Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108189/15/Fra/Ka

Linz, 03.06.2002

VwSen-108189/15/Fra/Ka Linz, am 3. Juni 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Herrn FB, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 14.3.2002, AZ. VerkR96-3227-2000-Br, betreffend Übertretung des § 103 Abs.2 KFG 1967, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 28.5.2002 und mündlicher Verkündung, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu zahlen.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z1 VStG; § 66 Abs.1 VStG

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 103 Abs.2 KFG 1967 gemäß § 134 Abs.1 leg.cit. eine Geldstrafe von 36 Euro (EFS 17 Stunden) verhängt, weil er als von der Zulassungsbesitzerin des Kraftfahrzeuges mit dem Kz.: benannte Auskunftsperson der Bezirkshauptmannschaft Freistadt am Sitz F auf schriftliches Verlangen vom 29.9.2000, gleicher Zahl, nachweisbar zugestellt am 3.10.2000, binnen zwei Wochen ab Zustellung, das ist bis 17.10.2000, keine entsprechende Auskunft darüber erteilt hat, wer (Name und Anschrift) das Kraftfahrzeug am 22.5.2000 um 15.20 Uhr gelenkt hat.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig bei der Bezirkshauptmannschaft Freistadt eingebrachte Berufung. Der Bw meint, es sei schon allerhand, wie die Behörden in einem Land wie Österreich verfahren können. Hier könne ein Autobesitzer, welcher eben ein gewisses Kennzeichen ( ) besitzt, dessen Fahrzeug jedoch nachweislich auf einem Firmengelände abgestellt war und zum angeführten Tatzeitpunkt den angeführten Straßenzug zur angeführten Zeit sicherlich nicht befahren habe, bestraft werden. Seiner Ansicht nach sei der Vorwurf, dass er über Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Freistadt keinen Lenker bekannt gegeben habe, haltlos, da es ja für die ihm zur Last gelegte Übertretung, wie er schon mehrmals bekannt gegeben habe, keinen Lenker gebe. Es gehe ihm hier nicht um den Strafbetrag, sondern lediglich darum, dass er für ein Fehlverhalten bestraft werden soll, das er nicht begangen habe. Es könne doch in einem demokratischen Land nicht so sein, dass man unschuldig der Willkür von Behörden und deren Vollzugsorgane ausgesetzt sei und bestraft werden kann. Er könne sich den Vorfall abermals nur durch einen Irrtum im Ablesen des Kennzeichens erklären und ersuche um endgültige Einstellung des Strafverfahrens.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt - als nunmehr belangte Behörde - sah sich zu einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlasst und legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ohne Stellungnahme vor, der, weil eine 2.000 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c erster Satz VStG).

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 28.5.2002 bei der Bezirkshauptmannschaft Freistadt. Als Zeugen wurden Herr RI. W, GP Freistadt, Herr BI. W, GP Unterweißenbach, Herr Leo Strohmayer, Dietrichsbach 14, 3925 Arbesbach und Herr Karl P, Untergaisberg 15, 4352 Klamm, einvernommen. Weiters wurde der Bw zum Sachverhalt befragt. Die belangte Behörde hat keinen Vertreter zur Verhandlung entsendet.

4.1. Folgender Sachverhalt ist entscheidungsrelevant:

Ursache für die gegenständliche Lenkeranfrage war die Anzeige des Gendarmeriepostens Freistadt vom 24.5.2000, GZ. P 874/00-Wi, wonach der Lenker des in Rede stehenden Kraftfahrzeuges am 22.5.2000 um 15.20 Uhr mit dem Kombi, Marke Toyota, Kz.: im Gemeindegebiet von Freistadt auf der B 38, bei Strkm. 102,570, aus Richtung Freistadt in Richtung Sandl mit einer Geschwindigkeit von 68 km/h gefahren ist und er somit verdächtig ist, eine Geschwindigkeitsüberschreitung begangen zu haben. Als Beweismittel wurde Herr Rev.Insp. W, GP Freistadt angeführt, der die Übertretung dienstlich wahrgenommen habe. Als Zeuge wird GI. W, GP Unterweißenbach, angeführt.

Die Zulassungsbesitzerin des verfahrensgegenständlichen Kraftfahrzeuges, Frau A B, geb. am 7.8.1960, wh. in D, beantwortete die Lenkeranfrage dahingehend, dass sie dazu keine Auskunft erteilen könne. Auskunft könne der Bw erteilen. In der Lenkeranfrage der belangten Behörde findet sich zusätzlich folgende Angabe: "Ich, B Franz kann dazu bestätigen, dass ich mit dem Auto, Toyota Corolla, Kz.: bei der Arbeitsstätte war."

Im Einspruch vom 23.10.2000 gegen die vorangegangene Strafverfügung der belangten Behörde verwies der Bw vorerst auf seine Stellungnahme vom 9.10.2000 an die belangte Behörde. In dieser Stellungnahme teilte er der Bezirkshauptmannschaft Freistadt mit, dass der PKW seiner Gattin, Toyota Corolla Kombi, silber lackiert, mit dem Kz.: in den Morgenstunden des 22.5.2000 von ihm in Betrieb genommen worden sei. Er sei mit dem Fahrzeug zu seiner Arbeitsstelle, Fa. P in Klamm gefahren und habe den PKW gegen 6.40 Uhr auf dem Firmengelände abgestellt. Eine Bestätigung über den Aufenthalt in seiner Firma habe er bereits vorgelegt. Nach Arbeitsschluss gegen 17.00 Uhr sei er dann mit dem PKW wieder nach Hause gefahren. Da er das Fahrzeug auch nicht verborgt hatte, sei es unmöglich, dass das Auto zur angeführten Zeit am angeführten Ort unterwegs war. Es müsse sich hier um einen Irrtum handeln, um einen Fehler im Ablesen des Kennzeichens. Er ersuche daher um Einstellung des Strafverfahrens.

Diese Angaben können vom Firmenchef Herrn Karl P, U und von seinem Arbeitskollegen Herrn LS bestätigt werden.

Herr Rev.Insp. W, GP Freistadt, schloss in seiner zeugenschaftlichen Aussage vom 6.12.2001 vor der belangten Behörde einen Irrtum beim Ablesen des Kennzeichens aus, weil er das Kennzeichen des verfahrensgegenständlichen Kraftfahrzeuges aus unmittelbarer Nähe, als dieses an seinem Standort vorbeigefahren ist, ablesen habe können.

4.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

Mit dem Vorbringen des Bw wird die Richtigkeit der Anzeige in Frage gestellt. Der Bw behauptet, dass dem anzeigenden Organ beim Notieren des KFZ-Kennzeichens ein Irrtum unterlaufen ist. Es stehen also im gegenständlichen Fall zwei Beweismittel einander gegenüber, nämlich einerseits die Anzeige des GP Freistadt und andererseits die gegensätzliche Behauptung des Bw.

Dazu ist vorerst festzustellen, dass sich die belangte Behörde mit dem Beweisanbot des Bw vom 23.10.2000, nicht auseinander gesetzt hat. Sie hat die vom Bw angebotenen Zeugen nicht einvernommen. Dies ist als Verfahrensmangel zu konstatieren, zumal nicht a priori angenommen werden kann, dass diese Zeugen zum Beweisthema keine Aussagen hätten machen können. Die Einvernahme dieser Zeugen wäre auch als verfahrensökonomischen Gründen geboten gewesen, zumal diese im Rechtshilfewege einvernommen hätten werden können und im Verfahren erster Instanz kein Anspruch auf Zeugengebühren besteht.

Bei der Berufungsverhandlung schlossen die Meldungsleger RI. W und BI. W einen Irrtum beim Ablesen des Kennzeichens aus. RI. W meinte jedoch, es sei schon vorgekommen, dass es zwei Fahrzeuge mit demselben Kennzeichen gab. Auch eine Fälschung des Kennzeichens ist denkbar.

Herr S, ein Arbeitskollege des Bw sowie Herr P, der Chef der Firma, in der der Bw beschäftigt ist, schlossen dezidiert aus, dass das Fahrzeug zur Tatzeit vom Bw gelenkt wurde. Herr S gab an, am Tattage mit dem Kollegen gemeinsam zur Arbeit gefahren zu sein. Das Fahrzeug sei in der Früh am Firmenparkplatz abgestellt worden, um 17.00 Uhr seien sie wieder nach Hause gefahren. Das Fahrzeug sei den ganzen Tag am Firmenparkplatz gestanden. Der Bw führte aus, den ganzen Tag gearbeitet zu haben. Es habe auch niemand einen Zweitschlüssel.

Beweiswürdigend ist festzustellen, dass sämtliche Zeugen glaubwürdig wirkten. Die Gendarmeriebeamten räumten jedoch ein, es sei nicht auszuschließen, dass noch ein zweites Fahrzeug gleicher Type mit demselben Kennzeichen existiert. Die Aussagen der Herren P und S waren schlüssig und glaubwürdig.

Zusammenfassend kann nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass das gegenständliche Kraftfahrzeug am 22.5.2000 um 15.20 Uhr gelenkt wurde. Ob es allenfalls ein zweites Fahrzeug mit demselben Kennzeichen gibt, oder ob dem Meldungsleger ein Ziffernsturz passiert ist, konnte nicht aufgeklärt werden. Der Meldungsleger musste nämlich einräumen, dass er seine schriftlichen Aufzeichnungen, die er nach seinen eigenen Angaben führt, nicht mehr gefunden hat.

Aus den genannten Gründen war der Bw nicht gehalten, die gegenständliche Lenkeranfrage zu beantworten. Er hat das ihm zur Last gelegte Tatbild einer Verwaltungsübertretung nicht erfüllt.

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

5. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. F r a g n e r