Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108181/12/Bi/La

Linz, 23.05.2002

 

VwSen-108181/12/Bi/La Linz, am 23. Mai 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn Ing. F S, O 63, 4 A, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 21. Februar 2002, VerkR96-277-2001-OJ/TL, wegen Übertretung der Straßenverkehrs-ordnung 1960, auf Grund des Ergebnisses der am 16. Mai 2002 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z1 1.Alt. und 66 VStG

Entscheidungsgründe:

  1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß "§ 99 Abs.3 lit.a StVO 1960" eine Geldstrafe von 72,67 Euro (24 Stunden EFS) verhängt, weil er am 30. September 2000 um 8.50 Uhr den Pkw, Kz.UU-90 JN, in L, A, StrKm 14.088, RFB Süd, Auffahrt D, Richtung stadteinwärts gelenkt und dabei die durch Vorschriftszeichen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 26 km/h überschritten habe.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 7,26 Euro auferlegt.

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 16. Mai 2002 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw, des Zeugen GI F und des technischen Amtssachverständigen Ing. R durchgeführt. Ein Vertreter der Erstinstanz ist ohne jede Entschuldigung nicht erschienen. Die Berufungsentscheidung wurde im Anschluss an die Verhandlung mündlich verkündet.

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er habe die ihm zur Last gelegte Geschwindigkeit von 106 km/h gar nicht einhalten können, weil er bei der Auffahrt D auf die A gefahren sei, wobei er weitere Personen im Fahrzeug gehabt habe und hinter einem langsamen Viehtransporter nachgefahren sei. Er verweist auf seine bisherigen technischen Ausführungen und macht weiters geltend, er habe anhand der Eichfotos noch einmal nachgerechnet und sei zu dem Schluss gekommen, dass die Reichweite des Gerätes nicht auf "fern" eingestellt gewesen sein konnte. Außerdem sei die Kontrollmessung ungültig. Ihm sei bekannt, dass dort insbesondere an Samstagen gemessen werde, ihm sei aber kein Polizeifahrzeug aufgefallen. Er führe das Messergebnis auf einen Geräte- oder Bedienungsfehler zurück und beantrage Verfahrenseinstellung.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Bw gehört, die Ausführungen der Erstinstanz in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses berücksichtigt, der Messbeamte zeugenschaftlich einvernommen und auf der Grundlage der vorliegenden Unterlagen über die Radarmessung, insbesondere des am 30. September 2000 gültigen Eichscheins, der Kalibrierfotos, des Messprotokolls, der Verwendungsbestimmungen und der Zulassung des verwendeten Radargerätes, ein technisches Sachverständigengutachten über die Heranziehbarkeit des Messergeb-nisses als Grundlage für den Tatvorwurf eingeholt wurde.

Das Beweisverfahren hat ergeben, dass GI F (Ml), ein Beamter der Technischen Verkehrsüberwachungsgruppe der BPD L, am Vorfallstag auf der A, RFB Süd, nach der Auffahrt D Geschwindigkeitsmessungen des in Richtung stadteinwärts fahrenden Verkehrs durchführte, wobei er ein Radargerät Multanova 6F, 12-85-102, verwendete. Dieses ist auf einem am äußersten Rand des Pannenstreifens stehenden Stativ aufgebaut und über Kabel mit einem außerhalb der dortigen Lärmschutzwand unterhalb der Autobahn abgestellten Polizeifahrzeug verbunden, wobei das Kabel durch eine Tür in der Lärmschutzwand führt. der Beamte stand außerhalb der Lärmschutzwand und beobachtete die Messungen durch die Plexiglasscheibe. Weder er noch das Polizeifahrzeug waren für die Lenker zu sehen. Bereits im erstinstanzlichen Verfahren hat der Ml einen Eichschein für ein Radargerät MU VR 6F-Tacho, IdentifikationsNr.500/89, das Messprotokoll vom 30.9.2000 sowie zwei Eichfotos (Einblendungen 8888 für 8.48 Uhr des 30.9.2000) vorgelegt.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat sich herausgestellt, dass der damals vorgelegte Eichschein der eines anderen Gerätes war, der auch nicht mit der Anzeige und dem Messprotokoll übereinstimmte.

Der nunmehr vorgelegte Eichschein für das Radargerät MU VR 6F, IdentifikationsNr. 102, bestätigt die letzte Eichung vor dem Vorfallstag am 28. September 1999 mit Nacheichfrist bis 31. Dezember 2002, somit eine gültige Eichung am Vorfallstag.

Aus dem Messprotokoll, das der Ml ausdrücklich als richtig und maßgeblich erklärt hat, zumal hier auch unter "Verwendungsbestimmungen" die Rubrik "Nr.12-85-102" angekreuzt wurde, was dem verwendeten Radargerät mit der IdentifikationsNr.102 entspricht, ergibt sich, dass am 30. September 2000 von 8.00 bis 11.30 Uhr bei Km 14.088 der A, RFB Süd, Auffahrt D, Stadtgebiet L, innerhalb des Geltungsbereichs der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h mit dem Radargerät MU VR 6F/12-85-102 Geschwindigkeitsmessungen durchgeführt wurden, wobei das Radarfahrzeug parallel zur Bewegungsrichtung der zu messenden Fahrzeuge aufgestellt wurde, sich zwischen diesen und der Antenne keine reflektierenden (unbewegte) Gegenstände befanden, der Messwinkel auf 22 Grad, die Reichweite auf "fern" und die Kamera auf 16 Grad Strahlrichtung eingestellt wurden. Aus den beiden Kalibrierfotos ist die Anzeige 8888 ersichtlich, weiters die Zeit 8.48 Uhr für die letzte Kalibrierung vor der in Rede stehenden Messung. Auf den beiden Fotos ist im Messbereich kein Fahrzeug ersichtlich.

Der Ml gab zum Einwand des Bw, wonach auf den Kalibrierfotos und dem Radarbild, auf dem sein Pkw zu sehen ist, Unterschiede in der Blickrichtung bzw Messrichtung festzustellen seien, woraus er schließe, dass die Einstellung der Kamera und damit der Messeinrichtung zwischen Kalibrierung und Messung geändert worden sein müsse, was der Ml bereits bei vorangegangenen zeugenschaftlichen Einvernahmen heftigst bestritten hat, an, er habe der Erstinstanz auf deren Verlangen ein auf dem Auswertegerät vergrößertes, dh gezoomtes Radarbild vorgelegt; daher sei der Ausschnitt der Richtungsfahrbahn ein anderer als auf den Kalibrierfotos. Die Mitte des Radarbildes bestimme sich nach dem rechten Rand des eingeblendeten Datensegmentes und der sei bei allen Bildern gleich. Gemessen werden nur Fahrzeuge, die sich im zweiten Viertel des Radarfotos befinden, nämlich bei Messungen von rechten Fahrbahnrand aus links von rechten Rand dieses Segmentes.

Befragt vom Sachverständigen, ob der Winkel zwischen optischer Achse und Fahrtrichtung bei Stativmessungen und bei im Fahrzeug eingebautem Radar gleich sei, gab der Ml an, beim Fahrzeugeinbau seien 16 Grad einzustellen, bei Stativmessung 22 Grad fix vorgegeben. Dazu verwies er auf die angekreuzte Rubrik im Messprotokoll.

Der Amtssachverständige hat gutachtlich unter Hinweis auf die für Verkehrsgeschwindigkeitsmesser der Bauart MU VR 6F bestehende Zulassung Zl. 40894/89 ausgeführt, laut Radarmessprotokoll sei der Kamerawinkel mit 16 Grad Strahlrichtung eingestellt gewesen, obwohl laut Verwendungsbestimmungen bei einer Stativmessung der Kamerawinkel 19 Grad beträgt. Auf Grund der, wenn auch nur geringfügigen, Änderung des Winkels, sei eine korrekte Auswertung des Radarfotos aus technischer Sicht nicht gewährleistet. Die Verwendungsbe- stimmungen seien nicht eingehalten worden und eine verwertbare Messung somit nicht gegeben.

Der Ml hat ausgeführt, er könne seines Wissens nach den Winkel gar nicht anders einstellen; dieser sei bei Stativmessungen fix vorgegeben. Im Übrigen sei das Messprotokoll als automationsunterstützt auszufüllendes Formular ebenso vorgegeben und keine Rubrik diesbezüglich vorgesehen, die bei Stativmessung einen anderen Winkel angebe. Er hat erklärt, er werde sich ehestens um eine Änderung des Formulars bemühen, die auf welche Umstände auch immer zurückzuführende Unrichtigkeit des vorliegenden Messprotokolls aber nicht bestritten.

In rechtlicher Hinsicht ist auf dieser Grundlage davon auszugehen, dass die im gegenständlichen Fall erfolgte einmalige Messung - zwei Fotos im Abstand von einer Sekunde werden nur im Fall einer Messung in der Radarkabine angefertigt - kein als Grundlage für den Tatvorwurf heranziehbares Beweismittel darstellt, zumal nachweislich die Verwendungsbestimmungen laut Messprotokoll nicht eingehalten wurden ("Punkt 11. Vor Beginn der Messungen ist der Winkel zwischen der Strahlungsrichtung der Antenne und der Bewegungsrichtung der zu messenden Fahrzeuge sowie der Kamerawinkel sorgfältig einzustellen. ..."). Das Messprotokoll dokumentiert den tatsächlichen Messvorgang. Ein Mangel an der Gestaltung des Messprotokolls - der Ml ist Beamter der Technischen Überwachungsgruppe, dh der zuständigen Fachgruppe - kann nicht zulasten des Beschuldigten gehen.

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 1.Alt. VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann.

Auf der Grundlage der obigen Ausführungen war spruchgemäß zu entscheiden, wobei naturgemäß Verfahrenskosten nicht vorzuschreiben waren.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. Bissenberger

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