Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-240251/2/WEI/Bk

Linz, 14.04.1998

VwSen-240251/2/WEI/Bk Linz, am 14. April 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des W gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 18. März 1997, Zl. SanRB 96-376-1995-Fu, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 74 Abs 4 Z 1 Lebensmittelgesetz 1975 - LMG 1975 (BGBl Nr. 86/1975 zuletzt geändert mit BGBl Nr. 756/1992) iVm § 1 Abs 1 und § 2 Abs 1 der Spielzeugverordnung (BGBl Nr. 823/1994) zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Der Berufungwerber hat im Berufungsverfahren einen weiteren Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von S 200,-- zu leisten.

Rechtsgrundlagen: § 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 64 Abs 1 und 2 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem bezeichneten Straferkenntnis der belangten Behörde vom 18. März 1997 wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben es als gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ - handelsrechtlicher Geschäftsführer - der Firma K zu verantworten, daß am 29.8.1995 um 16.10 Uhr im Geschäft der vorgenannten Firma in L, K, 300 Stk. 'Holzpuzzle' feilgeboten und damit in Verkehr gebracht wurden, obwohl dieses Spielzeug (für Kinder die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben) laut Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Linz, UZ.: 4854/1995, keine CE-Konformitätskennzeichnung trug und nicht mit den in Anlage 4 der Spielzeugverordnung angeführten gut lesbaren und geeigneten Gefahrenhinweisen, daß das Spielzeug nicht für Kinder unter drei Jahren geeignet ist, ergänzt durch einen kurzen Hinweis auf die Gefahren, die diese Einschränkung begründen, versehen war. Dieses Spielzeug für Kinder bis zum vollendeten 14. Lebensjahr hätte jedoch nur in Verkehr gebracht werden dürfen, wenn es die CE-Konformitätskennzeichnung trägt (welche nur auf einem Spielzeug angebracht werden darf, das entsprechend den als ÖNORM veröffentlichten harmonisierten Europäischen Normen hergestellt ist - oder mit dem Baumuster übereinstimmt, für das eine in einem EWR-Staat zugelassene Prüfungsstelle eine Baumusterbescheinigung ausgestellt hat). Da es sich beim gegenständlichen Spielzeug um ein Kleinspielzeug handelt bzw. dieses kleine Teile (i.S.v. EN 71, Teil 1, Z 4.15) enthält und daher nicht für Kinder unter 3 Jahren geeignet ist, hätte dieses Spielzeug nur in Verkehr gebracht werden dürfen, wenn es mit den in der Anlage 4 angegebenen Gefahrenhinweisen und Gebrauchsvorschriften ('Nicht für Kinder unter 36 Monaten geeignet' bzw. 'Nicht für Kinder unter drei Jahren geeignet', ergänzt durch einen kurzen Hinweis auf die Gefahren, die diese Einschränkung begründen) versehen gewesen wäre." Dadurch erachtete die belangte Behörde § 1 Abs 1 und § 2 Abs 1 Spielzeugverordnung, BGBl Nr. 823/1994, iVm § 74 Abs 4 Z 1 LMG 1975 als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung nach dem Strafrahmen des § 74 Abs 4 LMG 1975 eine Geldstrafe von S 1.000,--und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 7 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden S 100,-- (10% der Geldstrafe) und als Ersatz der Barauslagen für Untersuchungskosten der Lebensmitteluntersuchungsanstalt in Linz, UZ.: 4854/1995, wurden S 937, 50 und S 337, 50 vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw zu Handen seines Rechtsvertreters am 26. März 1997 zugestellt wurde, richtet sich die rechtzeitige Berufung vom 8. April 1997, die am 9. April 1997 bei der belangten Behörde einlangte und mit der die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG beantragt werden. 1.3. Die belangte Behörde hat ihren Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt. Eine Gegenschrift wurde nicht erstattet. 2.1. Der für den Schuldspruch maßgebliche Sachverhalt wurde in der Berufung nicht bestritten. Aufgrund der klaren Aktenlage kann der unabhängige Verwaltungssenat auf die völlig unbedenklichen Feststellungen der belangten Strafbehörde im angefochtenen Straferkenntnis verweisen, die den entscheidungswesentlichen Sachverhalt hinreichend darstellen und in einem mängelfreien Verfahren erhoben wurden.

2.2. Die Berufung bekämpft weder die dem Schuldspruch zugrundeliegenden wesentlichen Tatsachenfeststellungen, noch deren rechtliche Beurteilung nach der Spielzeugverordnung BGBl Nr. 823/1994 im angefochtenen Straferkenntnis. Sie wendet sich lediglich gegen die Annahme der belangten Behörde, daß der Bw als verantwortlicher Geschäftsführer mangels durchgeführter Warenkontrollen jene Sorgfalt außer acht gelassen habe, zu der er als ordentlicher Kaufmann verpflichtet gewesen wäre. Vielmehr hätte er sämtliche Maßnahmen getroffen, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen mit Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erwarten ließen. Denn es entspreche einem hohen Sorgfaltsmaßstab, wenn ein Unternehmen die Prüfung der gesetzlichen Kennzeichnungsvorschriften zum Vertragsbestandteil mit dem Lieferanten macht, womit die bestmögliche Kontrolle durch Personen, die mit den Kennzeichnungsvorschriften für das Produkt bestens vertraut seien, sichergestellt werde.

Der Bw bringt zu seiner Entlastung noch vor, daß nach den allgemeinen Einkaufs- und Lieferbedingungen der K Handels-GmbH der jeweilige Lieferant verpflichtet sei, die Waren entsprechend den gesetzlichen Vorschriften zu kennzeichnen. Diese Bedingungen seien Bestandteil jeder Bestellung und damit Vertragsbestandteil jeder Lieferung. Die K Handels-GmbH habe damit die Prüfung der Kennzeichnung an den jeweiligen Lieferanten als Erfüllungsgehilfen (§ 1313a ABGB) übertragen. Diese Maßnahme sei durch die Organisation der K Kette bedingt, nach der die Warenlieferung nicht zentral, sondern an die einzelnen derzeit 18 Abholmärkte in Österreich erfolge. Für die Übertragung der Prüfung der Kennzeichnungsvorschriften an die Lieferanten spreche zum einen deren Sachkenntnis, zum anderen die Tatsache, daß eine einheitliche Überprüfung sämtlicher an die K Handels-GmbH gelieferten Waren nur beim Lieferanten erfolgen könne. Überdies führe die K Handels-GmbH stichprobenartige Überprüfungen der gelieferten Waren durch, wobei man im Falle von Beanstandungen die Waren umgehend aus dem Verkehr ziehe und an den Lieferanten retourniere. Als Beweis für diese Vorbringen werden die Einkaufs- und Lieferbedingungen und die Vernehmung des Geschäftsführers H angeboten, der für die Unternehmens-organisation zuständig sei.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten und unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens festgestellt, daß der entscheidungswesentliche Sachverhalt unbestritten feststeht und im wesentlichen nur strittige Rechtsfragen zu beurteilen sind. Die beantragte Berufungsverhandlung mit Beweisaufnahme war mangels eines entscheidungsrelevanten Berufungsvorbringens entbehrlich.

4. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 74 Abs 4 Z 1 LMG 1975 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem letzten Gliedsatz wie nach § 74 Abs 1 leg.cit., also mit Geldstrafe bis zu S 50.000,--, zu bestrafen, wer den Bestimmungen einer auf Grund des § 10, des § 12 Abs 2 hinsichtlich der Deklaration von Zusatzstoffen, des § 16 Abs 4 hinsichtlich vorgeschriebener Bezeichnungen, der §§ 21, 27 Abs 1, 29, 30 Abs 5 oder 33 Abs 1 erlassenen Verordnung zuwiderhandelt.

Auf der Grundlage des § 29 LMG 1975 hat der BMGSK zum Schutz der Verbraucher die Verordnung über die Sicherheit von Spielzeug (Spielzeugverordnung), BGBl Nr. 823/1994, erlassen. In der Übergangsbestimmung des § 8 Spielzeugverordnung wird bestimmt, daß Spielzeug, das der Verordnung nicht entspricht, noch bis 31. Dezember 1994 in Verkehr belassen werden darf. Im Tatzeitpunkt war die Verordnung demnach bereits seit nahezu 8 Monaten voll anwendbar.

Gemäß § 1 Abs 1 ist Spielzeug für Kinder bis zum vollendeten 14. Lebensjahr Gegenstand der Spielzeugverordnung, wobei nach § 1 Abs 2 die in der Anlage 1 aufgezählten Gebrauchsgegenstände nicht als Spielzeug gelten. Unter dem Titel Sicherheitsanforderungen bestimmt § 2 Abs 1 Satz 1 der Spielzeugverordnung, daß Spielzeug nur in Verkehr gebracht werden darf, wenn es die CE-Konformitätskennzeichnung trägt, die in Anlage 2 angeführten wesentlichen Sicherheitsanforderungen erfüllt, mit den in Anlage 4 angegebenen Gefahrenhinweisen und Gebrauchsvorschriften versehen ist und die Gesundheit oder Sicherheit von Benutzern oder Dritten nicht gefährdet, wobei nach § 2 Abs 1 Satz 2 die Dauer des bestimmungsgemäßen oder vorauszusehenden Gebrauchs oder einer solchen Verwendung entsprechend dem üblichen Verhalten von Kindern zu berücksichtigen ist.

Nach Anlage 4 der Spielzeugverordnung muß Spielzeug mit gut lesbaren und geeigneten Hinweisen zur Verringerung der bei seiner Verwendung auftretenden Gefahren, wie sie die wesentlichen Sicherheitsanforderungen vorschreiben, versehen sein. In sechs Ziffern dieser Anlage werden solche Angaben beispielsweise aufgezählt. Nach der Ziffer 1 trägt Spielzeug, das für Kleinkinder gefährlich sein kann, zB den Vermerk "Nicht für Kinder unter drei Jahren (oder: 36 Monaten) geeignet" und einen kurzen Hinweis auf die Gefahren, die diese Einschränkung begründen.

Gemäß § 3 der Spielzeugverordnung hat der Hersteller oder sein im EWR-Gebiet niedergelassener Vertreter die Übereinstimmung mit den Sicherheitsanforderungen der Anlage 2 durch Anbringen der CE-Konformitätskennzeichnung zu bestätigen. Die belangte Strafbehörde hat die maßgebliche Rechtslage, insbesondere die gemäß § 2 Spielzeugverordnung jedermann treffende Verantwortlichkeit für das vorschriftsmäßige weitere Inverkehrbringen von Spielzeug, zutreffend dargestellt und ihr Straferkenntnis ausführlich begründet. Insofern sind im Berufungsverfahren keine Tat- oder Rechtsfragen mehr strittig.

4.2. Das Berufungsvorbringen, wonach wegen der Organisation der K Kette in 18 Abholmärkten die Prüfung der ordnungsgemäßen Kennzeichnung von Waren auf Lieferanten rechtsverbindlich übertragen werde, ist nicht geeignet, den Bw zu entlasten. Es kann nämlich auch unter der Annahme, daß das Berufungsvorbringen tatsächlich zutrifft, keine Rede davon sein, daß der Bw bzw die Geschäftsführung der K Handels-GmbH im Sinne der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl die zahlreichen Nachw bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. A, 1996, E 52 ff, insb E 58, 59, 64, 66, 72, zu § 5 Abs 1 VStG und weiter E 50a ff zu § 9 Abs 1 VStG) alle Maßnahmen getroffen, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften mit gutem Grund erwarten ließen. Zunächst ist klarzustellen, daß sich die K Handels-GmbH durch privatrechtliche Vereinbarung, mit der die Prüfung von öffentlichrechtlichen Kennzeichungsvorschriften auf Lieferanten übertragen wird, nicht der eigenen öffentlichrechtlichen Prüfungspflichten entziehen kann. Daran vermag die angebliche besondere Sachkenntnis des Lieferanten - eine solche Sachkenntnis erwartet man auch vom Warenhändler - ebensowenig etwas zu ändern, als der Umstand der verzweigten Geschäftsbetriebsorganisation der K Kette. Es entspricht auch den Gepflogenheiten eines ordentlichen Kaufmannes, gelieferte Waren unverzüglich zu überprüfen, um rechtzeitig Mängelrüge erheben zu können. Auch wenn die Genehmigungsfiktion des § 377 HGB bei Kennzeichnungsmängeln (=Rechtsmängeln) durch privatrechtliche Vereinbarung im Wege von Einkaufsbedingungen ausgeschlossen wurde, hat dies für die öffentlichrechtliche Pflichtensituation keinerlei Bedeutung.

Die mit einem an sich tauglichen Geschäftspartner vereinbarte Lieferung von Waren, die österreichischen sowie den EWR-Vorschriften entsprechen müssen, darf nicht - worauf die belangte Strafbehörde schon zutreffend hingewiesen hat - zu blindem Vertrauen und zum Verzicht auf eine eigene angemessene Kontrolltätigkeit führen. Es genügt auch nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht, wie nunmehr in der Berufung erstmals behauptet wird, daß von der K Handels-GmbH stichprobenartige Überprüfungen der gelieferten Waren durchgeführt werden. Nach der gegebenen Sachlage spricht alles dafür, daß die K Handels-GmbH kein wirksames Kontrollsystem zur Einhaltung einschlägiger verwaltungsrechtlicher Vorschriften eingerichtet hatte. Schon das sachlich unzutreffende Berufungsvorbringen, daß eine einheitliche Überprüfung der gelieferten Waren nicht an den einzelnen Standorten der Abholmärkte der K Kette, sondern nur beim Lieferanten erfolgen könne, belegt die mangelnde eigene Kontrolle. Die Geschäftsführung der K Handels-GmbH könnte eine wirksame Warenkontrolle durch ausreichend geschultes Personal am Standort der Abholmärkte oder im Wege regelmäßiger Inspektionen an diesen Standorten durch geeignete Kontrollore gewährleisten. Eine angemessene Kontrolle hätte voraussichtlich auch im gegebenen Fall des nicht den Kennzeichnungsvorschriften der Spielzeugverordnung des BMGSK entsprechenden Kinderspielzeugs das weitere Inverkehrbringen durch die K Handels-GmbH verhindert.

Im Ergebnis war mangels Darlegung eines angemessenen Kontrollsystems davon auszugehen, daß der Bw als handelsrechtlicher Geschäftsführer die gegenständliche Verletzung der Vorschriften der Spielzeugverordnung zumindest in fahrlässiger Begehung zu verantworten hat. Die verhängten Strafen hat der Bw nicht beanstandet. Die Geldstrafe von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 7 Stunden) liegt beim gegebenen Strafrahmen bis zu S 50.000,-- und der unwidersprochen gebliebenen Schätzung des monatlichen Nettoeinkommens von S 30.000,-- im untersten Bereich und ist auch bei Unbescholtenheit als milde einzustufen. Die vorliegende Berufung war daher als unbegründet abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

5. Bei diesem Ergebnis hat der Bw gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG im Berufungsverfahren einen weiteren Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 20 % der Geldstrafe, ds. S 200,--, zu leisten.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von S 2.500,-- zu entrichten.

Dr. W e i ß

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum