Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108246/10/Bi/La

Linz, 18.06.2002

 

VwSen-108246/10/Bi/La Linz, am 18. Juni 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn W S, H, vom 23. April 2002 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried/Innkreis vom 16. April 2002, VerkR96-4459-2001, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, auf Grund des Ergebnisses der am 13. Juni 2002 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich Schuld- und Strafausspruch bestätigt.

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 14 Euro, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i und 19 VStG,

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 19 Abs.7 iVm 19 Abs.4 und 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 70 Euro (20 Stunden EFS) verhängt, weil er am 17. Juni 2001 um 13.30 Uhr in H als Lenker des Pkw auf der R H bei der Kreuzung mit dem Güterweg E in Fahrtrichtung H einen auf dem Güterweg E fahrenden Fahrzeuglenker trotz des Vorschriftszeichens "Vorrang geben" durch Kreuzen zum unvermittelten Bremsen und zum Ablenken seines Fahrzeuges genötigt habe.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 7 Euro auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 13. Juni 2002 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung an der Kreuzung R H/Güterweg E in Anwesenheit des Vertreters der Erstinstanz Mag. Z sowie des Zeugen Mag. P B durchgeführt. Der Bw ist ohne Angabe von Gründen nicht erschienen, obwohl ihm die Ladung am 16. Mai 2002 eigenhändig zugestellt wurde. Die Berufungsentscheidung wurde im Anschluss an die Verhandlung mündlich verkündet.

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er habe auf der R H eine Geschwindigkeit von 70 bis 80 km/h eingehalten und es könne sein, dass er sich der Kreuzung etwas schneller genähert habe, aber er sei noch vor dem Kreuzungsmittelpunkt zum Stillstand gekommen. Der entgegenkommende Lenker sei möglicherweise etwas erschrocken gewesen und deshalb stehen geblieben. Er habe aber nicht wegen seiner Fahrweise anhalten müssen, sondern hätte die Kreuzung problemlos passieren können, wenn er ganz normal weitergefahren wäre. Er habe aber beim Kreuzungsmittelpunkt angehalten und ihm dann ein Handzeichen gegeben, das er als Vorrangverzicht aufgefasst habe. Er sei sich nicht sicher gewesen, ob der Lenker nicht doch weiterfahren würde, und deshalb über das linke Bankett ausgewichen, weil sie so problemlos aneinander vorbeifahren hätten können. Der Bw verweist dazu auf eine Skizze, in die er die Positionen beider Fahrzeuge beim Kreuzungsmittelpunkt eingezeichnet hat.

Weiters gibt der Bw an, er beziehe Arbeitslosengeld in Höhe von monatlich 9.800 S und habe Sorgepflichten für ein zweijähriges Kind.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mit Ortsaugenschein an der gegenständlichen Kreuzung.

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Die R H kreuzt bei Km 3.694 V-förmig den Güterweg E, der in Richtung R gesehen links von einem Hügel heraufführt und für auf der R H fahrende Lenker erst im Kreuzungsbereich einsehbar ist. Auf der R H ist aus Richtung R kommend vor der genannten Kreuzung ein Vorrangzeichen "Vorrang geben" angebracht (lt. Verordnung des Bezirkshauptmannes von Ried/I vom 17. Oktober 2000, VerkR10-G39-2000, bei Km 3.675 vor der Kreuzung in Richtung H gesehen). Am 17. Juni 2001, dem Vorfallstag, war das Vorrangzeichen gut sichtbar angebracht.

Der Zeuge Mag. B lenkte an diesem Tag gegen 13.30 Uhr seinen Pkw auf der R H aus Richtung H kommend, um bei der genannten Kreuzung nach links in den Güterweg E einzubiegen. Als er sich der Kreuzung näherte, kam ihm aus Richtung R ein Pkw mit seiner Ansicht nach überhöhter Geschwindigkeit entgegen, der offenbar nur geringfügig langsamer wurde, sodass der Zeuge befürchtete, der Lenker werde dem vor der Einmündung in die Kreuzung gut sichtbar angebrachten Vorrangzeichen "Vorrang geben" nicht entsprechen und seinen Vorrang missachten. Deshalb wurde er etwas langsamer. Der Lenker des Pkw fuhr weiter Richtung H, scherte vor dem Pkw des Zeugen, der nunmehr abrupt zu bremsen gezwungen war, um einen Zusammenstoß zu vermeiden, jedoch nicht gänzlich zum Stillstand kam, kurzzeitig nach links aus, wobei er mit den linken Rädern auf das Bankett und in die angrenzende Wiese geriet, und setzte hinter dem Pkw des Zeugen seinen Weg Richtung H fort.

Der Zeuge Mag. B erstattete kurz darauf beim GP R Anzeige gegen den Lenker des Pkw, zumal er auf Grund der örtlichen Gegebenheiten der Kreuzung davon ausging, dass der Lenker, hätte sich aus Richtung E uneinsehbar ein - gegenüber dem Lenker bevorrangtes - Fahrzeug genähert oder sich hinter seinem Pkw aus Richtung H ein weiteres Fahrzeug befunden, nicht mehr rechtzeitig reagieren hätte können. Er schilderte bei der mündlichen Verhandlung das damals von ihm wahrgenommene Geschehen nachvollziehbar und glaubwürdig, wobei er angab, er zeige sonst keine anderen Lenker an, allerdings sei ihm das Verhalten dieses Lenkers derart rücksichtslos erschienen, dass er nicht ausschließen könne, dass dieser sich auch in anderen Fällen so verhalten werde.

Da der Bw, der damalige Lenker des Pkw bei der Verhandlung nicht erschienen war, wurde der Zeuge Mag. B mit den Berufungsausführungen des Bw, insbesondere mit dem von diesem als Verzicht gedeutete Handzeichen und dem von diesem behaupteten Stillstand beider Fahrzeuge im Kreuzungsbereich, konfrontiert. Der Zeuge betonte, er habe während des gesamten Vorgangs sicher beide Hände am Lenkrad gehabt und kein wie immer zu verstehenden Zeichen gegeben. Er habe keine Handlung gesetzt, die als Vorrangverzicht zu deuten gewesen wäre. Außerdem hätte sich keines der beiden Pkw dort jemals im Stillstand befunden, weil der Bw gleich ausgeschert sei und er dort schätzungsweise nicht unter 30 km/h gefahren sei. Bis zum Stillstand sei er gar nicht gekommen. Dass der Bw die Situation aus einem Stillstand beider Pkw heraus als Vorrangverzicht aufgefasst hätte, könne er aus seiner Sicht nicht nachvollziehen.

Der Unabhängige Verwaltungssenat hegt an der Glaubwürdigkeit des Zeugen, der seine Überlegungen, ausnahmsweise Anzeige zu erstatten, nachvollziehbar erläutert und auch den Vorfall schlüssig und zusammenhängend geschildert hat, keinen Zweifel. Der Zeuge war schon als Pfarrer eines nahe der genannten Kreuzung gelegenen Ortes und auch gemäß § 289 StGB zur Wahrheit verpflichtet.

Die Verantwortung des Bw ist hingegen - mit Ausnahme der zugestandenen Geschwindigkeit von 70 bis 80 km/h, später 50 km/h - schon deshalb nicht schlüssig, weil zum einen die Fotos der in der Wiese deutlich sichtbaren Reifenspur der Anzeige angeschlossen waren und zum anderen bei einem tatsächlichen Stillstand der beiden Fahrzeuge ein derartiges "Ausweichen" nach links, dh an der rechten (Beifahrer-)Seite des Pkw des Zeugen, gar nicht erforderlich gewesen wäre.

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 19 Abs.7 StVO darf der Wartepflichtige durch Kreuzen, Einbiegen oder Einordnen die Vorrangberechtigten weder zu unvermitteltem Bremsen noch zum Ablenken ihrer Fahrzeuge nötigen. Gemäß § 19 Abs.4 leg.cit. haben, wenn vor einer Kreuzung das Vorschriftszeichen "Vorrang geben" oder "Halt" angebracht ist, sowohl die von rechts als auch die von links kommenden Fahrzeuge den Vorrang.

Das gegenständliche Vorschriftszeichen "Vorrang geben" war ordnungsgemäß verordnet und gut sichtbar aufgestellt. Abgesehen davon, dass der Bw bei der genannten Kreuzung keinerlei Sicht auf von rechts (aus Richtung E) kommende Verkehrsteilnehmer hatte - die jedoch Vorrangberechtigte gewesen wären - hat er sich offenbar darauf verlassen, der entgegenkommende Lenker werde sich seinem Fahrverhalten schon anpassen.

Das vom Zeugen geschilderte abrupte und unvermittelte Abbremsen seines Pkw angesichts des mit für die Situation überhöhter Geschwindigkeit ausgeführten "Ausweichmanövers" des Bw erfüllte zweifellos den dem Bw zur Last gelegten Tatbestand, wobei laut Judikatur des OGH (vgl. Urteil v 27.9.1978, 8 Ob 138/78) ein Vorrangfall auch dann gegeben ist, wenn zwar eine nachträgliche Berechnung ergibt, dass die Fahrzeuge nicht zusammengestoßen wären, falls jedes Fahrzeug mit der von ihm eingehaltenen Geschwindigkeit weitergefahren wäre, der Vorrangberechtigte aber unter dem Eindruck der augenblicklichen Verkehrssituation Maßnahmen zur Verhinderung eines Zusammenstoßes trifft, die vom Standpunkt eines sorgfältigen Lenkers aus geboten erscheinen.

Der Bw hat aus diesen Überlegungen sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten.

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 bis zu 726 Euro Geld- bzw. im Fall der Uneinbringlichkeit bis zu zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

Die Erstinstanz hat laut Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses - zutreffend - eine Vormerkung wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung als erschwerend, jedoch nichts als mildernd gewertet und ein Einkommen von 800 Euro monatlich zugrundegelegt. Das vom Bw angeführte (aber nicht durch Unterlagen belegte) Arbeitslosengeld von 9.800 S entspricht etwa 712 Euro; weiters hat er Sorgepflichten für ein Kind, die in der Berufung erstmals geltend gemacht wurden.

Der Unabhängige Verwaltungssenat kann nicht finden, dass die Erstinstanz den ihr bei der Strafbemessung zustehenden Ermessensspielraum in irgendeiner Weise überschritten hätte. Die verhängte Strafe von 70 Euro, also etwa 1.000 S, entspricht unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG vor allem dem erheblichen Unrechts- und Schuldgehalt, wobei weitere Milderungs- oder Erschwerungsgründe nicht behauptet wurden und auch nicht zu finden waren. Es steht dem Bw frei, bei der Erstinstanz die Bezahlung der Geldstrafe in Raten zu beantragen. Die Ersatzfreiheitsstrafe wurde entsprechend dem gesetzlichen Strafrahmen im Verhältnis zur Geldstrafe bemessen, wobei die finanziellen Verhältnisse nicht zu berücksichtigen waren.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. Bissenberger

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