.9.1950, 1073/50; 25.2.1993, 92/04/0229; alle in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band 12, § 71, E 114).

Nur in gewissen Fällen (§ 71 Abs.1 Z2 AVG) geht, wenn die Behörde eine falsche Rechtsmittelbelehrung erteilt hat, die Unkenntnis der gesetzlichen Vorschriften nicht zu Lasten der Partei und wird das Verhalten der Behörde als Wiedereinsetzungsgrund gewertet (Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band 12, § 71, E 115).

Mangelnde Rechtskenntnis oder ein Rechtsirrtum sind nicht als ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis zu werten, das die Voraussetzung für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bilden könnte (zahlreiche Judikaturhinweise in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band 12, § 71, E 116).

Ein Irrtum über den Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides bildet keinen Wiedereinsetzungsgrund (VwGH 26.9.1961, 758/60 in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band 12, § 71, E 126).

Eine Wiedereinsetzung ist nur dann zu verneinen, wenn dem Antragsteller wenigstens Fahrlässigkeit bei der Versäumung des Termins zur Last fällt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 1980, Slg. N.F. Nr. 10.325/A = ZfVB 1982/2/598; E vom 24.2.1992, 91/10/0251).

Im letztzitierten Erkenntnis führt der Verwaltungsgerichtshof weiter aus: "Denselben Gedanken bringt die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Ausdruck, wenn zwar zunächst gesagt wird, mangelnde Rechtskenntnis oder Rechtsirrtum seien nicht als ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis zu werten, dann jedoch näher ausgeführt wird, dies ergebe sich schon aus der einfachen Überlegung, daß die rein subjektive Beurteilung einer bestimmten Rechtslage den Wiedereinsetzungswerber niemals hindern könne, sich über die Wirkung eines Bescheides vorsorglich bei Rechtskundigen zu informieren (vgl. z.B. die hg. Beschlüsse vom 26. November 1980, Slg. N.F. Nr. 10.309/A, vom 15. Jänner 1985,Zl. 84/04/0234, und vom 22. Jänner 1986, Zl. 85/09/0284)."

Hier hat es der Bw an der erforderlichen Sorgfalt bei der Wahrnehmung seiner Verteidigungsrechte fehlen lassen. Bereits in der Rechtsmittelbelehrung der Strafverfügung wird unmissverständlich als Beginn des Laufes der Rechtsmittelfrist auf den Hinterlegungszeitpunkt hingewiesen (argum: "...innerhalb zwei Wochen nach der Zustellung (Hinterlegung)...").

Der Verwaltungsgerichtshof führt weiter im Erkenntnis vom 24.2.1992, 91/10/0251 aus: "Gerade im Zustellrecht war der Gesetzgeber um eine klare und unmissverständliche Belehrung der Partei über die Art und die Folgen der Hinterlegung bemüht. Gemäß § 17 Abs. 2 letzter Satz ZustellG hat die schriftliche Hinterlegungsanzeige den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen. Dementsprechend ist in dem von der Zustellformularverordnung 1982, BGBl. Nr. 600 idF BGBl II 1999/493, gestalteten Formular 1 zu § 17 Abs. 2 ZustellG der Satz enthalten: `Das Schriftstück wird daher hinterlegt. Die Hinterlegung gilt grundsätzlich als Zustellung. Holen Sie das Schriftstück in ihrem Interesse ehestens ab, Sie könnten sonst wichtige Fristen versäumen´."

Der Bw hat von der Hinterlegung durch die Hinterlegungsanzeige Kenntnis erlangt. Bei gehöriger Aufmerksamkeit musste ihm einerseits schon aus dem Hinweis in der Rechtsmittelbelehrung der Strafverfügung und andererseits aus der Information in der Hinterlegungsanzeige klar sein, dass die Hinterlegung als Zustellung gilt. Es hätten ihm daher Zweifel an der Richtigkeit seiner Rechtsmeinung, die zum Irrtum geführt hat, kommen müssen. Dem Bw liegt somit bei der Besorgung seiner Rechtsangelegenheiten ein verschuldeter, auf Sorglosigkeit zurückzuführender Irrtum zur Last. Diese Sorglosigkeit kann bei der Fülle von Informationen auch nicht als minderer Grad des Versehens eingestuft werden. Der Bw hat nicht in tauglicher Weise glaubhaft gemacht, dass er durch ein unvorgesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und ihn kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. Stierschneider

Beschlagwortung: Hinterlegung, Zustellformular

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