Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108199/15/SR/Ri

Linz, 29.05.2002

VwSen-108199/15/SR/Ri Linz, am 29. Mai 2002

DVR.0690392

I.)

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des Ing. M K, E, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. J B, Dr. J H, Mag. B T, Kplatz , E, gegen das (nicht unterschriebene) Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Eferding vom 1.3.2002, Zl. VerkR96-2400-2000-Mg/Hel, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (im Folgenden: StVO) nach der am 22. Mai 2002 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, folgenden Beschluss gefasst:

B E S C H L U S S

Die Berufung wird als unzulässig zurückgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991.

B e g r ü n d u n g:

1. Mit dem oben bezeichneten und an die Vertreter adressierten Straferkenntnis hat die belangte Behörde wie folgt ausgesprochen:

"Sie haben am 19.10.2000 um 15.40 Uhr den Kombinationskraftwagen der Marke Mercedes mit dem amtlichen Kennzeichen E im Stadtgebiet von L auf der Kstraße auf Höhe der Häuser Kstraße - in Fahrtrichtung Ptraße gelenkt und haben

  1. als Lenker dieses Fahrzeuges nicht angehalten, obwohl Sie einem entgegenkommenden Fahrzeug nicht ausreichend ausweichen konnten,
  2. nach einem Verkehrsunfall, mit dem Ihr Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, das von Ihnen gelenkte Fahrzeug nicht sofort angehalten und
  3. es unterlassen, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem Ihr Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift der Unfallbeteiligten bzw. der Personen, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, unterblieben ist.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

  1. § 10 Abs. 2 erster Satz i.V.m. § 99 Abs. 3 lit.a der Straßenverkehrsordnung 1960,
  2. BGBl.Nr. 159/1960 i.d.d.g.F. (StVO 1960)

  3. § 4 Abs. 1 lit.a i.V.m. § 99 Abs. 2 lit. a StVO 1960
  4. § 4 Abs.5 erster Satz i.V.m. § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von

Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe

gemäß

1.) 36 Euro

1.) 17 Stunden

1.) § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960

2.) 145 Euro

2.) 84 Stunden

2.) § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960

3.) 109 Euro

3.) 50 Stunden

3.) § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

29,06 Euro (S 400,--) als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich S 200,-- bzw. 14,53 EU angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 319,73 Euro (S 4.400,--)."

2. Den Vertretern wurde die Sendung nach dem aktenkundigen Zustellnachweis am 5. März 2002 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 19. März 2002 wurde Berufung gegen den "Bescheid" erhoben und beantragt, die Berufung mangels Vorliegen eines Bescheides zurückzuweisen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten und der Vorlage des dem Vertreter zugestellten Bescheides festgestellt, dass sich die Berufung gegen einen "Nichtbescheid" richtet und deshalb unzulässig ist.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Ein Bescheid ist ein an individuell bestimmte Personen gerichteter, im Außenverhältnis ergehender, normativer Verwaltungsakt (vgl zum Begriff mwN näher Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht7, 1999, Rz 377 ff). Unverzichtbare Bescheidmerkmale sind jedenfalls die Bezeichnung der Behörde, Unterschrift des Genehmigenden oder Beglaubigung (§ 18 Abs 2 u 4 AVG), der individuell bestimmte Adressat und der normative Spruch. Fehlt eines dieser konstitutiven Merkmale, so liegt kein Bescheid vor und man kann auch von "Nichtbescheid" sprechen (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, 1996, 433, Anm 2 zu § 58 AVG).

Der vorliegende, an die Vertreter adressierte "Bescheid" wies weder eine Unterschrift noch einen Beglaubigungsvermerk der Kanzlei auf. Einem behördlichen Schriftstück ohne Unterschrift oder Beglaubigung mangelt überhaupt der Charakter eines Bescheides. Dieser Ausfertigung kommt daher keine rechtliche Verbindlichkeit zu.

Aus den genannten Gründen richtet sich die vorliegende Berufung gegen einen rechtlich gar nicht existent gewordenen Bescheid, weshalb sie als unzulässig zurückzuweisen war.

II.)

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des Ing. M K, E, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. J B, Dr. J H, Mag. B T, Kplatz, E, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Eferding, Zl. VerkR96-2400-2000-Mg/Hel vom 21. März 2002, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (im Folgenden: StVO) nach der am 22. Mai 2002 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

E R K E N N T N I S

  1. Der Berufung zu Spruchpunkt 1 wird stattgegeben, das Straferkenntnis diesbezüglich behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt. Die Berufung zu den Spruchpunkten 2 und 3 wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich vollinhaltlich bestätigt.
  2. Der Berufungswerber hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens (Spruchpunkte 2 und 3) in der Höhe von 20% der Geldstrafe, d.s. 50,80 Euro zu leisten. Zu Spruchpunkt 1 ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 65/2002 - AVG iVm § 24, § 19, § 45 Abs1 Z1, § 51c und § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 65/2002- VStG.

zu II.: §§ 64 und 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit oben bezeichnetem Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Eferding wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben am 19.10.2000 um 15.40 Uhr den Kombinationskraftwagen der Marke Mercedes mit dem amtlichen Kennzeichen E im Stadtgebiet von L auf der Kstraße auf Höhe der Häuser Kstraße 1 in Fahrtrichtung Pstraße gelenkt und haben

1) als Lenker dieses Fahrzeuges nicht angehalten, obwohl Sie einem entgegenkommenden Fahrzeug nicht ausreichend ausweichen konnten,

2) nach einem Verkehrsunfall, mit dem Ihr Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, das von Ihnen gelenkte Fahrzeug nicht sofort angehalten und

3) es unterlassen, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem Ihr Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift der Unfallbeteiligten bzw. der Personen, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, unterblieben ist.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

  1. § 10 Abs. 2 erster Satz i.V.m. § 99 Abs. 3 lit.a der Straßenverkehrsordnung 1960,
  2. BGBl.Nr. 159/1960 i.d.d.g.F. (StVO 1960)

  3. § 4 Abs. 1 lit.a i.V.m. § 99 Abs. 2 lit. a StVO 1960
  4. § 4 Abs.5 erster Satz i.V.m. § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von

Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe

gemäß

1.) 36 Euro

1.) 17 Stunden

1.) § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960

2.) 145 Euro

2.) 84 Stunden

2.) § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960

3.) 109 Euro

3.) 50 Stunden

3.) § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

29,06 Euro (S 400,--) als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich S 200,-- bzw. 14,53 EU angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 319,73 Euro (S 4.400,--)."

2. Gegen dieses den Vertretern des Bw am 21.3.2002 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende bei der Behörde erster Instanz rechtzeitig eingebrachte Berufung.

2.1. Im angeführten Straferkenntnis hat die Behörde erster Instanz im Wesentlichen ausgeführt, dass die strafbaren Tatbestände einwandfrei erwiesen seien, sich die Spuren des Verkehrsunfalls in Einklang bringen lassen würden und u.a. die Aussagen des Zeugen K P glaubwürdig gewesen wären. Strafmildernd sei die bisherige Unbescholtenheit gewertet worden. Straferschwerungsgründe wären nicht hervorgekommen.

2.2. Dagegen bringt der Vertreter des Bw vor, dass in der Entscheidung der von der Behörde als erwiesenen angenommene Sachverhalt nicht erkennbar sei. Der Bw habe mehrfach dargetan, dass er in eine Kollision nicht verwickelt gewesen sei und diesbezüglich konkrete Beweisanträge gestellt habe. Es sei denkunmöglich, dass das inkriminierte Geschehen, insbesondere wenn man die Beschädigung am Fahrzeug des Zeugen P betrachtet, am Fahrzeug des Beschuldigten keine Spuren hinterlassen habe. Zum Beweis dafür, dass die inkriminierte Kollision nicht stattgefunden hat, was sich eindeutig aus den fehlenden Beschädigungen (Spuren) am Beschuldigtenfahrzeug ergeben würde, sei Befundaufnahme und Gutachtenserstattung eines kraftfahrtechnischen Sachverständigen beantragt worden.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Eferding hat den Verwaltungsstrafakt samt Berufung vorgelegt.

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat zur mündlichen Berufungsverhandlung am 22. Mai 2002 die Verfahrensparteien, den TAR Ing. K und die Zeugen K P, GI U und RI B geladen.

Unmittelbar nach Verhandlungsbeginn stellte der Vertreter des Bw den Antrag die Zeugen Dipl. Ing. L, E K, GI M zu laden. Während des Beweisverfahrens hat der Vertreter des Bw beantragt, ein Sachverständigengutachten betreffend der Feststellung allfälliger Lackspuren am linken Außenspiegel des Fahrzeuges des Bw einzuholen.

Nach Zustimmung der Verfahrensparteien wurden die Niederschrift des Zeugen Dipl. Ing. L (Seite 13a und 13b des Vorlageaktes) und jene des Zeugen E K (Seite 13d und 13e des Vorlageaktes) verlesen.

Der Antrag auf Ladung der in der Berufungsverhandlung namhaft gemachten Zeugen wurde abgewiesen.

Der Zeuge Dipl. Ing. L hat vor der Bundespolizeidirektion Linz nachvollziehbare, der Lebenserfahrung entsprechende Aussagen gemacht. Mangels eines Schlüsselerlebnisses ist es verständlich, wenn ein Zeuge ca. 6 Monate nach einer Bauverhandlung keine genauen Angaben über die Anwesenheit bzw. eine allfällige kurze Abwesenheit einer anderen Person machen kann. Seitens des Vertreters wurde nicht vorgebracht, welche weiterreichenden Aussagen dieser Zeuge nach nunmehr 19 Monaten machen könne. Einer Vorladung lediglich zum Zwecke der Auslegung seiner Aussage (Ansicht des Bw-Vertreters: "der Zeuge wollte sich vermutlich nach 6 Monaten wegen möglicher kurzzeitiger Abwesenheiten nicht mehr festlegen") bedurfte es aufgrund der schlüssigen Angaben nicht.

Der Ladung des Zeugen GI M und seiner Befragung bedurfte es nicht, da sich die von ihm "wahrgenommene und mitgeteilte Beschädigung" im Beweisverfahren nicht bestätigt hat.

Nach der Verlesung der Niederschrift des Zeugen E K erfolgte keine Präzisierung des allgemein gehaltenen Vernehmungsantrages. Da auch weder die Vollständigkeit noch die Schlüssigkeit der in der Niederschrift festgehaltenen Aussagen in Frage gestellt worden ist, war nicht erkennbar, weshalb es nach der Verlesung einer weiteren Befragung bedurft hätte.

3.2. Aufgrund der mündlichen Verhandlung und des durchgeführten Augenscheins steht folgender relevanter Sachverhalt fest:

Der Bw hat am 19.10.2000, um 15.40 Uhr, den Kombinationskraftwagen der Marke Mercedes mit dem amtlichen Kennzeichen E im Stadtgebiet von L, auf der Kstraße, auf Höhe der Häuser Kstraße 37 - 41 in Fahrtrichtung Pstraße gelenkt. Infolge seines Fahrverhaltens ist es zu einer Berührung der beiden Fahrzeuge gekommen und dabei wurde der linke Außenspiegel des Pkws des Zeugen K P beschädigt. Ohne anzuhalten hat der Bw die Fahrt fortgesetzt. Er hat weder dem Unfallbeteiligten K P seinen Namen und Anschrift mitgeteilt noch ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle verständigt.

Die beiden Fahrzeuge haben sich nur mit den linken Außenspiegeln berührt. Durch die punktförmige Berührung fand am Spiegel des Bw kein Lackabrieb statt. Die Berührung führte am Spiegel des Bw zu keiner Beschädigung. Der linke Außenspiegel am Fahrzeug des Zeugen K P wurde bei der Berührung zurückgeklappt und im dokumentierten Umfang beschädigt.

Das bei der punktförmigen Berührung entstandene knallartige Geräusch war vom Umgebungslärm unterscheidbar und im Fahrzeuginneren des Bw deutlich wahrnehmbar. Neben der akustischen Wahrnehmung war auch die optische - Berührung der Außenspiegel - gegeben. Bei der Berührung betrug die Fahrgeschwindigkeit des Bw ca. 30 km/h und das Fahrzeug des Zeugen K P stand beinahe. Der Zeuge K P hat das Fahrzeug des Bw kurzfristig aus den Augen verloren, konnte jedoch im Zuge der Nachfahrt verkehrsbedingt wieder aufschließen. Zu diesem Zeitpunkt hat er erstmalig das Kennzeichen ablesen können. Der Zeuge K P ist dem Bw bis zur Baustelle am B nachgefahren. Der Bw hat sich auf das Baustellengelände begeben, sich dort kurzfristig aufgehalten und sich vor dem Eintreffen der Polizei wieder entfernt. Der Zeuge K P ist dem Fahrzeug des Bw gefolgt, hat dieses nach der Kontaktaufnahme mit der Polizei aus den Augen verloren. Bei der folgenden Unfallerhebung durch die Polizei hat der Bw gegenüber dem Zeugen GI U ausgeführt, dass er den Kombi zur Unfallzeit am Unfallort gelenkt, von einer Streifung aber nichts bemerkt habe.

Im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens hat der Bw bestritten, den gegenständlichen Kombi zum Unfallzeitpunkt an der Unfallstelle gelenkt zu haben. In der mündlichen Verhandlung hat der Bw dezidiert ausgeführt, dass der Kombi in der Zeit von 15.00 bis 16.00 Uhr von keiner anderen Person, auch nicht von ihm, gelenkt worden ist.

3.3. Die Zeugen GI U und K P haben in der mündlichen Verhandlung einen glaubwürdigen und überzeugenden Eindruck hinterlassen.

Die Schilderung des Zeugen K P entspricht der Lebenserfahrung. So hat er schlüssig dargelegt, dass er nach dem Wenden seines Fahrzeuges den Kombi des Bw kurzfristig aus den Augen verloren hatte und das Kennzeichen erst nach dem wieder Ansichtigwerden des Fahrzeuges des Bw ablesen konnte. Die Beschreibung der Örtlichkeit entspricht den tatsächlichen Gegebenheiten und wurde vom Bw auch nicht angezweifelt. Dass kein Irrtum im Fahrzeug bzw. eine Verwechslung vorliegen kann, ergibt sich schon aus dem Abstellort des Fahrzeuges des Bw an der Baustelle am B, an der der Bw tatsächlich eine geschäftliche Tätigkeit zu verrichten hatte. Die Lenkeigenschaft des Bw ergibt sich schlüssig aus den Aussagen der Zeugen und des Bw selbst. So hat letzterer ausgesagt, dass der gegenständliche Kombi in der Zeit zwischen 15.00 und 16.00 Uhr von niemandem gelenkt worden ist und nur er die Verfügungsgewalt über den Kombi hatte. Die Aussage, dass der Bw den Kombi zur Tatzeit nicht gelenkt hat ist als Schutzbehauptung zu betrachten. Entscheidend ist, dass er unmittelbar nach dem Verkehrsunfall (ca. 17.00 Uhr) gegenüber dem anfragenden Zeugen GI U sehr wohl die Fahrt zum Unfallzeitpunkt eingestanden hat. Das Argument in der Verhandlung, er habe allgemein damit die Fahrt von oder zu der Baustelle gemeint ist nicht glaubwürdig. Auch wenn der Zeuge GI U in der mündlichen Verhandlung nicht mehr die genaue Anfrage wiedergeben konnte, ist ihm zuzubilligen, dass er korrekte Angaben in der Unfallanzeige gemacht hat. Darüber hinaus handelt es sich bei dem Zeugen um einen Beamten mit langjähriger und einschlägiger Diensterfahrung. Seiner Aussage, dass er Unfallbeteiligte genau mit den Unfallumständen (z.B. Unfallort, Zeitpunkt, Fahrtrichtung) konfrontiert, kommt entscheidendes Gewicht zu. Ausgehend von dieser genauen Anfrage hätte der Bw, wäre seinen Aussagen zu folgen, die Fahrt dem Zeugen GI U zum in Frage kommenden Zeitpunkt nicht eingestanden, sondern darauf hingewiesen, dass er zwischen 15.00 und 16.00 Uhr an einer Baubesprechung teilgenommen hat und für die gegenständliche Fahrt nicht in Frage kommen würde.

Die Begutachtung des Sachverständigen im Zuge des Augenscheins hat keine Beschädigung am Fahrzeug des Bw (Bereich des linken Außenspiegels) erbracht. Seine Ausführungen betreffend der optischen und akustischen Wahrnehmbarkeit blieben unwidersprochen. Es wurde nach seinem mündlich erstatteten Gutachten, das schlüssig und dem heutigen Stand der wissenschaftlichen Forschung entsprochen hat, kein weitergehender Beweisantrag gestellt. Auch das ergänzend erstattete, mündliche Gutachten zum Vorhanden- oder Nichtvorhandensein von Lackspuren am linken Außenspiegel des Fahrzeuges des Bw entsprach diesem Stand und war als schlüssig zu werten. Da das Gutachten die Annahme des Bw - keine Lackspuren am Außenspiegel - bestätigt hat, war auf die Einholung des zuvor beantragten Sachverständigengutachtens zu verzichten und dieser Antrag abzuweisen.

Das Nichtvorhandensein von Lackabriebspuren und Kratzern im Bereich des linken Außenspiegels, bestätigt durch die Ausführungen im Gutachten, weist eindeutig auf ein knallartiges Berührungsgeräusch und nicht auf ein kaum wahrnehmbares "Vorbeischleifen" hin. Ein weiteres Indiz für die Wahrnehmbarkeit des Berührungsgeräusches ist, dass die Karosserie die physikalische Eigenschaft eines Resonanzkastens hat und dadurch das bei der Berührung entstandene knallartige Geräusch deutlich ins Fahrzeuginnere übertragen worden ist.

Unbestritten ist, dass der Bw sein Fahrzeug an der Unfallstelle nicht angehalten hat, kein Austausch des Namens und der Anschrift erfolgt und keine Verständigung der nächsten Polizeidienststelle durchgeführt worden ist.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. § 10 Abs. 2 StVO (auszugsweise):

Kann nicht oder nicht ausreichend ausgewichen werden, so sind die einander begegnenden Fahrzeuge anzuhalten.

§ 4 Abs.1 lit.a StVO (auszugsweise):

Alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhange steht, haben

  1. wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten....

§ 4 Abs.5 StVO:

Wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, haben die im Abs.1 genannten Personen die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs.1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

4.2.1. Zu Spruchpunkt 1 des angefochtenen Straferkenntnisses:

Ein Verstoß gegen § 10 Abs.2 StVO ist nur dann zu erkennen, wenn es der Lenker eines Fahrzeuges unterlässt, dieses vor der Begegnung mit einem entgegenkommenden Fahrzeug anzuhalten, weil ein rechtzeitiges und ausreichendes Ausweichen nicht möglich ist.

Im Beweisverfahren konnte nur auf die Aussage des Zeugen K P zurückgegriffen werden. Dieser hat aus seiner Sicht die Fahrbahn für zu eng eingeschätzt und daher seinen Pkw angehalten. Mangels Erhebungen vor Ort - unmittelbar nach dem Verkehrsunfall - konnte in der mündlichen Verhandlung nicht mehr festgestellt werden, ob nicht oder nicht ausreichend ausgewichen werden konnte oder ob z.B. lediglich ein Fahrfehler des Bw vorgelegen ist. Das Vorliegen des Verkehrsunfalles allein lässt nicht automatisch den Rückschluss auf eine fehlende Ausweichmöglichkeit zu.

Da die dem Bw zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden konnte, war das Verwaltungsstrafverfahren zu Spruchpunkt 1 gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG aufzuheben und das Verfahren diesbezüglich einzustellen.

4.2.2. Zu den Spruchpunkten 2 und 3 des angefochtenen Straferkenntnisses:

Voraussetzung für die Erfüllung der Tatbestände iSd § 4 Abs.1 lit. a und § 4 Abs.5 StVO ist der tatsächliche Eintritt eines Verkehrsunfalls mit Sachschaden sowie die Kenntnis des Täters hievon. Hinsichtlich des letzteren Umstandes genügt es, wenn ihm objektive Umstände zu Bewusstsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalls mit Sachschaden zu erkennen vermocht hätte. Es reicht also die Schuldform der Fahrlässigkeit aus - VwGH 11. 9. 1979, ZfVB 1980/4/1233.

Voraussetzung für die Meldepflicht nach § 4 Abs.5 StVO ist demnach nicht nur das objektive Tatbestandsmerkmal des Eintrittes eines Sachschadens, sondern in subjektiver Hinsicht das Wissen oder fahrlässige Nichtwissen von dem Eintritt eines derartigen Schadens. Der Tatbestand ist daher schon dann gegeben, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalls mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermocht hätte (ARBÖ, CD-Rom-Ausgabe der StVO idF der 20. Novelle).

Von einem zumindest fahrlässigen Nichtwissen kann hier schon deshalb nicht ausgegangen werden, da nach den Ausführungen des Amtssachverständigen die Berührung vom Bw sowohl akustisch als auch optisch eindeutig wahrgenommen werden musste. Das knallartige Berührungsgeräusch hat darüber hinaus mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Beschädigung des anderen Fahrzeuges vermuten lassen.

Die Verursachung einer Beschädigung begründet grundsätzlich die Meldepflicht, wobei sich darin der Schutzzweck der Gesetzesvorschrift bereits erfüllt.

Die Pflicht an der Unfallstelle auch anzuhalten dient der nachfolgenden Feststellung von Sachverhaltselementen (gemeinsam mit dem Zweitbeteiligten), insbesondere zur Sicherung von Spuren oder sonstiger konkreter Beweismittel, die für die 'Aufklärung des Unfallgeschehens' erforderlich sind (vgl. auch VwGH 27.10.1977, 2002/76, VwGH 13.3.1981, 02/2245/80 sowie VwGH 20.2.1991, 90/02/0152 mit Hinweis auf VwGH 15.5.1990, 89/02/0048, und 89/02/0164).

Entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes schließen sich die Tatbestände iSd § 4 Abs.1 lit.a und § 4 Abs.5 StVO nicht aus (VwGH vom 15.4.1971, 1305/70).

Unbestritten hat der Bw weder angehalten noch die gesetzlich geforderte Meldung vorgenommen. Der Bw. hat somit tatbestandsmäßig und schuldhaft gehandelt. Es ist zumindest von fahrlässigem Verhalten auszugehen.

4.3. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln bzw. die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht aus (VwGH 24.5.1989, 89/02/0017, 24.2.1993, 92/03/0011, siehe auch Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 759).

Die Angaben des Bw waren nicht geeignet mangelndes Verschulden zu begründen und mussten als Schutzbehauptungen qualifiziert werden.

4.2.3. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 - 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

Hinsichtlich der jeweils verhängten Strafen ist der Bw darauf hinzuweisen, dass deren höhenmäßige Festsetzung eine Ermessensentscheidung der Strafbehörde darstellt, die sie unter Bedachtnahme auf die objektiven und subjektiven Strafbemessungskriterien des § 19 VStG vorzunehmen hat. Die Begründung der belangten Behörde in Bezug auf das von ihr festgesetzte Strafausmaß erweist sich als nachvollziehbar und mit den Strafbemessungskriterien des § 19 VStG voll im Einklang stehend, sodass der unabhängige Verwaltungssenat keine fehlerhafte Ermessensausübung bei der Strafzumessung festzustellen vermochte. Im Berufungsverfahren sind keine weiteren Milderungs- und Erschwerungsgründe hervorgekommen. Es bedarf schon aus Gründen der Generalprävention der verhängten Strafe um Übertretungen in vergleichbaren Fällen hintan zu halten. Die spruchgemäß festgesetzte Strafe trägt darüber hinaus dem Gedanken der Spezialprävention Rechnung und wird als ausreichend erachtet, um den Bw zur Einsicht und zur Einhaltung der Verwaltungsvorschriften zu bringen. Der zu beurteilende Sachverhalt bot keine Anhaltspunkte für geringfügiges Verschulden und unbedeutende Folgen. Da das Tatverhalten des Beschuldigten keinesfalls hinter den typisierten Schuld- und Unrechtsgehalten der ihm angelasteten Verwaltungsübertretungen zurückbleibt, war auch die Rechtswohltat des § 21 VStG nicht in Erwägung zu ziehen.

5. Kosten:

Zu Spruchpunkt 1:

Gemäß § 66 Abs. 1 VStG entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Zu den Spruchpunkten 2 und 3:

Gemäß § 64 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von 20% der Geldstrafe, d.s. 50,80 Euro zu leisten.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. Stierschneider

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