Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108184/15/Fra/Ka

Linz, 24.09.2002

VwSen-108184/15/Fra/Ka Linz, am 24. September 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn ML, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. S und Dr. S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 19.3.2002, VerkR96-2045-2002, betreffend Übertretung des § 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 16.9.2002 und öffentliche Verkündung, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu zahlen.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z1 VStG; § 66 Abs.1 VStG

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 5 Abs.2 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.1 lit.b leg.cit. eine Geldstrafe von 1.162 Euro (EFS 336 Stunden) verhängt, weil er am 10.2.2002 gegen 03.55 Uhr im Gemeindegebiet St. Martin i.M., Ortschaftsbereich Schmiedgrub, auf Straßen mit öffentlichem Verkehr, insbesondere der St. Martiner-Landesstraße 1509 aus Richtung Diskothek "Empire" kommend, in Fahrtrichtung Aschach an der Donau bis zum Parkplatz des Feuerwehrhauses, Strkm. 1,350, den PKW mit dem Kz.: in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat und am 10.2.2002 um 04.44 Uhr am Anhalteort die von einem hiezu besonders geschulten und von der Behörde ermächtigten Organ der Straßenaufsicht auf Grund der bei ihm festgestellten Alkoholisierungssymptome, wie deutlicher Alkoholgeruch der Atemluft, veränderte Sprache und deutlich gerötete Augen berechtigterweise verlangte Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt mittels Alkomaten verweigerte, zumal trotz sieben Blasversuchen kein gültiges Messergebnis zustande kam.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch die ausgewiesenen Vertreter bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung. Der Bw behauptet, die misslungenen Messungen seien auf eine Fehlfunktion des verwendeten Gerätes zurückzuführen. Er habe die erhebenden Beamten ausdrücklich ersucht, ihn zur Untersuchung des Blutalkoholgehaltes ins Krankenhaus zu fahren, was jedoch von den erhebenden Beamten verweigert wurde. Diese haben lediglich lapidar erwidert, dass sie ohnehin davon ausgingen, dass er die Untersuchung der Atemluft "verweigere" und sie nicht verpflichtet seien, ihn ins Krankenhaus zu fahren, weshalb sie dies auch unterlassen haben. Zu den vorliegenden Messprotokollen führe er an, dass das Blasvolumen durchaus Werte über 3 l, nämlich bis zu 3,5 l erreichten. Dabei müsste es sich um ein ausreichendes Blasvolumen für ein gültiges Messergebnis handeln, sofern der zum Einsatz gekommene Alkomat tatsächlich funktionstüchtig gewesen sei. Aufgrund der Tatsache, dass ihm im Zuge der Erhebungen durch die Beamten die Lenkung des Fahrzeuges verboten und ihm die Fahrzeugpapiere abgenommen wurden, weiters die erhebenden Beamten sich geweigert hätten, ihn zur Blutabnahme zu bringen, sei es erforderlich gewesen, dass er durch eine Fahrt mit einem Taxi zur Blutabnahme gebracht werden musste. Um ein Taxi rufen zu können, haben ihn die erhebenden Beamten zur Diskothek "Empire" gefahren, da er von dieser Lokalität aus ein Taxi rufen konnte. Ihm sei dann am 10.2.2002 um ca. 05.45 Uhr Blut abgenommen und im Labor des öffentlichen Krankenhauses St. Franziskus in Grieskirchen untersucht worden. Aufgrund dieser Blutuntersuchung habe sich ein Blutalkoholgehalt von 0,8 Promille ergeben. Unter Berücksichtigung der Zeit der Anhaltung durch die erhebenden Beamten, nämlich um 03.55 Uhr und des Umstandes, dass er erst um 03.00 Uhr morgens begonnen hatte, zwei Glas Sekt zu trinken, wobei das zweite Glas Sekt unmittelbar vor Antritt der Fahrt konsumiert wurde, resultiert, dass er im Zeitpunkt der Anhaltung noch nicht 0,8 Promille hatte, da in dieser Zeit der Alkoholgehalt im Blut noch im Ansteigen begriffen war. Er habe den erhebenden Beamten im Zuge der Anhaltung auch ausdrücklich mitgeteilt, dass er vor Antritt der Fahrt ein Glas Sekt getrunken habe, sodass vor Vornahme der ersten Prüfung vorerst zugewartet werden musste, da bekannt ist, dass Alkomaten unmittelbar nach Alkoholkonsum nicht funktionieren. Möglicherweise sei die Wartezeit zu kurz gewesen, sodass die Messergebnisse nicht erreicht werden konnten. Er habe sich jedenfalls bis 02.00 Uhr morgens zu Hause aufgehalten und keinerlei Alkohol konsumiert. Auch nach Eintreffen des Zielortes sei vorerst kein Alkohol konsumiert worden, lediglich zwischen 03.00 Uhr morgens und Anhaltung zwei Glas Sekt. Er habe die Untersuchung des Alkoholgehaltes in der Atemluft nicht verweigert. Diese Untersuchung sei lediglich misslungen. Er beantrage daher die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens.

Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen - als nunmehr belangte Behörde - sah sich zu einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlasst und legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 2.000  Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c erster Satz VStG).

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 16.9.2002 erwogen:

3.1. Unstrittig ist, dass der Bw das in Rede stehende Kraftfahrzeug an der im Spruch des angeführten Straferkenntnisses angeführten Örtlichkeit und zur angeführten Zeit gelenkt hat und von Herrn GI. W im Zuge einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle zu einer Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt mittels Alkomat, Marke Dräger Alcotest 7110 A, Seriennr. ARLM-0453, aufgefordert wurde. Laut Angaben des Meldungslegers wurde der Alkomat im Fahrzeug mitgeführt. Der Motor im Dienstfahrzeug, wo der Alkomat mitgeführt wurde, ist gelaufen und im Dienstfahrzeug war es warm. Die Außentemperatur betrug ca. -2 Grad. Bei der Anhaltung habe Herr Lindner geraucht und einen Kaugummi gekaut. Die Anhaltung sei um 03.55 Uhr erfolgt. Nach einer 20-minütigen Wartezeit, in der der Bw trotz seines Ersuchens nicht geraucht hat, habe der 1. Blasversuch um 04.19 Uhr begonnen. In dieser Zeit habe sich der Bw mit ihm im Freien unterhalten und keine möglichen Fremdsubstanzen zu sich genommen. Der Bw sei auch auf Asthma und sonstige Krankheiten befragt worden. Beim ersten Blasversuch habe der Bw das Mundstück in den Mund genommen und die Luft angesogen und dann erst in den Alkomaten geblasen. Daraufhin sei ihm nochmals die richtige Bedienung des Alkomaten erklärt worden. Der Bw habe zuerst drei Mal in den Alkomaten geblasen. Dann habe Herr BI. N zwei Mal geblasen und in der Folge habe der Bw wieder vier Mal geblasen. Die Blasbedienung sei dem Bw bei jedem Versuch erklärt worden. Das Ergebnis war jedes Mal nicht verwertbar. Beim 4. bis 7. Blasversuch dürfte der Bw kurz den Blasstrom unterbrochen haben (eventuell durch die Zunge, was jedoch nicht bewiesen werden könne).

Laut Messprotokoll erfolgte die 1. Messung um 04.19 Uhr mit einem Blasvolumen von 2,2 l und einer Blaszeit von 3,9 Sek., die 2. Messung um 04.22 Uhr mit einem Blasvolumen von 2,7 l und einer Blaszeit von 4,8 Sek., die 3. Messung um 04.28 Uhr mit einem Blasvolumen von 2,6 l und einer Blaszeit von 4,2 Sek., die 4. Messung um 04.35 Uhr mit einem Blasvolumen von 3,4 l und einer Blaszeit von 5,4 Sek., die 5. Messung um 04.38 Uhr mit einem Blasvolumen von 3,3 l und einer Blaszeit von 5,2 Sek., die 6. Messung um 04.41 Uhr mit einem Blasvolumen von 3,5 l und einer Blaszeit von 5,6 Sek. und die 7. Messung um 04.44 Uhr mit einem Blasvolumen von 3,4 l und eine Blaszeit von 5,4 Sek. Von Herrn BI. N wurde um 04.31 Uhr eine Messung mit einem Blasvolumen von 3,3 l und einer Blaszeit von 5,2 Sek. und eine 2. Messung um 04.32 Uhr mit einem Blasvolumen von 3,1 l und einer Blaszeit von 5,0 Sek. mit einem Ergebnis von 0,00 mg/l durchgeführt. Sämtliche Messungen beim Bw waren nicht verwertbar.

3.2. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass als Weigerung, sich dem Alkotest zu unterziehen, auch ein Verhalten des Untersuchten gilt, das das Zustandekommen des vorgesehenen Tests verhindert. Die belangte Behörde hat nun die Frage nicht beantwortet, durch welches konkrete Verhalten der Bw nicht entsprechend an der Untersuchung mitgewirkt hat. Sie hat lediglich zutreffend ausgeführt, dass zwei gültige Messungen erforderlich sind, um ein in einem Verwaltungsstrafverfahren verwertbares Ergebnis zu erzielen und diese Ergebnisse nicht vorliegen. Diese Feststellung ist insoferne unschlüssig, als nicht "automatisch" das Nichtzustandekommen eines Alkomatergebnisses dem Probanden als "Verweigerung des Alkotests" angelastet werden kann. Schließlich ist im konkreten Fall zu berücksichtigen, dass der Bw bei jedem Versuch ein ausreichendes Luft-Volumen in einer ausreichenden Zeit in das Gerät geblasen hat. Der Meldungsleger hatte den Eindruck, dass der Bw durchaus kooperationsbereit war, weshalb er auch so viele Blasversuche anbot.

Nach der vom Oö. Verwaltungssenat angeforderten Stellungnahme der Fa. Dräger Austria vom 10.6.2002 wurde das gegenständliche Messgerät am 4.3.2002 einer routinemäßigen Überprüfung unterzogen und die Werte als in Ordnung befunden worden. In Ergänzung hiezu wurde von der Fa. Dräger die bei der gegenständlichen Gerätekalibrierung festgestellten Einzelmesswerte bekannt gegeben. Dazu führte der Amtssachverständige Ing. A bei der Berufungsverhandlung aus, dass die gemessenen Werte des Infrarotsensors, der die effektive Messung für die Anzeige durchführt und des elektrochemischen Sensors, die als Vergleichsmessung dient, um weniger als 1 % abgewichen sind, weshalb aus den beschriebenen Grundlagen nicht auf einen Gerätefehler zum Zeitpunkt der verfahrensgegenständlichen Messung geschlossen werden kann. Als grundsätzliches messtechnisches Kriterium ist anzuführen, dass beim Alkomaten des Fabrikates Dräger zwei Messverfahren Vergleichsmessungen durchführen, wobei jene Messung, die den Anzeigewert bestimmt, durch das Infrarotsystem und als Vergleichsmessung eine elektrochemische Messung durchgeführt wird. Bei den verfahrensgegenständlichen Messungen ist daher auf eine Abweichung der gemessenen Werte des Infrarotsensors und des elektrochemischen Sensors zu schließen. Dies kann aus messtechnischer Sicht in erster Linie durch die Einwirkung von Fremdsubstanzen zustande kommen, wobei diese Fremdsubstanzen sowohl durch äußere Einflüsse in das Gerät gelangen können bzw es sich bei den genannten Fremdsubstanzen auch um bestimmte Verdauungsprodukte handeln kann. Aus messtechnischer Sicht ist daher festzustellen, dass es bei der verfahrensgegenständlichen Messung zu keinem gültigen Messpaar im Sinne der Verwendungsbestimmungen des Gerätes gekommen ist. Der jeweilige Ausdruck mit der Aufschrift "Messungen nicht verwertbar" kann aufgrund der angeführten nachträglichen Erhebungen auch nicht auf einen gerätetechnischen Fehler zurückgeführt werden. Es ergeben sich verschiedene Gründe, auf die das Zustandekommen der gegenständlichen Ausdrücke zurückgeführt werden kann, wobei jedoch als Ursache das bewusste Verhalten des Probanden zur Herbeiführung dieser Messergebnisse als unwahrscheinlich zu bezeichnen ist. Ein Nachweis, dass das Nichtzustandekommen einer gültigen Doppelmessung im Sinne der Verwendungsbestimmungen auf das Verhalten des Probanden und damit einer Verweigerung des Alkotests zurückzuführen ist, kann aus messtechnischer Sicht nicht erbracht werden.

Der Oö. Verwaltungssenat stellt daher fest, dass kein ausreichender Beweis dafür vorliegt, dass das Nichtzustandekommen eines gültigen Alkomatmessergebnisses auf das Verhalten des Bw zurückzuführen ist.

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde ua von der Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann. Da diese Voraussetzungen vorliegen, war spruchgemäß zu entscheiden.

4. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. F r a g n e r

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