Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108220/10/Le/Ni

Linz, 04.06.2002

VwSen-108220/10/Le/Ni Linz, am 4. Juni 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des E vertreten durch Rechtsanwalt gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 20.3.2002, Zl. VerkR96-24612, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF, iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 20.3.2002 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des § 52 lit.a. Z10a Straßenverkehrsordnung 1960 (im Folgenden kurz: StVO) eine Geldstrafe in Höhe von 109 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 60 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe am 21.9.2001 um 13.48 Uhr das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen auf der Westbahn A1 in Fahrtrichtung W gelenkt und habe (an einer näher bezeichneten Straßenstelle) die durch Vorschriftszeichen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 31 km/h überschritten.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 9 April 2002, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Zur Begründung wies der Berufungswerber daraufhin, schon im gesamten bisherigen Verfahren angegeben zu haben, dass er an diesem Tage mit einem anderen Wagen unterwegs gewesen sei und nicht sagen könne, wer mit dem tatgegenständlichen Fahrzeug gefahren sei. Er könne nicht angeben, wer den auf seinen Namen zugelassenen Pkw zum Tatzeitpunkt gelenkt habe und kenne das deutsche Rechtssystem auch eine Lenkererhebung ähnlich jener des § 103 Abs.2 KFG nicht.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung und den zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Da aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ein für die spruchgemäße Entscheidung ausreichend ermittelter Sachverhalt hervorgeht, konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich, dass der Pkw mit dem Kennzeichen an der im Straferkenntnis bezeichneten Stelle der A1 Westautobahn von einem Radarmessgerät erfasst worden war. Da die Fahrgeschwindigkeit die dort erlaubte Höchstgeschwindigkeit überstiegen hatte, wurde ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet und eine Halterauskunft angefordert. Daraufhin erließ die Erstbehörde die Strafverfügung vom 14.11.2001, mit der sie dem nunmehrigen Berufungswerber die Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit vorwarf.

Bereits in seinem Einspruch dagegen brachte der nunmehrige Berufungswerber vor, am 21.9.2001 nicht mit diesem Pkw unterwegs gewesen zu sein.

Daraufhin wurde eine Lenkeranfrage durchgeführt, worauf der nunmehrige Berufungswerber schriftlich erklärte, vom 21. bis 23.9.2001 mit einem anderen Pkw unterwegs gewesen zu sein und nicht feststellen zu können, wer mit dem Pkw mit dem Kennzeichen unterwegs gewesen sei.

Daraufhin holte die Erstbehörde ein Radarfoto ein, das sie dem Beschuldigten zur Kenntnis brachte. In seiner Stellungnahme dazu teilte er mit, dass auch aus diesem Foto nicht ersichtlich sei, wer gefahren ist; er wäre jedenfalls mit einem anderen Fahrzeug unterwegs gewesen.

Daraufhin wurde das angefochtene Straferkenntnis erlassen.

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Dieser hatte, da eine 2000 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG).

4.2. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem nunmehrigen Berufungswerber die Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit vorgeworfen. Festzuhalten ist, dass der Berufungswerber bei dieser ihm angelasteten Geschwindigkeitsübertretung nicht betreten wurde, sondern lediglich das auf seinen Namen zugelassene Kraftfahrzeug von einem Radarmessgerät erfasst wurde. Das aufgenommen Radarfoto lässt keinen Schluss auf den Lenker zu.

Der Berufungswerber hat von seiner ersten Verantwortung an stets ausdrücklich bestritten, selbst mit diesem PKW gefahren zu sein. Diese Verantwortung konnte von der Erstbehörde nicht widerlegt werden.

Das Strafrecht hat die Aufgabe, einem Täter unerlaubtes Verhalten vorzuwerfen, ihm ein Strafübel zuzufügen und ihn (so wie die Allgemeinheit) vor weiteren derartigen Delikten abzuhalten.

Die Anwendung der Mechanismen der Bestrafung können jedoch nur dann zur Anwendung kommen, wenn die Behörde tatsächlich eine Straftat einem bestimmten Täter nachweisbar zuordnen kann. Ist dies nicht möglich, so gilt die Unschuldsvermutung.

Einem Verdächtigen eine Straftat zuzuordnen und diesem dann, wenn er sie entschieden in Abrede stellt, entgegen zu halten, seine Verantwortung sei lediglich eine Schutzbehauptung, verstößt gegen diesen tragenden Grundsatz des Strafrechtes. Es ist vielmehr die Verwirklichung des Deliktes von der Behörde nachzuweisen; keinesfalls muss ein (ohne hinreichende Anhaltspunkte) Beschuldigter seine Unschuld beweisen !

Im Anlassfall sind außer (nicht beweisbaren) Vermutungen keine konkreten Anhaltspunkte vorhanden, dass der Berufungswerber wirklich selbst gefahren ist. Fest steht lediglich, dass sein Wagen bei einer Geschwindigkeitsübertretung gemessen und fotografiert wurde. Wer damit jedoch gefahren ist, blieb ungeklärt.

Dadurch, dass der Berufungswerber dennoch bestraft wurde, wurde der Grundsatz der Unschuldsvermutung verletzt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Zu II.:

Wird ein Strafverfahren eingestellt, so sind gemäß § 66 Abs.1 VStG die Kosten des Verfahrens von der Behörde zu tragen.

Damit war der Verfahrenskostenausspruch der belangten Behörde aufzuheben.

Die Kosten des Berufungsverfahrens sind gemäß § 65 VStG dem Berufungswerber nicht aufzuerlegen, weil der Berufung Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. L e i t g e b

Beschlagwortung: Unschuldsvermutung, Geschwindigkeitsübertretung

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