Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108112/11/Fra/Ka

Linz, 19.06.2002

VwSen-108112/11/Fra/Ka Linz, am 19. Juni 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn SB, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. WH, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 22.1.2002, VerkR96-6685-2000/Ah, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 und der Verordnung (EWG) 3821/85, zu Recht erkannt:

I. Hinsichtlich des Faktums 1 wird der Berufung stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird in diesem Punkt behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Hinsichtlich des Faktums 2 wird die Berufung mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die verletzte Rechtsvorschrift § 52 lit.c Z24 StVO 1960 zu lauten hat.

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren hinsichtlich des Faktums 1 keine Verfahrenskostenbeiträge zu zahlen.

Hinsichtlich des Faktums 2 hat der Berufungswerber als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren 20 % der verhängten Geldstrafe, ds 7,20 Euro, zu zahlen.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 16, 19, 24 und 44a Z2 VStG

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG; § 66 Abs.1 VStG

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) 1.) wegen Übertretung des Art.2 iVm Art.15 Abs.5 lit.a, b, c der Verordnung (EWG) 3821/85 vom 20.12.1985 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 72 Euro (EFS 1 Tag) und 2.) wegen Übertretung des § 52a Z24 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 36 Euro (EFS 10 Stunden) verhängt, weil er am 2.10.2000 gegen 16.05 Uhr das Sattelkraftfahrzeug mit dem Zugfahrzeugkennzeichen und das Anhängerkennzeichen (höchstzulässige Gesamtmasse über 3,5 t) auf der B 137 Innviertler Straße in Richtung Schärding bis auf Höhe km 60,0 gelenkt hat, wobei im Rahmen einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle festzustellen war, dass

1.) die handschriftlichen Eintragungen auf der Tachoscheibe vom 2.10.2000 und vom 29.9.2000 hinsichtlich Vor- und Nachname, hinsichtlich Ort der Wegfahrt und Ort der Ankunft und auch in Bezug auf das Kennzeichen des Fahrzeuges unleserlich war und daher nicht im Sinne der gesetzlichen Bestimmung der EWG-Verordnung 3821/85 entsprachen,

2.) er das oben angeführte Sattelkraftfahrzeug nach Abschluss der Amtshandlungen um ca. 16.26 Uhr des gleichen Tages vom Anhalteort weg auf die Höbmannsbacher Gemeindestraße gelenkt hat, wobei er in der Folge vor der Kreuzung mit der B 137 Innviertler Straße das dort befindliche Vorschriftszeichen "Halt" missachtete, da er ohne anzuhalten auf die B 137 einbog.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von jeweils 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

I.2. Über die dagegen rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied (§ 51c erster Satz VStG) erwogen:

Zum Faktum 1 (Art.2 iVm Art.15 Abs.5 lit.a, b, c der Verordnung (EWG) 3821/85):

Die hier maßgebliche Rechtsnorm verlangt die Eintragung der inkriminierten Angaben. Von einer leserlichen Eintragung ist nicht die Rede. Der belangten Behörde ist jedoch zuzustimmen, wenn sie im angefochtenen Straferkenntnis ausführt, dass sich die Notwendigkeit der Lesbarkeit solcher Eintragungen deshalb ergibt, um im Rahmen von Kontrollen auch verifizieren zu können, welche Person zu welchem Zeitpunkt welches KFZ gelenkt hat und erst dadurch eine Prüfung der Einhaltung von Lenk- und Ruhezeiten überhaupt erst möglich ist. Durch unleserliche Eintragungen ist daher die Verwirklichung des hier gegenständlichen Tatbestandes möglich.

Der Bw hat jedoch diesen Tatbestand nicht erfüllt. Die Eintragungen sind zwar mit Mühe, aber dennoch lesbar, wobei von einer durchschnittlichen Lesefähigkeit ausgegangen wird. Der Bw hat vorgebracht, dass das Schriftbild überdies durch eine Erkrankung der Fingergelenke negativ beeinflusst werde, sodass er nicht für sein Schriftbild verantwortlich gemacht werden könne. Er habe aufgrund dieser Erkrankung Schwierigkeiten, kleine Buchstaben und Zahlen zu schreiben. Diesbezüglich sei er auch in Behandlung und erhalte regelmäßig Injektionen. Im Berufungsverfahren hat der Bw ein ärztliches Attest der Dipl.-Med. S-K, Facharzt für Innere Medizin, vom 4.2.2002 vorgelegt, wonach beim Bw eine Sensibilitätsstörung mit leichter Störung der Feinmotorik im Bereich der Finger bestehe. Dies fällt für den Bw positiv ins Gewicht. Von einer bewusst unleserlichen Eintragung der Angaben kann daher nicht ausgegangen werden.

Aus den genannten Gründen konnte von der Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Fachgebiet "Schriftsachverständiger und Holografie" zum Beweis der Leserlichkeit der Eintragungen auf dem verfahrensgegenständlichen Schaublatt abgesehen werden. Einer derartigen Vorgangsweise steht auch § 21 Abs.1a VStG in der Fassung des Verwaltungsreformgesetzes 2001, BGBl.Nr. 65, Teil I, entgegen.

Zum Faktum 2 (§ 52 lit.c Z24 StVO 1960):

Dieser Tatbestand ist erwiesen. Der Oö. Verwaltungssenat verweist auf die zutreffenden Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Straferkenntnis. Im Berufungsverfahren beantragte der Bw die Einvernahme des Zeugen ML zum Beweis dafür, dass er das Verkehrszeichen "Halt" nicht missachtet hat. Der Oö. Verwaltungssenat veranlasste die Vernehmung dieses Zeugen im Rechtshilfewege. Herr L wurde von der Stadt Chemnitz, Ordnungsamt, Abteilung Zentrale Bußgeldstelle am 6.5.2002 einvernommen. Er gab an, sich an den Vorfall nicht erinnern zu können. Die Kontrolle seines Kollegen SB habe er nicht gesehen und könne dazu keine Angaben machen. Der Zeuge konnte somit den Bw hinsichtlich des in Rede stehenden Tatbestandes nicht entlasten. Den weiteren Beweisantrag des Bw, den Zeugen dazu zu befragen, ob er gesehen habe, wie er mit dem LKW bei der Stopptafel angehalten oder an dieser vorbeigefahren sei, ohne vorher anzuhalten, war nicht stattzugeben. Wenn Herr Lehmann angibt, sich an den gegenständlichen Vorfall nicht mehr erinnern zu können, ist davon auszugehen, dass er sich auch nicht mehr an Einzelheiten dieses Vorfalles erinnern kann.

Die Strafe ist nicht als überhöht anzusehen. Zutreffend hat die Erstbehörde die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit als mildernd gewertet. Erschwerungs-gründe sind weder im erstinstanzlichen noch im Berufungsverfahren hervorgekommen. Der Bw hat mit Stellungnahme vom 8.5.2001 seine Einkommenssituation dargelegt. Ausgehend davon sowie von der Annahme, dass kein Vermögen vorliegt und der Bw für Gattin sorgepflichtig ist, ist die Strafe als angemessen zu betrachten. Es ist festzustellen, dass der gesetzliche Strafrahmen lediglich zu 5 % ausgeschöpft wird. Einer Herabsetzung der Strafe stehen auch spezialpräventive Überlegungen entgegen. Die Anwendung des § 21 VStG kam nicht in Betracht, weil keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das tatbildmäßige Verhalten des Bw hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt, wie dies nach der ständigen Judikatur des VwGH erforderlich wäre. Auch § 20 VStG konnte nicht zur Anwendung gelangen, weil der anzuwendende Strafrahmen keine Untergrenze vorsieht.

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. F r a g n e r

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